Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 30.10.2020, Az. 2 BvR 1893/20

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2020, 3057

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose, da nicht hinreichend begründete Verfassungsbeschwerde in einer Zwangsvollstreckungssache - mangelnde Kausalität zwischen Suizidgefahr des Schuldners und angegriffenem Zuschlagsbeschluss


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer hat jedenfalls nicht gemäß § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] hinreichend substantiiert und schlüssig dargelegt, dass eine unmittelbare und gegenwärtige Verletzung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht möglich erscheint (vgl. [X.] 89, 155 <171>; 123, 267 <329>). Hierzu gehört eine konkrete inhaltliche Auseinandersetzung mit den angegriffenen instanzgerichtlichen Entscheidungen und deren tragenden Begründungslinien, und zwar auf [X.] des Verfassungsrechts am Maßstab der als verletzt gerügten grundrechtlichen Positionen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2009 - 2 BvR 1957/08 -, Rn. 11; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. Oktober 2011 - 1 BvR 732/11 -, Rn. 16; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2017 - 2 BvR 2019/17 -, Rn. 17). Erforderlich ist somit in der Regel eine ins Einzelne gehende, argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidungen.

2

Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Der Beschwerdeführer hat sich mit der gerichtlichen Argumentation jedenfalls aus dem Beschluss der Anhörungsrüge nicht hinreichend auseinandergesetzt. Insbesondere befasst er sich nicht mit der Frage des Kausalzusammenhangs für die Suizidgefahr.

3

Das [X.] hat auf die Anhörungsrüge hin ein neues fachpsychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt, nach dem eine konkrete Suizidgefahr besteht, die im endgültigen Auszug aus dem Haus begründet ist und nach Auffassung der Gutachterin zu dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Zwangsräumung erfolgt. Dem Beschwerdeführer gehe es tatsächlich weniger um den Erhalt des Wertes des Hauses als um den Erhalt der gegenwärtigen Wohnsituation mit seiner Tochter und seinen Enkelkindern. Das [X.] hat daraus den Schluss gezogen, dass die Suizidgefahr nicht in Kausalzusammenhang mit dem Zuschlagsbeschluss, sondern (erst) mit dem Verlust des Nutzungsrechts infolge einer möglichen Zwangsräumung aus dem Zuschlagstitel stehe. Darüber hinaus hat es - nachvollziehbar - ausgeführt, die Differenzierung nach Eigentum und tatsächlicher Wohnungsnutzung spiegle sich auch im wiederkehrenden Bestreben des Beschwerdeführers wieder, das Haus bei Einräumung eines Wohnrechts zu verkaufen.

4

Dem setzt die Beschwerdeschrift nichts entgegen. Vielmehr geht aus dem [X.] deutlich hervor, dass das Begehren des Beschwerdeführers auf die Aufrechterhaltung seiner Wohnsituation gerichtet ist. Wörtlich heißt es: "Ein Wohnrecht wäre für [X.] (…) von sehr großer Bedeutung". Lediglich in seinem - im Übrigen nach Ablauf der Frist zur Verfassungsbeschwerde eingegangenen - Schriftsatz führt er aus, ein Verbleiben seinerseits im Wohnhaus könne nur mittels Durchführung eines Kaufvertrags gesichert werden, der ihm ein Wohnrecht einräume, da ansonsten die Zwangsräumung von dem jeweiligen Ersteigerer durchgeführt werde.

5

Hierbei übersieht der Beschwerdeführer, dass er noch im [X.] einen Antrag nach § 765a ZPO stellen und so gegebenenfalls eine Einstellung des [X.] erlangen kann. Hierauf hatte bereits das [X.] bei seiner Entscheidung über die Anhörungsrüge hingewiesen. Ein erfolgreicher Antrag ermöglichte ihm einen zeitweiligen oder sogar dauerhaften Verbleib in seinem Wohnhaus. Mit diesen - zutreffenden - Ausführungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander.

6

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1893/20

30.10.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Itzehoe, 3. August 2020, Az: 4 T 218/19, Beschluss

Art 2 Abs 2 S 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 765a Abs 1 S 1 ZPO, § 765a Abs 3 ZPO, § 885 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 30.10.2020, Az. 2 BvR 1893/20 (REWIS RS 2020, 3057)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3057

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