Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2017, Az. V ZR 8/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3127

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:271017UVZR8.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
8/17
Verkündet am:

27. Oktober 2017

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 906 Abs. 2 Satz 2
Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrecht-lich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Beseitigung oder Zurückschneiden wegen des Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfrist nicht mehr verlangen kann, kann für den [X.] Reinigungsaufwand infolge des [X.], Nadeln, Blüten und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach §
906 Abs. 2 Satz 2 [X.] analog zustehen (Bestätigung von Senat, Urteil vom 14. November 2003 -
V [X.], [X.], 33).
[X.], Urteil vom 27. Oktober 2017 -
V [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird unter Zurückweisung des [X.] Rechtsmittels das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 6. Dezember
2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger bezogen auf bezogen auf den Klageantrag zu 4 im Hinblick auf den erhöhten Aufwand zur Reinigung des Grundstücks und Gebäudes mit Aus-nahme der Vermoosung des Daches zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke.
Auf dem Grundstück des Beklagten
stehen unmittelbar an der Grenze verschiedene hochgewachsene Bäume. Gestützt auf die Behauptung, die Bäume verschatte-1
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ten ihr Grundstück, bewirkten starken Laubbefall und Vermoosung ihres [X.] und beeinträchtigten überdies die gärtnerische Nutzung des Grundstücks erheblich, verlangen die Kläger von dem Beklagten die Entfernung näher be-zeichneter
Bäume (Klageantrag zu
1) und hilfsweise,
den Überhang an der [X.] zu entfernen und die Bäume in der Höhe auf drei Meter
zu kürzen. Mit dem Klageantrag zu
2 beanspruchen sie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten
nebst Zinsen. Der hilfsweise gestellte
Klageantrag zu
3 zielt auf die Zahlung von 2.527,51

als Ersatz für finanziellen Aufwand im Jahr 2014; der Betrag setzt sich zusammen aus Kosten von 2.055,51

nach Darstellung der Kläger jährlich anfallenden erhöhten Reinigungsbedarf ihres Anwesens und aus 472

für jährliche
Mehraufwendungen, die entstünden, weil es aufgrund der Verschattung
eines Teils ihres Grundstücks nicht möglich sei, dort Obst und Gemüse anzubauen.
Schließlich beantragen
die Kläger mit dem ebenfalls hilfsweise gestellten Klageantrag zu
4 festzustellen,
dass der Beklagte verpflichtet ist, ihnen jährlich die Aufwendungen für den erhöhten Aufwand
zur Säuberung des Grundstücks und Gebäudes und den Ankauf von Obst und Gemüse zu erstatten.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revi-sion verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revi-sion zurückzuweisen.

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Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Anspruch der Kläger auf Entfernung oder auf Kürzung der Bäume könne weder auf §
14 [X.]
noch auf §
1004 Abs. 1, §
906 [X.] oder auf §
242 [X.] gestützt werden. Die Kläger [X.] die Entfernung und den Rückschnitt nicht innerhalb der [X.] des §
15 [X.] aF verlangt.
Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem
nachbarlichen
[X.].
Ebensowenig könnten die Kläger die Entfernung des in ihr Grundstück von dem Bäumen des Beklagten hineinragen-den Bewuchses verlangen.

Ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen, die für die Entfernung von Laub und Ästen von den Bäumen des Beklagten und für die Reinigung der Dachrinne und des Daches anfielen, stehe den Klägern nicht zu. [X.] gelte, soweit sie finanziellen Ausgleich für die Einschränkung der agrari-schen Nutzung ihres Gartens verlangten. Auf §
906 Abs.
2 Satz 2 [X.] könnten sie sich nicht stützen, weil sie die Fristen des Nachbarrechts hätten verstrei-chen lassen. Das setze zugleich einer entsprechenden
Anwendung von §
906 Abs.
2 Satz
2 [X.] Grenzen.
Die Kläger hätten es in der Hand gehabt, durch ein frühzeitiges Vorgehen gegen den Baumwuchs auf dem Grundstück des [X.] die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen zu verhindern.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung, soweit sie aufgrund des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung eröffnet ist, nur teilweise stand.
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5
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1. Die ohne Einschränkungen eingelegte Revision der Kläger ist nur teil-weise, nämlich nur hinsichtlich der Klageanträge zu 3 und 4 zulässig.

a) Eine Beschränkung der Revisionszulassung (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist zwar in der Urteilsformel des Berufungsurteils
nicht ausgesprochen worden. Es genügt
aber, wenn sich die Beschränkung aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils klar und eindeutig ergibt (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom
13.
Januar 2017 [X.]/16, [X.], 418 Rn.
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mwN). Dies ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, die Revision zuzulassen, in den Urteilsgründen
darauf gestützt, dass es im Hinblick auf den von
den [X.] geltend gemachten Zahlungsanspruch von dem Urteil des Senats vom 14.
November 2013 (V [X.])
abweiche, das
bei einem vergleichbaren Sachverhalt einen auf § 906 Abs. 2 Satz 2 [X.] analog gestützten Ausgleichs-anspruch zuerkannt habe.
Da nur die Klageanträge zu 3 und 4, nicht jedoch die Klageanträge zu 1 und 2 einen solchen Anspruch zum Gegenstand haben, hat das Berufungsgericht erkennbar
eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Klageanträge zu 3 und 4 gewollt.

b) Diese Teilzulassung ist wirksam. Sie setzt voraus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtli-cher Hinsicht unabhängig von dem übrigen [X.] beurteilt werden kann und nach einer Zurückverweisung eine Änderung des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil gerät (Senat, Urteil vom 13.
Januar 2017
[X.]/16, [X.], 418 Rn.
13, [X.], Urteil vom 16. März 2017 -
I [X.], [X.], 702 Rn.
17). So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat über mehrere selbstän-dige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) entschieden. Die mit den [X.] zu 3 und 4 verfolgten Ausgleichsansprüche stellen einen tatsächlich 6
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und rechtlich selbständigen Teil
des Gesamtstreitstoffes dar, der unabhängig von den mit den Klageanträgen zu 1 und 2 verfolgten Ansprüchen beurteilt wer-den kann.
Eine Widerspruchsgefahr besteht nicht, weil ausgeschlossen ist, dass das Berufungsgericht nach einer Zurückverweisung zu dem -
mit der [X.] zu 1 und 2 nicht zu vereinbarenden -
Ergebnis ge-langt, die [X.] des § 15 [X.] aF sei nicht versäumt worden. Letzteres wird auch von den Klägern nicht geltend gemacht.

2. Soweit die
Revision zulässig ist, hat sie in der Sache teilweise Erfolg. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich der
Zah-lungsanspruch der Kläger (Klageantrag zu
3) sowie der Feststellungsanspruch (Klageantrag zu
4) nicht verneinen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (§
906 Abs.
2 Satz
2 [X.] analog) ge-geben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benut-zung rechtswidrige
Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen,
die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §
1004 Abs. 1 [X.] bzw. §
862 [X.] unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, Urteil vom 18.
Dezember 2015
[X.], NJW-RR 2016, 588 Rn.
20 mwN; Urteil vom 14.
November 2003
V [X.], [X.], 33, 44
f.).

b) Wie der Senat zudem bereits entschieden hat (Urteil vom 14.
No-vember 2003
V [X.], [X.], 33, 45), kann auch dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Beseitigung oder Zurückschneiden wegen 9
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des Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschluss-frist nicht mehr verlangen kann, für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des [X.], Nadeln, Blüten und Zapfen dieser Bäume ein nachbar-rechtlicher Ausgleichsanspruch zustehen. Auch in dieser Konstellation ist der betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert, Einwirkungen, die er grundsätzlich nicht -
hier gemäß §
906 Abs. 1 und 2 [X.] -
dulden müsste, sondern nach § 1004 Abs. 1 [X.] abwehren könnte, zu unterbinden. Eine [X.] Möglichkeit zur Störungsbeseitigung als die, dass die Bäume entfernt oder so weit gekürzt werden, dass das Abfallen von Laub und ähnlichem
auf das Grundstück des Nachbarn nahezu ausgeschlossen ist, besteht nicht. Entfer-nung oder Kürzung der Bäume kann der Nachbar jedoch wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist nicht mehr verlangen; er muss das Höhenwachstum
der Bäume dulden (Senat, Urteil vom 14.
November 2003
V [X.], [X.], 33, 45 zu § 54 Abs. 2 Nds.NRG).

c) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die
Überlegung des Berufungsgerichts
(vgl. auch [X.], [X.], 64, 65; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 906 Rn. 37), der Eigentümer habe es selbst in der Hand gehabt, den Baumwuchs als Ursache der Beeinträchtigungen zu verhindern, veranlasst [X.] abweichende Beurteilung. Sie misst der Ausschlussfrist nach den nachbar-rechtlichen Vorschriften -
hier gemäß § 15 [X.] aF -
eine Bedeutung bei, die ihr nicht zukommt. Ausgeschlossen ist hiernach der Anspruch auf Beseiti-gung oder Rückschnitt der Bäume, der dem Nachbarn bereits alleine wegen der Missachtung der Grenzabstandsregelungen eingeräumt wird; auf eine konkrete Beeinträchtigung des Eigentums kommt es insoweit nicht an (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 -
V [X.], NJW-RR 2010, 807 Rn. 24; Urteil vom 2.
Juni 2017 -
V [X.], juris Rn. 18). Dies besagt jedoch nichts darüber,
ob der Nachbar, der wegen der von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen 12
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durch das Abfallen von Laub und ähnlichem in seinem Eigentum wesentlich und über das Zumutbare hinaus beeinträchtigt wird, diese Beeinträchtigung ent-schädigungslos hinzunehmen hat. Die
Auffassung des Berufungsgerichts führt zu Wertungswidersprüchen in Ansehung des gesetzlichen Ausgleichsanspruchs
gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift kann der
Eigentümer, der eine wesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 [X.] zu dulden hat, weil sie durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeige-führt wird und nicht durch
Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern
dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind, von dem Benutzer des anderen Grund-stücks einen
angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. Wer durch Laubabfall von Bäumen des Nachbarn, die den Grenzabstand einhalten, wesentlich beeinträchtigt wird, kann danach unter Umständen einen Ausgleich in Geld verlangen, obwohl er keinen Anspruch auf Beseitigung der Bäume hat. Warum dies bei Einwirkungen von Bäumen, die den Grenzabstand verletzen, anders sein soll, erschließt sich nicht. In beiden Fällen ist der Nachbar aus Rechtsgründen gehindert, den ihm eigentlich zustehenden Anspruch auf Beseitigung der Störung seines Eigen-tums durch Laubabfall
und ähnliches
gemäß § 1004 Abs. 1 [X.] geltend zu machen. Ebenso wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift hat der Grundstückseigentümer wesentliche Beeinträchtigungen seines Eigentums durch von einem Nachbargrundstück ausgehende Immissionen zu dulden. [X.] Duldung soll nach der Wertung des § 906 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht entschä-digungslos erfolgen und rechtfertigt eine entsprechende Anwendung der Vor-schrift.

3. Das Berufungsurteil erweist sich allerdings aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO), soweit die Kläger im Rahmen ihrer Klagean-13
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träge zu 3 und 4 den Ausgleichsanspruch
nicht auf den [X.], sondern
auf eine Verschattung
ihres Grundstücks bzw. ihres Hauses stützen.

a) Während das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu den ähnlichen Einwirkungen

im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 [X.] gehört (Senat, Urteil vom 14. November 2003

V
ZR
102/03, [X.], 33, 45), stellt der Entzug von Luft und Licht durch Anpflanzungen auf dem Nachbargrundstück keine derartige
Einwirkung dar (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 [X.], NJW-RR 2015, 1425 Rn. 15
mwN). Der Eigentümer hat solche sog. negativen Einwirkungen auch unter Be-rücksichtigung der Pflichten aus dem nachbarlichen [X.] grundsätzlich hinzunehmen. Da die Beeinträchtigungen rechtmäßig sind und es deshalb bereits von vorneherein an einem Unterlassungs-
bzw. Beseitigungs-anspruch des betroffenen Eigentümers fehlt, scheidet auch ein [X.] Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 [X.] analog aus. Ein Wertungswiderspruch zu dem Ausgleichanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 [X.] in direkter Anwendung, dessen Vermeidung
eine analoge Anwendung rechtfertigen könnte,
besteht nicht, weil auch dieser Anspruch eine Einwirkung i.S.d. § 906 Abs. 1 [X.] voraussetzt, die aber bei dem Entzug von Luft und Licht durch Anpflanzungen gerade nicht gegeben ist.

b) Soweit die Kläger ihre Ausgleichsansprüche damit begründen,
dass durch den Schattenwurf der Bäume des Beklagten und damit durch
den Entzug von Licht erhöhte Reinigungskosten sowie Mehraufwendungen für den Ankauf von Obst und Gemüse anfielen, sind die Klageanträge zu 3 und 4 unbegründet. In diesem Umfang ist die Zurückweisung der Berufung der Kläger im Ergebnis zu Recht erfolgt. Bezogen auf den [X.] (Klageantrag zu

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Kläger die Mehraufwendungen für den Ankauf von Obst und Gemüse beziffern. Bezogen auf den für die erhöhten Reinigungskosten geltend gemachten [X.]

handelt es sich um die hierin enthaltenen Kosten
für die Beseitigung der auf der Verschattung beruhenden Moosbildung auf dem Dach des Hauses. Da es an Feststellungen dazu fehlt, wie hoch diese anteiligen Rei-nigungskosten sind, kommt eine teilweise Bestätigung des Berufungsurteils nicht in Betracht. Der Feststellungsantrag (Klageantrag zu 4) ist bezogen auf die Mehraufwendungen für den Ankauf von Obst und Gemüse und insoweit un-begründet, als es um den erhöhten Aufwand für die Beseitigung der
Vermoo-sung des Daches geht.

III.

1. Hiernach ist das Berufungsurteil in dem aus
dem Tenor ersichtlichen Umfang
teilweise aufzuheben (§ 562 Abs.1 ZPO). Da die Sache insoweit noch nicht entscheidungsreif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 [X.] setzt im vorliegenden Zusammenhang voraus, dass der in Anspruch ge-nommene Grundstückseigentümer für die Eigentumsbeeinträchtigung durch [X.] der Bäume verantwortlich ist. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Bäume unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestim-mungen über den Grenzabstand unterhalten werden und sich die Nutzung des störenden Grundstücks deshalb nicht mehr im Rahmen ordnungsgemäßer Be-16
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wirtschaftung hält.
Dass wegen Fristablaufs nicht mehr die Beseitigung oder das Zurückschneiden der Bäume auf die zulässige Höhe verlangt werden kann, hat nicht zur Folge, dass der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaf-tung entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 V [X.], [X.], 33, 42 f.).
Hiernach ist
der Beklagte für den [X.] verantwort-lich, weil nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststel-lungen des [X.]s die streitgegenständlichen Bäume, die sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze befinden, bereits im Jahre 2000 mindestens eine Höhe von ca. 5 bis 6 m aufwiesen und deshalb die in den §§ 9, 10 [X.] aufgeführten Grenzabstände nicht eingehalten sind.

b) Das Berufungsgericht hat bislang noch keine Feststellungen dazu ge-troffen, ob es sich bei dem [X.] um eine wesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 [X.] handelt. Dies wird unter Berücksichtigung des Vortrags und der Beweisangebote der Parteien nachzuholen sein. Eine wesentliche Be-einträchtigung liegt jedenfalls dann vor, wenn -
so der Vortrag der Kläger -
das von den Bäumen
des Beklagten abfallende Laub dazu führt, dass die Dachrin-nen und die Abläufe an ihrem Haus häufiger als es sonst nötig wäre gereinigt werden müssten (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 V [X.], [X.], 33, 42 f.).

c) Ob die Kläger durch den [X.]
Nachteile erleiden, die das zu-mutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung über-steigen, bedarf ebenfalls der Klärung durch das Berufungsgericht. Entgegen der von dem Beklagten in Revisionserwiderung vertretenen Auffassung ist der Vor-trag der Kläger zu diesem Tatbestandsmerkmal eines nachbarrechtlichen [X.] analog § 906 Abs. 2 [X.] nicht unerheblich. Zwar kommt es nach der Rechtsprechung des Senats bei der gebotenen Abwägung auch da-19
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rauf an, in welchem Verhältnis der von dem beeinträchtigten [X.] behauptete zusätzliche Reinigungsaufwand zu dem Aufwand steht, den er für die Reinigung seines Grundstücks von Laub und ähnlichem
sowieso hat (vgl. Senat, Urteil vom 14.
November 2003
V [X.], [X.], 33, 42
f.). Richtig ist auch, dass das [X.] beanstandet hat, die Kläger hätten nicht unterschieden, welche Reinigungsarbeiten unabhängig vom Bestand des Bewuchses auf dem Grundstück des Beklagten erforderlich und notwendig wä-ren, obwohl
aus den Lichtbildern erkennbar sei, dass in der Nähe ihres Grund-stücks weitere Laubbäume existierten, von denen
ebenfalls ein Laubeintrag auf das Grundstück zu erwarten sei. Hierdurch wird aber die -
unter Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellte -
Behauptung der Klä-ger, der erhöhte Aufwand zur Reinigung ihres Grundstücks übersteige das normale Maß und beruhe auf den im Streit stehenden Bäumen, nicht unerheb-lich. Vielmehr bedarf es zu dieser Behauptung ggf. einer Beweisaufnahme.

d) Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz
2 [X.]
ist
ausgeschlossen, falls das Naturschutzrecht dem Störer verbie-tet, die Einwirkung auf das Grundstück des Gestörten zu unterlassen oder ab-zustellen. Hätte der Störer gleichwohl an den Gestörten einen Ausgleich zu leis-ten, müsste er eine Entschädigung für die Folgen einer gesetzlichen Regelung bezahlen, die der Gesetzgeber nicht im Interesse des Störers, sondern im All-

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gemeininteresse für notwendig hält. Hierfür gibt es keine Grundlage
(vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1992 -
V [X.], [X.]Z 120, 239, 252). Auch zu diesem Gesichtspunkt bedarf es ggf. weiteren Vortrags der Parteien bzw. einer weiteren Aufklärung durch das Berufungsgericht, da der Beklagte nach den Ausführungen in dem Urteil des [X.]s substantiiert dargelegt hat, dass die für eine Fällung der Bäume erforderliche Genehmigung von der Stadt A.

nicht erteilt werde.

[X.] Brückner

Weinland

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.10.2014 -
4 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.12.2016 -
9 U 1687/14 -

22

Meta

V ZR 8/17

27.10.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2017, Az. V ZR 8/17 (REWIS RS 2017, 3127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3127

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

V ZR 8/17

V ZR 138/16

I ZR 39/15

V ZR 55/15

V ZB 130/09

V ZR 230/16

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