Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2016, Az. 1 StR 326/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 5834

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:070916U1STR326.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR
326/16

vom
7. September
2016
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 7. September 2016, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer
und [X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Bär,

Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung ,
Justizobersekretärin

bei der
Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. März 2016 wird verworfen.

2.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmit-tels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, davon in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem (anderen) Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verur-teilt. Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei Festlegung eines nä-her bezeichneten [X.] eines Teils der Strafe ist bestimmt worden. Weiterhin hat das [X.] Verfall des [X.] in Höhe von 2.700 Euro angeordnet.
Die auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklag-ten hat keinen Erfolg.

1
2
-
4
-
Das Rechtsmittel ist ungeachtet des durch den Verteidiger in der [X.] gestellten, auf die Aufhebung des Urteils über die Anordnung von Verfall des [X.] beschränkten Antrags weiterhin unbeschränkt einge-legt. Einer wirksamen Beschränkung der unbeschränkt eingelegten Revision steht bereits das Fehlen der gemäß §
303 Satz
1 StPO erforderlichen Zustim-mung des [X.] entgegen.

I.
1.
Die getroffenen Feststellungen sind rechtsfehlerfrei. Sie beruhen im Wesentlichen auf dem überprüften Geständnis des Angeklagten. Die [X.] sowie die Aussprüche zu den Einzelstrafen und zu der Gesamtstrafe.
2.
Auch die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt (§
64 StGB), die nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen worden ist, und die Entscheidung zum [X.] eines Teils der Gesamt-freiheitsstrafe (§
67 Abs.
2
Sätze
1, 2 und 3 StGB), enthalten keine Rechtsfeh-ler zum Nachteil des Angeklagten.

II.
Die Anordnung von Verfall des [X.] in Höhe von 2.700 Euro hält ebenfalls revisionsrechtlicher Prüfung stand.
1.
Nach den zugehörigen Feststellungen hat der Angeklagte durch die verfahrensgegenständlichen Straftaten insgesamt 8.750 Euro im Sinne von

3
4
5
6
7
-
5
-

§
73 Abs.
1 Satz
1 StGB erlangt. Da das von ihm bei seiner Festnahme mitge-führte Bargeld im Gesamtwert von 2.700 Euro aber nicht einer der Taten, we-gen derer der Angeklagte verurteilt worden ist, zugeordnet werden konnte, hat das [X.] rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des Verfalls des [X.] gemäß §
73a Satz
1 StGB angenommen.
2.
Auch die Anwendung der Härtevorschrift des §
73c Abs.
1 StGB weist keinen revisibelen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
a)
Das [X.] hat dem systematischen Verhältnis zwischen §
73c Abs.
1 Satz
1 StGB und §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB Rechnung getragen, indem es, der Rechtsprechung des [X.] (etwa [X.], Beschluss vom 13.
Februar 2014

1 StR 336/13, [X.]R StGB §
73c Härte 16 mwN; Urteil vom 26.
März 2015

4 [X.], [X.], 176, 177) folgend, zunächst die Voraussetzungen der [X.] des §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB erör-tert hat.
b) aa)
Nach dieser Vorschrift kann eine Verfallsanordnung bzw. eine An-ordnung des [X.] unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Be-troffenen nicht mehr vorhanden sind. Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat erlangt hat, sodann ist diesem Betrag der Wert [X.] noch vorhandenen Vermögens gegenüberzustellen. Wenn hiernach auch ein Gegenwert des [X.] im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vor-handen ist, kann der Tatrichter von einer Verfallsanordnung absehen (siehe [X.], Urteile
vom 2.
Dezember 2004

3 [X.], [X.]R StGB §
73c Här-te
10; vom 26.
März 2009

3 [X.], [X.], 86; Beschluss vom 13.
Februar 2014

1 StR 336/13, [X.]R StGB §
73c Härte
16 Rn.
16; Urteil 8
9
10
-
6
-
vom 26. März 2015

4 [X.], [X.], 176, 177; Beschluss vom 3.
Februar 2016

1 StR 606/15, [X.], 166
f.). Verfügt der Angeklagte oder der sonst von Verfallsentscheidungen Betroffene im Zeitpunkt des tatrich-terlichen Urteils nicht (mehr) über Vermögen, das dem Wert des [X.] und damit grundsätzlich Abschöpfbarem entspricht, ist die Ausübung des tatrichter-lichen Ermessens aus §
73c Abs.
1 Satz 2 StGB eröffnet ([X.], Beschlüsse vom 14.
Januar 2016

1 [X.], [X.], 108 f. und vom 10.
August 2016

1 [X.] jeweils mwN; Urteil vom 10.
März 2016

3 StR 347/15 Rn.
41).
bb)
Dem hat das Tatgericht entsprochen. Das aus den verfahrensgegen-ständlichen Taten Erlangte bzw. dessen Wert ist ebenso festgestellt worden wie der Umstand, dass davon ausschließlich noch die bei dem Angeklagten bei [X.] Festnahme aufgefundenen 2.700 Euro vorhanden waren. Auch die sonsti-gen Einkommens-
und Vermögensverhältnisse sind festgestellt (UA S.
4).
cc)
Die Ausübung des dem [X.] in der Anwendung von §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB zustehenden Ermessens, die Anordnung des Verfalls des [X.] auf die gegenständlich vorhandenen 2.700 Euro zu beschränken, lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten (zum Prüfungsmaß-stab des [X.] näher [X.], Beschlüsse vom 3.
Februar 2016

1 StR 606/15, [X.], 166 f. und vom 10.
August 2016

1 [X.] jeweils mwN) erkennen. Insbesondere liegt kein Ermessensdefizit ([X.] jeweils aaO) vor. Das [X.] hat die bei dem Angeklagten ohnehin bereits vor-handenen Schulden ebenso in seine Ermessensausübung einbezogen wie die durch das hiesige Strafverfahren auf den Angeklagten zukommenden Kosten. Die Erwägung der [X.], von einem über

die vorhandenen

2.700 Euro hinausgehenden Wertersatzverfall abzusehen, um den in der [X.] keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgehenden Angeklagten nach dem 11
12
-
7
-
Ende der Strafhaft nicht zu verleiten, zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation erneut Straftaten zu begehen, trägt den für die tatrichterliche Ermes-sensausübung maßgeblichen Kriterien (zu diesen [X.], Urteil vom 26.
März 2015

4
[X.], [X.], 176, 177
f.; Beschluss vom 3.
Februar 2016

1
StR 606/15, [X.], 166 f. jeweils mwN) Rechnung.
Ein Ermessensdefizit bezüglich §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB liegt auch inso-weit nicht vor, als das [X.] nicht Wertersatzverfall in einer geringeren Höhe als geschehen angeordnet oder ganz auf dessen Anordnung verzichtet hat. Es hat

wie bereits ausgeführt

die vorhandenen Schulden und das [X.] vollständige Fehlen von [X.] in seine Er-messensausübung einbezogen. Weitere über die ohnehin vom Tatrichter ange-stellten Ermessenserwägungen waren rechtlich nicht veranlasst.
Ebenso wenig hat das [X.] den Maßstab für die Beurteilung, ob der Wert des [X.] noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist, als Grundlage für die rechtsfehlerfreie Ausübung des Ermessens verkannt. Die dem Wertersatzverfall unterworfenen 2.700 Euro sind bei dem Angeklagten
gegenständlich und damit auch in seinem Vermögen vorhanden. Sie rühren im Ergebnis aus den abgeurteilten Betäubungsmittelstraftaten her, auch wenn es sich bei dem Bargeld nicht mehr um solches handelt, das ihm jeweils als kon-kretes Entgelt für die Veräußerung des Heroins von seinen Abnehmern über-
geben worden ist. Es entspricht gerade dem mit dem Verfall und seinen Modifi-kationen verfolgten Gesetzeszweck, einem Straftäter jedenfalls dasjenige [X.] zu entziehen, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat (vgl. BT-Drucks. IV/650 S.
241 und 245; siehe auch [X.], Beschluss vom 14.
Januar 2004

2 BvR 564/95, [X.]E 110, 1, 16) und im Zeitpunkt der [X.] als realer Vermögensgegenstand bei ihm noch vorhanden ist. Die Vermögensabschöpfung verfolgt insgesamt den Zweck, dem Straftäter delik-13
14
-
8
-
tisch erlangte Vermögensgegenstände wieder zu entziehen und dadurch die durch die vorhandene Bereicherung des Straftäters verbundene Störung der Rechtsordnung zu beseitigen ([X.] aaO,
[X.]E 110, 1, 18). Die mit dem Instrument der Vermögensabschöpfung auch angestrebte generalpräventive Wirkung, durch die Anordnung von Verfall oder seinen Abwandlungen der Rechtsgemeinschaft vor Augen zu führen, dass strafrechtswidrige Bereicherun-gen nicht geduldet werden und Straftaten sich nicht lohnen ([X.] aaO,
[X.] 110, 1, 19 f.), würde verfehlt, wenn dem Straftäter noch konkret vorhande-nes, deliktisch erlangtes Vermögen belassen würde. Schon deshalb durfte das Tatgericht sein Ermessen fehlerfrei dahingehend ausüben, nicht weniger als die aufgefundenen 2.700 Euro dem Wertersatzverfall zu unterwerfen.
c)
Die Ablehnung der Anwendung von §
73c Abs.
1 Satz
1 StGB ist ebenfalls be

März 2015

4 [X.], [X.], 176, 178 und Beschluss vom 13.
Februar 2014

1 StR 336/13, 15
-
9
-
[X.]R StGB §
73c Härte 16 jeweils mwN) zutreffend bestimmt und dessen Vo-raussetzungen für die vorliegende Konstellation ohne Rechtsfehler verneint.

Ri[X.] Prof. Dr. [X.]

ist im Urlaub und deshalb an

der Unterschriftsleistung

gehindert.

Raum

Radtke Raum

Fischer Bär

Meta

1 StR 326/16

07.09.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2016, Az. 1 StR 326/16 (REWIS RS 2016, 5834)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5834

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1 StR 336/13

4 StR 463/14

1 StR 606/15

1 StR 615/15

3 StR 347/15

2 BvR 564/95

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