Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. 4 StR 549/04

4. Strafsenat | REWIS RS 2005, 2699

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 [X.] vom 7. Juli 2005 in der Strafsache gegen

wegen [X.] 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 7. Juli 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in am [X.] [X.],

[X.] am [X.] Maatz, [X.], [X.], [X.]in am [X.] Sost-Scheible

als beisitzende [X.],

[X.]

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt , Rechtsanwältin

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt: - 3 - 1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 3. Mai 2004 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen [X.] hat die Staatskasse zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten von dem Vorwurf der [X.] freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Revision der Staatsanwalt-schaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt und die Beweiswürdi-gung des [X.]s beanstandet.
Das Rechtsmittel, das vom [X.] nicht vertreten wird, hat keinen Erfolg.
1. Das [X.] hat zu dem in dem Anklagesatz der zugelassenen Anklage dem Angeklagten angelasteten Sachverhalt folgende Feststellungen getroffen:
Die [X.] [X.] führte im Jahr 1998 einen Ausschreibungswettbewerb durch, der die am M. gelegenen Grundstücke M. 22, 23 und 24 [X.]. Eine [X.]

(im folgenden: [X.]) und des [X.]er-hielt den Zuschlag. Auf den Grundstücken sollte unter Erhalt der historischen - 4 - Bausubstanz des denkmalgeschützten [X.] ein Kaufhaus er-richtet werden. In dem notariellen Kaufvertrag, mit dem die [X.]die Grundstücke M. 23 und 24 von der [X.] [X.] erwarb, hatte sich die [X.]verpflichtet, das Wohn- und Geschäftshaus M.

23 als Baudenkmal zu erhalten und zu sanieren.
[X.] beschloß die [X.] [X.] , die bisher getrennten Amtsbe-reiche des [X.]planungs- und [X.] unter der Leitung eines [X.] zusammenzuführen. Dieses Amt trat am 15. Januar 2002 der [X.] an. Am 1. Februar 2002 kam es zu einer Besprechung des Angeklag-ten mit Vertretern der [X.], an der auch die Amtsleiter des [X.] teilnahmen. Im Verlauf der Besprechung wiesen die Vertreter der [X.] darauf hin, daß die Standsicherheit des Gebäudes [X.] bei Durchführung des Bauvorhabens nur mit sehr hohen finanziellen Aufwendungen gewährleistet werden könne. Auf ihre wiederholte Frage, was geschehen werde, wenn das Gebäude einstürzt, erklärte der anwesende Leiter des [X.], daß er dann von einem vorsätzlichen Geschehen [X.] und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten müsse. In einem sol-chen Fall sei mit einem Bußgeld von 100.000 • bis 150.000 • zu rechnen. [X.] hin äußerte der Angeklagte sinngemäß: —Das ist die Lösung, laßt einfach einen Bagger dagegen fahren. ... [X.] müsse für die Vernachlässigung der Sicherungsmaßnahmen und das Einstürzen des Gebäudes natürlich ein Bußgeld zahlen. Das Problem sei dann aber erledigtfi. Im Anschluß stellte der Angeklagte [X.] nicht bedenkend, daß er über von der [X.] eingenommene Buß-gelder keine unmittelbare Verfügungsmacht hatte - laut Überlegungen an, wo-für er das von der [X.] zu zahlende Bußgeld verwenden könnte. In diesem Zusammenhang äußerte er, —daß er mit dem Geld die Prioritätenliste - 5 - der [X.] [X.]ein wenig abarbeiten könnte, indem er 100.000 • für erforderliche Baumaßnahmen an Kindergärten verwenden und mit 50.000 • die mangelhafte Ausstattung seines Dezernatsbereichs mit Computern verbessern könne. Auf den Vorschlag des Angeklagten reagierten die Vertreter der [X.]weder zustimmend noch ablehnend. Zur Zahlung eines Bußgeldes kam es im weiteren nicht, da das Gebäude M. 23 weder abgerissen wurde noch aus sonstigen Gründen zum Einsturz kam.
2. Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der [X.] (§ 332 [X.]) aus tatsächlichen Gründen mit der Begründung freigespro-chen, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß nach dem Verständnis des Angeklagten die Verhängung eines Bußgeldes —lediglich ein notwendiges Übel für eine schnelle, unbürokratische Lösung der Probleme um das [X.] sein sollte.fi Es lasse sich daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, daß er das an die [X.] zu entrichtende Bußgeld als Gegenleistung für eine eigene Diensthandlung oder deren Unterlassung angesehen habe. Auch eine Verurteilung wegen Vorteilsannahme (§ 331 [X.]) scheide aus, da es auch insoweit an —der zweifelsfrei festzustellenden [X.] zwischen der Amtsausübung und der zu zahlenden Geldbuße fehle.
3. Der Freispruch hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Eine Strafbarkeit des Angeklagten gemäß §§ 331 ff. [X.] wegen des in der zugelassenen Anklage erhobenen [X.] besteht bereits aus [X.] nicht. Auf die von der Revisionsführerin erhobenen Beanstandungen zur Beweiswürdigung des [X.]s kommt es daher nicht an. - 6 - a) Eine Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit in der Tatbestandsalternative des —[X.] setzt voraus, daß der Amtsträger den Vorteil entweder —fürfi die Dienstausübung (§ 331 [X.]) oder —als Gegenleis-tungfi für die Vornahme einer Diensthandlung (§ 332 [X.]) fordert. Nach bei-den Bestimmungen ist damit erforderlich, daß der Vorteil dem Empfänger mit Blick auf seine dienstliche Tätigkeit zugute kommen soll, daß er nach dem [X.] oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat (st. Rspr., vgl. nur [X.]St 15, 239 ff.; 39, 45, 46; [X.]R [X.] § 332 Abs. 1 Satz 1 [X.] 3, 4; [X.], 488, 489; NJW 2004, 3569, 3571). An einer derartigen Verknüp-fung zwischen Vorteil und Dienstausübung (sog. [X.]) fehlt es hier indes.
b) Die Zahlung eines Bußgeldes an die [X.] [X.]kommt als —(Dritt-) [X.] im Sinne der §§ 331 ff. [X.] schon deshalb nicht in Betracht, weil sie die gesetzliche Folge der Verwirklichung eines [X.], nämlich eine repressive Maßnahme zur Ahndung von
Verwaltungsunrecht, ist. Damit steht sie nicht in einem [X.] wie auch immer gearteten - Beziehungsverhältnis zu der Dienstausübung des Angeklagten. Daher kommt es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht darauf an, ob der Angeklagte den Vertretern der [X.]anläßlich der Besprechung vom 1. Februar 2002 (konkludent) zu verstehen gegeben hat, er werde dafür Sorge tragen, daß bauordnungsrechtliche Maßnahmen zur Verhinderung des Einsturzes des Gebäudes [X.] unterlassen werden.
c) Auch die Begehung der die Zahlungspflicht auslösenden Ordnungs-widrigkeit scheidet als vorteilsgewährende Handlung aus. Zwar ist unter Vorteil - 7 - gemäß den §§ 331 ff. [X.] jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger oder der begünstigte Dritte keinen Anspruch haben und die ihre wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv meßbar verbessert (vgl. [X.]/[X.] [X.] 25. Aufl. § 331 Rdnr. 4 mit zahlr. Nachw.). Jedoch würde es auch insoweit an dem Erfordernis der Gegenseitigkeit fehlen. Der ungenehmig-te Abriß des denkmalgeschützten Gebäudes wäre [X.] im Falle seiner Durchfüh-rung [X.] nämlich ausschließlich im eigenen Interesse der [X.]

und nicht um der Dienstausübung des Angeklagten willen erfolgt. Anders könnte es sich [X.] verhalten, wenn eine Ordnungswidrigkeit einvernehmlich ausschließ-lich zur Verschleierung einer "Spende" begangen würde. So liegt der Fall hier jedoch nicht.
d) Das dem Angeklagten angelastete Verhalten kann daher, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, rechtlich nur als eine - nach § 30 Abs. 1 [X.] straflose - versuchte Anstiftung zu einem Vergehen (vgl. § 21 [X.]) oder zu einer Ordnungswidrigkeit (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 5 [X.]) gewertet wer-den.
4. Der Bestand des angefochtenen Urteils wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß das [X.] das spätere Geschehen vom 4. März 2002 nicht zum Gegenstand der Aburteilung gemacht hat.
a) Nach den Feststellungen fand am 4. März 2002 in Anwesenheit des Angeklagten eine weitere Besprechung mit den Vertretern der [X.] , [X.]und [X.], statt. Gegenstand dieser Zusammenkunft war die Möglichkeit der Erteilung einer Genehmigung für den Abriß und Neubau des - 8 - Gebäudes [X.]. Hierbei wurden die Vertreter der [X.]von Seiten der [X.] [X.] schließlich aufgefordert, kurzfristig einen begründeten [X.] einzureichen. Unmittelbar nach der Besprechung wurde [X.]vom Angeklagten darauf angesprochen, —sich als in [X.] tätiges Unternehmen für die Belange der [X.] (zu) engagierenfi. Als S.

daraufhin von einer seit längerem geplanten Spende für das [X.] haus der [X.] berichtete, —erhob der Angeklagte die Forderung, dies ihm einmal schriftlich mitzuteilenfi. Noch an demselben Nachmittag versandten [X.]und [X.]

ein Schreiben an den Angeklagten, in welchem sie sich für das vorausgegangene Gespräch be-dankten. Ferner erklärten sie, daß sie —vor dem Hintergrund der in Aussicht gestellten Kooperationsbereitschaft der [X.] bezüglich des Projektes M. gerne bereit (seien), das [X.] haus mit einer Spende von 50.000 Euro zu un-terstützenfi und versuchen werden, auch den Generalunternehmer ... zu einer Spende von weiteren 50.000 Euro zu bewegenfi.
b) Das [X.] hat diesen Sachverhalt, der eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 332 [X.] nahelegt, keiner eigenen strafrechtlichen Über-prüfung unterzogen, sondern ihn lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Tatgeschehen vom 1. Februar 2002 berücksichtigt. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, da das Geschehen vom 4. März 2002 von der zugelas-senen Anklage nicht erfaßt wird.
Der Anklagesatz der Anklage vom 19. Februar 2003 schildert nur den Ablauf der Besprechung vom 1. Februar 2002. Die [X.] eher beiläufige [X.] Schilde-rung der Besprechung vom 4. März 2002 im wesentlichen Ergebnis der Ermitt-lungen reicht nicht aus, um dieses Geschehen zum Gegenstand der Aburtei-- 9 - lung zu machen (vgl. [X.]R StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 16; [X.], [X.] 1997, 33, 34).
Beide Vorkommnisse sind auch nicht Teil eines einheitlichen geschicht-lichen Lebensvorganges, der die Annahme einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO rechtfertigen könnte. Zwar betreffen beide Vorgänge die dienstliche Tätigkeit des Angeklagten in Bezug auf das Gebäude [X.]. Während jedoch die Besprechung vom 1. Februar 2002 ausschließlich die Frage eines rechtswidrigen Abrisses betraf, hatte das spätere Treffen vom 4. März 2002 die Erteilung einer Abrißgenehmigung durch die [X.] [X.]zum Gegenstand. Im ersten Fall ging es zudem nur um die mögliche Verwirkung eines Bußgeldes, während bei dem zweiten Vorfall die Zahlung einer —Spendefi inmitten war. Beide Geschehnisse sind damit nicht derart unmittelbar miteinander verknüpft, daß der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt ha-ben, richtig gewürdigt werden kann (vgl. hierzu [X.]St 45, 211, 213). Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund, daß zwischen beiden Vorgängen ein Zeitraum von über einem Monat lag und auch materiellrechtlich Tatmehrheit anzunehmen wäre. [X.] [X.] Maatz [X.] ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben.

Maatz

Ernemann

Sost-Scheible Nachschlagewerk: ja [X.]St: nein Veröffentlichung: ja

[X.] §§ 331, 332 - 10 -
Die Vereinbarung der Begehung einer Ordnungswidrigkeit, die "einvernehm-lich" zur Verhängung eines Bußgeldes führt, ist grundsätzlich kein Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände.

[X.], Urteil vom 7. Juli 2005 - 4 [X.] - [X.] Halle

Meta

4 StR 549/04

07.07.2005

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. 4 StR 549/04 (REWIS RS 2005, 2699)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2699

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