Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2017, Az. LwZR 2/16

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2017, 1748

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:241117ULWZR2.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
LwZR 2/16
Verkündet am:

24. November 2017

Weschenfelder

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Landwirtschaftssache

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Der Bundesgerichtshof, [X.],
hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann,
die Richterin [X.] und [X.] Göbel sowie [X.] und Kees

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird der Beschluss des Oberlandes-gerichts Rostock -
[X.] -
vom 23. [X.] 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte pachtete von der [X.] für die [X.] vom 1.
Oktober 1993 bis zum 30.
September 2005 (mit [X.]) in [X.] belegene landwirtschaftliche Flächen, die in der [X.] zu dem Pachtvertrag überwiegend als Ackerland beschrieben waren. Er nutzte die Flächen von Beginn an als Grünland zur Schafhaltung. [X.] erwarb der Kläger die Grundstücke. Am 29.
Mai 2006 schlossen die Parteien einen neuen Pachtvertrag für die [X.] vom 1.
Juni 2007 bis zum 30.
September 2013. In §
1 des Vertrages ist die
Nutzungsart überwiegend
mit dem Kürzel

angegeben. Gemäß §
6 darf der Pächter die landwirtschaftliche Bestimmung 1
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der Pachtsache nur mit vorheriger schriftlicher Erlaubnis des Verpächters [X.].
Entsprechendes gilt, wenn der Pächter die bisherige landwirtschaftliche Nutzung so ändern will, dass dadurch die Art der Nutzung über die Pachtzeit hinaus beeinflusst wird.

Nach der Rechtslage im [X.]punkt des Abschlusses des Pachtvertrages vom 29.
Mai 2006 durften die Grundstücke unabhängig von der Dauer ihrer Nutzung als Grünland in Ackerland umgewandelt werden. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. Da die Grundstücke mehr als fünf
Jahre lang als Grünland genutzt worden sind, unterfallen sie als Dauer-grünland einem landesrechtlichen Umbruchverbot nach der am 25.
November 2008 in [X.] getretenen Dauergrünlanderhaltungsverordnung
von Mecklen-burg-Vorpommern
([X.] [X.]) und dem am 29.
Dezember 2012 in [X.] getretenen Dauergrünlanderhaltungsgesetz ([X.] [X.]).

Mit der Klage verlangt der Kläger Schadensersatz für den mit der Entste-hung von Dauergrünland verbundenen Wertverlust der Grundstücke, den er mit 123.082,75

Das Amtsgericht -
Landwirtschaftsgericht -
hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] bei dem Oberlandesgericht -
[X.] -
ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zu-gelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen [X.] weiter. Der [X.] beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
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Entscheidungsgründe:

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein [X.] aus §
280 Abs.
1 i.V.m. §
590 Abs.
2 BGB oder §
6 des [X.] zu. Es fehle schon an einer Nutzungsänderung. Im [X.]punkt des Ab-schlusses des Pachtvertrages am
29.
Mai 2006 habe der Beklagte als [X.] Grünland bewirtschaftet. Bei der anderweitigen Beschreibung der Pachtsache in §
1 des Vertrages, in dem die Nutzungsart mit A (=Ackerland) angegeben sei, handele es sich um eine -

unstreitig fehlerhafte

-
Beschreibung
des Zustands der Pachtsache. Der Kläger irre, wenn
er daraus ableite, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, das Grünland wieder in Ackerland zu verwandeln. Das gebe die bloße Falschangabe, die nur aus einem Buchstaben bestehe, nicht her. Die Flächen seien an eine [X.]ei verpachtet worden, die naturgemäß wenig mit Ackerland habe anfangen können. Ob
der Beklagte auf der [X.] befugt gewesen sei, das Ackerland seinerzeit in Grünland zu verwandeln oder verpflichtet gewesen sei, den ursprünglichen Zu-stand wiederherzustellen, sei unerheblich. Die Parteien hätten den alten Land-pachtvertrag nicht verlängert, sondern einvernehmlich durch denjenigen vom 29.
Mai 2006 ersetzt.
Eine Verpflichtung des Beklagten, die Fläche in Ackerland umzuwandeln, lasse sich dem neuen Pachtvertrag nicht entnehmen.

II.

Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts 4
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lässt sich ein Schadensersatzanspruch des [X.] gemäß §
280 Abs.
1 Satz
1 BGB nicht verneinen.

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine Pflich-ten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Pachtvertrag nicht verletzt, ist von [X.] beeinflusst.

a) Im Ausgangspunkt richten sich die vertraglichen Pflichten des [X.] danach, welche Nutzung der Flächen vertraglich vereinbart worden ist. Hier ist

worden, womit -
entsprechend der üblichen Bezeichnung im Liegenschaftskataster -
Ackerland gemeint ist. Dass die Flächen von dem Kläger abweichend von dem Wortlaut des Vertrages nicht als
Ackerland, sondern als Grünland
verpachtet worden sind, kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht angenommen werden.

aa) Besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, ist dieser rechtlich allerdings auch dann allein maßgebend, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat. Das übereinstimmend Gewollte hat den Vorrang vor einer irrtümlichen oder absichtlichen Falschbe-zeichnung (sog. falsa demonstratio, vgl. [X.], Urteil vom 18. Januar 2008

V
ZR 174/06, [X.], 1658 Rn. 12 mwN).

[X.]) Hier ist aber die Auslegung des Berufungsgerichts, bei der [X.] in dem Pachtvertrag als Ackerland
habe es sich um eine bloße Falschbezeichnung gehandelt, auch unter Berücksichtigung der im Rahmen der revisionsrechtlich nur begrenzt möglichen Überprüfung einer tatrichterlichen Auslegung von Willenserklärungen (vgl. dazu nur Senat, Urteil 6
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vom 27. November 2009 -
LwZR 12/08, NJW-RR 2010, 815 Rn. 28; [X.], Urteil vom 27. Juni 2014 -
V [X.], NJW-RR 2014, 1423 Rn. 14 mwN) rechtsfeh-lerhaft. Das Berufungsgericht lässt nämlich wesentliche Auslegungsgesichts-punkte außer [X.]. Es verweist lediglich
auf den Umstand, dass die Flächen bereits bei [X.] als Grünland bewirtschaftet wurden und an eine Schä-ferei verpachtet worden seien, die naturgemäß wenig mit Ackerland anfangen könne. Hierbei lässt es jedoch unberücksichtigt, dass es ohne weiteres möglich ist, bei Vertragsschluss als Grünland genutzte Flächen als Ackerfläche zu ver-pachten, und zwar auch dann, wenn bekannt ist, dass der Pächter die Flächen zunächst weiter als Grünland bewirtschaften will. Anhaltspunkte dafür, dass
die Parteien eine solche Regelung trotz des eindeutigen Wortlaut des Vertrages übereinstimmend nicht gewollt haben, zeigt das Berufungsgericht nicht auf.

cc) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat das [X.]
auch nicht mit [X.]
(§ 314 ZPO)
und damit für den Senat bindend festgestellt, dass die Flächen als Grünland verpachtet werden sollten. In dem Hinweisbeschluss, auf den das Berufungsgericht Bezug nimmt, wird als unstreitige
Tatsache nur aufgeführt, im [X.]punkt des Abschlusses des Pachtvertrages habe der Beklagte Grünland bewirtschaftet. Daraus folgert das Berufungsgericht, dass es sich bei der anderweitigen Beschreibung der [X.] in dem Vertrag um eine Falschbezeichnung handele, gibt aber nicht übereinstimmenden Tatsachenvortrag
der Parteien
wieder. Vielmehr nimmt es eine -
wie gezeigt rechtsfehlerhafte -
Auslegung des Vertrages vor, die von der [X.] nicht erfasst wird. Entsprechendes gilt für die Ausführung
in dem Zurückweisungsbeschluss, § 1 des Vertrages
Mit dieser [X.] fasst das Berufungsgericht lediglich die unstreitige Tatsache der Nutzung 10
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der Flächen als Grünland und seine rechtliche Bewertung als Falschbezeich-nung zusammen.

b) Waren die Grundstücke als Ackerland verpachtet -
hiervon ist revisi-onsrechtlich zugunsten des [X.] auszugehen -, traf den Beklagten als [X.] die Pflicht, die durchgehende Nutzung als Grünland zu ändern und die dro-hende Entstehung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch zu verhindern.

aa) Dies ergibt sich allerdings entgegen der Auffassung des [X.] nicht aus einem Verstoß des Beklagten gegen seine in Anlehnung an § 590 Abs.
2 Satz
1 BGB geregelten vertraglichen Pflichten (§
6 des Pachtvertrags). Hiernach bedarf der Pächter der vorherigen schriftlichen Erlaubnis des [X.], wenn er die bisherige landwirtschaftliche
Nutzung so ändern will, dass dadurch die Art der Nutzung über die Pachtzeit hinaus beeinflusst wird. [X.], die bei [X.] als Acker übergeben werden, darf der Pächter ohne Erlaubnis des Verpächters nur dann als Grünland nutzen, wenn er den alten Zustand bis zum Pachtablauf wiederherstellt; deshalb muss er der Entstehung von Dauergrünland entgegenwirken. Hier wurden die Flächen aber schon bei Übergabe als Grünland bewirtschaftet. Deshalb fehlt es -
wie auch das [X.] insoweit zutreffend sieht -
an einer (unerlaubten) Nutzungsände-rung, da die Flächen durchgehend und unverändert
als Grünland bewirtschaftet worden sind. In §
590 Abs.
2 Satz
1 BGB sowie der hiermit übereinstimmenden Bestimmung in dem Pachtvertrag wird nur geregelt, unter welchen Vorausset-zungen der Pächter zur Vornahme bestimmter Nutzungsänderungen berechtigt ist, nicht aber, ob ihn eine Pflicht zur Nutzungsänderung trifft (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 28.
April 2017 -
LwZR
4/16, [X.], 564 Rn. 15
ff.).

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[X.]) Der Beklagte hatte die Flächen aber deshalb rechtzeitig umzubre-chen, weil der Pächter zur
ordnungsgemäßen
Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet ist (§
586 Abs.
1 Satz
3 BGB) und sie in einem Zustand zurückzu-geben hat, der einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§
596 Abs.
1 BGB). Werden als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland genutzt, entspricht es vorbehaltlich besonderer vertraglicher Vereinbarungen ordnungs-mäßiger Bewirtschaftung, die Ackerlandeigenschaft zu erhalten und die Entste-hung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch abzuwenden ([X.] hierzu im einzelnen Senat, Urteil vom 28.
April 2017 -
LwZR
4/16, [X.], 564 Rn. 19 ff.).

c) Diese Pflicht hat der Beklagte
verletzt, wenn die Grundstücke als Ackerland verpachtet worden sind.
Er hätte das Entstehen von Dauergrünland durch einen Umbruch bereits vor Inkrafttreten der Dauergrünlandverordnung im November 2008 verhindern können.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus an-deren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Insbesondere lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Verschul-den des Beklagten, das gemäß §
280 Abs.
1 Satz
2 BGB vermutet wird, nicht verneinen.

III.

Das Berufungsurteil kann hiernach
keinen Bestand haben und ist [X.] (§ 562 Abs. 1
ZPO).
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen, weil es weiterer Feststellungen bedarf (563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

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1. Das Berufungsgericht wird sich zunächst erneut -
ggf. nach ergänzen-der Stellungnahme der Parteien -
mit der Frage zu beschäftigen haben, ob die Flächen entgegen dem Wortlaut des Vertrages als Grünland verpachtet [X.].
Hierfür
kommt es entscheidend auf die Vorstellungen der Parteien im [X.]-punkt des Vertragsschlusses am 29. Mai 2006 an.
Wie ausgeführt,
genügt es für die Annahme einer bloßen Falschbezeichnung nicht, dass die Flächen zu diesem [X.]punkt als Grünland bewirtschaftet wurden.
Von Bedeutung können aber Gespräche sein, die die Parteien möglicherweise im Hinblick auf die Eig-nung der
Flächen für die Zwecke des Beklagten geführt haben; dabei ist ggf. zu berücksichtigen, dass das später in [X.] getretene Umbruchverbot im [X.]punkt der Vertragsverhandlungen im Raum gestanden haben könnte (vgl. die im Urteil des Senats vom 28. April 2017
-
LwZR 4/16, [X.], 564 in Rn. 24 wieder-gegebenen Feststellungen der Vorinstanz).

2. Liegt eine Verpachtung als Ackerland vor, ist dem Beklagten Gelegen-heit zu geben, zu einem möglichen Fehlen eines Verschuldens näher vorzutra-gen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 28. April 2017 -
LwZR 4/16, [X.], 564 Rn. 24).

3. [X.] das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten dem Grunde nach, stellt sich die Frage nach einem möglichen Mitverschulden des [X.] gemäß §
254 Abs.
1 BGB. Ein Mitverschulden
des Verpächters kann in [X.] kommen, wenn er es unterlässt, den Pächter zu einem rechtzeitigen Um-bruch anzuhalten, sofern ihm die Nutzung als Grünland bekannt war und er die drohende Entstehung von Dauergrünland erkennen konnte; in aller Regel wird Letzteres voraussetzen, dass der Verpächter aktiver Landwirt ist (Senat, Urteil vom 28.
April 2017 -
LwZR
4/16, [X.], 564 Rn. 25). Eine solche Oblie-17
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genheit des [X.] kann hier bereits im [X.]punkt des Vertragsschlusses [X.] haben. Zudem bedarf es ggf. der Feststellung des dem Kläger ent-standenen Schadens.

[X.] Göbel

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.03.2015 -
19 XV 4/14 -

OLG Rostock, Entscheidung vom 23.02.2016 -
14 [X.]/15 -

Meta

LwZR 2/16

24.11.2017

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2017, Az. LwZR 2/16 (REWIS RS 2017, 1748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1748

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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