Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.05.2015, Az. IV R 26/12

4. Senat | REWIS RS 2015, 10493

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Gegenstand

Tarifbegünstigung des Betriebsaufgabegewinns trotz vorheriger Ausgliederung einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert


Leitsatz

Der Gewinn aus der Aufgabe eines Betriebs unterliegt auch dann der Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG, wenn zuvor im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen oder überführt worden ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 19. Juni 2012  6 K 633/10 aufgehoben und der Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2010 insoweit aufgehoben, als darin auf den Rechtsvorgänger der Klägerin entfallende laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 39.516,38 € und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 0 € festgestellt worden sind.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der während des Revisionsverfahrens verstorbene [X.], der von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beerbt worden ist, war alleiniger Kommanditist der [X.]. Zudem war er alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH (RS-GmbH), die am Vermögen der [X.] nicht beteiligt war.

2

Die [X.] vermietete den in ihrem [X.]iteigentum stehenden Grundstücksteil an dem Grundstück [X.] 10 (im Weiteren Grundstück) zunächst im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die [X.], an der [X.] ebenfalls sämtliche Gesellschaftsanteile hielt. Ab dem Jahr 2002 und damit auch im Streitjahr 2004 wurden an die [X.], nachdem diese ihren Betriebssitz an einen anderen Ort verlegt hatte, nur noch fünf Garagen als Lagerfläche vermietet.

3

Auf Grund des [X.] vom 21. Dezember 2004 schied die RS-GmbH zum 30. Dezember 2004 aus der [X.] aus. Das Erlöschen der Firma wurde am 3. Januar 2005 im Handelsregister eingetragen. [X.] überführte sodann beschlussgemäß das bisherige Gesellschaftsvermögen der [X.] in sein Privatvermögen.

4

Die Anteile an der [X.] und an der RS-GmbH, die beide bis zum 30. Dezember 2004 im Sonderbetriebsvermögen des [X.] bei der [X.] bilanziert wurden, überführte [X.] in sein Sonderbetriebsvermögen bei der [X.], an der er zu 40 % als Kommanditist beteiligt war.

5

Für die Überführung der [X.]iteigentumsanteile an dem Grundstück in das Privatvermögen des [X.] ermittelte die [X.] im Rahmen der Feststellungserklärung 2004 einen Aufgabegewinn in Höhe von 46.759,30 €, der in vollem Umfang dem [X.] zugerechnet wurde.

6

[X.]it Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29. August 2005 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) antragsgemäß auf [X.] entfallende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 39.516,38 € fest, die sich aus einem Verlust in Höhe von 7.242,92 € und einem tarifbegünstigten Aufgabegewinn in Höhe von 46.759,30 € zusammensetzten.

7

Nach erneuter Prüfung ging das [X.] davon aus, dass der Aufgabegewinn nicht tarifbegünstigt sei. Anlässlich der Betriebsaufgabe seien nicht alle stillen Reserven aufgedeckt worden. Denn die Anteile an der [X.] und an der RS-GmbH, welche wesentliche Betriebsgrundlagen i.S. des § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellten, seien ohne Aufdeckung der stillen Reserven in ein anderes Sonderbetriebsvermögen des [X.] überführt worden. Entsprechend dieser Rechtsauffassung stellte das [X.] mit Änderungsbescheid vom 27. Dezember 2007 laufende Einkünfte des [X.] in Höhe von 39.516,38 € fest.

8

Die dagegen nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht ([X.]) im Wesentlichen aus, das Ausscheiden der Kapitalgesellschaft aus einer gewerblich geprägten Personengesellschaft führe zu einer Betriebsaufgabe. Die Tarifbegünstigung des Aufgabegewinns sei aber zu verneinen, da nicht alle stillen Reserven der wesentlichen Betriebsgrundlagen, zu denen auch solche im Sonderbetriebsvermögen gehörten, im Rahmen der Betriebsaufgabe aufgedeckt worden seien. Unstreitig hätten erhebliche stille Reserven in der Beteiligung des [X.] an der [X.] geruht. Diese Beteiligung sei aber zum Buchwert in das Sonderbetriebsvermögen des [X.] bei der [X.] überführt worden. Unerheblich sei, dass [X.] die Aufdeckung der stillen Reserven nicht möglich gewesen sei, da die Überführung der Anteile an der [X.] in das Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zwingend zum Buchwert habe vorgenommen werden müssen. [X.] hätte es nämlich freigestanden, die Anteile an der [X.] in sein Privatvermögen zu übertragen und dadurch die darin enthaltenen stillen Reserven aufzudecken. Zu Unrecht sei [X.] davon ausgegangen, dass die Anteile an der [X.] dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen [X.] der [X.] zuzuordnen seien. Denn zwischen der [X.] und der [X.] bestehe keine Betriebsaufspaltung, da es an der personellen Verflechtung fehle.

9

[X.]it der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27. Dezember 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. [X.]ärz 2010 insoweit aufzuheben, als darin auf den Rechtsvorgänger der Klägerin, [X.], entfallende laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 39.516,38 € und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 0 € festgestellt worden sind.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. 1. Der Senat legt die Klage und entsprechend auch die vorliegende Revision dahin aus, dass beide ausschließlich namens des [X.] in seiner Eigenschaft als ehemaliger Gesellschafter der [X.] und nicht als deren Rechtsnachfolger erhoben bzw. eingelegt worden sind. Nachdem [X.] während des Revisionsverfahrens verstorben ist, ist dessen Ehefrau als Gesamtrechtsnachfolgerin in die prozessrechtliche Stellung des [X.] eingetreten. Das Rubrum wird entsprechend angepasst.

[X.]it dem Ausscheiden der RS-GmbH aus der [X.] durch Gesellschafterbeschluss vom 21. Dezember 2004 wurde die [X.] ohne Liquidation sofort vollbeendet (vgl. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 17. Oktober 2013 IV R 25/10, [X.], 170). Erlischt eine Personengesellschaft durch Vollbeendigung ohne Abwicklung, kann nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ein [X.] nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden, deren [X.]itgliedschaft die [X.] berührt, die der anzufechtende [X.] betrifft. Die Befugnis der Personengesellschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen die [X.]e einzulegen (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), ist mit deren Vollbeendigung erloschen ([X.]-Urteil vom 23. April 2009 IV R 87/05, [X.]/NV 2009, 1650, und [X.]-Beschluss in [X.], 170). Insoweit lebt die bis zum [X.]punkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter (§ 40 Abs. 2 [X.]O) wieder auf. Die Klagebefugnis geht deshalb auch nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft über ([X.]-Beschluss in [X.], 170, m.w.[X.] zur Rechtsprechung).

2. Zu Recht hat das [X.] von der Beiladung der RS-GmbH als ehemaliger Gesellschafterin abgesehen, da diese von dem vorliegenden Rechtsstreit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sein kann und ihr insoweit keine eigene Klagebefugnis gemäß § 40 Abs. 2 [X.]O zustand. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich die Tarifbegünstigung des dem [X.] in vollem Umfang zugerechneten Gewinns aus der Aufgabe des Betriebs der [X.] (dazu unter III.1.).

III.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O).

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Tarifbegünstigung des Aufgabegewinns der [X.]. Entsprechend hat der Senat bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass mit dem [X.] vom 27. Dezember 2007 bestandskräftig festgestellt worden ist, dass eine Betriebsaufgabe vorliegt und ein Aufgabegewinn in der festgestellten Höhe erzielt worden ist, welcher dem [X.] in voller Höhe zuzurechnen ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein [X.] eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können (ständige Rechtsprechung, aus jüngerer [X.] z.B. [X.]-Urteile vom 19. Juli 2011 IV R 42/10, [X.]E 234, 226, [X.], 878; vom 30. August 2012 IV R 44/10, [X.]/NV 2013, 376, und vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, [X.]E 248, 66, jeweils m.w.[X.]). Selbständig anfechtbar ist auch die Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 3 EStG ([X.]-Urteil in [X.]E 248, 66). Davon zu unterscheiden ist die Qualifikation des [X.] oder Veräußerungsgewinns als Bestandteil der außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Auch diese Feststellung ist als Feststellung einer anderen Besteuerungsgrundlage im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung zu treffen und selbständig anfechtbar ([X.]-Urteil in [X.]E 248, 66).

b) Streitgegenstand des Klageverfahrens und mithin auch des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Feststellung der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1 EStG. Denn [X.] hat ausweislich der Klagebegründung, die zur Bestimmung seines Klagebegehrens maßgeblich heranzuziehen ist, den [X.] vom 27. Dezember 2007 nur insoweit angefochten, als ihm die Tarifbegünstigung nicht gewährt worden ist. Das Vorliegen einer Betriebsaufgabe und die Entstehung eines Aufgabegewinns dem Grunde und der Höhe nach waren zwischen den Beteiligten zu keinem [X.]punkt umstritten.

Davon ausgehend hat das [X.] im Ergebnis zutreffend das Vorliegen einer Betriebsaufgabe bejaht. Denn das Vorliegen einer Betriebsaufgabe ist mit [X.] vom 27. Dezember 2007 bestandskräftig festgestellt worden und war deshalb nicht mehr zu prüfen.

2. Das [X.] ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Überführung der Anteile an der [X.] und an der RS-GmbH aus dem Sonderbetriebsvermögen des [X.] bei der [X.] in dessen Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] der Tarifbegünstigung des Aufgabegewinns der [X.] entgegensteht.

a) Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen in dem zu versteuernden Einkommen enthaltene außerordentliche Einkünfte der Tarifbegünstigung nach den Sätzen 2 bis 4. Gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte nur die enumerativ in § 34 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 EStG aufgeführten Einkünfte in Betracht, so u.a. nach Nr. 1 Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG.

aa) Nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn der Tarifbegünstigung nur, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus (zuletzt [X.]-Urteile vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, [X.]E 248, 75, und in [X.]E 248, 66, jeweils m.w.[X.]). Die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG erfordert demnach, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden (Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, [X.]E 189, 465, [X.], 123, m.w.[X.]; [X.]-Urteile in [X.]E 248, 75, und in [X.]E 248, 66, jeweils m.w.[X.]).

bb) Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe neben den funktional wesentlichen Wirtschaftsgütern auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder [X.]itunternehmeranteil nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise). Dies folgt aus der normspezifischen Auslegung des § 34 EStG, dessen Zweck darin zu sehen ist, eine zusammengeballte Realisierung der über die [X.] entstandenen, gesammelten stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen ([X.]-Urteile vom 3. September 2009 IV R 61/06, [X.]/NV 2010, 404; in [X.]E 248, 75, und in [X.]E 248, 66, jeweils m.w.[X.]). Unerheblich ist, ob die Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen oder im Sonderbetriebsvermögen ([X.] II) der [X.]itunternehmer gehalten werden ([X.]-Urteil vom 2. Oktober 1997 IV R 84/96, [X.]E 184, 425, [X.] 1998, 104).

b) Zu den in § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG aufgeführten Veräußerungsgewinnen i.S. des § 16 Abs. 1 EStG und den gemäß § 16 Abs. 3 EStG gleichgestellten [X.] gehören u.a. die Gewinne aus der Veräußerung/Aufgabe des ganzen Gewerbebetriebs, eines [X.] oder eines  [X.]itunternehmeranteils. Als Teilbetrieb gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.

aa) Die Tarifbegünstigung knüpft damit nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers nicht stets an die vollständige Aufgabe des betrieblichen Engagements an. Vielmehr sind daneben auch die Veräußerung/Aufgabe eines [X.], einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (fingierter Teilbetrieb) oder eines [X.]itunternehmeranteils (im Weiteren Sachgesamtheiten) begünstigt. Daraus folgt, dass die Frage der Tarifbegünstigung bezogen auf die jeweils betroffene Sachgesamtheit zu prüfen ist und im Sinne einer segmentierten Betrachtung die Aufdeckung der in den wesentlichen Wirtschaftsgütern vorhandenen stillen Reserven nur im Hinblick auf die jeweils veräußerte oder aufgegebene Sachgesamtheit untersucht wird. Dementsprechend hat der [X.] eine tarifbegünstigte Aufgabe eines [X.] bejaht, obwohl die stillen Reserven der wesentlichen Wirtschaftsgüter, die dem anderen Teilbetrieb zugeordnet waren, nicht zeitgleich aufgedeckt worden waren ([X.]-Urteil vom 16. Oktober 2008 IV R 74/06, [X.]/NV 2009, 725). Ebenso hat der [X.] --angesichts der doppelstöckigen Struktur unter Heranziehung des [X.] die Veräußerung der Anteile an einer Obergesellschaft als tarifbegünstigte Veräußerung beurteilt, obwohl im zeitlichen Kontext mit dieser Veräußerung Anteile der Obergesellschaft an einer Untergesellschaft zum Buchwert ausgegliedert worden waren ([X.]-Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 49/08, [X.]E 228, 486, [X.] 2010, 726).

bb) Diese Rechtsprechung ist auf alle in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG genannten Sachgesamtheiten zu erstrecken. Danach unterliegt der Gewinn aus der Aufgabe eines Betriebs auch dann der Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG, wenn im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen oder überführt wird. Denn eine derartige Beteiligung wird in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einem Teilbetrieb gleichgestellt. Ziel dieser durch das Steueränderungsgesetz 1965 vom 14. [X.]ai 1965 ([X.] 1965, 377, BStBl I 1965, 217) eingeführten Regelung ist es, die stillen Reserven der Beteiligung einer ermäßigten Besteuerung zu unterwerfen, weil die Veräußerung der Beteiligung derjenigen eines [X.] wirtschaftlich gleichstehe (Zweiter Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses des [X.] vom 19. [X.]ärz 1965, zu [X.]3189, S. 6; [X.]-Urteil vom 15. September 1988 IV R 75/87, [X.]E 155, 511, [X.] 1991, 624). Die gesetzliche Fiktion eines [X.] hat denknotwendig zur Folge, dass der Gesamtbetrieb fiktiv aus zwei [X.] (zwei Sachgesamtheiten) besteht und die Tarifbegünstigung bezogen auf die jeweils betroffene Sachgesamtheit zu prüfen ist. Auch hier kann es für die Tarifbegünstigung im Ergebnis keinen Unterschied machen, welcher der beiden [X.] zuerst veräußert oder aufgegeben wird. Es ist deshalb kein Grund dafür ersichtlich, eine begünstigte Veräußerung der das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nur dann anzunehmen, wenn der verbleibende Teilbetrieb fortbesteht und nunmehr als (Rest-)Betrieb fortgeführt wird (so aber [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 16 EStG Rz 160, und [X.]/Patt, § 16 EStG Rz 296), demgegenüber die vergleichbare Fallkonstellation, nämlich die Veräußerung bzw. Aufgabe des wirtschaftenden [X.], deshalb nicht als tarifbegünstigte Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe zu beurteilen, weil die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (der fiktive Teilbetrieb) in ein anderes Betriebsvermögen überführt worden ist (so bereits [X.]-Urteil in [X.]/NV 2009, 725, im Rahmen eines obiter dictums). Soweit dem Urteil des erkennenden Senats in [X.]E 184, 425, [X.] 1998, 104 eine andere Rechtsauffassung zu Grunde liegt, hält der Senat daran nicht fest.

3. Das [X.] ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.

a) Das [X.] hat die Tarifbegünstigung des Gewinns aus der Betriebsaufgabe nur deshalb verneint, weil die unstreitig in der Beteiligung des [X.] an der [X.] ruhenden stillen Reserven nicht aufgedeckt worden sind. Da die Beteiligung des [X.] nach den Feststellungen des [X.] aber das gesamte Nennkapital der [X.] umfasste, stand die Buchwertüberführung dieser Anteile in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögen des [X.] der Tarifbegünstigung des hier in Streit stehenden Aufgabegewinns gemäß § 34 Abs. 1 EStG nicht entgegen.

b) Dies gilt gleichermaßen für die Buchwertüberführung der Anteile an der RS-GmbH, da die Beteiligung des [X.] nach den Feststellungen des [X.] ebenfalls das gesamte Nennkapital der RS-GmbH umfasste.

4. Wegen vorliegender Spruchreife entscheidet der Senat in der Sache selbst. Der hier in Streit stehende Gewinn aus der Aufgabe der [X.] unterliegt in vollem Umfang, also in Höhe von 46.759,30 € der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1 EStG. Dieses Ergebnis wird schon dadurch erreicht, dass der geänderte Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. [X.]ärz 2010 insoweit aufgehoben wird, als darin auf den [X.] entfallende laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 39.516,38 € und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 0 € festgestellt worden sind. Damit lebt der ursprüngliche Bescheid vom 29. August 2005 insoweit wieder auf, als darin auf den [X.] entfallende laufende Einkünfte (Verlust) in Höhe von ./. 7.242,92 € und ein tarifbegünstigter Aufgabegewinn in Höhe von 46.759,30 € festgestellt worden sind.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

IV R 26/12

28.05.2015

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 19. Juni 2012, Az: 6 K 633/10, Urteil

§ 16 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2 EStG, § 16 Abs 3 EStG 2002, § 34 Abs 1 EStG 2002, § 34 Abs 2 Nr 1 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.05.2015, Az. IV R 26/12 (REWIS RS 2015, 10493)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10493

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