Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2004, Az. XII ZR 149/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3019

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 26. Mai 2004 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 537 a.F.; BGB § 276 K BGB § 276 K culpa in contrahendo Zur Frage, ob von der Zusicherung der [X.] eines Einkaufszentrums aus-gegangen werden kann, wenn die Parteien den gegenwärtigen Vermietungszustand in die [X.] des Mietvertrags aufgenommen haben.

[X.], Urteil vom 26. Mai 2004 - [X.] - OLG [X.]

LG Gera

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter Fuchs, [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 29. Mai 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündi-gung eines [X.] und rückständigen Mietzins. Die Klägerin mietete von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 3./10. März 1992 792,56 qm Gewerberaum im Ein-kaufszentrum "[X.]" in J. zu einem monatlichen Mietzins von 22 DM/qm (= [X.] DM) auf die Dauer von 13 Jahren. In der [X.] heißt es: "Der Vermieter vermietet in [X.]ein Einkaufszentrum, beste-hend aus einem Baumarkt mit Gartencenter mit einer Verkaufsfläche von mindestens 5.000 qm, ein Lebensmittelmarkt mit einer Fläche von ca. 1.000 qm und einem weiteren Fachmarkt von ebenfalls etwa 1.000 qm. - 3 - Innerhalb dieses Einkaufszentrums mietet die Firma [X.]

eine Fläche für einen [X.] zu folgenden Bedingungen: –" Seit 15. Dezember 1994 betrieb die Klägerin im Einkaufszentrum einen [X.]. Das Einkaufszentrum war voll vermietet und entsprechend der [X.] belegt. Ab 1997 stand das Einkaufszentrum zum Teil leer. Insgesamt waren drei Mieter, darunter die Unternehmen, die den Lebensmittelmarkt und den Baumarkt betrieben hatten, ausgezogen. Mit [X.] trat die Beklagte als Nachfolgerin der Vermieterin in den Mietvertrag ein. Mit Schreiben vom 2. Dezember 1998 forderte die Klägerin die Beklagte zur Wiederherstellung der vertraglichen [X.] bis 31. Januar 1999 auf und drohte die fristlose Kündigung des [X.] für den Fall an, daß das vereinbarte [X.] nicht nachgewiesen werde. Am 4. Februar 1999 kündigte die Klägerin den Mietvertrag zum 28. Februar 1999 und zog zu diesem Zeitpunkt aus. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 4. August 2000 wiederholte die Klägerin die fristlose Kündigung. Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis zwi-schen den Parteien durch die Kündigung vom 4. Februar 1999 zum 28. Februar 1999, hilfsweise durch die wiederholte Kündigung vom 4. August 2000 zum 31. August 2000 beendet worden sei. Hilfsweise hat sie die Feststellung be-gehrt, daß die Monatsmiete für das Mietverhältnis ab 1. März 1999, hilfsweise ab 1. September 2000, (im Wege der Vertragsanpassung) 6.768,36 DM (netto) betrage. Die Beklagte hat widerklagend die Zahlung von 328.460,55 DM nebst Zinsen verlangt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage antragsgemäß stattgegeben. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblie-ben. Auf die Anschlußberufung der Beklagten hat das [X.] die Klägerin zur Zahlung von weiteren 212.460,13 • verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. - 4 - Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Nichtauslastung (fehlende [X.]) eines Einkaufszentrums sei kein Fehler im Sinne von § 537 BGB a.F. (§ 536 BGB n.F.) der an einen einzelnen gewerblichen Mieter vermie-teten Gewerbeeinheit. Die ab 1997 nicht der [X.] entsprechende Bele-gungssituation des "[X.]" betreffe nicht die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes, sondern das allgemeine [X.] für eine Mietsache, das grundsätzlich beim Mieter liege. Diese Risikoverteilung ändere sich nicht dadurch, daß die angemieteten Räume in einem Einkaufszentrum lägen und beide Vertragsparteien bei Abschluß des [X.] von einer bestimmten [X.] ausgegangen seien. Zu einer Risikoteilhabe des Vermieters komme es nur in Ausnahmefällen. Dies erfordere eine eindeutige vertragliche Regelung, die hier fehle. Die [X.] enthalte eine solche Abänderung der üblichen Risikoverteilung nicht. Die Beschreibung des Einkaufszentrums in der [X.] bedeute lediglich, mit welchen Mietern das Einkaufszentrum zu die-sem Zeitpunkt betrieben werden solle. Die Zusicherung einer [X.] mit der Folge, daß sich der Vermieter am unternehmerischen Risiko des [X.] beteiligen wolle, lasse sich bei sachgerechter Auslegung auch unter Einbe-ziehung der [X.] nicht herleiten. Nach [X.] und Glauben und unter Be-rücksichtigung der Verkehrssitte habe die Klägerin nicht von einer Beteiligung der Vermieterin am unternehmerischen Risiko des Mieters ausgehen dürfen. Die [X.] eines Einkaufszentrums und die Art der Belegung stelle auch keine Eigenschaft im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB a.F. dar. Die Art der Belegung des Einkaufszentrums habe weder etwas mit der Beschaffenheit der an die Klägerin vermieteten Fläche zu tun, noch hafte der Mietsache da-- 5 - durch ein bestimmter Zustand an. Insoweit fehle es bei der in der [X.] lie-genden "Beschreibung" an einer zusicherungsfähigen Eigenschaft. Eine Ver-tragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der [X.] scheide wegen des hier der Klägerin obliegenden Geschäftsrisikos aus. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Verletzung einer vorvertragli-chen oder vertraglichen Nebenpflicht berufen. Eine Aufklärungspflicht über das Sonderkündigungsrecht der anderen Mieter habe bei Abschluß des Vertrages nicht bestanden. Ein Vertragspartner brauche den anderen über den Inhalt der Verträge mit dritten Vertragspartnern nicht aufzuklären. Ein Recht der Klägerin auf Abschluß eines [X.], der inhaltlich den [X.] mit anderen [X.] entsprochen hätte, habe nicht bestanden. 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nach-prüfung stand. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß es keinen Man-gel der Mietsache darstellt, wenn das Einkaufszentrum nicht während der ge-samten Laufzeit des [X.] voll vermietet ist. Auch die Annahme, daß die [X.] des Einkaufszentrums nicht als zusicherungsfähige [X.] von § 537 Abs. 2 BGB a.F. angesehen werden kann, ist nicht zu [X.]. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. Februar 2000 - [X.] ZR 279/97 - NJW 2000, 1714 ff.). Auch die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage hat das Berufungs-gericht zu Recht abgelehnt, weil der Mieter das [X.] zu tragen hat. Das alles stellt die Revision nicht in Frage. b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Beklagte hafte wegen Verschuldens bei Vertragsschluß, weil sie in der [X.] die [X.] zugesichert habe. - 6 - aa) Zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, daß dem Mieter dann, wenn der Anwendungsbereich der mietrechtlichen Gewährleistungsvor-schriften nicht betroffen ist und auch die Grundsätze über den Wegfall der Ge-schäftsgrundlage aus Rechtsgründen nicht zum Zuge kommen, ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen kann. Dieser kann Grund für eine fristlose Kündigung - unter Heranziehung des § 554 a BGB a.F. - sein. Der Anspruch wäre nicht durch die Sonderregelungen ausgeschlossen, da diese - wie dargelegt - hier nicht eingreifen. Ein solcher Anspruch setzt hier aber [X.], daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin unter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht schuldhaft unzutreffende Informationen in Bezug auf das Mietobjekt erteilt hat ([X.] aaO 1718). [X.]) Ohne Rechtsverstoß konnte das Berufungsgericht hier jedoch davon ausgehen, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin weder in der [X.] noch sonst im Mietvertrag eine [X.] über die gesamte Laufzeit des [X.] zugesichert, sondern lediglich den [X.] zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses beschrieben hat. Die Auslegung von [X.] ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehal-ten. Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechts-fehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren Auslegungser-gebnis führt, auch wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich erscheint oder sogar näher liegt. Die Auslegung durch die Tatrichter kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Ausle-gungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungs-sätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren ge-rügten Verfahrensfehler beruht (Musielak/[X.] ZPO 3. Aufl. § 546 Rdn. 5 m.w.N. aus der Rechtsprechung des [X.] in [X.]. 4). Solche [X.] - rechtlich relevanten Auslegungsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen, und sie liegen auch nicht vor. Die Revision macht geltend, wenn mit der [X.] lediglich der [X.] bei Abschluß des [X.] habe beschrieben werden sollen, dann wäre im Text das Perfekt gewählt worden ("hat vermietet") und nicht - wie geschehen - das Präsens ("vermietet"), das hier auch [X.] verstanden wer-den könne. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe damit geworben, daß das Objekt mit einem Baumarkt, Lebensmittelmarkt und einem weiteren Fach-markt betrieben werde, und damit die erwartete Attraktivität des Einkaufszen-trums durch konkrete Angaben über Bestandteile des Einkaufszentrums her-ausgestellt. Daß sie damit für die gesamte Laufzeit des [X.] die Voll-vermietung zusichern wollte, mußte das Berufungsgericht der [X.] indes nicht entnehmen. Die Benutzung des Präsens zwingt nicht zu einer solchen Auslegung. Die Annahme des Berufungsgerichts, es handle sich um die bloße Beschreibung der Mietsituation zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne jeg-liche Garantie, daß diese Situation auf Dauer bestehen bleibe, ist rechtlich mög-lich und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht durfte bei seiner Auslegung auch berücksichtigen, daß im [X.] einer Änderung der [X.] nicht ausgesprochen sind. Seine Annahme, damit habe die Klägerin nach [X.] und Glauben nicht von einer Änderung der gesetzlichen Risikoverteilung ausgehen dürfen, enthält ebenfalls keinen revisiblen Auslegungsfehler. Letztlich versucht die Revision lediglich, ihre Auslegung an die Stelle der des Berufungsgerichts zu setzen. Das ist ihr aber verwehrt. Aus dem Vortrag der Klägerin lassen sich auch keine mündlichen Zusicherungen für eine [X.] entnehmen (vgl. [X.] aaO 1718). - 8 - c) Ohne Erfolg macht die Revision schließlich Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung geltend. Soweit sie sich hierbei auf die Behauptung stützt, daß zwischenzeitlich alle einzelhandelsrelevanten Mieter ausgezogen seien und die Beklagte sich nicht um eine Neuvermietung der geräumten [X.] bemühe und bis heute keinerlei Initiative zur Neubelegung der leerstehen-den Flächen ergriffen habe, kann sie damit nicht gehört werden. Denn dazu fehlt es an ausreichendem Vortrag der Klägerin in den Vorinstanzen.
[X.]
Vézina Dose

Meta

XII ZR 149/02

26.05.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2004, Az. XII ZR 149/02 (REWIS RS 2004, 3019)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3019

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 279/97 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 66/03 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 176/98 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 252/98 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 131/08 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummiete: Wirksamkeit einer formularmäßigen Betriebs- und Offenhaltungspflicht des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum bei …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.