Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.01.2010, Az. 30 W (pat) 24/09

30. Senat | REWIS RS 2010, 10379

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "HUMAN PROFIT" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 41 818.9

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] von Falckenstein sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung

2

[X.]

3

für die Waren und Dienstleistungen

4

„Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmaterialien (ausgenommen Apparate); Ausbildung; Erziehung; Persönliche Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“.

5

Die Markenstelle für Klasse 45 des [X.] hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es handle sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Zusammenstellung aus zwei auch im [X.] allgemein bekannten [X.] Wörtern, deren beschreibende Gesamtaussage - im Sinne von „menschlicher Profit“, also einem Gewinn, der im Menschen selbst verkörpert sei bzw. einem Gewinn, der durch den Einsatz von Menschen erreicht werde - sich den angesprochen Verkehrskreisen ohne weiteres erschließe. Die angemeldete Bezeichnung „ [X.] “ reihe sich nahtlos in eine Reihe vergleichbar gebildeter Fachbegriffe ein wie „[X.], Humanressourcen, Humanpotential“, die oft auch als [X.] Begriffe verwendet würden. Der Verkehr werde darin einen sachbezogenen Hinweis auf den Inhalt bzw. die Art der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sehen.

6

Der Anmelder hat hiergegen Beschwerde eingelegt und ausgeführt, selbst wenn man für die angemeldete Bezeichnung die von der Markenstelle angenommene Bedeutung im Sinne von „menschlicher Profit“ oder „Gewinn, der durch den Einsatz von Menschen erreicht wird“ zugrunde lege, beschreibe dies nicht in eindeutiger Weise die in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen. Zum einen erschöpfe die Übersetzung der Markenstelle nicht die vielfältigen Bedeutungsmöglichkeiten des zusammengesetzten Begriffs „ [X.] “, zum anderen werde nicht dargelegt, was ein solcher „menschlicher Gewinn“ in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen sein solle. Der Bedeutungsgehalt bleibe vage und unscharf, es bestehe kein Freihaltebedürfnis. Darüber hinaus verweist der Beschwerdeführer auf Voreintragungen mit dem Bestandteil „Human“.

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Der Anmelder beantragt,

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die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg.

Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 [X.] ist.

Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können.

Auch Wortneubildungen kann der [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstehen, wenn sie [X.] gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem als Folge des gemeinsamen [X.] Markts nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. [X.] [X.], 411, 413 (Nr. 26) - Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.], 1047, 1049 - [X.], [X.] ; [X.], 735, 736 - Test it; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rdn. 326, 327 m. w. N.).

Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht ([X.] GRUR Int. 2004, 410, 413 - [X.]; [X.] GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor).

Auf die Frage der geltend gemachten Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. [X.] [X.], 2003, 450 - [X.]). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“.

Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination „ [X.] “ vor. Die Wortmarke „ [X.] “ stellt eine Zusammensetzung aus zwei [X.] Wörtern dar, die gleichlautend auch in der [X.] existieren. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. [X.] GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; [X.], 229, 230 - BioID). Der Bestandteil „human“ bedeutet „menschlich, human“, das Element „profit“ bedeutet „Erfolg, Gewinn, Nutzen, Profit, Verdienst“ (vgl. [X.]. [X.] 2005 (CD-ROM); [X.]-Online Lexikon der [X.] unter dict.leo.org; [X.] Großwörterbuch für Experten und [X.], 1. Aufl. 2001).

Der Bestandteil „human“ wird in den obengenannten Bedeutungen in [X.] Zusammensetzungen verwendet wie z. B. in „human capital“ ([X.], [X.]), „human engineering“ (Ergonomie), „human factor“ (Humanfaktor, menschlicher Faktor), „human resources“ ([X.], personelle Mittel), „human skills“ ([X.] Kompetenzen), „human touch“ (menschliche Note), „[X.]“ ([X.]) (vgl. [X.] - Online Wörterbuch der [X.]). Das Element „profit“ wird u. a. in der Kombination „for-profit“ (gewinnorientiert), „non-profit“ (gemeinnützig) verwendet. Die [X.] Zusammensetzung „human profit“ reiht sich in die genannten, vergleichbar gebildeten Zusammensetzungen zwanglos ein und ist im [X.] mit „humaner Gewinn, menschlicher Verdienst“ im Sinne von „am menschlichen Nutzen orientiert, am Gewinn für den Menschen orientiert“ zu übersetzen.

Die aus beschreibenden Bestandteilen [X.] zusammengesetzte Wortfolge „human profit“ in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. [X.] [X.], 229, Rn. 29 - BioID).

In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete Marke ohne weiteres verstehen. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere in den hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereichen an neue und auch schlagwortartige Wortkombinationen - gerade in [X.]r Sprache - gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von „human profit“ ohne weiteres erschließen wird.

Es liegt für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung „human profit“ in der Bedeutung „am menschlichen Gewinn orientiert“ zu verstehen. Menschlicher Gewinn kann dabei zum einen bedeuten, dass im Gegensatz zu einer rein wirtschaftlich orientierten Tätigkeit, die allein auf einen monetären Verdienst abzielt, auch [X.] Gesichtspunkte miteinbezogen werden. So wird der Begriff in diesem Sinne verwendet im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Begriff „[X.]“, um eine Philosophie zu beschreiben, wonach nicht ein Profit im wirtschaftlichen Sinn angestrebt wird, sondern ein „… Profit immaterieller Art: bessere Lebensumstände, Lebensqualität, Nähe zum Mitmenschen, Anerkennung, keine Ausgrenzung …“ (vgl. Jahresbericht 2007 [X.] unter www.srk-bern.ch…; vgl. [X.] Kommunikation unter www.kvb.de). In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren ergibt die angemeldete Bezeichnung „human profit“ die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Waren handelt, die entweder zur Erlangung oder Sicherung eines immateriellen, menschlichen Gewinns bestimmt sind oder sich inhaltlich damit beschäftigen. Die beanspruchten Dienstleistungen können sich sämtlich in naheliegender Weise hierauf beziehen, zur Erlangung eines immateriellen, menschlichen Gewinns dienen oder sich inhaltlich damit beschäftigen. Der Anmelder selbst beschreibt den Begriff „Human Profit“ als „Gewinn für Menschen und Unternehmen, materiell und ideell“ (vgl. www.human-profit.de; sämtliche Nachweise dem Anmelder nun zur Kenntnisnahme übermittelt).

Entgegen der Ansicht des Anmelders steht diese Bedeutung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen deutlich im Vordergrund. Auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile führen nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. [X.] a. a. O. - [X.]; a. a. O. - [X.]). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. [X.] GRUR 2008, 900 - 903 - SPA II).

Auch steht nicht jede begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschreibenden Sachangabe entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere, wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. [X.] GRUR 2003, 1050 - [X.]). Dies ist hier der Fall, da „Human Profit“ in der Art eines Marketingbegriffs alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen in werblich anpreisender Form beschreibt. Selbst wenn der Begriff „Human Profit“ auf eine Wortschöpfung durch den Anmelder zurückzuführen wäre, so ist er doch [X.] gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Waren und Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. [X.] GRUR 2005, 578, 580 - [X.] ).

Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden [X.] sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschriebene Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann. Die angesprochenen Verkehrskreise werden dies daher auch nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden.

Die vom Anmelder geltend gemachten Voreintragungen, die lediglich in dem Bestand „human“ mit der angemeldeten Marke übereinstimmen und ansonsten abweichen, führen zu keinem anderen Ergebnis. Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG), das allerdings vergleichbare Sachlagen voraussetzt, besteht grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. [X.] GRUR 1997, 527, 528 - [X.]; [X.] 1998, 248, 249 - Today; a. a. O. - [X.] ; [X.] (pat) 121/05 - Papaya).

Meta

30 W (pat) 24/09

14.01.2010

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.01.2010, Az. 30 W (pat) 24/09 (REWIS RS 2010, 10379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10379

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