Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.12.2018, Az. 27 W (pat) 79/16

27. Senat | REWIS RS 2018, 328

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "TAIA/TAIGA (Unionsmarke)" – Warenidentität -ähnlichkeit und -unähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – Einrede mangelnder Benutzung - teilweise unmittelbar klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 0 0 1 936

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2018 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und [X.] Paetzold

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 25, vom 30. Juli 2014 und 23. Dezember 2015 aufgehoben.

Wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 004 391 447 wird die angegriffene [X.] Marke 30 2011 001 936 gelöscht außer für die Waren „[X.], Sonnenschirme“.

Hinsichtlich dieser Waren wird der Widerspruch zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

TAIA

3

2011 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet und am 21. Januar 2011 unter der Nummer 30 2011 001 936 für folgende Waren eingetragen worden:

4

[X.]: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in [X.] enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren

5

[X.]

6

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Widersprechende mit einem am 6. Mai 2011 eingegangenen Schreiben aus ihrer [X.] 004 391 447

7

[X.]

8

Widerspruch erhoben, welche am 15. April 2005 angemeldet und am 21. März 2006 eingetragen worden ist für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen

9

 9 Schutzbekleidung und -ausrüstung; schützendes Schuhwerk, Kopfbedeckungen, Handschuhe und Helme; Feuerschutzbekleidung; Sicherheitsbekleidung, [X.] und Sicherheitskopfbedeckungen; Sicherheitsgurte, ausgenommen solche für Fahrzeugsitze oder Sportausrüstungen; Sicherheitsausrüstung; kugelsichere Westen und Bekleidung.

18 Rucksäcke, [X.] Schlafsäcke für Campingzwecke.22 Zelte, [X.] Bekleidung; Oberbekleidung; Unterwäsche; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Arbeitsschuhe und -stiefel; [X.]; Handschuhe; Gürtel und Socken.

40 Änderung von Bekleidungsstücken; Wasserdichtmachen und Feuerfestmachen von Stoffen.

42 Modedesign; Werkstoffprüfung; Werkstoffentwicklung.

Das [X.] ([X.]), Markenstelle für Klasse 25, hat den Widerspruch mit Erstprüferbeschluss vom 30. Juli 2014 und nachfolgend mit Erinnerungsbeschluss vom 23. Dezember 2015 zurückgewiesen, da die Widersprechende auf die von der Markeninhaberin erhobene Einrede der Nichtbenutzung die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe; es fehlten hinreichende Glaubhaftmachungsunterlagen für den Zeitraum von fünf Jahren jeweils vor Erlass der [X.]. Darüber hinaus seien die eingereichten Unterlagen auch inhaltlich nicht aussagekräftig. Zum einen weiche die in den Unterlagen ersichtliche Markendarstellung von der eingetragenen Form der Widerspruchsmarke ab, zum andern reiche es nicht, nur Oberbegriffe der Waren zu nennen, für welche die Marke benutzt werde. Schließlich müsse zur Darlegung, dass eine Gemeinschaftsmarke rechtserhaltend benutzt werde, konkrete Angaben gemacht werden, in welchem Gebiet der [X.] bzw. in welchen [X.]-Ländern die Marke benutzt worden sei, welche Umsätze mit welchen Waren in welchem Zeitraum erzielt worden sei. Diesem Erfordernis sei die Widersprechende jedoch nicht hinreichend nachgekommen.

Gegen den ihr am 14. Januar 2016 zugestellten Erinnerungsbeschluss hat die Widersprechende Beschwerde erhoben, die am 4. Februar 2016 eingegangen ist.

Zu Begründung einer rechtserhaltenden Benutzung ihrer Widerspruchsmarke legt sie umfangreiche Unterlagen, insbesondere eine eidesstattliche Versicherung ihrer, der Widersprechenden, Geschäftsführerin vom 12. September 2016 nebst [X.] vor (Anlage [X.], [X.]), die die Jahre 2012 bis 2015 betreffen, sowie einer zusätzlichen klarstellenden eidesstattlichen Versicherung vom 16. Januar 2017, womit nach ihrer Ansicht die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke hinreichend glaubhaft gemacht sei. Zur Frage der Verwechslungsgefahr betont sie, dass die sich gegenüberstehenden Waren zum Teil identisch seien und im übrigen jedenfalls im mittleren Ähnlichkeitsbereich lägen. Einen beschreibenden Gehalt sei der Widerspruchsmarke nicht zu entnehmen. Ansonsten verweist sie auf ihre Schriftsätze im Amtsverfahren.

Die Widersprechende und Beschwerdeführerin beantragt,

die Beschlüsse des [X.]s, Markenstelle für [X.], vom 30. Juli 2014 und 23. Dezember 2015 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke im entscheidungerheblichen Zeitraum auch durch die neu eingereichten Unterlagen nicht für erbracht. So weise die neue eidesstattliche Versicherung Ungereimtheiten auf. Auch sei für den Schutzbereich der angegriffenen Marke, nämlich

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und hat auch in der Sache – zumindest teilweise – Erfolg. Die [X.] stehen sich im tenorierten Umfang in verwechslungsfähiger Art und Weise gegenüber. Darüber hinaus ist die Beschwerde hingegen unbegründet.

Nach §§ 125b Nr.1, 43 Abs. 2 Satz 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist die Eintragung einer jüngeren Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer eingetragenen [X.]smarke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch beide Marken erfassten Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen beruht die Verwechslungsgefahr auf einer Wechselwirkung zwischen der Identität/Ähnlichkeit der Marken und der Identität/Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Produkte sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. aus der letzten [X.], 75, 76 – [X.]; GRUR 2016, 1300 (1304) – Kinderstube; [X.] in: [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl. 2018, § 9 Rdn. 41 m. w. N.).

Bei der Prüfung der [X.] ist aufgrund der ausdrücklich bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke durch die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht mehr von der [X.] auszugehen, sondern nur von den Waren, für welche eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht ist, soweit die Erhebung der Einrede der Nichtbenutzung zulässig war, was hier zu bejahen ist. Denn die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin hat sich auf § 43 Abs. 1 S. 2 [X.] gestützt, wonach ein Widersprechender glaubhaft zu machen hat, dass die Marke, deren Benutzung der Gegner bestreitet, innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch benutzt worden ist, falls die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke erst nach [X.] der Eintragung der angegriffenen Marke abläuft. Nachdem dieser Fall hier vorliegt, hatte die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung in den fünf Jahren bis zur mündlichen Verhandlung, in welcher der Beschluss verkündet worden ist, glaubhaft zu machen. Dieser Zeitraum beläuft sich vorliegend von Juli 2013 bis Juli 2018. Nach § 125 b Nr.4 [X.] sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine ältere Gemeinschaftsmarke – jetzt „[X.]smarke“ – gestützt wird, die Regeln zur Glaubhaftmachung gemäß 43 Abs.1 [X.] entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Benutzung der Marke mit älterem Zeitrang gemäß § 26 [X.] die Benutzung der Gemeinschaftsmarke mit älterem Zeitrang gemäß Artikel 18 [X.] tritt. Danach ist eine Benutzung in der [X.] glaubhaft zu machen.

Eine solche Glaubhaftmachung ist der Widersprechenden mit ihren bisherigen und jetzt zusätzlich im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen für die Widerspruchswaren „[X.], Bekleidung (insbesondere Outdoor-Jacken, Hosen, Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Leggings, Shorts, Unterwäsche und [X.]); Schuhwaren (insbesondere [X.] und Socken); Kopfbedeckungen (insbesondere Hüte, Kappen, Helmüberzieher und Sturmhauben)“ gelungen. Denn zu diesen Waren hat sie eine weitere eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführerin vom 12. September 2016 nebst einer klarstellenden weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 16. Januar 2017 vorgelegt und hiermit verbunden weitere [X.]. Daraus ergibt sich, dass mit der Gemeinschaftsmarke für die einzelnen [X.] hinreichende Umsätze erzielt worden sind, welche die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung rechtfertigen.

Dieser Aufstellung ist jedoch zunächst zu entnehmen, dass in [X.] und L… die Widerspruchswaren „[X.]“ und „Schuhwaren…“ seit 2012 keine – relevanten – Umsätze erbracht haben (lediglich [X.] in 2014 für Schuhwaren). Für die Ware „Kopfbedeckungen“ liegen die Umsätze in [X.] in diesem Zeitraum im hundert Euro-bereich, nur für das Jahr 2014 bei [X.]. Solch geringe bis ganz fehlende Umsätze in [X.] können isoliert für eine Benutzung einer [X.]s-Marke nicht ausreichend sein. Allerdings kommt es bei einer solchen Marke nicht auf die allein im Geltungsgebiet der angegriffenen Marke erzielten Umsätze an; vielmehr sind für die Anforderungen an den territorialen Umfang der Benutzung von [X.]s-Marken verschiedene Aspekte heranzuziehen, von denen einer die Größe des Benutzungsgebietes sein kann (vgl. [X.] GRUR 2013, 182 – ONEL/[X.]). Hierbei schließt der auf einen einzelnen Mitgliedsstaat beschränkte Markenauftritt eine ausreichende Benutzung keineswegs aus (vgl. [X.], 925 – [X.]), sondern es kann ausreichen, wenn sie dort umfangreich und intensiv stattgefunden hat; ist sie dort jedoch nur gering, so genügt eine ähnlich geringe Benutzung auch im Übrigen gerade nicht aus (vgl. [X.] MarkenR 2014, 385 – Walzertraum).

Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende für „Kopfbedeckungen“ im Binnenmarkt weitere höhere Umsätze erzielt: in L… für 2014 etwa … € und für 2015 etwa [X.]. Zudem liegen sie in [X.] von 2011 bis 2016 durchweg um die [X.] jährlich, ausgenommen das Jahr 2015. In der verbleibenden Europäischen [X.] lag der Umsatz im genannten Zeitraum zwischen … € und über [X.]. Dass die [X.] in der Spalte „Europäische [X.]“ zu den in den anderen Spalten genannten Umsätzen hinzutreten und keine Gesamtzahl für die [X.] darstellen, hat die Widersprechende mit ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 16. Januar 2017 ausdrücklich klargestellt. Die Zahlen aus mehreren [X.]-Ländern reichen für die Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung für die Ware „Kopfbedeckungen“ dem Umfange nach für eine [X.]smarke aus. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in der bisherigen Spruchpraxis wiederholt Benutzungshandlungen in mäßigem Umfang vorwiegend in einem Mitgliedsstaat als ausreichend erachtet wurden (vgl. die Nachweise bei [X.] in: [X.]/ [X.]/[X.], a. a. O., § 125b Rdn. 44 [X.]. 67). Angesichts dessen erscheint eine Benutzung in mehreren Ländern, von denen jedenfalls [X.] kein unbedeutendes Gebiet der Europäischen [X.] darstellt, mit Umsatzzahlen im fünfstelligen Bereich jährlich, die sich durch weitere Umsätze im übrigen [X.]-Gebiet von anfangs … € auf zuletzt weit über … € addieren, ohne weiteres anerkennenswert, da sie über eine reine Scheinbenutzung hinausgehen. Zu beachten ist dabei, dass hohe Umsätze nicht kontinuierlich über den gesamten entscheidungserheblichen Zeitraum erzielt werden müssen (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], a. a. O., § 26 Rdn. 95). Andererseits indiziert der Einsatz der Marke über eine Reihe von Jahren, wie dies hier in der eidesstattlichen Versicherung dokumentiert ist, die Annahme einer ernsthaften Benutzung (vgl. [X.] a. a. [X.]. 99 m. w. N.).

Neben „Kopfbedeckungen“ erscheinen dem Senat unter Anwendung der oben genannten Grundsätze auch die glaubhaft gemachten Umsätze für die „Schuhwaren (insbesondere [X.] und Socken)“ zur rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für ausreichend. Zwar liegen die Gesamtumsätze hier bei rund … € und fallen in 2015 und 2016 auf rund … € ab. Derartige Schwankungen rechtfertigen aber nicht die Annahme einer Scheinbenutzung, wenn immerhin kontinuierliche Umsätze über mehrere Jahre erzielt werden, und zwar auch in mehreren Binnenmarktländern.

Die rechsterhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren „Bekleidung (insbesondere Outdoor-Jacken, Hosen, Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Leggings, Shorts, Unterwäsche und [X.])“ ist angesichts der eidesstattlich versicherten Umsatzzahlen in Millionenhöhe sowohl in [X.] als auch in der Europäischen [X.] vom Umfang her nicht in Zweifel zu ziehen. Die relativ schwachen Zahlen für [X.] im Bekleidungsbereich werden durch die übrigen Umsätze im Binnenmarkt ohne Weiteres ausgeglichen; denn wenn selbst eine recht intensive Benutzung in einem einzigen Mitgliedsstaat ausreicht (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], a. a. O., § 125b Rdn. 44), dann ist schon aufgrund der Benutzung in [X.] die Benutzung in der [X.] glaubhaft gemacht, aber jedenfalls durch die Benutzung im sonstigen Binnenmarkt.

Nicht ausreichend für die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung sind hingegen die [X.] für „[X.]“. Denn insoweit liegen die angegebenen Umsatzzahlen für das gesamte [X.]sgebiet durchgängig unter … [X.]. Letztlich kann die Benutzungslage aber auch dahingestellt bleiben, weil sich Überzüge von den im [X.] aufgeführten Rucksäcken deutlich unterscheiden. Während erstere Schutz vor [X.], Wasser oder Witterungseinflüssen bieten sollen, dienen Rucksäcke in erster Linie dem Transport von Bekleidung oder anderen Gegenständen. Selbst wenn [X.] mitunter im Lieferumfang von Rucksäcken enthalten sind, handelt es sich doch nicht um ein wesentliches Ausstattungselement, das eine Subsumtion unter die im [X.] genannte Ware „Rucksäcke“ zulassen würde und daher die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung auch insoweit rechtfertigen würde. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Widersprechende keine [X.] für [X.] vorgelegt hat, auf denen die Marke ersichtlich angebracht ist.

Für die übrigen Widerspruchswaren, die dem Benutzungszwang unterliegen, liegen dem Senat hinreichende Darstellungen mit der Ware und darauf angebrachter Marke vor. Auch wenn es sich hierbei jeweils um eine Wortbildmarke handelt, erschöpfen sich deren Bildelemente jedoch in reinen Umrahmungen und Verzierungen, die den kennzeichnenden Charakter der Wortmarke „[X.]“ nicht beeinflussen; denn der Verkehr wird ihnen keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung neben der Marke beimessen. Dies gilt insbesondere für Ausgestaltungen, die wie hier als bloß dekorative Hervorhebungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] a. a. O., § 26 Rdn. 185 m. w. N.).

Im einzelnen liegen [X.] mit Marken vor bei Bekleidungsstücken für „Outdoor-Jacken“ ([X.], 78, 102, 140 f.,146, 189 f., 195 der Gerichtsakte), für „Hosen“ (S. 54 f., 62, 111, 133, 193), für „Hemden/T-Shirts“ ([X.], 200, 201), „Sweatshirts“ (s. 60), „Leggings“ ([X.], 267), „Shorts“ ([X.], 219, 220), „Unterwäsche und [X.]“ ([X.] ff. 75, 149).

Für „Schuhwaren, insbesondere [X.] und Socken“ liegen Abbildungen vor auf S.105, 179, 53, 120, 128 f. der Gerichtsakte.

Für „Kopfbedeckungen“ finden sich Abbildungen auf [X.] f., 117, 170 f., 187.

Diese vorgenannten glaubhaft benutzten Waren sind den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren gegenüberzustellen, um die Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren zu ermitteln. Dagegen können die restlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 18, 20, 22, 40 und 42 für die Beurteilung der [X.] nicht berücksichtigt werden.

Im Bereich der [X.] besteht zweifelsohne Identität. In der [X.] ist zu differenzieren. Die angegriffenen Waren „Leder und Lederimitationen, Häute und Felle, Reise- und Handkoffer“ sind ähnlich mit den Schuhwaren und Bekleidungsstücken der Widerspruchsmarke (vgl. [X.], [X.], 17. Aufl. 2017, [X.] „Häute“, [X.] „Koffer“, [X.] mittl. Spalte „Leder, Häute, Felle“). Die „Regenschirme“ sind ähnlich mit Bekleidungsstücken ([X.] a. a. O., S. 236 „Regenschirme“), die Sattlerwaren, zu denen auch die Peitschen und Pferdegeschirre gezählt werden müssen, sind ähnlich mit „Schuhwaren“ (vgl. Entsch. des [X.] vom 8. Juli 2003, [X.]: 33 W (pat) 76/02; [X.] a. a. O., S. 246 „Sattlerwaren“).

Anders verhält es sich hingegen bzgl. den Waren „Spazierstöcke“ und „Sonnenschirmen“ der angegriffenen Marke. Insoweit besteht nicht einmal eine entfernte Ähnlichkeit mit der Ware „Bekleidungsstücken“ der Widerspruchsmarke. Weder sind hier gemeinsame Herstellungsstätten, noch ein gemeinsamer Verwendungszweck festzustellen (vgl. Senatsentscheidung [X.]. 27 W (pat) 242/04 vom 24. Mai 2005). Die gemeinsame Verwendung der Waren rechtfertigt für sich noch nicht per se die Annahme eines Ergänzungsverhältnisses. Vielmehr muss zwischen den Waren ein enger Zusammenhang derart bestehen, dass die eine Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, dass dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener [X.] zumindest nahegelegt wird (vgl. [X.], 488, 489 (Nr. 16); [X.] a. a. [X.]. 95 m. w. N.). Dies ist bei „Spazierstöcken“ bzw. „Sonnenschirmen“ und „Bekleidungsstücken“ hingegen nicht der Fall, da die diesbezüglichen Waren unabhängig voneinander Verwendung finden können und Anbieter von Bekleidung regelmäßig auch nicht Spazierstöcke bzw. Sonnenschirme als ergänzende Accessoires anbieten.

Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Bei der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als weiterem Beurteilungskriterium der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des [X.] der Grad genau festzustellen, wobei zwischen sehr hoher (weit überdurchschnittlicher), hoher (überdurchschnittlicher), normaler (durchschnittlicher), geringer (unterdurchschnittlicher) und sehr geringer (weitunterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft zu differenzieren (vgl. [X.], 833 (838) – [X.]/Villa [X.] –; [X.] a. a. [X.]. 139 m. w. N.). Im vorliegenden ist mangels anderer Anhaltspunkte von einer normalen (durchschnittlichen) Kennzeichnungskraft auszugehen.

Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke vorgetragen hat, die Taiga sei als skandinavisch/[X.] Landschaftsform mit besonders feuchtem und kaltem Klima bekannt, so vermag allein dies die Annahme einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft nicht zu begründen. Die Landschaftsform der Taiga mit ihrem feuchten und kalten Klima sowie ihrem Nadelholzbewuchs ist in ihrer Art nicht einzigartig sondern vergleichbare Landschaftsformen existieren beispielsweise auch auf dem [X.] Kontinent ([X.] Enzyklopädisches Lexikon, Band 2, Stichwort: borealer Nadelwald). Darüber hinaus verbindet der angesprochene Verkehr, so ihm denn der Begriff „Taiga“ überhaupt bekannt ist, mit diesem kein besonders charakteristisches Klima, vergleichbar der „[X.]“ oder der „[X.]“, mit der Folge, dass sich ein solches Verständnis der Verkehrs auch auf die Kennzeichnungskraft (im Hinblick auf die beanspruchten Bekleidungsgegenstände) auswirken würde. Daher verbleibt es im Ergebnis bei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.

Die [X.] erweisen sich als klanglich und schriftbildlich überdurchschnittlich ähnlich.Die Zeichenähnlichkeit der Vergleichsmarken in klanglicher Hinsicht ergibt sich aus der Übereinstimmung in drei von fünf Buchstaben, die an identischer Stelle im Wort stehen, wobei Quasiidentität von „i“ und „j“ hinzukommt. Im Klangeindruck stehen sich damit Vergleichswörter mit identischer Vokalfolge und [X.] gegenüber, die für die Frage der Verwechslungsgefahr besondere Bedeutung haben (vgl. [X.] a. a. O., Rdn. 280 m. w. N.).

Unter diesen Umständen kann aber bei Abwägung der genannten Kriterien eine relevante Verwechslungsgefahr jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht mehr verneint werden. Der zusätzliche Konsonant „G“ in der Widerspruchsmarke kommt im Höreindruck nicht hinreichend zur Geltung, um ein sicheres [X.] zu gewährleisten. Dies gilt auch deshalb, weil der Buchstabe „J“ dem Vokal „I“ ähnlich bis identisch ist.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht sind die [X.] hochgradig ähnlich, was sich aus vorstehend Gesagtem ergibt. Vorliegend gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass der schriftbildliche Gesamteindruck vor allem von Wortanfang und –ende bestimmt wird (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 297 m. w. N.), während in der Wortmitte noch am ehesten die Ober- oder Unterlängen wahrgenommen werden. Die [X.] stimmen in ihren jeweiligen Wortanfängen und Wortenden überein, was auch die Annahme einer schriftbildlichen Zeichenähnlichkeit rechtfertigt.

Selbst wenn man der Widerspruchsmarke eine lediglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zubilligen würde (quod non), so würde auch dies ein anderweitiges Ergebnis nicht rechtfertigen. Ausgehend von einer Warenidentität bzw. hochgradigen [X.] sowie einer überdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit würde auch in diesem Fall die angegriffene Marke den von ihr einzuhaltenden [X.] – im tenorierten Umfang – nicht wahren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen verwiesen.

Nach alledem war der Beschwerde bis auf die angegriffenen Waren „Sonnenschirme und Spazierstöcke“ stattzugeben.

Zu einer einseitigen Kostenauferlegung zu Lasten einer der Verfahrensbeteiligten bestand im vorliegenden Fall kein Anlass.

Meta

27 W (pat) 79/16

17.12.2018

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.12.2018, Az. 27 W (pat) 79/16 (REWIS RS 2018, 328)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 328

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