Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.03.2016, Az. IV R 22/13

4. Senat | REWIS RS 2016, 14755

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Gegenstand

Überführung von Sonderbetriebsvermögen in eine Schwesterpersonengesellschaft


Leitsatz

NV: Ein Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens einer Personengesellschaft kann nur dadurch in das Sonderbetriebsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft überführt werden, dass das Wirtschaftsgut die Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen bei der Ausgangsgesellschaft verliert und künftig entweder der Schwestergesellschaft als Sonderbetriebsvermögen I dient oder die Beteiligung eines Gesellschafters an der Schwestergesellschaft als Sonderbetriebsvermögen II stärkt.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.] vom 11. April 2013  6 K 730/10 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu 1. bis 7. sowie die verstorbene E, deren Erben die Kläger zu 1. und 8. geworden sind, waren --als [X.]ngehörige des Familienstammes X-- zu insgesamt 60 % [X.]er (im Folgenden: [X.]ltgesellschafter) der [X.].

3

Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 brachten die [X.]ltgesellschafter einen Teil der Grundstücke, die sie zuvor im Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] gehalten hatten, zu Buchwerten gegen Gewährung von [X.] in das Gesamthandsvermögen der [X.] ein. Die übrigen Grundstücke der [X.]ltgesellschafter, die im Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] mit einem Buchwert von insgesamt 1,832 Mio. DM bilanziert waren, sollten ausweislich des [X.] vom 12. Dezember 1998 in das Sonderbetriebsvermögen der [X.] übertragen werden. Der [X.]erbeschluss lautet auszugsweise wie folgt:

"Vorbemerkung
Ein Teil der [X.]er beabsichtigt, seine [X.]nteile an der <[X.]> zu verkaufen. Um gesellschaftsrechtliche Änderungen durchführen zu können, sollen die für den Standort [X.] nicht notwendigen [X.]ktiva und Passiva an die <[X.]> übertragen werden. Die Übertragung findet statt zum [X.]. (...)
Beschreibung der auf die <[X.]> zu übertragenden Wirtschaftsgüter:

1.

Die Grundstücke laut der beigefügten noch abzustimmenden Liste als Sonderbetriebsvermögen. Der Grundbesitz wird lastenfrei übergeben. (...)
Sollten zugehörige Gegenstände oder Rechte hier nicht aufgeführt sein, werden sie noch nachträglich mit aufgenommen. (...)"

4

[X.]m 30. Dezember 1998 veräußerten die [X.]ltgesellschafter ihre [X.]nteile an der [X.] an den bisherigen Mitgesellschafter D.

5

Der Vertrag lautet auszugsweise:

   

"Vorbemerkung
(...)
Das Vermögen der <[X.]> ergibt sich aus der Bilanz zum 31.12.98. Mit notariellen und privatschriftlichen Verträgen vom [X.] wurden verschiedene Beteiligungen, Forderungen und Grundstücke aus dem Vermögen der <[X.]> bzw. dem Sonderbetriebsvermögen der Verkäufer, des Käufers und des [X.] laut dem [X.]erbeschluß vom 12.12.1998 aus der [X.] entnommen und auf eine neu gegründete Kommanditgesellschaft übertragen, an der die Verkäufer, der Käufer und [X.] in demselben Verhältnis beteiligt sind wie an der [X.]. Die betriebsnotwendigen Grundstücke wurden mit notariellem [X.] in die [X.] eingebracht. (...)"

6

Nach dem Beitritt weiterer [X.]er wurde die [X.] in ... GmbH & [X.]o. KG (Beigeladene) umfirmiert.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) stellte zunächst erklärungsgemäß einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) fest. Nach einer [X.]ußenprüfung versagte das F[X.] die Tarifbegünstigung für den Gewinn aus der [X.]nteilsveräußerung mangels [X.]ufdeckung aller in den Mitunternehmeranteilen der [X.]ltgesellschafter ruhenden stillen Reserven. Es stellte mit den [X.]ltgesellschaftern einzeln bekannt gegebenen, zuletzt geänderten Feststellungsbescheiden vom 21. Juli 2009 den Gewinn aus der [X.]nteilsveräußerung in zwischenzeitlich geänderter Höhe von ... DM als laufende gewerbliche Einkünfte fest. Die Einsprüche blieben erfolglos.

8

Mit Urteil vom 20. März 2008 VI 247/2006 ([X.]Entscheidungsdienst --DStRE-- 2010, 273) wies das Finanzgericht ([X.]) die Klage als unbegründet ab. Nach Zulassung der Revision und Beiladung der [X.] (Beschlüsse vom 25. November 2008 IV B 65/08, und vom 27. [X.]ugust 2009 IV R 49/08) hob der [X.] ([X.]) das Urteil auf und verwies die Sache an das [X.] zurück ([X.]-Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 49/08, [X.]E 228, 486, [X.], 726).

9

Das [X.] wies die Klage mit Urteil vom 11. [X.]pril 2013 erneut ab. Das Urteil ist mit Gründen in [X.], 527 wiedergegeben.

Die Kläger rügen mit der Revision eine Verletzung der §§ 1634 EStG.

Sie beantragen sinngemäß,
das Urteil des [X.] Nürnberg vom 11. [X.]pril 2013 nebst [X.] vom 11. Juni 2013 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 1998, zuletzt geändert am 21. Juli 2009, dahingehend abzuändern, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an der Beigeladenen in Höhe von ... DM als tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn festgestellt wird.

Das F[X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Sache erneut zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Die Feststellungen des [X.] lassen nicht dessen Würdigung zu, dass den Klägern die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG für den Gewinn aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile zu versagen ist, weil sie nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen bzw. nicht alle stillen Reserven, die in den [X.] enthalten waren, aufgedeckt haben. So fehlen Feststellungen des [X.] dazu, inwieweit die streitgegenständlichen Grundstücke im maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt noch für den Betrieb der [X.] funktional wesentlich waren. Ebenso fehlen Feststellungen dazu, ob sämtliche streitgegenständlichen Grundstücke ohne [X.]ufdeckung stiller Reserven aus dem Sonderbetriebsvermögen der [X.] in das Sonderbetriebsvermögen der [X.] überführt worden sind.

1. Gegenstand der Entscheidung ist ausschließlich die selbständig anfechtbare Feststellung der Tarifbegünstigung gemäß § 34 [X.]bs. 2 Nr. 1 i.V.m. [X.]bs. 1 EStG des der Höhe nach unstreitigen Gewinns der [X.]ltgesellschafter aus der Veräußerung ihrer [X.]nteile an der [X.] (vgl. dazu zuletzt [X.]-Urteile vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, [X.], 75, [X.], 529, und vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, [X.], 66, [X.], 536). Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, so dass der Senat von weiteren [X.]usführungen absieht.

2. Das [X.] ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines [X.] gemäß § 16 [X.]bs. 1 Nr. 2 EStG nicht der Tarifbegünstigung gemäß § 34 [X.]bs. 2 Nr. 1 i.V.m. [X.]bs. 1 EStG unterliegt, wenn nicht alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen dieser betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt worden sind, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, [X.]E 189, 465, [X.], 123; [X.]-Urteile vom 30. [X.]ugust 2012 IV R 44/10, [X.]/NV 2013, 376, und in [X.], 75, [X.], 529).

a) [X.]usgehend von dem Zweck der Tarifbegünstigung, die [X.]e Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen, ist eine zeitraumbezogene Betrachtung geboten, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit eine dieser Sachgesamtheit zugeordnete wesentliche Betriebsgrundlage ohne [X.]ufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus deren Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Umfasst ein "[X.]" mehrere Teilakte, so gebietet es der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte tatbestandlich miteinander zu [X.] und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die Zusammenballung der Einkünfte zu betrachten. [X.]ußerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 EStG liegen daher nicht vor, wenn durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden (vgl. [X.]-Urteile in [X.]/NV 2013, 376, und in [X.], 75, [X.], 529).

b) Der [X.] von § 16 [X.]bs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG umfasst nicht nur den [X.]nteil des Mitunternehmers am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, sondern auch dessen etwaiges Sonderbetriebsvermögen. Die Tarifbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung des [X.] setzt daher voraus, dass auch das Sonderbetriebsvermögen des veräußernden Mitunternehmers mitveräußert wird, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen enthält (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Urteile in [X.]/NV 2013, 376, Rz 29, und vom 28. Mai 2015 IV R 26/12, [X.]E 249, 536, [X.], 797).

c) Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder –aufgabe neben den funktional wesentlichen Wirtschaftsgütern auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil zwar nicht wesentlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise; vgl. [X.]-Urteile vom 3. September 2009 IV R 61/06, [X.]/NV 2010, 404; in [X.], 66, [X.], 536; in [X.], 75, [X.], 529, sowie in [X.]E 249, 536, [X.], 797).

d) Ein Betriebsgrundstück ist --funktional betrachtet-- nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder nur geringe Bedeutung hat. Wesentlich ist ein Grundstück für den Betrieb danach schon dann, wenn der Betrieb ohne ein Grundstück dieser [X.]rt nicht fortgeführt werden könnte. Dabei ist unerheblich, ob das Grundstück auch von anderen Unternehmen genutzt, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet oder gekauft oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen Grundstück weitergeführt werden könnte (vgl. [X.]-Urteile vom 14. Juli 1993 [X.], [X.]E 172, 200, [X.] 1994, 15; vom 10. November 2005 IV R 7/05, [X.]E 211, 312, [X.] 2006, 176, und in [X.]/NV 2013, 376).

e) Die tatsächlichen Umstände, aus denen sich ergibt, ob ein Wirtschaftsgut als wesentliche Betriebsgrundlage Bestandteil des veräußerten [X.] war und ob es mit dem Mitunternehmeranteil veräußert oder im engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang damit entnommen worden ist, sind vom [X.] festzustellen. [X.]n dessen Tatsachen- und Beweiswürdigung ist der [X.] nach § 118 [X.]bs. 2 [X.]O gebunden, soweit dabei nicht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt werden. Die Schlussfolgerungen des [X.] haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (vgl. [X.]-Urteil in [X.]/NV 2013, 376).

3. [X.]usgehend von diesen Grundsätzen ist das Urteil des [X.] nach § 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O aufzuheben. Es fehlt an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen für die [X.]nnahme, es seien in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Übertragung der Mitunternehmeranteile nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen mitveräußert und hinsichtlich der funktional nicht wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht alle stillen Reserven aufgedeckt worden. [X.]us den Feststellungen des [X.] ergibt sich weder, dass die streitgegenständlichen Grundstücke im maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt für den Betrieb der [X.] funktional wesentlich waren (dazu nachstehend unter [X.]), noch dass die Grundstücke Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] geworden sind (dazu unter II.3.b).

a) Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass streitgegenständliche Grundstücke im Zeitpunkt der Veräußerung der Mitunternehmeranteile für den Betrieb der [X.] funktional wesentlich waren. Soweit das [X.] für einige der Grundstücke das Vorhandensein stiller Reserven bejaht hat, ist ihm nicht zu folgen.

aa) Die Schlussfolgerung des [X.] unter Ziffer 3.b cc des angefochtenen Urteils, die dort genannten neun Grundstücke ... seien schon wegen ihrer funktionalen Bedeutung wesentliche Betriebsgrundlagen der [X.] gewesen, da sie ... als Tauschgrundstücke gedient hätten, wird nicht von den festgestellten Tatsachen getragen.

Die alleinige Feststellung, es handele sich bei diesen Grundstücken um Wiesen- und Waldflächen und nicht um Bauerwartungsland, lässt keinen Schluss auf die Eigenschaft dieser Grundstücke als Tauschgrundstücke für den Betrieb der [X.] zu.

Für die weitere Schlussfolgerung des [X.], das jetzige Vorbringen der Kläger bezüglich dieser Grundstücke widerspreche ihrem ursprünglichen Vorbringen im ersten Rechtsgang und sei deshalb als "reine Schutzbehauptung" zu werten, fehlt es ebenso an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen. Den [X.]kten lässt sich vielmehr das Gegenteil entnehmen. So hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger im ersten Rechtsgang in dem Schriftsatz vom 17. November 2006 unter Ziffer [X.] zwar ausgeführt, dass sich bei den Grundstücken ... auch "Reserve-, Tausch- bzw. Restgrundstücke" befunden hätten. Er führte jedoch zugleich aus, diese Grundstücke seien niemals funktional wesentliche Betriebsgrundlagen gewesen. Sein Vorbringen im zweiten Rechtsgang, wonach die auf die [X.] übertragenen Grundstücke ... nach Einschätzung aller Beteiligter zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr als Tausch- und Reservegrundstücke ... geeignet gewesen seien, widerspricht dem Vorbringen im ersten Rechtsgang mithin nicht.

bb) Zudem hätte das [X.] den jeweils festgestellten Inhalt des [X.] vom 12. Dezember 1998 sowie des Übertragungsvertrags vom 29. Dezember 1998 in seine Würdigung mit einbeziehen müssen. Nach der Vorbemerkung in dem Gesellschafterbeschluss vom 12. Dezember 1998 sollten die für den Standort [X.] "nicht notwendigen [X.]ktiva und Passiva an die <[X.]> übertragen werden". Dem Vertrag über die [X.]nteilsveräußerungen vom 30. Dezember 1998 ist in der Vorbemerkung unter Bezugnahme auf den Gesellschafterbeschluss vom 12. Dezember 1998 zu entnehmen: "Die betriebsnotwendigen Grundstücke wurden mit notariellem [X.] in die <[X.]> eingebracht". Vor diesem Hintergrund und auch unter Berücksichtigung der mündlichen Stellungnahme des [X.] zu 1. in der mündlichen Verhandlung des zweiten [X.] vor dem [X.] erscheint es naheliegend, dass die ... notwendigen Tauschgrundstücke auf die [X.] und die nicht mehr benötigten und damit unwesentlichen Grundstücke auf die [X.] übertragen worden sind.

b) Das [X.] hat keine Tatsachen festgestellt, die den Schluss tragen könnten, dass die hier streitgegenständlichen Grundstücke dem [X.] der [X.] zuzuordnen wären.

aa) Zum Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter, sondern auch solche Wirtschaftsgüter, die Mitunternehmern gehören, wenn diese geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Beteiligung des Mitunternehmers an der Mitunternehmerschaft zu stärken (Sonderbetriebsvermögen II; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 24. Februar 2005 IV R 12/03, [X.]E 209, 262, [X.] 2006, 361, und vom 16. [X.]pril 2015 IV R 1/12, [X.]E 249, 511, [X.], 705, m.w.N.).

Wären als Sonderbetriebsvermögen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der [X.] gehörende Grundstücke infolge der Umstrukturierung Sonderbetriebsvermögen der [X.] geworden, wären die stillen Reserven in den betreffenden Grundstücken nicht aufgedeckt und die Buchwerte fortgeführt worden. Hätten die Grundstücke hingegen nicht die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen der [X.]ltgesellschafter bei der [X.] erfüllt, wären sie ungeachtet einer --ebenfalls nicht [X.] tatsächlichen Bilanzierung als Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] aus dem Betriebsvermögen der [X.] in das Privatvermögen der [X.]ltgesellschafter entnommen worden. Da die Entnahme zur [X.]ufdeckung sämtlicher stiller Reserven geführt hätte, stünde die [X.]usgliederung der Grundstücke aus dem Betriebsvermögen der [X.] der Tarifbegünstigung der Veräußerungsgewinne nicht entgegen.

bb) Das [X.] bezieht sich in der angefochtenen Entscheidung lediglich auf einen Beschluss der Gesellschafter der [X.] vom 12. Dezember 1998, in dem die "Übertragung" von "Grundstücke[n] laut der beigefügten noch abzustimmenden Liste als Sonderbetriebsvermögen" zum 30. Dezember 1998 "auf die <[X.]>" festgelegt wurde. Dieser Beschluss lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob die betreffenden Grundstücke in das Sonderbetriebsvermögen der [X.]ltgesellschafter bei der [X.] überführt worden sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine "Übertragung" auf die [X.] eine Eigentumsübertragung in deren Gesamthandsvermögen voraussetzen würde.

Selbst wenn man den Beschluss trotz der fachkundigen Beratung der Gesellschafter untechnisch dahin versteht, dass die Grundstücke Eigentum der [X.]ltgesellschafter bleiben, aber deren Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] werden sollten, konnte der Beschluss selbst eine solche Zuordnung nicht bewirken. Dazu müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss die [X.] Betriebsvermögen haben, was voraussetzt, dass sie entweder selbst gewerblich tätig geworden ist oder aber als gewerblich geprägte Gesellschaft trotz rein vermögensverwaltender Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Sodann ist weiterhin festzustellen, ob die betreffenden Grundstücke im Streitjahr geeignet und bestimmt waren, dem Betrieb der [X.] als Sonderbetriebsvermögen I zu dienen oder die Beteiligung der [X.]ltgesellschafter an der [X.] als Sonderbetriebsvermögen II zu stärken. Eine Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen I kommt dabei nicht in Betracht, wenn die [X.] die Grundstücke tatsächlich nicht im Rahmen ihrer gewerblichen oder gewerblich geprägten Tätigkeit genutzt hat. Die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen II dürfte schon daran scheitern, dass auf den Grundstücken nach dem eigenen Vortrag der Kläger erhebliche Lasten ruhten, so dass die Gesellschafterstellung der [X.]ltgesellschafter bei der [X.] durch deren Eigentum an den Grundstücken nicht gestärkt worden sein könnte.

c) Durch die Zurückverweisung erhält das [X.] Gelegenheit, die fehlenden Feststellungen nachzuholen. Sollte das [X.] dabei zu dem Ergebnis gelangen, dass die streitigen Grundstücke im Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr funktional wesentlich für den Betrieb der [X.] waren und in das Sonderbetriebsvermögen der [X.] gelangt sind, weist der Senat --allerdings ohne Rechtsbindung-- noch auf Folgendes hin: Für die im Rahmen der Gewährung der Tarifbegünstigung maßgebliche Frage, ob in den ausgegliederten, funktional nicht wesentlichen Grundstücken stille Reserven ruhten, ist, anders als das [X.] bisher angenommen hat, nicht auf das einzelne Grundstück, sondern auf das gesamte in diesem Zusammenhang übertragene Vermögen abzustellen.

aa) Nur wenn bei einer Gesamtbetrachtung stille Reserven übergegangen sind, stünde dies der Tarifbegünstigung entgegen. Dies folgt aus dem Zweck der Tarifbegünstigung nach §§ 1634 EStG, den ermäßigten Steuertarif nur zu gewähren, wenn die während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven [X.] realisiert werden. Dieser Gesetzeszweck wird verfehlt, wenn dem Veräußerer nach der Veräußerung noch stille Reserven verbleiben oder im Zusammenhang mit der Veräußerung Wirtschaftsgüter ohne [X.]ufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Dem Zweck der Regelung widerspricht es aber nicht, wenn der Veräußerer nur Betriebsvermögen zurückbehalten oder anderweitig übertragen hat, in dem per Saldo keine stillen Reserven enthalten waren. Denn auch in diesem Fall ist sichergestellt, dass alle vorhandenen stillen Reserven [X.] mit der [X.]nteilsveräußerung aufgedeckt werden und damit von dem Steuerpflichtigen zu versteuern sind.

bb) Das [X.] dürfte deshalb nicht offen lassen, ob andere auf Grundlage des [X.] vom 12. Dezember 1998 der [X.] zugeordnete Grundstücke stille Lasten enthielten und ob mithin das insgesamt zu diesem Zeitpunkt übertragene Grundvermögen in der Summe stille Reserven enthielt oder nicht. Diesbezügliche Feststellungen wären im nächsten Rechtsgang ggf. noch nachzuholen.

4. Dem [X.] wird die Kostenentscheidung nach § 143 [X.]bs. 2 [X.]O übertragen.

Meta

IV R 22/13

10.03.2016

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 11. April 2013, Az: 6 K 730/10, Urteil

§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 1997, § 16 Abs 1 Nr 2 EStG 1997, § 34 Abs 2 Nr 1 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.03.2016, Az. IV R 22/13 (REWIS RS 2016, 14755)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14755

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