Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2014, Az. 2 StR 269/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3034

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 269/14
vom
11. September 2014
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

4.

wegen besonders schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.], zu Ziffer 4.
auf dessen Antrag, und nach Anhörung des [X.] am 11. September 2014 gemäß §§
349 Abs.
2 und 4, 357 StPO be-schlossen:
1.
Auf die Revision des [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 22. Januar 2014, auch soweit es die nicht revidierenden Angeklagten S.

und [X.]

betrifft,
a)
im Schuldspruch im Fall [X.] der Urteilsgründe dahin [X.], dass die Angeklagten des besonders schweren [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig sind,
b)
im Ausspruch über die [X.]n im Fall [X.] der Urteils-gründe und
c)
im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.
2.
Auf die Revision des Angeklagten A.

wird das vorgenannte Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, mit den Feststel-lungen aufgehoben.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurückver-wiesen.
4.
Die weiter
gehende Revision des [X.]

wird [X.].
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Gründe:
Das [X.] hat den [X.]

und den [X.] S.

jeweils wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährli-cher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei Fällen verurteilt, den [X.] [X.]

wegen einer solchen Tat. Gegen den [X.]

hat das [X.] unter Einbeziehung der Strafen aus zwei früheren Urteilen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn [X.] und sechs [X.]onaten, gegen den [X.] S.

unter Einbeziehung von Strafen aus zwei früheren Urteilen eine solche von elf Jahren und sechs [X.]onaten und gegen den [X.] [X.]

unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs [X.] und zehn [X.]onaten verhängt. Den Angeklagten A.

hat es wegen [X.]ihilfe zum schweren Raub zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun [X.]ona-ten verurteilt.
Das [X.] hat hinsichtlich aller Angeklagten eine rechtsstaatswid-rige Verfahrensverzögerung festgestellt. Zugunsten des Angeklagten A.

hat es deshalb angeordnet, dass ein [X.]onat der verhängten Freiheitsstrafe als voll-steckt gilt.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der [X.]

und A.

mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel des [X.]

führt zu einer Änderung des Schuldspruchs zu Fall
[X.] der Urteilsgründe dahin, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung entfällt, ferner zur
Aufhebung der dafür verhängten [X.] und der Gesamtstrafe. Insoweit ist die [X.] auf die [X.] zu erstrecken. Die Re-1
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vision des Angeklagten A.

führt zur Aufhebung des Urteils, soweit es ihn betrifft.
I.
Das [X.]
hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. In der Nacht vom 12.
zum 13. September 2010 überfielen die maskier-ten und mit Reizstoffsprühgeräten sowie mit einer Spielzeugpistole ausgerüste-ten [X.]

, S.

und [X.]

die Angestellten des [X.] in [X.].

. Der Angeklagte S.

bedrohte die Zeuginnen Sch.

und O.

mit der Pistole, die [X.]

und [X.]

jeweils mit Reizstoffsprühgeräten, die sie im Anschlag hielten. Die Angeklagten fesselten die Zeuginnen so mit Kabelbindern, dass sie schmerz-hafte Einschnürungen an den Handgelenken erlitten. Der Angeklagte B.

zog die Zeugin Sch.

an den Haaren und schüttelte sie, bis sie dazu bereit war, die Kasse zu öffnen. Aus der Kasse nahmen die Täter 155 Euro Wechselgeld weg, ferner entnahmen sie den Portemonnaies der Zeuginnen deren Bargeld von 150 Euro. Dann entfernten sie sich vom [X.]. Nachdem sie festgestellt hatten, dass sie ein Reizstoffsprühgerät am [X.] vergessen hatten, drang der Angeklagte B.

durch ein Fenster nochmals in das Gebäude ein, um das Gerät zu holen. Die Zeuginnen hatten sich unter der Ladeneinrichtung ver-steckt, wurden vom [X.]

nicht mehr entdeckt und dieser nahm an, dass sie in der Zwischenzeit geflohen seien.
2. Am 13. Dezember 2010 überfielen die [X.]

und S.

ein [X.]kleidungsgeschäft in [X.].

. Der Angeklagte B.

führte dabei eine funktionsfähige [X.] als Drohmittel mit. Die maskierten Täter überwäl-tigten und fesselten die Zeuginnen K.

und Ba.

an Händen und Fü-ßen. [X.]it Hilfe eines Schlüssels der Zeugin K.

öffnete der Angeklagte 4
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B.

einen Tresor, in dem sich der Schlüssel zu [X.] befand. Daraus nahmen die Täter rund 32.000 Euro weg.
Hinweise auf die Öffnungszeiten des Geschäfts, das Personal, die [X.] und eine Alarmvorrichtung hatte der Angeklagte A.

als Ange-stellter des [X.]odegeschäfts in früheren Gesprächen mit dem [X.]

erteilt. Der Angeklagte B.

hatte A.

"berichtet, dass er eine Pistole habe, die er einsetzen wollte, um jede Gegenwehr zu unterbinden und somit an die Tresorbestände zu gelangen". Auch wenn der Angeklagte A.

"nicht von [X.] echten und damit 'scharfen' Waffe ausging, war er sich darüber im Klaren, dass seine Kolleginnen hiermit in Todesangst versetzt werden sollten".
3. Das [X.] hat die [X.]

, S.

und [X.]

im Fall [X.] der Urteilsgründe wegen Verwendens der Reizstoffsprühge-räte als Drohmittel, die [X.]

und S.

auch im Fall II.2. wegen Verwendens einer funktionsfähigen Gasdruckpistole des besonders schweren Raubes gemäß §§
249, 250 Abs.
2 Nr.
1 StGB, jeweils in Tateinheit mit gefähr-licher Körperverletzung im Sinne von §
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB und in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung gemäß §
239 Abs.
1 StGB schuldig gespro-chen. Dem Angeklagten A.

als Gehilfen hat es nach dessen Vorstellung im Fall II.2. die Verwendung einer Pistole als Scheinwaffe zugerechnet und ihn deshalb wegen [X.]ihilfe zum schweren Raub im Sinne der §§
249, 250 Abs.
1 Nr.
1b, 27 StGB verurteilt.
II.
Die Revision des [X.]

ist begründet, soweit im Fall [X.] tateinheitlich eine Freiheitsberaubung angenommen wurde. Wird das Opfer ei-nes Raubüberfalls nur an den Händen gefesselt, liegt darin noch keine Frei-heitsberaubung, weil diese Fesselung nicht die Fortbewegungsfreiheit aufhebt.
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Soweit das Opfer während des Raubüberfalls daran gehindert wird, diesen Ort zu verlassen, tritt der Tatbestand der Freiheitsberaubung im Wege der Geset-zeskonkurrenz hinter den Tatbestand des Raubes zurück, da die Freiheitsbe-raubung insoweit nur das [X.]ittel
zur [X.]gehung des Raubes ist (vgl. [X.], [X.]-schluss vom 30.
Oktober 2007 -
4 [X.]).
Nach den Feststellungen lag im Fall [X.] keine Aufhebung der Fortbewe-gungsfreiheit vor, weil die Zeuginnen sich unter der Ladeneinrichtung [X.] konnten, so dass der Angeklagte B.

auch glaubte, sie seien geflohen. Anders als im Fall II.2. ist eine Fesselung an den Füßen nicht festgestellt.
Der Senat ändert den Schuldspruch dahin, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung entfällt. §
265 Abs.
1 StPO steht dem nicht entgegen.
Die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung der [X.] im Fall [X.], weil das [X.] die tateinheitliche Verwirklichung einer Frei-heitsberaubung als Strafschärfungsgrund hervorgehoben hat. Der Wegfall der [X.] führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
Eine Aufhebung von Feststellungen ist nicht erforderlich.
Die [X.] weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des [X.]

auf.
III.
Der genannte Rechtsfehler im Fall [X.] der Urteilsgründe betrifft in glei-cher Weise die Angeklagten S.

und [X.]

, die keine Revision eingelegt haben. Daher ist die Erstreckung der [X.] auf sie gemäß §
357 StPO geboten.
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IV.
Die Verurteilung des Angeklagten A.

wegen [X.]ihilfe zum schweren Raub hat keinen [X.]stand, weil die Feststellung, der Angeklagte A.

sei über den Einsatz einer Pistole unterrichtet worden und habe daher den [X.] zur [X.]gehung eines schweren Raubes durch die [X.]

und S.

unter Verwendung einer Scheinwaffe gehabt, nicht rechtsfehlerfrei be-legt wurde.
Der Einlassung des [X.]

war nicht zu entnehmen, dass er dem Angeklagten A.

gesagt hatte, er
werde eine Pistole mitführen und als Drohmittel verwenden. Auch der Angeklagte A.

hat eine solche Äußerung nicht eingeräumt. Das [X.] hat gleichwohl angenommen, dass er über die wesentlichen Umstände des geplanten Tatablaufs im Bilde gewesen sei. Dies habe die Tatsache eingeschlossen, dass zumindest ein Gegenstand, der einer echten Schusswaffe ähnlich sehen sollte, als Drohmittel vorgesehen war. Es sei nach [X.]merkungen des Angeklagten A.

in seiner Einlassung darum gegangen, den Angestellten des [X.]odegeschäfts Angst zu machen. Schon dies deute darauf hin, dass die Verwendung einer Scheinwaffe vorgesehen war, "da es sich hierbei um ein äußerst naheliegendes [X.]ittel handelt, die Überfallopfer in Angst -
nämlich um das eigene Leben
-
zu versetzen". Zudem dränge sich an-gesichts der sonstigen Informationen der Schluss auf, dass der Angeklagte B.

von sich aus oder auf Nachfrage des Angeklagten A.

von dem geplanten Einsatz einer Pistole gesprochen habe. Zu seinen Gunsten sei allerdings davon auszugehen, dass dabei keine Angabe zur Funktionsfähigkeit der [X.] gemacht wurde.
Diese Überlegung ist widersprüchlich. Die Feststellung, der Angeklagte B.

habe den Pistoleneinsatz ausdrücklich erwähnt, wird von dem Hauptar-16
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gument der [X.] in ihren [X.]weisgründen, angesichts des Tatplans den Angestellten "Angst" zu machen, habe der Angeklagte A.

darauf geschlos-sen, es solle eine Pistole als Drohmittel eingesetzt werden, widerlegt. Eine sol-che Schlussfolgerung des Angeklagten A.

wäre entbehrlich gewesen, wenn der Angeklagte B.

den Einsatz der Pistole ausdrücklich angekündigt hätte.
Die anschließende Hilfsüberlegung der [X.], angesichts der sonst besprochenen Tatumstände sei es nahe liegend gewesen auch
zu be-sprechen, womit die Haupttäter den Raubopfern "Angst machen" wollten, recht-fertigt nicht die Feststellung der Hilfstatsache für den Gehilfenvorsatz zum schweren Raub, dass der Angeklagte B.

das [X.]itführen der Pistole aus-drücklich erwähnt habe. Dies gilt besonders deshalb, weil die [X.] zu-gleich Zweifel an der [X.]zeichnung der Qualität der Pistole nicht überwinden konnte.
Ist
demnach der [X.] nicht ausreichend belegt, muss der Schuldspruch im Ganzen aufgehoben werden.
Fischer Appl Krehl

Eschelbach Ott

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Meta

2 StR 269/14

11.09.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2014, Az. 2 StR 269/14 (REWIS RS 2014, 3034)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3034

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