Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2011, Az. I ZB 87/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 153

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I
ZB
87/09
vom

21. Dezember 2011

in der Rechtsbeschwerdesache

-
2
-

Der [X.] Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Dezember 2011
durch [X.]
Dr.
Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Kirchhoff
und Dr.
Koch
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 2.
Oktober
2009
an Verkün-dungs Statt zugestellten Beschluss des 30.
Senats ([X.])
des [X.] wird auf Kosten der Antragstellerin
zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert de-setzt.
Gründe:
[X.] Die Antragstellerin hat am 25.
Mai 2000 beim Deutschen Patent-
und Markenamt beantragt, die Bezeichnung

[X.] Klöße

für das Erzeugnis Lebensmittel

als geografische Angabe
in das Verzeichnis der geschützten geografischen Angaben und der geschützten [X.] einzutragen, das von der [X.] gemäß der Verordnung ([X.]) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (im Folgenden [X.]; jetzt Verordnung [EG] Nr. 510/06 des Rates vom 1
-
3
-

20.
März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeich-nungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel)
geführt wird.
Das Deutsche Patent-
und Markenamt hat den Antrag im Markenblatt
veröf-fentlicht. Gegen den Antrag haben die Einsprechenden, bei denen es sich um Wettbewerber der Antragstellerin handelt, fristgerecht Einspruch eingelegt. Die Markenabteilung des Deutschen Patent-
und Markenamts hat durch Beschluss vom 14.
Februar 2006 festgestellt, der Antrag entspreche den Voraussetzungen der
[X.].
Auf die Beschwerde der Einsprechenden
hat das [X.] den Beschluss der Markenabteilung aufgehoben und festgestellt, der Antrag der [X.] entspreche nicht den Voraussetzungen für die Eintragung als geogra-fische Angabe
im Sinne des Art.
2 Abs.
2 lit.
b
der [X.]
(BPatG, Beschluss
vom
2.
Oktober 2009 -
30
W
(pat)
78/06, LRE
59, 358).
Dagegen wendet sich die Antragstellerin
mit ihrer
nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die
Versagung des rechtlichen Gehörs und die
Verletzung des Anspruchs auf [X.]
rügt. Die Einsprechenden
beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, bei der Angabe [X.] Klöße

handele es sich um eine Gattungsbezeichnung im Sinne des Art.
3 Abs.
1 [X.], die
nicht als geografische Angabe eingetragen werden dürfe. Hierzu hat es ausgeführt:
Für die Abgrenzung einer Gattungsbezeichnung von einer geografischen Herkunftsangabe
komme es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] auf die Herstellungs-
und Vermarktungssituation in Bezug auf 2
3
4
5
6
-
4
-

das mit der Angabe bezeichnete Produkt und die
[X.] an. Die Erzeugungssituation sei
davon geprägt, dass unter der Bezeichnung Thürin-ger Klöße

oder Klöße/[X.] [X.] Art

vermarktete Klöße in weit überwie-gendem Maße außerhalb [X.] hergestellt würden.
Die [X.] ließen keine Tendenz zu
einer geografischen Herkunftsangabe erken-nen. Soweit
in [X.]
hergestellte
Klöße
als [X.] Klöße

bezeichnet würden, sei diese Bezeichnung nach dem vorgelegten Etikettenmaterial stets mit dem
Zusatz echt

oder

original

versehen. Da dieser
Zusatz auf eine geografi-sche Herkunftsangabe hinweise,
liege bei seinem Fehlen eher der Rückschluss auf eine Gattungsbezeichnung nahe.
Es sei
auch nicht nachgewiesen, dass die einschlägigen inländischen Ver-kehrskreise
und
insbesondere die Verbraucher in der Mehrheit der Auffassung seien, dass die Bezeichnung [X.] Klöße

eine geografische Nebenbedeu-tung habe
und keine Gattungsbezeichnung sei. Die vorgelegte Meinungsumfrage, die nach Auffassung der Markenabteilung ergeben habe, dass knapp 15% der Be-fragten der Angabe [X.] Klöße

eine geografische Bedeutung zumindest in einer Nebenbedeutung zubilligten, könne
nicht herangezogen werden. Die Stel-lungnahmen der angehörten Institutionen und Organisationen und die
Äußerungen in der Fachliteratur zeigten ein zwiespältiges Meinungsbild.
Dagegen ergebe sich aus dem Deutschen
Lebensmittelbuch, das wegen seines auch [X.], faktisch gesetzlichen Charakters (§
15 des Lebensmittel-
und Futtermittel-gesetzbuchs)
an bedeutendster Stelle fachlicher Äußerungen
stehe, dass die
Be-zeichnung [X.] Klöße

eine Verkehrsbezeichnung im Sinne der §
3 Abs.
1 Nr.
1, §
4 Abs.
1 Nr.
1 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung
und damit zu-gleich eine Gattungsbezeichnung im Sinne des Art.
3 Abs.
1 [X.] sei.
II[X.] Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin
hat keinen Erfolg.
7
8
-
5
-

1. Die form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt daraus, dass im Gesetz aufgeführte, die zu-lassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnende Verfahrensmängel gerügt werden. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§
83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) und eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des [X.] (§
83 Abs. 3 Nr. 1 [X.]) und hat dies im Einzelnen be-gründet. Darauf, ob die [X.] durchgreifen, kommt es für die Statthaftigkeit der
Rechtsbeschwerde nicht an (st.
Rspr.; vgl. [X.], Beschluss
vom
20.
Mai 2009

I
ZB 53/08, [X.], 992 Rn.
10 = [X.], 1104 -
Schuhverzierung; Be-schluss
vom
20.
Mai 2009 -
I [X.], [X.], 994 Rn.
7 = [X.], 1102 -
Vierlinden).

2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet, weil die gerügten Verfah-rensmängel nicht vorliegen.
a) Das Verfahren vor dem [X.] verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, §
83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]).
[X.]) Die Vorschrift des Art.
103 Abs.
1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtli-chen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu [X.], und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.],
NJW-RR 2004, 1710, 1712).
bb) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das [X.] habe
das Vorbringen der Antragstellerin nicht in Erwägung gezogen, der Gebrauch des
9
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12
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-
6
-

Zusatzes echt

oder

original

diene lediglich der Verstärkung des [X.] der Bezeichnung [X.] Klöße.
Das [X.] hat sich mit dem Vorbringen der Antragstellerin
verwendet. Es
hat festgestellt, soweit in [X.] hergestellte Klöße als g-angenommen, da dieser Zusatz auf eine geografische Herkunftsangabe hinweise, liege bei seinem Fehlen eher der Rückschluss auf eine Gattungsbezeichnung na-he. Die [X.] ließen dagegen keine Tendenz zu einer geo-grafischen Angabe
erkennen.
Mit der Behauptung der Antragstellerin, der Gebrauch des

des [X.] der Bezeichnung hat sich das [X.] zwar nicht auseinanderge-setzt. Darin liegt aber keine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin. Das
[X.] konnte unter Berücksichtigung der von ihm als maßge-bend erachteten
Kriterien schon nicht feststellen, dass es sich bei der Bezeich-geografische Herkunftsbezeichnung handelt. Es hat daher von seinem Standpunkt aus folgerichtig nicht geprüft, ob der
Herkunfts-charakter der Be

cc) Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, das [X.] habe nicht nur auf die Vermarktung von [X.] Klößen abgestellt, sondern auch [X.] und [X.]
einbezogen
und damit nicht berücksichtigt, dass der Eintragungsantrag auf [X.] Klöße

und damit allein
auf das Endprodukt
und
nicht auf Vorprodukte bezogen sei.
14
15
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-
7
-

Das [X.] hat festgestellt, die Erzeugungssituation sei da-
n-gens hergestellt
würden. Im Wesentlichen vertrieben nur zwei Unternehmen
mit größeren Betriebe
befänden sich außerhalb [X.],
und zwar vorwiegend in [X.] und [X.]. Diese Unternehmen
stellten
etwa
90% des unter der [X.]. Entgegen der [X.] der Antragstellerin seien auch die Erzeugnisse [X.] und [X.] zu berücksichtigen, da die Verbraucher, bevor
[X.] Klöße als Fertigprodukt an-geboten worden seien, bei der Zubereitung solcher Klöße immer auf diese [X.] zurückgegriffen hätten.
Das [X.] hat
demnach -
wie auch die Rechtsbeschwerde erkennt -
gesehen, dass die Antragstellerin sich gegen die Einbeziehung von [X.] und [X.] gewandt hat. Dass es entgegen der Auffassung der [X.] der Meinung
war, die Herstellung und Vermarktung dieser Erzeugnis-se müssten
der Herstellung
und Vermarktung des Produktes

zugerechnet
werden, stellt
keine Verletzung des Anspruchs der Antragstellerin auf rechtliches
Gehör
dar.
Der Eintragungsantrag ist entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde auch nicht auf das Endprodukt Klöße

beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf die Eintragung der Bezeichnung [X.] Klöße

für sämtliche

Lebensmittel. Das [X.] konnte daher ohne Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, §
83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]
davon ausgehen, dass der Eintragungsantrag auch die Vorprodukte [X.] und
[X.]
umfasst.
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-
8
-

dd) Das [X.] hat mit seiner Feststellung, der Verzehr von [X.] Klößen sei wesentlich auch im ganzen [X.] Raum verbreitet,
nicht den (unbestrittenen) Vortrag der Antragstellerin übergangen, dass außerhalb [X.] für Kartoffelklöße mit
(überwiegendem) Rohkartoffelanteil andere [X.] gebräuchlich seien. Das folgt
schon daraus, dass das Bundespa-tentgericht die Stellungnahme der [X.] Landesanstalt für Landwirtschaft be-rücksichtigt
hat, wonach Klöße
mit

im Raum [X.] als Fränkische Knödel

bezeichnet werden. Dass das [X.]
in der
Verwendung derartiger Bezeichnungen anders
als die Antragstellerin keinen hinreichenden Beleg dafür gesehen hat, dass die Bezeichnung [X.] Klöße

keine Gattungsbezeichnung
geworden ist, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin dar.

Die
Rechtsbeschwerde macht ferner ohne Erfolg geltend, das Bundespa-tentgericht habe das Vorbringen der Antragstellerin unberücksichtigt gelassen, dass der [X.] der Bezeichnung [X.] Klöße

in der [X.] erhal-ten geblieben
und die Bezeichnung in der [X.] bis zur Wiedervereini-gung nicht oder fast
nicht mehr in Gebrauch gewesen
sei. Für die Entscheidung über den Eintragungsantrag kommt es auf die zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Situation an. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, inwiefern die Verhältnisse zum Zeitpunkt der [X.] am 3.
Oktober 1990 für die Entscheidung über den am 25.
Mai 2000 gestellten Eintragungsantrag von Bedeutung sein könnten. Es kann daher nicht angenommen werden, dass das [X.] insoweit entscheidungserhebliches Vorbingen der Antragstel-lerin unberücksichtigt gelassen hat.

ee) Das [X.]
hat entgegen der Darstellung der Rechtsbe-schwerde nicht übergangen, dass die Antragstellerin in der mündlichen Verhand-20
21
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-
9
-

lung ein
Konvolut von Verpackungen übergeben hat, auf denen insbesondere die Beschwerdeführerinnen ihre Produkte nicht [X.] Klöße

nennen, sondern

soweit sich Hinweise auf [X.] finden
-
als [X.] Art

bezeichnen. Das [X.] hat festgestellt, dem Verbraucher
würden, wie sich auch aus den von der Antragstellerin überreichten Verpackungen ergebe, [X.] und [X.] mit dem Zusatz [X.] Art

oder [X.] [X.]

offeriert.
ff) Die
Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das [X.] habe den
zutreffenden rechtlichen
Hinweis der Antragstellerin nicht beachtet, dass für eine Umwandlung von Herkunftsbezeichnungen zu Gattungsbezeichnungen stren-ge Anforderungen erfüllt sein
müssten.
Das [X.] hat angenommen, im Ergebnis sei zu den vom [X.] für maßgebend erachteten Kriterien festzu-stellen, dass die Herstellungs-

und die [X.] eher den Voraussetzungen einer Gattungs-bezeichnung entsprächen, Rechtsvorschriften dieser Annahme nicht entgegen-stünden und sich zu dieser Frage keine eindeutige oder jedenfalls überwiegende Verkehrsauffassung feststellen lasse.
Es kann dahinstehen, ob das [X.] damit -
wie die Rechts-beschwerde geltend macht -
zu geringe Anforderungen an die Umwandlung der Bezeichnung [X.] Klöße

von einer Herkunftsbezeichnung zu einer Gat-tungsbezeichnung
gestellt
hat, weil es diese Umwandlung als nicht bewiesen an-gesehen
hat. Die Rechtsbeschwerde rügt mit diesem Einwand nicht die Verlet-zung des rechtlichen Gehörs
der Antragstellerin, sondern beanstandet die rechtli-che Beurteilung
durch das [X.] als rechtsfehlerhaft. Mit der zulas-sungsfreien Rechtsbeschwerde können jedoch keine [X.], 23
24
25
-
10
-

sondern allein
die
in §
83 Abs.
3 [X.]
bezeichneten Verfahrensmängel gel-tend gemacht werden.
b)
Die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des beschließenden Gerichts (§
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.]) ist ebenfalls nicht begründet. Die Rechtsbe-schwerde beanstandet vergeblich, dass das [X.] keine Vorabent-scheidung des Gerichtshofs der [X.] eingeholt hat.
[X.]) Die Antragstellerin macht die Notwendigkeit einer Vorlage an den Ge-richtshof der [X.] nach Art.
267 Abs.
3 AEUV (früher Art.
234 Abs.
3 EG) erstmals mit der Rechtsbeschwerde geltend. Sie legt dabei
nicht dar, dass sie bereits im Verfahren vor dem [X.] ein Vorabentschei-dungsersuchen an den [X.] angeregt hat. Der von der Rechtsbeschwerde gerügte Verstoß gegen die Vorlagepflicht betrifft deshalb nicht das Gebot rechtlichen Gehörs nach Art.
103 Abs.
1 GG, sondern allein den Anspruch auf [X.] gemäß Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG (vgl. [X.], Beschluss
vom 19.
Januar 2006 -
I
ZR
151/02, [X.], 346 Rn.
6 = WRP 2006, 467 -
Jeans
II).
bb) Der Senat hat bislang
offengelassen, ob eine Verletzung der Vorlage-pflicht nach Art.
267 Abs.
3 AEUV durch das [X.] mit der Beset-zungsrüge (§
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.])
angegriffen werden kann ([X.], Be-schluss
vom
2.
Oktober 2002 -
I
ZB
27/00, [X.], 546, 547
= WRP 2003, 655 -
TURBO-TABS; Beschluss
vom
10.
April 2008 -
I
ZB
98/07, [X.], 1027 Rn.
24 = [X.], 1438 -
Cigarettenpackung; [X.], 992 Rn.
27

Schuhverzierung; [X.], 994 Rn.
11 -
Vierlinden). Dies
braucht auch im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden.

26
27
28
-
11
-

Eine Verletzung des Anspruchs auf [X.]
im Sinne des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG wegen eines Verstoßes gegen die
Vorlagepflicht nach Art.
267 Abs.
3 AEUV setzt voraus, dass die Vorlage an den Gerichtshof der [X.] willkürlich unterblieben ist, weil sie bei Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar ist ([X.],
NJW 1992, 678; NVwZ 2008, 780
f.; [X.],
[X.], 546, 548 -
TURBO-TABS). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht er-füllt.
Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das [X.] habe willkürlich davon abgesehen, dem [X.] die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob es zur Erhaltung des Herkunftsver-ständnisses ausreichen
und die Umwandlung in eine Gattungsbezeichnung ver-hindern könne, wenn zumindest knapp 15% der betroffenen Verkehrskreise in der Angabe noch einen Hinweis auf die geografische Herkunft des Produkts sähen.
(1) Die Vorlage an den [X.]
unterbleibt will-kürlich, wenn ein letztinstanzliches Gericht zur Klärung der Auslegung einer uni-onsrechtlichen Vorschrift eine Vorlage überhaupt nicht erwägt, obwohl es Zweifel an der zutreffenden Beurteilung der entscheidungserheblichen Auslegungsfrage hat, oder wenn das erkennende Gericht bewusst von der Entscheidung des [X.] der [X.]
abweicht, ohne vorzulegen
([X.],
[X.], 994 Rn.
11 -
Vierlinden).
Das [X.] hat angenommen, die vorgelegte Meinungsum-frage, die nach Auffassung der Markenabteilung ergeben habe, dass knapp 15%
zumindest eine geografische Neben-bedeutung zubilligten, könne nicht herangezogen werden. Nach den Leitlinien der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] sei der Stellenwert von 29
30
31
32
-
12
-

Verkehrsumfragen gegenüber den übrigen Beurteilungskriterien der objektiven Er-zeugungs-, Vermarktungs-, Bezeichnungs-
und Rechtssituation eher als nachran-gig einzuschätzen. Die Bejahung einer geografischen Angabe
im hauptsächlichen Verbrauchsgebiet, die die 50%-Grenze wesentlich unterschreite, dürfte die An-nahme einer geografischen Angabe
daher wohl nicht mehr stützen. Letztlich komme es für die Abgrenzung einer Gattungsbezeichnung von einer geografi-schen Angabe
-
anders als bei der Frage der Irreführung durch eine unrichtige Angabe
-
vornehmlich auf die objektive Richtigkeit der Eintragungskriterien und nicht auf das, unter Umständen sogar falsche, Verständnis der Verbraucher
an.
Das [X.] ist demnach weder bewusst von einer Entschei-dung des Gerichtshofs der [X.] abgewichen noch hat es Zweifel an der zutreffenden Beurteilung des Unionsrechts gehabt.
(2) Die Bestimmung des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG ist allerdings auch
ver-letzt, wenn zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlä-gige Rechtsprechung des Gerichtshofs
der [X.]
noch nicht vorliegt oder dieser die entscheidungserhebliche
Frage möglicherweise noch nicht er-schöpfend beantwortet hat oder eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit erscheint und das letztinstanzlich entscheidende Gericht den ihm zukommenden Beurteilungsrahmen in [X.] Weise überschritten hat ([X.],
NJW 2001, 1267, 1268; NVwZ 2007, 197, 198; [X.],
[X.], 994 Rn.
12 -
Vierlinden).
Die Rechtsbeschwerde macht
vergeblich geltend, das [X.] habe in nicht mehr vertretbarer Weise verkannt, dass es für die Frage der [X.] bisher keine Leitlinien des Gerichtshofs der [X.]
gebe. Das [X.] ist zutreffend davon [X.], dass die Auffassung der Verbraucher, ob eine bestimmte Bezeichnung 33
34
35
-
13
-

eine geografische oder eine allgemeine Bedeutung
hat, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] nur ein Faktor unter zahlreichen Fakto-ren ist, die bei der Feststellung zu berücksichtigen sind, ob ein Name zur Gat-tungsbezeichnung geworden ist (vgl. [X.], Urteil
vom
25.
Oktober 2005

-
C-465/02 und [X.]/02,
[X.], 71 Rn.
75
ff. -
Deutschland
u.a./Kom-mission [Feta
II]; Urteil
vom
26.
Februar 2008 -
C-132/05, [X.], 524 Rn.
53 -
Kommission u.a./Deutschland u.a. [Parmesan]; vgl. auch
EuG, Urteil vom 12.
September 2007 -
T-291/03, [X.], 974 Rn.
63
ff. -
Consorzio per [X.]/[X.] [Grana Padano]).
Das [X.] konnte daher ohne Verstoß gegen das Willkürverbot annehmen, der [X.], dass -
unterstellt -

zumindest eine geografische Nebenbedeutung zubilligten,
rechtfertige es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] mit Rücksicht auf die objektive Erzeugungs-, Vermarktungs-, Bezeichnungs-
und Rechtssituation
nicht,

-
14
-

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Kirchhoff
Koch
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
30 W(pat) 78/06 -

36

Meta

I ZB 87/09

21.12.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2011, Az. I ZB 87/09 (REWIS RS 2011, 153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 153

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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