Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.04.2015, Az. 9 AZR 999/13

9. Senat | REWIS RS 2015, 11881

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Gegenstand

Kündigung einer Betriebsvereinbarung zur Regelung der Altersteilzeit - Nachwirkung - Benachteiligung wegen des Alters


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2013 - 5 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der [X.], mit dem Kläger ab dem 1. Mai 2015 ein auf sechs Jahre befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell einzugehen.

2

Der am 14. April 1956 geborene Kläger ist bei der [X.] und deren Rechtsvorgängerin seit Oktober 1988 beschäftigt, zuletzt als Bezirksgeschäftsführer.

3

Die Beklagte schloss mit dem bei ihr errichteten Gesamtbetriebsrat im Jahr 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Altersteilzeit in [X.]“ ([X.]), die auszugsweise wie folgt lautete:

        

§ 1   

Voraussetzungen der Altersteilzeit

        

1.    

Arbeitnehmer/innen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und … haben Anspruch auf die Änderung ihres Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes.

        

…       

        
        

§ 4     

[X.]

        

1.    

Das dem/der Arbeitnehmer/in nach § 3 zustehende Arbeitsentgelt wird um mindestens 20 v. H. aufgestockt ([X.]).

        

2.    

Der [X.] muss so hoch sein, dass der/die Arbeitnehmer/in 85 v. H. des bisherigen Nettobetrages erhält (Mindestnettobetrag). …

        

…       

        
        

§ 12   

Inkrafttreten, Geltungsdauer, sonstige Regelungen

        

…       

        

3.    

Die Parteien verpflichten sich, bei einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich Verhandlungen mit dem Ziel der Anpassung dieser [X.] aufzunehmen soweit sie nicht ausdrücklich in dieser [X.] abweichende Regelungen getroffen haben. …“

4

Die Beklagte kündigte die [X.] zum 31. Dezember 2010 und teilte dem Gesamtbetriebsrat mit, keine neue Betriebsvereinbarung über Altersteilzeit abschließen zu wollen.

5

Bei der [X.] existiert eine zwischen den [X.], deren Gesamtbetriebsräten und der Gründungsorganisation von [X.] geschlossene „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in [X.]“ aus April 2001 ([X.] [X.]). Nach § 4 Abs. 1 [X.] [X.] hat der Betriebsrat, soweit keine Ausnahmen geregelt sind, in allen personellen und [X.] Angelegenheiten über das [X.] hinaus erweitert mitzubestimmen. Zu den in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] [X.] geregelten Ausnahmen gehört nach § 4 Abs. 3 Buchst. b [X.] [X.] in [X.] Angelegenheiten ua. die Entscheidung über die Gewährung freiwilliger [X.] Leistungen. Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach § 4 Abs. 1 [X.] [X.] nicht zustande, entscheidet nach § 5 Abs. 1 [X.] [X.] die Einigungsstelle. Nach § 8 Abs. 1 [X.] [X.] sind Regelungen, die üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden, aufgrund der fehlenden tarifrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten in [X.] als Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und dem Bundesvorstand der [X.] zu vereinbaren. Kommt es zu keiner Einigung, kann zunächst ein Vermittlungsverfahren und im Falle des Scheiterns des [X.] ein sich anschließendes Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. Sämtliche sowohl in freien Verhandlungen als auch in einem Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren zustande gekommenen Ergebnisse iSd. § 8 Abs. 1 [X.] [X.] sind gemäß § 8 Abs. 4 Buchst. c [X.] [X.] dem [X.] vorzulegen. Dieser kann ein Veto mit der Folge einlegen, dass die Verhandlungen der Betriebsparteien wieder aufzunehmen sind. Nach § 8 Abs. 5 [X.] [X.] besteht im Vermittlungs- und Schlichtungsverfahren ein Einlassungszwang.

6

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 29. März 2011 Altersteilzeit auf der Grundlage der [X.] beginnend ab 1. Mai 2015. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 7. April 2011 den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags ab. Darin führte sie ua. aus:

        

„Der Abschluss eines [X.] setzt voraus, dass Du das 55. Lebensjahr vollendet haben musst. Das ist bei [X.] bisher nicht der Fall. Allein aus diesem Grund wäre der Abschluss eines [X.] für uns nicht möglich.

        

Aber auch wenn Du die Voraussetzungen nach dem Altersteilzeitgesetz und der damit verbundenen Gesamtbetriebsvereinbarung bei [X.] erfüllen würdest, könnten wir [X.] kein Angebot für den Abschluss eines [X.]-Vertrages machen. Der Bundesvorstand hat die [X.] [X.] mit Wirkung zum 31.12.2010 gekündigt und dabei klar gemacht, dass es kein Angebot für eine neue [X.]-Regelung bei [X.] geben wird.

        

Nach Rechtsauffassung des [X.] wirkt die [X.] [X.] nicht nach. Somit gibt es keine Rechtsgrundlage mehr, welche den Abschluss von [X.]-Verträgen ermöglichen würde. …“

7

Nach seinem 55. Geburtstag „wiederholte“ der Kläger mit Schreiben vom 2. Mai 2011 seinen Antrag. Unter dem 4. Mai 2011 wies die Beklagte den Antrag erneut zurück, weil für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags bei ihr keine „Ermächtigungsgrundlage“ mehr bestehe.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die begehrte Altersteilzeit beanspruchen, weil die [X.] entsprechend § 77 Abs. 6 BetrVG nachwirke und er die Anspruchsvoraussetzungen erfülle. Die Gesamtbetriebsvereinbarung sei eine tarifersetzende Betriebsvereinbarung iSd. § 8 Abs. 1 [X.] [X.], da es um eine üblicherweise tariflich geregelte Materie gehe. Zudem handele es sich bei der Altersteilzeit um eine personelle Angelegenheit iSd. § 4 Abs. 1 [X.] [X.]. Die Regelungen der [X.] unterlägen der erweiterten Mitbestimmung. Die überwiegend mitbestimmungspflichtige Materie der Altersteilzeit könne nicht aufgrund der untergeordneten [X.] insgesamt als eine mitbestimmungsfreie Materie iSd. Ausnahmetatbestands des § 4 Abs. 3 Buchst. b [X.] [X.] qualifiziert werden. Die Annahme einer Nachwirkung sei im Übrigen aufgrund des Umstands geboten, dass die Beklagte als Arbeitgeberin mangels eines Tarifpartners bislang für ihre Arbeitnehmer anstelle von Tarifverträgen [X.] schließen könne, um materielle Regelungsgegenstände wie die Altersteilzeit zu regeln. Werde ihr solches zugestanden, müsse im Gegenzug eine Nachwirkung entsprechend § 4 Abs. 5 [X.] angenommen werden.

9

Letztlich werde er wegen seines Alters unzulässig diskriminiert, da er seinen Antrag auf Altersteilzeit wegen § 1 [X.] nicht bereits vor Vollendung des 55. Lebensjahres und somit noch während des Bestehens der ungekündigten [X.] habe stellen können. Ein sachlicher Grund, Arbeitnehmern, die zum [X.]punkt des Ablaufs der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2010 bereits kurz vor Vollendung des 55. Lebensjahres standen, den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags zu verweigern, sei nicht ersichtlich.

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verpflichten, mit ihm für die [X.] ab dem 1. Mai 2015 bis einschließlich 30. April 2021 ein befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit einer durchschnittlichen individuellen Arbeitszeit des Klägers von 35 Stunden wöchentlich in Form des „[X.]“, bei dem der Kläger in der ersten Hälfte der Altersteilzeit im [X.]raum vom 1. Mai 2015 bis zum 30. April 2018 weiterhin mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden („Arbeitsphase“) beschäftigt und in der zweiten Hälfte der Altersteilzeit im [X.]raum vom 1. Mai 2018 bis zum 30. April 2021 vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt wird („Freistellungsphase“), als Bezirksgeschäftsführer O zu den sonst in der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Altersteilzeit in [X.] in der aktualisierten Form vom 14. November 2006 vereinbarten Bedingungen abzuschließen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die [X.] habe keine tarifersetzende Wirkung. Es handele sich vielmehr um eine freiwillige Betriebsvereinbarung, die eine freiwillige [X.] Leistung iSd. § 4 Abs. 3 Buchst. b [X.] [X.] gewähre. Da sie sich entschieden habe, künftig keine Altersteilzeitregelung mehr anzubieten, trete eine Nachwirkung nicht ein. Ein Fall der unzulässigen Altersdiskriminierung liege nicht vor. Der Kläger habe die altersabhängige Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Altersteilzeit erst erfüllt, nachdem die [X.] zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden sei und auch erst nach diesem [X.]punkt einen Antrag gestellt. Mitarbeitern, die einen Antrag nach dem 31. Dezember 2010 stellten, gewähre sie in Ermangelung einer Anspruchsgrundlage keine Altersteilzeit mehr.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 2 [X.] [X.] auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell.

I. Will ein Arbeitnehmer den in einer Betriebsvereinbarung geregelten Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags geltend machen, muss das Altersteilzeitarbeitsverhältnis innerhalb der Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung beginnen. Die Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss innerhalb der Laufzeit der Betriebsvereinbarung bewirkt werden ([X.] 5. Juni 2007 - 9 [X.] - Rn. 24).

1. Die [X.] [X.] als Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags wurde zum 31. Dezember 2010 und damit vor der Stellung des Antrags des [X.] und vor Vollendung seines 55. Lebensjahres gekündigt.

2. Die [X.] [X.] wirkt nicht nach. Dies hat der [X.] des [X.] in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013 (- 1 [X.] - [X.]E 147, 19) eingehend begründet. Die vom Kläger gegen diese Entscheidung vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

a) Der [X.] hat in seiner Entscheidung dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Nachwirkung der [X.] [X.] nach § 77 Abs. 6 [X.] nicht vorliegen ([X.] 10. Dezember 2013 - 1 [X.] - Rn. 23 ff., [X.]E 147, 19). Eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 [X.] tritt nicht ein, wenn ein Arbeitgeber - wie vorliegend die Beklagte - nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Mittel mehr für [X.] zur Verfügung stellt (vgl. bereits [X.] 5. Juni 2007 - 9 [X.] - Rn. 22). Die Betriebsparteien haben eine Nachwirkung der [X.] [X.] zudem weder ausdrücklich vereinbart, noch folgt sie aus § 77 Abs. 6 [X.] analog iVm. §§ 4, 5 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] [X.]. Das nach § 4 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] [X.] bestehende Beteiligungsrecht über die Ausgestaltung von Altersteilzeit wird durch § 4 Abs. 3 Buchst. b 1. Spiegelstrich [X.] [X.] wieder beschränkt. Nach dieser Vorschrift gilt die Erweiterung der Mitbestimmung in [X.] Angelegenheiten nicht bei der Entscheidung über die Gewährung freiwilliger [X.] Leistungen. Bei den [X.] nach der [X.] [X.] handelt es sich um Sozialleistungen, die die Beklagte ohne vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung als Ausgleich für die mit der Reduzierung der individuellen Arbeitszeit verbundenen finanziellen Einbußen der Arbeitnehmer in Altersteilzeit gezahlt hat. Die Entscheidung über die Gewährung solcher Leistungen unterliegt genauso wenig der erweiterten Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 4 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] [X.] wie die Entscheidung über die Einstellung dieser Leistungen (zum Ganzen [X.] 10. Dezember 2013 - 1 [X.] - Rn. 32, [X.]E 147, 19). Schließlich findet § 4 Abs. 5 [X.] mangels Regelungslücke keine entsprechende Anwendung ([X.] 10. Dezember 2013 - 1 [X.] - Rn. 35, aaO).

b) Der Kläger hat in der Revision keine Argumente vorgebracht, die die tragenden Ausführungen des [X.] infrage stellen könnten.

aa) Er hat keine Umstände aufgezeigt, aus denen - entgegen der Annahme des [X.] - folgt, dass es sich bei dem Anspruch auf Altersteilzeit nach der [X.] [X.] nicht um die Gewährung freiwilliger [X.] Leistungen iSv. § 4 Abs. 3 Buchst. b 1. Spiegelstrich [X.] [X.] handelt. Das Argument des [X.], dass nur die [X.] nach § 4 [X.] [X.] eine freiwillige [X.] Leistung der Beklagten darstellten und es sich dabei um einen „ungewichtigen Nebenpunkt“ innerhalb der [X.] [X.] handele, überzeugt nicht. Der Übergang vom Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist im Vergleich zur Vereinbarung eines „klassischen“ [X.] gerade wegen der damit verbundenen [X.] für den Arbeitnehmer attraktiv ([X.]/Winter [X.] 3. Aufl. § 1 Rn. 559). Es sind die [X.], die den Arbeitnehmer motivieren sollen, seinen Arbeitsplatz vorzeitig freizumachen. Mithilfe dieser Arbeitgeberleistungen erhält er über das Teilzeitentgelt hinaus die finanziellen Mittel, die einen Übergang in den gleitenden Ruhestand attraktiv machen und gleichzeitig in etwa seinen bisherigen Lebensstandard sichern ([X.] 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 52, [X.]E 118, 1). Es handelt sich bei § 4 [X.] [X.] mithin um ein Kernstück der Gesamtbetriebsvereinbarung und keinesfalls um einen Nebenpunkt untergeordneter Bedeutung.

bb) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, der [X.] habe unzureichend gewürdigt, dass es sich bei der [X.] [X.] um eine tarifersetzende Regelung nach § 8 Abs. 1 [X.] [X.] handele, bei der eine Mitbestimmung wegen des § 76 [X.] entsprechenden Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahrens erzwingbar sei. Der [X.] hat darauf hingewiesen, dass ohne besondere Vereinbarung tarifersetzende Regelungen über den Zeitpunkt ihrer Beendigung hinaus keine Nachwirkung entfalten ([X.] 10. Dezember 2013 - 1 [X.] - Rn. 35, [X.]E 147, 19). Im Übrigen kann von einer Erzwingbarkeit schon deshalb keine Rede sein, weil sämtliche, sowohl in freien Verhandlungen als auch im Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren erzielten Ergebnisse tarifüblichen Inhalts nach § 8 Abs. 4 Buchst. c [X.] [X.] dem [X.] vorzulegen sind, der über ein Vetorecht verfügt. Im [X.] ist die Beklagte durch die Mitglieder ihres [X.] stimmberechtigt vertreten (vgl. § 41 Abs. 7 der [X.]tzung der Beklagten), wohingegen der Gesamtbetriebsrat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Willensbildung des [X.]s nehmen kann. Nur wenn der [X.] von seinem Vetorecht keinen Gebrauch macht, tritt die tarifersetzende Regelung gemäß § 8 Abs. 4 Buchst. c [X.] [X.] als Gesamtbetriebsvereinbarung in [X.]. Die Ergebnisse der Vermittlungs- oder Schlichtungsstelle ersetzen danach die Einigung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Beklagten nicht.

cc) Letztlich geht auch der Verweis des [X.] auf § 12 Abs. 3 [X.] [X.] fehl. Die Vorschrift beinhaltet lediglich eine Verpflichtung, bei einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich Verhandlungen mit dem Ziel einer Anpassung der [X.] [X.] aufzunehmen, beinhaltet aber weder einen Einigungszwang noch die Vereinbarung einer Nachwirkung bis zum Erzielen einer Einigung.

II. Der Kläger wird durch die Zurückweisung seines Antrags auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags nicht wegen seines Alters benachteiligt.

1. Der Kläger macht nicht geltend, dass die Anknüpfung an das 55. Lebensjahr in § 1 Abs. 1 [X.] [X.] als Anspruchsvoraussetzung altersdiskriminierend iSv. §§ 1, 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 10 [X.] gewesen sei (vgl. zur Rechtfertigung einer Altersgrenze für die Gewährung von Altersteilzeit: [X.] 15. Dezember 2010 - 7 [X.] 1288/10 - zu II 2 a der Gründe; [X.] 22. Juni 2010 - 5 [X.] 415/09 - zu II 5 der Gründe; 4. November 2009 - 6 [X.] 18/09 - zu II 3 c der Gründe). Vielmehr ist er der Ansicht, dass die Altersdiskriminierung darin zu sehen sei, dass er wegen der Altersgrenze in § 1 Abs. 1 [X.] [X.] die Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersteilzeit während der Geltungsdauer der [X.] [X.] nicht erfüllen und demnach keinen (Erfolg versprechenden) Antrag stellen konnte. In seinem Schriftsatz vom 26. März 2015 hat der Kläger ausgeführt, dass es ihm „nicht darum [gehe], dass er bereits mit 54 in die Altersteilzeit wechseln [wolle]“, sondern er „vielmehr die Auffassung [vertrete], dass der vereitelte Zugang zu einer Altersteilzeit mit 55 Jahren altersdiskriminierend [sei]“. Damit rügt der Kläger in der [X.]che die Zurückweisung seines Antrags wegen der Abschaffung der ältere Arbeitnehmer begünstigenden Regelung als Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer.

2. Dabei legt der Kläger ein unzutreffendes Verständnis von § 3 Abs. 1 [X.] zugrunde. Die Vorschrift verlangt für eine unmittelbare Benachteiligung eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in vergleichbarer Situation wegen des Alters. Gemeint ist das Lebensalter ([X.]. 16/1780 S.  31). „Wegen“ seines Alters wird dem Kläger aber der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht verwehrt, sondern weil die anspruchsbegründende betriebliche Vorschrift zum Zeitpunkt der Antragstellung im Frühjahr 2011 nicht mehr galt. Dies wird aus dem [X.] der Beklagten vom 7. April 2011 deutlich. Darin wird die Ablehnung damit begründet, dass es nach Ablauf der Kündigungsfrist „keine Rechtsgrundlage“ mehr gebe. Im Schreiben vom 4. Mai 2011 ist davon die Rede, dass für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags „keine Ermächtigungsgrundlage“ mehr bestehe. Insofern wird der seit Mitte April 2011 55-jährige Kläger so behandelt wie alle anderen Kollegen - gleich ob 40-, 50- oder 60-jährig -, die zu diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Altersteilzeit gestellt haben. Der Antrag wird mangels Anspruchsgrundlage abgelehnt.

3. Die Einbeziehung einer in der Vergangenheit erfolgten Begünstigung der [X.] in den Wortlaut des § 3 Abs. 1 [X.] („erfahren hat“) führt nicht dazu, dass eine unmittelbare Benachteiligung des [X.] anzunehmen wäre. Denn dass einem vor dem 31. Dezember 2010 gestellten Antrag eines Kollegen, der zu diesem Zeitpunkt bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatte, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprochen worden wäre, ändert nichts an der fehlenden Kausalität zwischen der konkreten Zurückweisung des klägerischen Antrags auf Altersteilzeit und seinem Alter.

4. Der Umstand, dass dem Kläger die Inanspruchnahme von Altersteilzeit während der Geltungsdauer der [X.] [X.] nicht möglich war, weil er die Altersgrenze nach § 1 Abs. 1 [X.] [X.] damals (noch) nicht erreicht hatte, führt ebenfalls zu keiner Altersdiskriminierung. Es ist nicht Sinn und Zweck von §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 10 [X.], zusätzliche Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Abschaffung einer Regelung aufzustellen, die ältere Mitarbeiter begünstigt. Denn jede Beendigung einer solchen Regelung führt zwangsläufig dazu, dass den jüngeren Arbeitnehmern der künftige Wechsel in die Gruppe der begünstigten Arbeitnehmer verwehrt wird. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 10 [X.] dienen jedoch nicht der ewigen Perpetuierung einer altersdifferenzierenden Begünstigung, sondern der Verhinderung von altersbedingten Benachteiligungen. Mit anderen Worten: Das im Hinblick auf die Geltungsdauer einer begünstigenden Regelung „verspätete“ Altwerden wird durch das [X.] nicht geschützt.

5. Aus den gleichen Gründen liegt auch eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 [X.] nicht vor.

III. Der Kläger hatte unter der Geltung der [X.] [X.] weder eine Anwartschaft noch eine vergleichbare gesicherte Rechtsposition erworben, die ihm durch die Kündigung der Gesamtbetriebsvereinbarung genommen wurde (vgl. zu den Voraussetzungen, nach denen selbst ein entstandener Anspruch, der aus einer kollektiven Norm erwachsen ist, rückwirkend geändert werden kann [X.] 2. Februar 2006 - 2 [X.] - Rn. 20 ff., [X.]E 117, 53). Der Kläger erleidet lediglich einen Nachteil, den die Kündigung einer begünstigenden kollektiven Vorschrift zu einem bestimmten Termin oder Stichtag typischerweise mit sich bringt. Es besteht kein Anlass, die Folgen der Kündigung einer Betriebsvereinbarung über einen Anspruch auf Altersteilzeit ebenso nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu begrenzen wie die Folgen der Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung (vgl. hierzu [X.] 11. Mai 1999 - 3 [X.] - zu III 2 der Gründe, [X.]E 91, 310; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] 6. Aufl. [X.]. § 1 Rn. 593). Die Einräumung eines Anspruchs auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für geleistete Arbeit oder Betriebstreue. Der Kläger hat durch den Wegfall der Möglichkeit, in Altersteilzeit zu wechseln, auch keine finanziellen Nachteile, die er nach der Kündigung der Betriebsvereinbarung nicht mehr ausgleichen könnte. Im Gegenteil, der Kläger hätte im Rahmen der Altersteilzeit nur einen geringeren Entgeltanspruch gehabt. Ohne den Wechsel in die Altersteilzeit verbleibt es bei seiner bisherigen Vergütung.

IV. Letztlich ergibt sich der Anspruch des [X.] auch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser ist - soweit die Beklagte unter Geltung der [X.] [X.] nach deren Voraussetzungen Altersteilzeit nur bestimmten Arbeitnehmern gewährte - schon nicht anwendbar, weil es sich insoweit um [X.] handelte (vgl. [X.] 16. Oktober 2014 - 6 [X.] - Rn. 54 mwN).

V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose     

        

        

        

    Mehnert     

        

    Heilmann    

                 

Meta

9 AZR 999/13

29.04.2015

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bayreuth, 11. Juli 2012, Az: 1 Ca 579/11, Urteil

§ 4 Abs 5 TVG, § 1 AGG, § 3 Abs 1 AGG, § 3 Abs 2 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 10 AGG, § 77 Abs 6 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.04.2015, Az. 9 AZR 999/13 (REWIS RS 2015, 11881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11881

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