Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.11.2019, Az. 2 StR 588/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2019, 1173

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Gegenstand

Untreue eines Rechtsanwalts durch zweckwidrige Verwendung von Mandantengeldern: Eintritt eines Vermögensnachteils bei dem Berechtigten; Handeln zum Zweck der Befriedigung von Honoraransprüchen


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Juli 2018, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben, soweit sie verurteilt worden sind.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat gegen den Angeklagten [X.]wegen Untreue in 22 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten [X.]hat es wegen Untreue in neun Fällen zu einer ebenfalls zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Zudem hat es ein Berufsverbot gegen den Angeklagten [X.]von zwei Jahren angeordnet und [X.] getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen haben mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), ohne dass es auf die erhobenen Verfahrensrügen ankommt.

I.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s fassten die in [X.] als Rechtsanwälte tätigen Angeklagten, deren Kanzlei sich wirtschaftlich zunehmend schlechter entwickelte, spätestens im [X.] mindestens in den zur Aburteilung gelangten Fällen jeweils den Entschluss, an sie überwiesene oder ihnen übergebene Gelder bewusst pflichtwidrig nicht oder teilweise nicht oder nicht unverzüglich an ihre Mandanten weiterzuleiten, sondern zur Erfüllung eigener Verbindlichkeiten bzw. Begleichung von Kosten ihrer Kanzlei zu ver[X.]den. Durch die wiederholte Tatbegehung in der [X.] von 2009 bis 2015 verschafften sie sich insbesondere mittels verzögerter Auszahlung zum Nachteil ihrer Mandanten unberechtigte Kredite und damit eine fortlaufende Einnahmequelle von längerer Dauer und erheblichem Umfang. Dabei ließen die Angeklagten die Mandanten über den Eingang ihnen zustehender Gelder bzw. deren Höhe im Unklaren, verschwiegen - auch auf Nachfrage - Geldeingänge oder hielten sie vereinzelt auf sonstige Weise hin. In anderen Fällen behielten die Angeklagten von Mandanten gezahlte Selbstbehalte oder an Dritte weiterzuleitende ([X.] über Wochen und Monate hinweg, ohne den betreffenden Sachverhalt weiter zu verfolgen. Ratenüberzahlungen der Gegenseite ließen sie weiterlaufen, Erstattungen an die Rechtsschutzversicherung der Mandanten erfolgten erst Monate oder Jahre später bzw. mangels Reaktion erst auf unmittelbare Nachfrage der Versicherungen bei den Mandanten. Hinsichtlich der ihnen aus ihrer anwaltlichen Tätigkeit gegenüber den Mandanten zustehenden Honoraransprüche, die insbesondere bei [X.] zu reduzierten oder wegfallenden Ansprüchen der Mandantschaft auf Auszahlung der auf Kanzleikonten eingegangenen [X.] führen konnten, erstellten sie keine Abrechnungen und gaben auch keine Aufrechnungserklärungen ab.

3

2. Zur Kanzleiführung durch die Angeklagten und zur finanziellen Situation der Kanzlei hat die [X.] folgende Feststellungen treffen können:

4

Die juristische Bearbeitung einer Sache wurde intern den jeweiligen Anwälten nach Rechtsgebiet zugeteilt, der Sachbearbeiter führte im Verlauf die Akte und das Mandat. Grundsätzlich wurden von diesem Sachbearbeiter auch die Liquidationen erstellt und die technische Ausführung der Abrechnung und der Mandatsbeendigung vorgenommen. In einer Vielzahl von Fällen übernahm der Angeklagte [X.]aber auch die Abrechnung der von ihm nicht bearbeiteten Mandate. Er fertigte in der Regel auch mandatsübergreifende Zwischenabrechnungen und führte die Konten der Kanzlei. Die Aktenführung im Tatzeitraum war geprägt von Rückständen und Unordnung in den Büros der Angeklagten, mangelnden Wiedervorlagen und fehlender Kontrolle insbesondere im Zusammenhang mit dem Eingang von [X.]n und der Aktenablage. Dies führte bei bloßer Anordnung von Abrechnungen mithilfe eines Zettelsystems ohne buchhalterische Nachvollziehbarkeit zum Unterbleiben von Abrechnungen oder zumindest erheblicher Verzögerung.

5

Im Tatzeitraum gab es im Wesentlichen ein allein von dem Angeklagten [X.]geführtes Konto bei der [X.]in [X.]  , zudem zwei auf die Angeklagten [X.]und [X.]lautende Kanzleikonten bei der [X.]bzw. der [X.]sowie erst ab dem [X.] ein [X.], dessen Inhaber der Angeklagte [X.]war. Die Geschäftskonten bei der [X.]und der [X.]wurden im Tatzeitraum im Wesentlichen im Minus geführt, über lange [X.] im fünfstelligen Bereich. Es erfolgten immer wieder Zuschüsse aus privaten Mitteln; zur Tilgung einer Steuerverbindlichkeit der Kanzlei nahm die Ehefrau des Angeklagten [X.] einen Kredit über 50.000 € auf, den sie noch heute abzahlt. Ins Einzelne gehende Feststellungen zur Solvenz der Kanzlei (zu den jeweiligen [X.]) hat die [X.] nicht getroffen.

6

Die Buchhaltung in der Kanzlei oblag allein der - freigesprochenen - Mitangeklagten [X.]. Wenn sie nicht in der Kanzlei war, lag die Buchhaltung brach, teilweise über mehrere Wochen. Hinzu kamen Probleme mit dem Buchhaltungssystem der ver[X.]deten [X.], so dass es zu erheblichen Rückständen in der Buchhaltung kam. Parallel dazu gab es [X.] in den [X.], auf denen handschriftlich sämtliche Buchungsschritte durch die Mitangeklagte [X.]vermerkt wurden, allerdings nicht taggenau und mit zum Teil erheblicher Verzögerung.

7

Mit der Kanzleientwicklung korrespondierend tätigten die Angeklagten [X.]und [X.]spätestens nach dem [X.] immer [X.]iger Entnahmen, der Angeklagte [X.]etwa bis zum [X.] ca. 1.200 bis 1.500 € monatlich, danach lediglich noch 1.000 € oder [X.]iger.

8

„Infolge dieses [X.]“ kam es zu den abgeurteilten Taten, die zum Teil von den Angeklagten auch gemeinschaftlich handelnd begangen wurden.

II.

9

Der Schuldspruch hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das [X.] hat in sämtlichen Fällen eine Untreue durch Verwirklichung des [X.], jeweils begangen durch Unterlassen, angenommen. Dabei hat die [X.] zwischen folgenden Fallgestaltungen unterschieden: Einzahlungen auf Geschäftskonten bei noch nicht eingerichtetem [X.], nicht unverzüglich vorgenommene Fremdgeldauszahlungen („[X.]“), nicht ausgekehrte [X.] („wirtschaftlicher Schaden“) und nicht vorgenommene Verrechnung mit Honoraransprüchen aus Parallelmandaten („juristischer Schaden“).

In allen Fallkonstellationen ist die [X.] vom Vorliegen eines Vermögensschadens ausgegangen. Ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB sei dann gegeben, [X.]n ein Rechtsanwalt, der sich bestimmte [X.] auf sein Geschäftskonto einzahlen lasse, weder uneingeschränkt bereit noch fähig sei, einen entsprechenden Betrag aus eigenen Mitteln vollständig auszukehren. Seien die [X.] nicht auf einem [X.] verwahrt worden oder (bei Eingang auf dem [X.]) nicht unverzüglich weitergeleitet worden, sei bereits ein endgültiger Schaden eingetreten, da bei den Angeklagten kein Ersatzwille vorhanden gewesen sei, die zur [X.] stehenden [X.] auch tatsächlich auszuzahlen. Bei fehlendem Ersatzwillen mache sich auch ein solventer Schuldner grundsätzlich wegen Untreue strafbar, weshalb es weiter gehender Ermittlungen zur Solvenz der Kanzlei nicht bedurft hätte. Im Übrigen sei auch in den Fällen, in denen den Angeklagten möglicherweise Honoraransprüche in einer die Zahlungseingänge übersteigenden Höhe zugestanden hätten, ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB anzunehmen, denn entgegenstehende Honorarforderungen seien nur dann geeignet, den Auszahlungsanspruch der Mandanten zum Erlöschen zu bringen, [X.]n die zugrundeliegenden Mandate tatsächlich - was nicht der Fall gewesen sei - abgerechnet worden seien. Zudem hätte die Ver[X.]dung der Mandantengelder auch nicht dem Zweck gedient, bestehende Honoraransprüche zu befriedigen, weil diese nicht beziffert und geltend gemacht worden seien.

2. Die Annahme des [X.]s, in allen abgeurteilten Fällen sei den Mandanten ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB entstanden, ist nicht tragfähig begründet.

a) Ein Rechtsanwalt, der sich im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrags zur Weiterleitung bestimmte [X.] auf sein Geschäftskonto einzahlen lässt und weder uneingeschränkt bereit noch jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren, kann sich der Untreue in der [X.]iante des [X.] (§ 266 Abs. 1 [X.]. 2 StGB) strafbar machen (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Januar 2015 - 1 StR 587/14, NJW 2015, 1190, 1191; Senat, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 2 StR 221/14, [X.], 277 jeweils mwN). Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, eingegangene [X.] unverzüglich an den Berechtigten weiterzuleiten oder, falls dies ausnahmsweise nicht sofort durchführbar ist, den Mandanten hiervon sofort in Kenntnis zu setzen und dafür Sorge zu tragen, dass ein dem Geldeingang entsprechender Betrag bei ihm jederzeit für den Berechtigten zur Verfügung steht (vgl. [X.], Urteil vom 29. April 1960 - 4 StR 544/59, NJW 1960, 1629, 1630). Unbeschadet der Frage, welche konkrete [X.]spanne als unverzüglich anzusehen ist, was sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt (s. Feuerich/Weyland/Träger, Bundesrechtsanwaltsordnung, 9. Aufl., 2016, § 43a Rn. 90, die eine Frist von maximal drei Wochen ab Eingang des Geldes annehmen), kann diese Verzögerung als solche regelmäßig noch keinen Vermögensnachteil begründen (vgl. [X.], NJW 1971, 64, 65; [X.], [X.], 608 f.). Ebenso [X.]ig kann allein der Verstoß gegen die Pflicht zur Führung eines [X.]s und zur Weiterleitung von [X.]n auf dieses (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.]) einen Nachteil begründen. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Vermögen des Mandanten durch die Pflichtverletzung gemindert wird (zum „[X.]“ vgl. [X.] 126, 170, 206). Das ist etwa dann der Fall, [X.]n in der unterlassenen Weiterleitung die Absicht liegt, die eingenommenen Gelder endgültig für sich zu behalten, der Rechtsanwalt die Gelder zwar nicht auf Dauer für sich behalten will, aber ein dem Geldeingang entsprechender Betrag nicht jederzeit für den Berechtigten zur Verfügung gehalten wird ([X.], Beschluss vom 29. Januar 2015 - 1 StR 587/14, NJW 2015, 1190, 1191; Senat Beschluss vom 24. Juli 2014 - 2 StR 221/14, [X.], 277), oder die Gefahr eines Vermögensverlustes groß ist, weil die auf dem Geschäftskonto befindlichen Gelder dem (unab[X.]dbaren und unausgleichbaren) Zugriff von Gläubigern offenstehen (vgl. [X.], Beschluss vom 2. April 2008 - 5 [X.], [X.]St 52, 182, 188 f.). [X.] der Rechtsanwalt durch Ver[X.]dung auf dem Geschäfts- oder dem [X.] eingegangenen Fremdgelds private Verbindlichkeiten oder erfüllt er vom [X.] aus geschäftliche Verbindlichkeiten, die keinen Zusammenhang mit den Zahlungseingängen aufweisen, ist mit der Kontokorrentbuchung der [X.] oder dem Abfluss des Zahlungseingangs von dessen Konto - abgesehen vom Falle des Vorhandenseins ausreichender Mittel zum in Aussicht genommenen Ausgleich - bei dem Berechtigten bereits ein endgültiger Vermögensschaden eingetreten. Infolge des kompensationslosen Abflusses, der mit dem Verlust der [X.] einhergeht, liegt ein endgültiger Vermögensnachteil vor (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Januar 2015 - 1 StR 587/14, NJW 2015, 1190, 1191).

b) Hiervon ausgehend wird ein Vermögensnachteil durch die Urteilsgründe in allen Fällen nicht tragfähig belegt.

aa) Die Beweiswürdigung, auf die das [X.] die aus seiner Sicht einen Vermögensnachteil allein tragende Annahme stützt, den Angeklagten habe der Wille gefehlt, die zur [X.] stehenden [X.] auch tatsächlich auszuzahlen, erweist sich als lückenhaft.

Die [X.] hat bei ihrer knappen Begründung für diese Annahme wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, die gegen das Fehlen eines [X.] sprechen könnten und die infolgedessen in die Würdigung des [X.]s einzubeziehen gewesen wären. So hat das [X.] festgestellt, Ursache für verspätete Zahlungen sei ein auf Überforderung der Angeklagten zurückzuführendes „Missmanagement“ gewesen. Der hierin liegende Widerspruch zur Annahme eines durchgängig fehlenden [X.] wird in den Urteilsgründen nicht aufgelöst. Auch ist nicht erkennbar, dass die [X.] den Umstand in den Blick genommen hat, dass trotz des festgestellten überdauernden „[X.]“ im Tatzeitraum von fünf Jahren lediglich 27 Fälle festgestellt worden sind, in denen es nach Ansicht des [X.]s zu im Sinne von § 266 StGB strafrechtlich relevanten Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Mandantengeldern gekommen sein soll.

Die [X.] hätte in diesem Zusammenhang ferner bedenken müssen, dass die Angeklagten, wie in den Urteilsgründen festgestellt, immer wieder privates Geld zur Auszahlung an Mandanten nachschossen und ihre Entnahmen aus den Einkünften der Kanzlei im maßgeblichen [X.]raum immer weiter zurückfuhren. Diese Umstände könnten darauf hindeuten, dass es ihnen nicht darauf ankam, ihnen nicht zustehende Gelder für private Zwecke zu ver[X.]den, sie im Gegenteil bestrebt waren, ihren Mandanten keine Gelder vorzuenthalten. Trotz der vom [X.] gegen das Vorhandensein eines [X.] herangezogenen Beweisanzeichen (Abstreiten von Zahlungseingängen gegenüber Mandanten bzw. Auszahlung fälliger Gelder erst auf nachhaltige Intervention) kann der Senat demzufolge nicht ausschließen, dass die [X.] im Rahmen der für jede Tat gesondert vorzunehmenden Gesamtabwägung zumindest in einzelnen Fällen - auch unter Berücksichtigung ihrer privaten wirtschaftlichen Situation (s. dazu im Folgenden unter bb) - zur Annahme von Zahlungswilligkeit und -fähigkeit der Angeklagten gelangt wäre.

bb) Die [X.] hat es - von ihrem Standpunkt aus folgerichtig - nicht für erforderlich erachtet, nähere Feststellungen zur Fähigkeit der Angeklagten zu treffen, die zurückbehaltenen Beträge jederzeit auszugleichen. Dass dies nicht der Fall war, kann der Senat den Urteilsgründen - auch unter Beachtung ihres Gesamtzusammenhangs - nicht entnehmen. Insoweit wird sich die nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] eingehend mit der finanziellen Situation der Kanzlei und auch derjenigen der Angeklagten persönlich auseinanderzusetzen haben, sollte sie den grundsätzlichen Willen zur Auszahlung einbehaltener [X.] feststellen.

cc) [X.] rechtlichen Bedenken begegnet es zudem, dass das [X.] einen Vermögensnachteil in den Fällen [X.], 8, 9, 10, 17 und 26 der Urteilsgründe (im Urteil als „juristischer Schaden“ bezeichnet) damit begründet hat, dass den Angeklagten zwar (nicht ausschließbar) Honoraransprüche in einer die [X.] übersteigenden Höhe zugestanden hätten, eine schadensausgleichende Kompensation aber nicht in Betracht komme, weil diese Ansprüche nicht abgerechnet worden seien. Eines solchen Ausgleichs bedürfte es nämlich nur dann, [X.]n schon die pflichtwidrige Einzahlung auf ein Geschäftskonto, die Ver[X.]dung für andere Zwecke oder die verspätete Weiterleitung an den Mandanten für diesen einen Vermögensnachteil begründet hätte. Dies ist aber, wie aufgezeigt, nicht rechtsfehlerfrei belegt.

c) Die Verurteilung der Angeklagten kann daher keinen Bestand haben. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung.

3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Ein Vermögensnachteil tritt nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung nicht ein, [X.] die Tathandlung selbst zugleich einen den Verlust aufwiegenden Vermögenszuwachs begründet. Hat der Täter einen Geldanspruch gegen das von ihm verwaltete Vermögen, so fehlt es an einem Schaden, [X.]n er über das Vermögen in entsprechender Höhe zu eigenen Gunsten verfügt. Honoraransprüche eines Rechtsanwalts können im Zusammenhang mit der zweckwidrigen Ver[X.]dung von Mandantengeldern grundsätzlich einen Nachteil ausschließen, [X.]n die Ver[X.]dung der Mandantengelder nicht mit dem Vorsatz rechtswidriger Bereicherung erfolgt, sondern dem Zweck dient, bestehende Honoraransprüche zu befriedigen (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 2 StR 221/14, [X.], 277 mwN).

Unbeschadet der Frage, ob es hierzu in jedem Fall der Einforderung einer nach § 8 [X.] fälligen Forderung durch ausdrückliche Berechnung nach § 10 [X.] bedarf (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 2 StR 221/14, [X.], 277, der bei der dort zugrundeliegenden Fallkonstellation hierzu keine Stellung zu nehmen brauchte) oder ob eine Honorarforderung auch ohne ausdrückliche Abrechnung einen werthaltigen und zur Kompensation geeigneten Anspruch beinhaltet (so [X.], Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 [X.], [X.], 733 f. zur Kompensation von Honoraransprüchen nach VOB/B beim Fehlen einer prüffähigen Abrechnung; ebenso: [X.], [X.], 498, 501 f.), ist in Fällen der vorliegenden Art Voraussetzung einer nachteilsausgleichenden Kompensation, dass ein Vermögenszuwachs auf Seiten des [X.] zu verzeichnen ist, weil er durch die Untreuehandlung von einer Verbindlichkeit befreit wird. Dafür ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Honoraranspruch entstanden ist, der Höhe nach feststeht und beziffert werden kann (vgl. insoweit auch [X.], [X.], 498, 501 f.). Ansonsten fehlt es schon an einer möglicherweise in Betracht kommenden Aufrechnungslage (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 2 StR 221/14, [X.], 277 mwN). Nicht ausreichend ist es hingegen, [X.]n sich der Rechtsanwalt nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nichtauskehrung der dem Mandanten zustehenden Gelder, sondern irgendwann zu einem späteren [X.]punkt darauf beruft, ihm hätten dem Auszahlungsbetrag entsprechende Gelder als Honorar für erbrachte Leistungen zugestanden. In diesem Fall fehlt es an der erforderlichen Verknüpfung von Honorarforderung und Einbehalt des Fremdgelds.

Franke     

        

Krehl     

        

Eschelbach

        

Zeng     

        

Meyberg     

        

Meta

2 StR 588/18

26.11.2019

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 12. Juli 2018, Az: 61 KLs 26/17

§ 266 Abs 1 Alt 2 StGB, § 43a Abs 5 BRAO, § 4 RABerufsO, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.11.2019, Az. 2 StR 588/18 (REWIS RS 2019, 1173)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1173

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