Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.10.2019, Az. 10 AZR 567/17

10. Senat | REWIS RS 2019, 2036

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Gegenstand

Bürgenhaftung nach dem AEntG für Sozialkassenbeiträge


Leitsatz

1. Die in § 12 SokaSiG geregelte entsprechende Anwendbarkeit von Abschnitt 5 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 20. April 2009 bezieht sich auf alle Zeiträume, die das SokaSiG umfasst.

2. Inhaberin der Ansprüche auf Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft, die seit dem 1. Januar 2010 gerichtlich geltend gemacht werden, ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) auch dann, wenn die Ansprüche vor diesem Zeitpunkt entstanden sind.

3. Aus Sicht des Senats ist die in § 3 Abs. 5 SokaSiG festgeschriebene Geltung der bautariflichen Bestimmungen zum sog. Doppelbelastungsverbot einschließlich der in § 3 Abs. 8 SokaSiG vorgesehenen Erstreckung auf ausländische Arbeitgeber verfassungsgemäß.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15. September 2017 - 10 [X.]/17 - wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 26 % und die Beklagte 74 % zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 17 % und die Beklagte 83 % zu tragen. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Bürgenhaftung nach dem [X.] ([X.]) über Beiträge zu den [X.].

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den [X.] verpflichtet. Er nimmt die Beklagte auf der Grundlage des [X.] sowie der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 id[X.] vom 5. Dezember 2007 ([X.] 2007 II) und vom 18. Dezember 2009 ([X.] 2009) als [X.] auf Zahlung von [X.] iHv. noch 9.520,08 Euro in Anspruch.

3

Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen. Sie beauftragte das überwiegend Rohbau- und Betonarbeiten ausführende Unternehmen [X.] mit Sitz in [X.] ([X.]) werkvertraglich mit Rohbauarbeiten in dem Bauprojekt „M“. Die [X.] setzte auf dieser Baustelle in den Monaten November und Dezember 2008 gewerbliche Arbeitnehmer ein, für die sie in [X.] keine Beiträge zu den Sozialkassen entrichtete.

4

Der Kläger hat in seiner am 9. November 2010 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 10. Dezember 2010 zugestellten Klage die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte als Unternehmerin iSd. [X.] für die von der [X.] nach den [X.] geschuldeten Beiträge. Die Beitragspflicht entfalle nicht deshalb, weil die [X.] in [X.] Beiträge geleistet habe. Die Beklagte sei der ihr obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. An die [X.] sei die [X.] aufgrund des SokaSiG gebunden, das verfassungsgemäß sei.

5

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.520,08 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Indem sich der Kläger auf das SokaSiG berufe, habe er die Klage unzulässig geändert. Zudem gebe es keine Hauptverbindlichkeit, für die die Beklagte als [X.] einzustehen habe. Die [X.] sei als [X.] Unternehmen nicht verpflichtet, Sozialkassenbeiträge in [X.] zu entrichten. Das sog. Doppelbelastungsverbot stehe einer Leistungspflicht entgegen. Jedenfalls sei die [X.] nicht an die [X.] gebunden. Das SokaSiG scheide als Geltungsgrund aus, weil es verfassungswidrig sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Höhe der Beitragsforderung nach § 287 ZPO geschätzt und der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel, dass die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt wird.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Die Beitragsklage ist zulässig und begründet.

9

I. Der Kläger hat die Klage nicht geändert, indem er sich in der Berufungsinstanz erstmals auch auf das [X.] als [X.] für die [X.] berufen hat. Unabhängig von anderen Anspruchsgrundlagen hat er erstinstanzlich an der Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 als [X.] festgehalten (BAnz. Nr. 104a vom 15. Juli 2008; [X.] 2008 II). [X.] hat er sich vorsorglich auch auf das [X.] berufen. Es handelt sich um eine Anspruchskonkurrenz innerhalb desselben Streitgegenstands. [X.] nach den [X.]n, für deren Geltungserstreckung sowohl eine Allgemeinverbindlicherklärung als auch § 7 [X.] in Betracht kommen, werden von demselben den Streitgegenstand umgrenzenden Lebenssachverhalt erfasst ([X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 14; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 27; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 12; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 15; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 18 ff., [X.]E 164, 201). Der [X.] muss nicht darüber entscheiden, ob die weiteren vom Kläger herangezogenen Anspruchsgrundlagen - die materiell-rechtlichen Tarifverträge der Bauwirtschaft und ein nachwirkender [X.] - andere Streitgegenstände sind. Es handelt sich jedenfalls nicht um eine mit § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unvereinbare alternative Klagehäufung (vgl. dazu [X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 40; 2. August 2018 - 6 [X.] - Rn. 18 [X.], [X.]E 163, 205; [X.] 21. November 2017 - II [X.]/15 - Rn. 8 f.). Der Kläger hat eine Rangfolge der Anspruchsgrundlagen gebildet, indem er sich in der Berufungsinstanz zuletzt vorrangig auf die materiell-rechtlichen Tarifverträge, hilfsweise auf einen nachwirkenden [X.] und vorsorglich auf das [X.] gestützt hat. In der Revisionsinstanz hat er sich allein auf das [X.] berufen. Mit seinem Antrag, die Revision der [X.] zurückzuweisen, hat er sich die lediglich auf das [X.] gestützte Entscheidung des [X.] zu eigen gemacht (vgl. [X.] 19. Jan[X.]r 1990 - V [X.] - zu II 1 der Gründe).

II. Die Klage ist auf der Grundlage der den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] begründet. Der Anspruch auf die zuletzt geltend gemachten Beiträge nebst Zinsen ergibt sich aus § 12 [X.], § 14 Satz 1 [X.] iVm. § 7 Abs. 7, Abs. 8 und Abs. 11, Anlagen 32 und 33 [X.] iVm. § 18 Abs. 1 Satz 2, § 22 Abs. 1 Satz 1, § 24 [X.] 2007 II, § 3 Abs. 3 [X.] 2009.

1. Nach § 14 Satz 1 [X.] haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, [X.]. für die Verpflichtungen dieses Unternehmers zu der Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 [X.] wie ein Bürge, der auf die Einrede der [X.] verzichtet hat.

2. § 14 [X.] ist hier nach § 12 [X.] entsprechend anzuwenden. § 12 [X.] bestimmt, dass Abschnitt 5 des [X.] auf die Verpflichtung zu der Zahlung von Beiträgen zum Urlaubskassenverfahren an die Urlaubs- und [X.] der Bauwirtschaft entsprechende Anwendung findet. Diese Geltungsanordnung betrifft alle Zeiträume, die das [X.] umfasst, und nicht nur solche seit dem 24. April 2009, in denen das [X.] vom 20. April 2009 ([X.]) in [X.] getreten war. Auf das von ihm nach § 25 Satz 2 [X.] abgelöste [X.] vom 26. Febr[X.]r 1996 idF vom 21. Dezember 2007 ([X.]I S. 3140, [X.] aF), das die Bürgenhaftung in § 1a [X.] aF regelte, kommt es nicht mehr an. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang und dem Zweck des Gesetzes. § 3 Abs. 8 und § 7 Abs. 11 [X.] beziehen eine Vorschrift des [X.] vom 20. April 2009 - § 5 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 3 [X.] - auch auf Zeiträume, die in die Geltung des [X.] aF fielen (vgl. § 3 Abs. 5 bis Abs. 7 und § 7 Abs. 8 bis Abs. 10 [X.]). Mit § 12 [X.] soll sichergestellt werden, dass die Vorschriften des Abschnitts 5 des [X.] nicht nur auf [X.] zur Anwendung kommen, die auf einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag beruhen, sondern auch auf solche, denen ein nach dem [X.] geltender [X.] zugrunde liegt (vgl. [X.]. 18/10631 S. 653). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Vorschrift der Bürgenhaftung einheitlich auf alle vom [X.] erfassten Zeiträume anzuwenden ist.

3. Die Beklagte hat als Unternehmerin iSv. § 14 Satz 1 [X.] die Hauptschuldnerin auf werkvertraglicher Basis dazu verpflichtet, Bauleistungen im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben zu erbringen. Die durch Sinn und Zweck der Bürgenhaftung gebotene einschränkende Auslegung des Unternehmerbegriffs iSv. § 14 BGB kommt hier nicht zum Tragen (vgl. dazu [X.] 16. Oktober 2019 - 5 [X.] - Rn. 22 ff.; zu § 1a [X.] aF [X.] 16. Mai 2012 - 10 [X.]/11 - Rn. 15, [X.]E 141, 299; 28. März 2007 - 10 [X.]/06 - Rn. 12 ff.; 12. Jan[X.]r 2005 - 5 [X.] - zu III 2 b der Gründe [X.], [X.]E 113, 149). Die Beklagte ist nicht selbst Bauherrin, die eine Bauleistung lediglich in Auftrag gibt und weder eigene [X.] beschäftigt noch Subunternehmen beauftragt, die für sie eigene Leistungspflichten erfüllen. Vielmehr ergibt sich aus der Bezeichnung des Bauprojekts im Werkvertrag, den die Beklagte mit der Hauptschuldnerin abgeschlossen hat, dass die Beklagte, die auf dem Markt als Bauunternehmung auftritt, ein fremdes Bauprojekt erstellt und die Hauptschuldnerin dafür als Subunternehmerin beauftragt hat.

4. Die für den Beitragseinzug maßgeblichen Tarifbestimmungen erfüllen die in § 8 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Satz 1 Nr. 3 [X.] begründeten Voraussetzungen.

a) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] haben Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland, die unter den Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 sowie §§ 5 und 6 Abs. 2 [X.] fallen, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach § 5 Nr. 3 [X.] zustehenden Beiträge zu leisten. Um einen Tarifvertrag nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.] handelt es sich, wenn er für den Bereich des Bauhauptgewerbes oder des Baunebengewerbes iSd. Baubetriebe-Verordnung ([X.]) in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der Erbringung von Montageleistungen auf Baustellen außerhalb des [X.] gilt. Nach § 5 Nr. 3 [X.] können Gegenstand eines Tarifvertrags die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen iSv. § 5 Satz 1 Nr. 2 [X.] durch eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien sein. Es muss sichergestellt sein, dass der ausländische Arbeitgeber nicht gleichzeitig zu Beiträgen zu der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien und zu einer vergleichbaren Einrichtung im Staat seines Sitzes herangezogen wird. Das Verfahren der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien muss eine Anrechnung derjenigen Leistungen vorsehen, die der ausländische Arbeitgeber bereits erbracht hat, um den gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Urlaubsanspruch zu erfüllen.

b) Der [X.] 2007 II und der [X.] 2009 sind wie der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) vom 4. Juli 2002 idF vom 20. August 2007 ([X.] 2007), Tarifverträge des Bauhaupt- und Baunebengewerbes iSd. [X.]. Die Tarifverträge erfassen mit ihren betrieblichen Geltungsbereichen überwiegend identische Betriebe wie die [X.] in ihrem § 1.

c) Der [X.] 2007 enthält in § 8 [X.]. Regelungen der Dauer des Urlaubs und des Urlaubsentgelts.

aa) Er sieht in § 8 Nr. 15 vor, dass die Urlaubs- und [X.] der Bauwirtschaft als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaubsansprüchen im Baugewerbe nach Maßgabe des [X.] Beiträge einzieht und Leistungen gewährt.

bb) Die Bestimmungen des § 8 Nr. 13 und Nr. 15.2 [X.] 2007 werden den Anforderungen an das Doppelbelastungsverbot des § 5 Satz 1 Nr. 3 [X.] gerecht. Es dient dazu, Diskriminierungen ausländischer Arbeitgeber zu vermeiden und damit Unionsrecht zu wahren (zu dem Zweck des Doppelbelastungsverbots [X.] 21. November 2007 - 10 [X.] - Rn. 35 [X.]; zu der Vereinbarkeit der Bürgenhaftung mit Unionsrecht EuGH 12. Oktober 2004 - [X.]/03 - [[X.] & [X.]] Rn. 34 ff.; [X.] 12. Jan[X.]r 2005 - 5 [X.] - zu VII der Gründe, [X.]E 113, 149). § 8 Nr. 13 [X.] 2007 sieht vor, dass Urlaubstage und Urlaubsentgelt, die ein außerhalb [X.] ansässiger Arbeitgeber vor der Entsendung für das laufende Kalenderjahr gewährt hat, auf die Ansprüche, die während der Entsendezeit bis zum Zeitpunkt der Anrechnung entstanden sind, angerechnet werden. Nach § 8 Nr. 15.2 [X.] 2007 bestehen keine [X.] der Kasse, wenn ein ausländischer Arbeitgeber nachweist, dass er für die vom Tarifvertrag erfassten Arbeitnehmer auch während der Entsendung Beiträge zu einer vergleichbaren Urlaubskasse im Staat seines [X.] entrichtet hat und wenn [X.] Arbeitsrecht für diese Arbeitnehmer nicht anwendbar ist.

5. Aufgrund des [X.] ist es nicht erforderlich, dass für die hier maßgeblichen Tarifverträge einer der in § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Geltungsgründe besteht.

a) § 3 Abs. 1 bis Abs. 7 und § 7 Abs. 1 bis Abs. 10 [X.] schreiben die Geltung der näher bezeichneten Bundesrahmen- und [X.] des Baugewerbes für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ihrem jeweiligen Geltungsbereich fest. Sowohl § 3 Abs. 8 als auch § 7 Abs. 11 [X.] erstrecken diese Geltungsanordnung auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern, soweit es um Arbeitsbedingungen iSv. § 5 Satz 1 Nr. 3 [X.] geht.

b) Danach ergibt sich die allgemeine Geltung des [X.] 2007 aus § 3 Abs. 8 iVm. Abs. 5 iVm. Anlage 16 [X.], des [X.] 2007 II aus § 7 Abs. 11 iVm. Abs. 8 iVm. Anlage 33 [X.] und des [X.] 2009 aus § 7 Abs. 11 iVm. Abs. 7 iVm. Anlage 32 [X.].

6. [X.] erfüllt die [X.] des [X.].

a) Sie ist eine Arbeitgeberin mit Sitz im Ausland.

b) Ihr Betrieb wahrt das Erfordernis des § 6 Abs. 2 [X.], wonach der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung im Sinn des fachlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags überwiegend Bauleistungen gemäß § 101 Abs. 2 SGB III erbringen muss. Darunter sind alle Leistungen zu verstehen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (vgl. [X.] 21. Jan[X.]r 2015 - 10 [X.] - Rn. 14). Unerheblich ist, ob der Betrieb seinen Sitz im In- oder Ausland hat. Abzustellen ist allein auf den Betrieb als maßgebliche Organisationseinheit (vgl. [X.] 19. November 2008 - 10 [X.] - Rn. 13; [X.]/[X.]/[X.]/Eustrup [X.]/[X.] 3. Aufl. § 6 [X.] Rn. 6; aA Ulber [X.] § 6 Rn. 32 unter Verweis auf [X.] 19. November 2008 - 10 [X.] -). Damit sind auch die von der Hauptschuldnerin überwiegend ausgeführten Rohbau- und Betonarbeiten erfasst.

c) [X.] beschäftigte im [X.] und damit im räumlichen Geltungsbereich des [X.] 2007, des [X.] 2007 II sowie des [X.] 2009, der sich nach deren § 1 Abs. 1 jeweils auf das Gebiet der [X.] erstreckt, von ihr entsandte Arbeitnehmer.

7. Die gegen die Hauptschuldnerin bestehenden Beitrags- und Zinsansprüche des [X.] stellen eine für die Bürgenhaftung erhebliche [X.] dar. Die [X.] ergeben sich aus § 3 Abs. 1, Abs. 3 [X.] 2009, § 18 Abs. 1 Satz 2, § 22 Abs. 1 Satz 1, § 24 [X.] 2007 II iVm. § 7 Abs. 7, Abs. 8 iVm. Anlagen 32 und 33 [X.]. Die Anlagen 32 und 33 enthalten den vollständigen Text des [X.] 2007 II und des [X.] 2009 (vgl. den Anlageband zum [X.]I Nr. 29 vom 24. Mai 2017 S. 337 bis 365).

a) [X.] wird vom Geltungsbereich der [X.] erfasst.

aa) Mit der Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf einer Baustelle im [X.] sind der räumliche Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 der [X.] iVm. § 7 Abs. 11 [X.] und der persönliche Geltungsbereich des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der [X.] eröffnet.

bb) Der Betrieb der Hauptschuldnerin unterfällt dem betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 der [X.].

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s wird ein Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] erfasst, wenn in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 der [X.] fallen. Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V der [X.] genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich der [X.], ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen. Nur wenn in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten IV und V genannten Beispielstätigkeiten versehen werden, muss darüber hinaus untersucht werden, ob die ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 30; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 15; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 18).

(2) Nach diesen Maßstäben hat das [X.] den Betrieb der Hauptschuldnerin zutreffend dem Geltungsbereich des [X.] in der jeweils geltenden Fassung zugeordnet. Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass im Betrieb der Hauptschuldnerin überwiegend Rohba[X.]rbeiten ausgeführt werden. Die Beklagte ist diesem Vortrag weder erst- noch zweitinstanzlich entgegengetreten. Die entsprechenden Feststellungen und Annahmen des [X.] hat sie nicht mit Revisionsrügen angegriffen. Rohba[X.]rbeiten unterfallen als Beton- und Stahlbetonarbeiten sowie als Hochba[X.]rbeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5 und Nr. 20 der [X.] ihrem betrieblichen Geltungsbereich.

b) Inhaber des Anspruchs ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2009 der Kläger als Einzugsstelle der eigenen Ansprüche. Auf die bei Entstehung der Ansprüche geltende Bestimmung des § 3 Abs. 3 [X.] 2007 II, nach dem die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes ([X.]) als Einzugsstelle auch für die dem Kläger zustehenden Beiträge zuständig war, kann nicht mehr abgestellt werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die [X.] entstanden waren und gerichtlich geltend gemacht wurden. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Satz 2 [X.] 2009, wonach es für die vor dem 1. Jan[X.]r 2010 entstandenen und von der [X.] gerichtlich geltend gemachten Ansprüche bei der Zuständigkeit der [X.] als Einzugsstelle bleibt. Für die seit dem 1. Jan[X.]r 2010 gerichtlich geltend gemachten Ansprüche kommt es deshalb auf die im Zeitpunkt der Geltendmachung maßgebliche Rechtslage an. Da der Kläger die [X.] am 9. November 2010 anhängig und damit wegen § 167 ZPO gerichtlich geltend gemacht hat, ist für den Anspruchsinhaber auf den zu diesem Zeitpunkt geltenden [X.] 2009 abzustellen.

c) Die Höhe der Beitragsforderungen aus § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2007 II beruht auf der vom [X.] nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 ZPO vorgenommenen Schätzung der [X.]. An sie ist der [X.] gebunden. Das Revisionsgericht kann eine Schätzung des Tatsachengerichts nicht beanstanden, wenn - wie hier - eine entsprechende Verfahrensrüge fehlt ([X.] 1. März 1963 - 1 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.]E 14, 117; 14. Dezember 1962 - 1 [X.] - zu I 1 und 3 der Gründe).

d) Die [X.] sind nicht nach § 25 Abs. 1 [X.] 2007 II verfallen.

aa) Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2007 II verfallen Ansprüche der Sozialkassen gegen den Arbeitgeber, wenn sie nicht innerhalb von vier Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2007 II gilt § 199 BGB entsprechend. Werden die Ansprüche rechtzeitig bei Gericht anhängig gemacht, wird der Verfall nach § 25 Abs. 1 Satz 3 [X.] 2007 II gehemmt.

bb) Der älteste Beitragsanspruch für November 2008 war nach § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2007 II mit dem 15. Dezember 2008 fällig, sodass die [X.] nach § 199 BGB mit Schluss des Jahres 2008 zu laufen begann und am 31. Dezember 2012 endete. Durch die am 9. November 2010 eingereichte Klage hat der Kläger die Frist gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass er als [X.] der [X.] zunächst die Allgemeinverbindlicherklärung und erst im Verlauf des Rechtsstreits das [X.] herangezogen hat, um die Ansprüche zu begründen. Bei den [X.]n handelt es sich um denselben Streitgegenstand, unabhängig davon, ob die [X.] aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung oder nach § 7 [X.] anzuwenden sind ([X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 46).

e) Die Beklagte ist verpflichtet, nach § 24 [X.] 2007 II Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe auf die geschuldeten Beiträge zu entrichten.

aa) Da die Bürgschaft streng akzessorisch ist, haftet die Beklagte nach § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB als [X.] wie die Hauptschuldnerin. Dies gilt nach § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB auch dann, wenn die [X.] durch Verschulden oder Verzug der Hauptschuldnerin geändert wird und zu der [X.] Verzugszinsen hinzutreten ([X.]/[X.] 78. Aufl. § 767 Rn. 2a).

bb) [X.] befand sich während des Zeitraums seit dem 1. Jan[X.]r 2010 mit der Zahlung der Beiträge für November und Dezember 2008 in Verzug iSv. § 286 BGB. Bei der in § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2007 II geregelten Fälligkeit am 15. des Folgemonats handelt es sich um eine kalendermäßige Bestimmung des Termins für die Leistung. Eine Mahnung war nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Verzug trat jeweils ab dem Folgetag der Fälligkeit ein ([X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 36; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 58 [X.]). Dem steht nicht entgegen, dass dem [X.] Rückwirkung zukommt. Der [X.] teilt die in der Literatur vertretene Auffassung nicht, die die zu § 184 BGB entwickelten Grundsätze heranzieht und annimmt, im Rückwirkungszeitraum habe kein Verzug entstehen können ([X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 37 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 53 ff.).

cc) [X.] hat es schuldhaft iSv. § 286 Abs. 4 BGB unterlassen, die Beiträge zu leisten. Die Beklagte kann sich nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum der Hauptschuldnerin berufen. [X.] durfte nicht davon ausgehen, nicht zu der Leistung von Beiträgen verpflichtet zu sein ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 60 ff.).

8. Das Doppelbelastungsverbot des § 5 Satz 1 Nr. 3 [X.] steht der Beitragspflicht der Hauptschuldnerin nicht entgegen.

a) [X.] unterfällt dem [X.] 2007, der die Voraussetzungen des Doppelbelastungsverbots tarifrechtlich umsetzt. Mit der Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer in [X.] sind der räumliche Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 [X.] 2007 iVm. § 3 Abs. 8 [X.] und der persönliche Geltungsbereich des § 1 Abs. 3 [X.] 2007 eröffnet. [X.] unterfällt dem betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5 und Nr. 20 [X.] 2007.

b) Die Voraussetzungen des § 8 Nr. 15.2 [X.] 2007, der die Beitragspflicht der Hauptschuldnerin ausschlösse, sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Hauptschuldnerin an eine vergleichbare Sozialkasse in [X.] Beiträge geleistet hat.

aa) Mit der Formulierung in § 8 Nr. 15.2 [X.] 2007 haben die Tarifvertragsparteien die Darlegungs- und Beweislast für den Ausnahmetatbestand nach allgemeinen Grundsätzen verteilt und dem ausländischen Arbeitgeber zugewiesen. Derjenige, der sich auf die günstigen Rechtsfolgen berufen will, hat die Voraussetzungen dieser Rechtsfolge darzulegen und zu beweisen ([X.]/[X.]/[X.]/Eustrup [X.]/[X.] 3. Aufl. § 5 [X.] Rn. 75; vgl. auch [X.] 25. Juni 2002 - 9 [X.] 5 a der Gründe).

bb) Die Beklagte kann sich als [X.] nicht auf eine für sie günstigere Verteilung der Darlegungs- und Beweislast berufen. Zwischen ihr und dem Kläger als Gläubiger gelten dieselben Grundsätze wie zwischen dem Kläger und der Hauptschuldnerin. Die strenge Akzessorietät der Bürgschaft spricht gegen eine Verschiebung der Anforderungen. Aus den Vorschriften über die Bürgschaft ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die [X.] mit Blick auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bessergestellt sein soll als die Hauptschuldnerin. Die [X.] kann sämtliche rechtshindernden und rechtsvernichtenden Einwendungen geltend machen. Darüber hinaus kann sie nach § 768 BGB Einreden gegen die Hauptschuld erheben (vgl. [X.] 18. Mai 1995 - [X.] - zu II 2 a der Gründe; zu der Akzessorietät der Bürgenhaftung auch [X.] 11. September 2002 - 5 [X.] - zu II 2 b aa der Gründe, [X.]E 102, 343).

cc) Die Annahme des [X.] ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass die Hauptschuldnerin Beiträge für den Streitzeitraum an die [X.] Urlaubskasse geleistet habe. Der Vortrag, die Hauptschuldnerin sei bei der Urlaubskasse in [X.] gemeldet gewesen, reicht nicht aus. Ebenso wenig kann die Beklagte mit ihrem Einwand durchdringen, ohne Kenntnis von den näheren Abläufen der Hauptschuldnerin außerstande zu sein, weiter gehenden Vortrag zu halten. Die Stellung als [X.] erleichtert die Anforderungen an die [X.] Tatsachen nicht. Zudem hätte sich die Beklagte gegenüber der Hauptschuldnerin auf die im Werkvertrag getroffene Vereinbarung berufen können, wonach die eingesetzten Arbeitnehmer nach den jeweils gültigen Tarifverträgen zu entlohnen sind und [X.] Recht einzuhalten ist. [X.] Verhalten führt jedenfalls nicht dazu, dass die Anforderungen abgesenkt werden.

9. Der Erstreckung der Tarifverträge, deren Geltung das [X.] anordnet, steht der gebotene Günstigkeitsvergleich nicht entgegen. Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland hat dann nicht am Urlaubskassenverfahren teilzunehmen, wenn die entsandten Arbeitnehmer nach den Regeln des [X.] hinsichtlich des Urlaubs bessergestellt sind als vergleichbare [X.] Arbeitnehmer nach Maßgabe der allgemeinverbindlichen Tarifverträge. Aufgrund des gebotenen Günstigkeitsvergleichs kommt es nicht zu einer Anwendung der geltenden tariflichen Urlaubsvorschriften. Die Bestimmungen des [X.] sind insoweit einschränkend auszulegen ([X.] 18. Oktober 2006 - 10 [X.] - Rn. 35, [X.]E 120, 1; 3. Mai 2006 - 10 [X.] - Rn. 21; 25. Juni 2002 - 9 [X.] 3 der Gründe, [X.]E 101, 357). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die aus [X.] entsandten Arbeitnehmer der Hauptschuldnerin mit Blick auf den Urlaub bessergestellt sind als vergleichbare [X.] Arbeitnehmer nach Maßgabe der geltenden Tarifverträge.

10. Gegen die Geltungserstreckung des [X.] 2007 II und des [X.] 2009 auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber durch § 7 Abs. 7 und Abs. 8 iVm. Anlagen 32 und 33 [X.] bestehen aus Sicht des [X.]s keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. [X.] 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 20 ff.; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 84 ff.; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 23 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 39 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 81 ff.; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 29 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 47 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 32 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 164, 201). Ebenso wenig bestehen verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass § 3 Abs. 5 [X.] die tariflichen Bestimmungen zum Doppelbelastungsverbot für anwendbar erklärt und § 3 Abs. 8 sowie § 7 Abs. 11 [X.] die Rahmen- und [X.] auf ausländische Arbeitgeber erstrecken. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt für den [X.] daher nicht in Betracht.

a) § 7 [X.] ist - auch soweit er in § 7 Abs. 11 [X.] die Geltungserstreckung auf ausländische Arbeitgeber ausdehnt - mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. [X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 85 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 41; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 30 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 45 ff., [X.]E 164, 201). Entsprechendes gilt für die in § 3 [X.] festgeschriebene Geltung der tariflichen Bestimmungen zum Doppelbelastungsverbot und ihre Erstreckung auf ausländische Arbeitgeber.

aa) Entgegen der Ansicht der Revision verletzt das [X.] nicht die negative Koalitionsfreiheit. Soweit die gesetzliche Geltungserstreckung der [X.] und der Regelungen des [X.] einen mittelbaren Druck erzeugen sollte, um der größeren Einflussmöglichkeit willen Mitglied einer der tarifvertragsschließenden Parteien zu werden, ist dieser Druck jedenfalls nicht so erheblich, dass die negative Koalitionsfreiheit verletzt würde ([X.] 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 21; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 34; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 48; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 52, [X.]E 164, 201).

bb) Ein etwaiger Eingriff in die Tarifautonomie durch die gesetzliche Geltungserstreckung ist jedenfalls im Interesse der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Systems der Tarifautonomie gerechtfertigt.

(1) Das [X.] dient einem legitimen Zweck, weil es den Fortbestand der Sozialkassenverfahren in der Bauwirtschaft sichern und Bedingungen für einen fairen Wettbewerb schaffen soll. Dieser Zweck kann erreicht werden, indem § 7 [X.] nicht nur Rückforderungsansprüche ausschließt, sondern auch den zukünftigen Beitragseinzug sicherstellt, und indem § 3 Abs. 8 sowie § 7 Abs. 11 [X.] ausländische Arbeitgeber einbeziehen und dafür [X.]. in § 3 Abs. 5 [X.] die tariflichen Bestimmungen zum Doppelbelastungsverbot für anwendbar erklärt werden.

(2) Das [X.] ist entgegen der Auffassung der Revision nicht ungeeignet, weil ausländische Arbeitgeber häufig keine Erstattungsleistungen nach § 13 [X.] 2007 II in Anspruch nähmen, obwohl sie die Voraussetzungen dafür erfüllten. Die Beklagte hat ihre Einschätzung nicht durch Tatsachen belegt. Aus dem Umstand, dass Berechtigte nur in geringem Umfang von einer ihnen eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, Leistungen zu erhalten, kann zudem nicht darauf geschlossen werden, dass die zugrunde liegende Regelung ungeeignet ist. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Anspruch auf die Leistung von Voraussetzungen abhinge, die faktisch nicht oder nur mit ganz erheblichem Aufwand zu erfüllen wären. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

(3) Das [X.] ist erforderlich. Eine auf Rückforderungsansprüche beschränkte Regelung wäre zwar milder gewesen, aber nicht gleich wirksam ([X.] 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 39 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 48 ff.). Nicht gleich wirksam wäre auch eine Regelung, die ausländische Arbeitgeber nicht einbezöge. Das primäre Ziel des [X.], den Fortbestand des Systems der Sozialkassen und damit die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu sichern, wäre nicht in gleicher Weise zu erreichen, wenn ausländische Arbeitgeber für die in [X.] eingesetzten Arbeitnehmer nicht zu der Zahlung von Beiträgen herangezogen werden könnten und deshalb ein Beitragsausfall hinzunehmen wäre. Zudem käme es dann zu einer Wettbewerbsverzerrung, weil ausländische Arbeitgeber ihre Leistungen auf dem [X.]n Markt günstiger anbieten könnten. Entgegen der Ansicht der [X.] führt die Einbeziehung ausländischer Arbeitgeber nicht zu Ungerechtigkeiten am Markt, sondern trägt dazu bei, einen fairen Wettbewerb in der Baubranche dadurch zu fördern, dass die Bedingungen für die Beschäftigung ausländischer und inländischer Arbeitnehmer möglichst ähnlich sind.

(4) Die mit § 7 [X.] verbundenen Belastungen für nicht tarifgebundene - auch ausländische - Arbeitgeber hält der [X.] angesichts der mit der Norm verfolgten Ziele für zumutbar ([X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 87; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 43 [X.]). Gleiches gilt für § 3 Abs. 5 [X.], soweit er die tariflichen Bestimmungen zum Doppelbelastungsverbot für anwendbar erklärt und § 3 Abs. 8 [X.] dies auf ausländische Arbeitgeber erstreckt. Durch die Regelung des Doppelbelastungsverbots wird mit Blick auf das Unionsrecht zwar erst ermöglicht, ausländische Arbeitgeber zu [X.] in [X.] heranzuziehen. Die darin liegende Belastung wird allerdings wieder abgemildert, weil die tariflichen Bestimmungen sicherstellen, dass es zu keiner doppelten Inanspruchnahme kommt.

cc) Hinsichtlich der Pflicht, Verzugszinsen auf geschuldete Beiträge zu entrichten, liegt ein Eingriff in die Tarifautonomie fern. § 24 [X.] 2007 II vermittelt nur einen Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Selbst wenn ein Eingriff in die Tarifautonomie darin läge, dass die Verjährungsfrist durch § 25 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 II um ein Jahr verlängert ist, wäre er jedenfalls gerechtfertigt. Er erwiese sich als verhältnismäßig. Dem Gesetzgeber steht ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Nach Auffassung des [X.]s hat der Gesetzgeber mit den Erwägungen, die dem [X.] zugrunde liegen, den ihm eröffneten Spielraum nicht überschritten ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 83).

b) Die gesetzliche Geltungserstreckung auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist nach Auffassung des [X.]s mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit vereinbar ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 53 ff., [X.]E 164, 201). Argumente, die zu einer anderen Beurteilung führten, hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Auch die durch § 12 [X.] angeordnete entsprechende Geltung von § 14 [X.] ist mit der Berufsfreiheit vereinbar. Die Bürgenhaftung greift in Form einer Berufsausübungsregel zwar in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG ein. Der Eingriff ist aber aus überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen gerechtfertigt (vgl. zu § 1a [X.] aF [X.] 20. März 2007 - 1 BvR 1047/05 - Rn. 32 ff., [X.]K 10, 450).

c) § 7 [X.] verstößt aus Sicht des [X.]s nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Der [X.] hat bereits entschieden, dass die aufgrund des [X.] bestehende Beitragspflicht den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit unberührt lässt und ein etwaiger Eingriff jedenfalls gerechtfertigt wäre ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 42; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 54 ff. [X.]). Entsprechendes gilt für die Verpflichtung, im Verzugsfall Zinsen zu entrichten. Sie sind ein Annex der Beitragspflicht ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 86 ff.). Dies gilt auch mit Blick darauf, dass die Beklagte als [X.] neben der Hauptschuldnerin haftet. Da der Zugriff auf das Vermögen betroffener Arbeitgeber und Auftraggeber rechtmäßig ist, bleibt für die von der [X.] angenommene enteignende Wirkung kein Raum.

d) Die rückwirkende Geltungsanordnung durch das [X.] verletzt nach Auffassung des [X.]s nicht das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen tariffreier Arbeitgeber und ihrer Auftraggeber, von rückwirkenden Gesetzen nicht in unzulässiger Weise belastet zu werden ([X.] 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 23 ff.; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 90 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 90 ff.; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 46 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 58 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 68 ff., [X.]E 164, 201). Der gegenteiligen Auffassung der [X.] stimmt der [X.] nicht zu.

aa) [X.] und die Beklagte als [X.] mussten wie alle Betroffenen mit der nachträglichen - gesetzlichen - Bestätigung der Beitragspflicht aufgrund der [X.] - auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland - und der Haftung inländischer Auftraggeber nach dem [X.] rechnen. Der Einwand der [X.], die vom [X.] entwickelte Fallgruppe der unklaren und verworrenen Rechtslage, nach der eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig ist, sei nicht einschlägig, trägt nicht. Ob der Sachverhalt einer der von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen zugeordnet werden kann, ist unerheblich, weil sie nicht abschließend sind. Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. [X.] 17. Dezember 2013 - 1 [X.] - Rn. 64, [X.]E 135, 1; [X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 91; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 47).

bb) Mit dem [X.] hat der Gesetzgeber die [X.]. in der Entscheidung vom 21. September 2016 (- 10 ABR 33/15 - [X.]E 156, 213) festgestellten formellen Mängel geheilt ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 92; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 48; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 94 ff., [X.]E 164, 201). Die Ausführungen der Revision veranlassen zu keiner anderen Bewertung.

cc) Bis zum 20. September 2016 bestand keine Grundlage für ein Vertrauen auf die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen des [X.] idF der Anlagen 32 und 33 des [X.], auf die die Absätze 7 und 8 des § 7 [X.] verweisen (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 77 ff., [X.]E 164, 201). Es entsprach der weit überwiegenden Rechtsansicht, dass diese Fassungen des [X.] wirksam für allgemeinverbindlich erklärt worden waren. Die von den in Anspruch genommenen Arbeitgebern gehegten Zweifel waren keine geeignete Grundlage für die Bildung von Vertrauen dahin, dass auf der Annahme der fehlenden Normwirkung der [X.] beruhenden Dispositionen nicht nachträglich die Grundlage entzogen werden würde ([X.] 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 25; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 92; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 46; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 49; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 79 ff., aaO). Nichts anderes gilt mit Blick auf die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] idF der Anlage 16, auf die § 3 Abs. 5 [X.] verweist. Vor diesem Hintergrund konnten und durften auch Arbeitgeber mit Sitz im Ausland ebenso wenig wie inländische Auftraggeber davon ausgehen, davor verschont zu bleiben, Beiträge entrichten zu müssen oder für sie zu haften.

dd) Die Beklagte beruft sich vergeblich darauf, die „Ersetzung“ der unwirksamen Allgemeinverbindlicherklärung durch eine gesetzliche Regelung sei nicht vorhersehbar gewesen. Dem Gesetzgeber steht die Wahl einer anderen Rechtsform als der in § 5 [X.] geregelten Allgemeinverbindlicherklärung für die Erstreckung eines Tarifvertrags auf Außenseiter frei. Die Rechtsform ändert nichts an Inhalt und Ergebnis der Erwägungen zu der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen ([X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 94; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 50; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 51, [X.]E 164, 201).

e) § 7 [X.] „kassiert“ nicht unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung. Mit der gesetzlichen Erstreckungsanordnung sollte - letztlich mit Rücksicht auf die Forderungen der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtssicherheit - statt anfechtbaren Rechts [X.] Recht gesetzt werden. Dies hält der [X.] für verfassungsrechtlich unbedenklich ([X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 89; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 95; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 92 ff., [X.]E 164, 201).

III. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, §§ 97, 269 Abs. 3 ZPO.

1. Die Kosten der ersten und zweiten Instanz sind nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen. Der Kläger hat die Kosten zu tragen, soweit er die Klage erstinstanzlich teilweise zurückgenommen hat und soweit er erst- und zweitinstanzlich unterlegen ist. Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten erster und zweiter Instanz zu tragen. Die Kosten der erfolglosen Revision fallen der [X.] zur Last.

2. [X.] des [X.] kann der [X.] nach § 308 Abs. 2 ZPO auch ohne entsprechende Anträge der Parteien und unabhängig davon, dass der Kläger keine Revision eingelegt hat, abändern. Ist das Rechtsmittelgericht zu der Entscheidung über ein zulässiges Rechtsmittel befugt, hat es über die Kosten von Amts wegen und ohne entsprechende [X.] zu entscheiden. Dabei besteht auch die Möglichkeit einer - von der Rechtsmittelklägerin aus gesehen - verschlechternden Abänderung der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils ([X.] 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 58 [X.]).

        

    Gallner    

        

    Pulz    

        

    Pessinger    

        

        

        

    Scheck    

        

    Schürmann    

                 

Meta

10 AZR 567/17

30.10.2019

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 22. März 2017, Az: 3 Ca 1990/10, Urteil

§ 12 SokaSiG, § 14 S 1 AEntG, § 7 Abs 7 SokaSiG, § 7 Abs 8 SokaSiG, § 7 Abs 11 SokaSiG, § 3 Abs 8 SokaSiG, § 3 Abs 5 SokaSiG, § 3 Abs 6 SokaSiG, § 3 Abs 7 SokaSiG, § 5 S 1 AEntG, § 8 Abs 1 S 1 AEntG, § 287 Abs 1 ZPO, § 287 Abs 2 ZPO, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.10.2019, Az. 10 AZR 567/17 (REWIS RS 2019, 2036)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2036

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