Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.06.2011, Az. 2 C 19/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 5268

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Gegenstand

Beförderungsranglisten für Beamte auf gebündelten Dienstposten


Leitsatz

1. Ein Beförderungsranglistensystem, das Gruppen allein aufgrund des abschließenden Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung bildet und innerhalb der Gruppen nach Behinderteneigenschaft und Geschlecht der Bewerber differenziert, verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG.

2. Ein Beförderungsranglistensystem verstößt gegen § 18 BBesG, wenn es auf sog. gebündelten Dienstposten beruht, ohne dass eine Ämterbewertung stattgefunden hat.

3. Die Zuordnung von Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen (sog. gebündelte Dienstposten) bedarf der sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Einreihung in die [X.], aufgrund derer er nicht befördert worden ist.

2

Der Kläger ist Zolloberinspektor (Besoldungsgruppe [X.]). Sein Dienstposten als Sachbearbeiter im Prüfdienst beim Hauptzollamt [X.] ist den Besoldungsgruppen von [X.] bis [X.] zugeordnet.

3

Die Beklagte nahm bis Ende 2009 Beförderungen im gehobenen Dienst der Zollverwaltung bis zum Zollamtmann (Besoldungsgruppe [X.]) ohne Stellenausschreibungen nach der Platzziffer der Beamten in der bundesweit erstellten Rangliste der jeweiligen Besoldungsgruppe vor. Sie vergab die höheren Ämter an die Beamten auf den Spitzenplätzen der Liste, sobald besetzbare Planstellen zur Verfügung standen. Die Planstellen wurden derjenigen Beschäftigungsbehörde zugewiesen, bei der der zu befördernde Beamte seinen Dienstposten innehatte. Die nicht berücksichtigten Beamten wurden vor den beabsichtigten Beförderungen nicht informiert.

4

Die [X.]n wurden von der Beklagten im [X.] an die jeweiligen [X.] erstellt, zuletzt 2007. Maßgebend für die Reihung war das Gesamturteil zunächst der letzten, sodann der vorletzten Regelbeurteilung. Bei gleichem Gesamturteil beider Beurteilungen wurden innerhalb der so gebildeten Gruppe zunächst die schwerbehinderten Frauen, dann die weiteren Frauen, dann die schwerbehinderten Männer und zum Schluss die restlichen Männer eingereiht. Innerhalb der so gebildeten Untergruppen unterschied die Beklagte sodann nach Dienstalter und Lebensalter.

5

Der Kläger stand auf Platz 864 der 2007 erstellten Rangliste. Nach dieser Liste wurde zuletzt am 1. Dezember 2009 bis Platz 514 befördert. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, die Beklagte zur neuen Einreihung des [X.] in die Rangliste zu verpflichten, hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Vorgehen der Beklagten bei Beförderungen sei in mehrfacher Hinsicht nicht mit dem [X.] nach Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar: Dies gelte zum einen für die Bildung einer Reihenfolge allein aufgrund des Gesamturteils der maßgebenden dienstlichen Beurteilungen. Der Dienstherr müsse die Beurteilungen inhaltlich ausschöpfen; er dürfe sich nicht auf einen Vergleich der Gesamturteile beschränken. Daher sei es auch nicht zulässig, Schwerbehinderten und Frauen bereits bei gleichem Gesamturteil den Vorrang einzuräumen. Zum anderen liege der Beförderungspraxis kein auf das höhere Amt bezogener Leistungsvergleich zugrunde. Die maßgebenden Beurteilungen seien jedenfalls Ende 2009 nicht mehr hinreichend aktuell gewesen. Schließlich werde nicht berücksichtigten Beamten verwehrt, rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Diese Rechtsfehler seien letztlich auf das praktizierte System zurückzuführen, die Dienstposten unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung ohne Bewertung der damit verbundenen Anforderungen mehreren Besoldungsgruppen zuzuordnen.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Sie hat nach Erlass des Berufungsurteils ihre Beurteilungs- und Beförderungspraxis generell geändert.

8

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des [X.] vom 9. März 2010 und des Verwaltungsgerichts [X.] vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Einreihung des [X.] in die [X.] 2007 rechtswidrig gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Einreihung des [X.] in die [X.] 2007 festgestellt wird.

1. Das ursprüngliche Klagebegehren, die Beklagte zu einer neuen Entscheidung über die Einreihung des [X.] in die 2007 aufgestellte [X.] für Beamte der Zollverwaltung mit einem Amt der Besoldungsgruppe [X.] zu verpflichten, hat sich erledigt, weil die Beklagte diese Liste aufgrund einer Änderung der Beurteilungs- und Beförderungspraxis nicht mehr heranzieht. Dieser Änderung hat der Kläger Rechnung getragen, indem er im Revisionsverfahren einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Einreihung in die überholte Rangliste gestellt hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine nach § 142 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung, weil Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 22. März 1990 - BVerwG 2 [X.] 2.88 - [X.] 310 § 113 VwGO Nr. 216 S. 49 f.).

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Ihm soll sein [X.] in den Vorinstanzen durch die von der [X.] herbeigeführte Erledigung nach Möglichkeit nicht genommen werden (sog. Fortsetzungsbonus). Daher sind an das Feststellungsinteresse keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere genügt die Absicht des [X.], von der [X.] wegen ihres rechtswidrigen Vorgehens Schadensersatz zu verlangen. Der Kläger hat bereits bei der [X.] im Verwaltungsverfahren einen Antrag auf beamtenrechtlichen Schadensersatz gestellt. Dies ist ausreichend, weil sein Schadensersatzbegehren angesichts des [X.]s in den beiden Vorinstanzen auch nicht offensichtlich aussichtslos ist (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - juris Rn. 47 ).

2. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass sowohl die Kriterien der [X.] zur Reihung in der [X.] als auch die Beförderungspraxis gegen den verfassungsrechtlich verbürgten [X.] (Art. 33 Abs. 2 [X.]) und das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 [X.]) verstoßen.

Nach Art. 33 Abs. 2 [X.] hat jeder [X.] nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des [X.]es zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 [X.] unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 [X.] vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den [X.] gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 [X.] geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 [X.] 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 [X.] Nr. 30 S. 16 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 [X.] 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 [X.] Nr. 32 S. 28 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 [X.] 16.09 - NJW 2011, 695 Rn. 20 f. ). Dies gilt auch für die Einreihung in eine [X.], wenn allein aufgrund des Listenplatzes ohne nochmalige Auswahlentscheidung befördert werden soll.

Der von Art. 33 Abs. 2 [X.] geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 [X.] 31.01 - [X.] 237.9 § 20 [X.] Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 [X.] 16.02 - [X.] 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 [X.] 16.09 - a.a.[X.] Rn. 46).

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.[X.] S. 2 f.). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der [X.] oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 a.a.[X.] S. 2 f. und vom 4. November 2010 a.a.[X.] Rn. 46). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 4. November 2010 a.a.[X.] Rn. 45).

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.[X.] und vom 4. November 2010 a.a.[X.] Rn. 56).

Diesen Anforderungen hat die Beförderungspraxis der [X.], wie sie zuletzt in der 2007 erstellten [X.] zum Ausdruck gekommen ist, aus mehreren Gründen nicht genügt:

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte entsprechend den Erlassen vom 10. Mai 2004 ([X.]) und vom 22. August 2002 zur Bildung einer Beförderungsreihenfolge die Beamten einer Besoldungsgruppe ausschließlich nach den unterschiedlichen Gesamturteilen in Gruppen eingeteilt und innerhalb dieser Gruppen leistungsfremde Kriterien herangezogen, um Untergruppen zu bilden.

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagte für die Differenzierung innerhalb der Gruppen der Beamten mit gleichem Gesamturteil auf einzelne, im Vorhinein generell festgelegte leistungsbezogene Kriterien hätte abstellen müssen. Auch wenn sie in ihren Beurteilungsrichtlinien von 2002 Zwischenbenotungen für unzulässig erklärt (Nr. 25 [X.]) und damit zugleich verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb der Gesamtnoten (sog. Binnendifferenzierungen) ausgeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.[X.] S. 3 f.), hätte die Beklagte bei gleichem Gesamturteil die herangezogenen Beurteilungen gleichwohl ausschöpfen müssen. Durch den - vorschnellen - Rückgriff auf die Hilfskriterien "Behinderteneigenschaft" und "weibliches Geschlecht" hat sie Schwerbehinderte und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 [X.] bevorzugt. Diesen Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.

Zwar sind die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] und das Verbot der Benachteiligung Behinderter in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 [X.] grundrechtlich verankert. Beide verfassungsrechtlichen Grundsätze sind aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des [X.]es nach Art. 33 Abs. 2 [X.] für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen ist sowohl nach dem Unionsrecht (insbesondere Richtlinie 2006/54/[X.]) als auch nach § 8 Satz 1 BGleiG ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt und greift überdies nur ein, wenn nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Aus denselben Gründen enthalten die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten Schwerbehinderter lediglich Benachteiligungsverbote (vgl. § 81 Abs. 2 Satz 1, § 128 Abs. 1 [X.]; § 1 und § 7 [X.]). Nach § 128 Abs. 1 [X.] sind Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung von Beamtenstellen so zu gestalten, dass Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten gefördert werden; eine Regelung über die Bevorzugung im Rahmen von [X.] fehlt.

Ein weiterer Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 [X.] liegt darin, dass jedenfalls den zum 1. Dezember 2009 getroffenen [X.] keine hinreichend aussagekräftigen, weil nicht mehr aktuellen dienstlichen Beurteilungen zugrunde lagen. Zwar wurde die [X.] (2007) als allein maßgebliche Auswahlentscheidung unmittelbar im [X.] an die [X.] (Stichtag 31. Januar 2007) und damit anhand aktueller Beurteilungen erstellt. Diese wurden in der Folgezeit jedoch nicht mehr aktualisiert. Dies wäre wegen des Zeitraums zwischen der Einreihung in die Rangliste und den Beförderungen Ende 2009 erforderlich gewesen.

Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zeitablauf von rund anderthalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem [X.] andere Aufgaben wahrgenommen hat (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - [X.] 232 § 23 [X.] Nr. 44 Rn. 20). Angesichts des Umstands, dass die [X.] die Ergebnisse eines bundesweiten Leistungsvergleichs in einer großen [X.]verwaltung wiedergeben sollte, ist ein Zeitraum von fast drei Jahren deutlich zu lang, um Ende 2009 in Bezug auf alle zu diesem Zeitpunkt noch in [X.] stehenden Beamten noch von hinreichend aktuellen Beurteilungen ausgehen zu können. Es ist ausgeschlossen, dass sich bei keinem der Bewerber leistungs- und beurteilungsrelevante Veränderungen ergeben haben. [X.], die es ermöglicht hätten, Besonderheiten in der Leistungsentwicklung einzelner Bewerber Rechnung zu tragen, waren nach den seinerzeit geltenden Beurteilungsrichtlinien für das [X.] nicht vorgesehen.

Soweit § 22 Abs. 1 Satz 2 [X.] in der ab 12. Februar 2009 geltenden Fassung die Einbeziehung dienstlicher Beurteilungen zulässt, wenn das Ende des letzten [X.] zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegt, handelt es sich um eine zeitliche Obergrenze, die zwar nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden kann. Letzteres ist insbesondere geboten, wenn wie hier die Beförderungspraxis zwangsläufig zu einem großen Bewerberfeld führt und zeitnahe [X.] nicht erstellt werden.

Schließlich war die frühere Beförderungspraxis der [X.] mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz zur Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 [X.]) nicht zu vereinbaren. Dies folgt schon daraus, dass sie die bevorstehenden Beförderungen den nicht berücksichtigten [X.] nicht vorher rechtzeitig mitgeteilt hat. Sie hat damit verhindert, dass diese vor der Ernennung der für eine Beförderung vorgesehenen Beamten gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen konnten (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 [X.] 26.03 - [X.] 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 11. Februar 2009 a.a.[X.] Rn. 20 und vom 4. November 2010 a.a.[X.] Rn. 34).

3. Die Beförderungspraxis der [X.], wie sie in der 2007 erstellten [X.] zum Ausdruck gekommen ist, beruhte auf einer Verletzung des gesetzlichen Grundsatzes der funktionsgerechten Besoldung nach § 18 [X.].

Nach § 18 Satz 1 [X.] muss eine Ämterbewertung stattfinden ("die Funktionen sind zu bewerten"). Satz 2 legt als Kriterium für diese Bewertung die "Wertigkeit" der Ämter (Funktionen) fest. Es ist das (typische) Aufgabenprofil der Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) zu ermitteln. Weiterhin fordern beide Sätze des § 18 [X.], dass die Funktionen nach ihrer Wertigkeit Ämtern, d.h. Ämtern im statusrechtlichen Sinne (Satz 1) und damit Besoldungsgruppen (Satz 2) zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass die Anforderungen, die sich aus dem Aufgabenprofil einer Funktion ergeben, mit den Anforderungen anderer Funktionen zu vergleichen sind. Je höher die Anforderungen gewichtet werden, desto höher die Besoldungsgruppe, der die Funktion zuzuordnen ist. Damit trägt die Ämterbewertung nach § 18 [X.] den hergebrachten Grundsätzen des Leistungsprinzips, des Alimentationsprinzips und vor allem dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung Rechnung. Ein Beamter hat einen in Art. 33 Abs. 5 [X.] verankerten Anspruch darauf, dass ihm ein Aufgabenbereich übertragen wird, dessen Wertigkeit seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entspricht (Urteil vom 18. September 2008 - BVerwG 2 [X.] 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Ob dieser Anspruch erfüllt ist, kann ohne Dienstpostenbewertung nicht beurteilt werden (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 [X.] 30.07 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 [X.] Nr. 91 Rn. 14).

Es ist anerkannt, dass dem Dienstherrn bei der Bestimmung der Wertigkeit im Sinne von § 18 Satz 2 [X.] ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht (Organisationsermessen). Die Zuordnung der Dienstposten zu einem statusrechtlichen Amt einer bestimmten Besoldungsgruppe liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des [X.] in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (stRspr; vgl. Urteile vom 28. November 1991 - BVerwG 2 [X.] 7.89 - [X.] 237.7 § 28 [X.] Nr. 9 S. 11 und vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - [X.] 240 § 18 [X.] Nr. 27). Mit dem statusrechtlichen Amt und dessen Zuordnung zu einer bestimmten Besoldungsgruppe in Relation zu anderen Ämtern sowie der laufbahnrechtlichen Einordnung werden abstrakt Inhalt, Bedeutung, Umfang und Verantwortung und damit die Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht (stRspr; vgl. Urteile vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 [X.] 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 [X.] 11.04 - BVerwGE 123, 107 <110>).

Jedoch muss der Dienstherr zumindest zwei gesetzliche Vorgaben beachten: Zum einen enthält § 18 [X.] einen Handlungsauftrag. Fehlt eine normative Ämterbewertung, so ist der Dienstherr gesetzlich verpflichtet, eine nichtnormative Ämterbewertung vorzunehmen und sie seiner Personalwirtschaft zugrunde zu legen. Zum anderen dürfen die Funktionen (Dienstposten) nicht ohne sachlichen Grund gebündelt, d.h. mehreren Statusämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden. Die Einrichtung gebündelter Dienstposten bedarf einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (vgl. [X.]/Summer, Besoldungsrecht des [X.] und der Länder, Kommentar, § 18 [X.] Rn. 15 und 16b). Weiterhin ist zu beachten, dass die Zuordnung von [X.] zu bestimmten Dienstposten nach § 25 [X.] voraussetzt, dass diese sich nach der Wertigkeit der Aufgaben deutlich von der niedrigeren Besoldungsgruppe abheben.

Werden wie in der [X.]zollverwaltung gebündelte Dienstposten geschaffen, die drei Besoldungsgruppen zugeordnet werden, gibt es kein höher bewertetes Amt, an dessen Anforderungen die einzelnen Beförderungsbewerber bei dem Leistungsvergleich zu messen wären. Ein gebündelter Dienstposten ist für einen Beamten im niedrigeren [X.] kein höherbewerteter Dienstposten (Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 2.06 -, [X.] 232.1 § 11 [X.] Nr. 4 Rn. 11 und 12 und Beschluss vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 B 106.04 - [X.] 240 § 46 [X.] Nr. 4). Die für den Leistungsvergleich erforderliche Eignungsprognose kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die (abstrakten) Anforderungen an die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherbewerteten abstrakt-funktionellen Amtes als Maßstab zugrunde gelegt werden. Denn ein solches Amt im abstrakt-funktionellen Sinn gibt es nicht, weil dies zwingend bestimmte Ämter im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) voraussetzt, die in der Behörde ausschließlich den Inhabern des gleichen statusrechtlichen Amtes zugewiesen sind.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei hat der Senat im Rahmen des § 161 Abs. 2 berücksichtigt, dass ein Erfolg des Begehrens, erneut über die Einreihung in die [X.] 2007 zu entscheiden, ohne Erledigung vorausgesetzt hätte, dass das Beförderungssystem der [X.] nur an behebbaren [X.] gelitten und nicht dem Grunde nach rechtswidrig gewesen wäre.

Meta

2 C 19/10

30.06.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 9. März 2010, Az: 1 A 286/09, Urteil

Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 33 Abs 2 GG, § 113 Abs 1 S 4 VwGO, § 22 Abs 1 S 2 BBG, § 18 BBesG, § 25 BBesG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.06.2011, Az. 2 C 19/10 (REWIS RS 2011, 5268)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5268

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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