Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2011, Az. AnwZ (BrfG) 1/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 2554

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

AnwZ ([X.]) 1/10

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 59e, 59f
a)
[X.] mit beschränkter Haftung, bei welcher die Mehrheit der [X.] und der Stimmanteile Patentanwälten zusteht, welche nicht zugleich Rechtsanwälte sind, kann nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden.
b)
[X.] mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer mehrheitlich nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Patentanwälte sind, kann nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden.
[X.], Urteil vom 10. Oktober 2011 -
AnwZ ([X.]) 1/10
-
[X.]ayAGH

wegen [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft-

2

-

Der [X.], [X.], hat durch die Vorsitzende Richterin am [X.] [X.], die Richterinnen Roggenbuck und [X.] sowie die Rechtsanwälte

Dr. [X.] und Dr. [X.]raeuer
im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung

am
10. Oktober 2011
für Recht erkannt:

Die [X.]erufung gegen das Urteil des 5. Senats des [X.]ayerischen [X.]s
vom 25. Februar 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Wert des [X.]erufungsverfahrens wird

festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin wurde am
8. Januar 2009 von den Patentanwälten Dr.

M.

und Dipl.-Ing.

K.

sowie dem Rechtsanwalt

S.

gegründet.
Jeder der drei [X.]er übernahm einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 8.500

e-schluss wurden
Dr.

M.

,

K.

und

S.

zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt und von den [X.]e-schränkungen des §
181 [X.]G[X.] befreit.
Satzungsmäßiger Zweck der Klägerin ist 1
-

3

-

die gemeinschaftliche [X.]erufsausübung als Patent-
und Rechtsanwälte. Ihre
Satzung enthält u.a. folgende [X.]estimmungen:

§ 3 [X.]er

(1)
[X.]er der M.

S.

Patentanwalts-
und Rechtsanwaltsgesellschaft mbH können nur Mitglieder der Pa-tentanwaltskammer oder der Rechtsanwaltskammer sowie die übrigen in § 52e Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Personen oder eine [X.] [X.]ürgerlichen Rechts sein, deren Zweck ausschließlich das Halten von Anteilen an der M.

S.

Patentanwaltsgesellschaft mbH ist.

(2)
Die [X.] kann eine gemeinsame Kanzlei oder mehrere Kanzleien errichten. Errichtet die [X.], so muss in jeder Kanzlei mindestens ein [X.]er als [X.] Patentanwalt und ein [X.]er als Rechts-anwalt tätig sein, die zu Geschäftsführern bestellt sind und für die diese Kanzlei der Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit bil-det.

(3)
Die [X.]eteiligung an einer anderen [X.] bedarf der Zustimmung der [X.]. Die [X.]eteiligung an der M.

Patentanwaltsgesell-schaft mbH, der M.

Patentanwälte Rechtsanwälte Part-nerschaftsgesellschaft und der M.

Holding [X.] bürgerlichen Rechts, jeweils mit Sitz in M.

, bedarf [X.] Genehmigung.

§ 4 Stammkapital

(1)
Das Stammkapital der [X.] beträgt EUR 25.500,00
(in Worten: Euro fünfundzwanzigtausendfünfhundert).

(2)
Hierauf übernehmen die Gründungsgesellschafter Geschäfts-anteile wie folgt:
a)
Herr Dr.

M.

, Patentanwalt, einen Geschäftsan-

b)
Herr

K.

, Patentanwalt, einen Geschäftsanteil

-

4

-

c)
Herr

S.

, Rechtsanwalt, einen Geschäfts-

§ 8 Geschäftsführung und Vertretung

(1)
Die [X.] hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er die [X.]. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die [X.] durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich vertre-ten. Die [X.]erversammlung ist berechtigt, [X.] zu erteilen. Sie kann von den [X.]eschränkungen des § 181 [X.]G[X.] befreien.

(2)
Zu Geschäftsführern können nur Patentanwälte oder Rechts-anwälte bestellt werden.

Am 20.
Februar 2009 hat die Klägerin ihre [X.]assung zur [X.] im [X.]ezirk der [X.]eklagten beantragt. Die [X.]eklagte hat den Antrag mit [X.] vom 14.
September 2009
zurückgewiesen, weil die Klägerin
den [X.] der §§
59e und 59f [X.] nicht entspreche. Die Klage der Klägerin, mit welcher diese beantragt hat, die [X.]eklagte zu verpflichten, sie unter Aufhe-bung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen, ist [X.] worden. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen [X.]erufung will die Klägerin weiterhin ihre [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft erreichen. Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des [X.]ayerischen Anwaltsgerichtsho-fes (Az: [X.] -
25/2009) und Aufhebung des [X.] vom 14.09.2010 (Az: [X.]. 50151) die [X.] zu verpflichten, der Klägerin die beantragte [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft zu erteilen.

Die [X.]eklagte beantragt,

2

3
-

5

-

die [X.]erufung der Klägerin zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die ge-wechselten Schriftsätze nebst Anlagen [X.]ezug genommen.

II.

Die [X.]erufung der Klägerin ist nach §
112e Satz
1 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§
112e Satz
2
[X.], §
124 Abs.
2 und 3 VwGO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. [X.]en mit beschränkter Haftung, deren [X.] die [X.]eratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, können als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden (§ 59c Abs. 1 [X.]). Die [X.]assung kann jedoch nur dann erteilt werden, wenn die [X.] den [X.] der §§
59e und 59f [X.] entspricht (vgl. §
59d Nr.
1 [X.]). Die Klägerin erfüllt
diese
Anforderungen nicht.

a) Gemäß §
59e Abs.
1, §
59a Abs.
1 Satz
1 [X.] können Mitglieder der Patentanwaltskammer [X.]er einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte muss jedoch Rechts-anwälten zustehen (§
59e Abs.
2 Satz
1 [X.]). Die Klägerin hat drei Gesell-schafter, die je einen Anteil von 8.500

als Rechtsanwalt zugelassen. Patentanwälte sind keine Rechtsanwälte im [X.] der [X.]undesrechtsanwaltsordnung. Zur Rechtsanwaltschaft kann nur [X.] werden, wer die [X.]efähigung zum Richteramt nach dem [X.] Rich-
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5
6
7
-

6

-

tergesetz erlangt hat oder die Eingliederungsvoraussetzungen nach dem [X.] über die Tätigkeit [X.] Rechtsanwälte in [X.] vom 9.
März 2000 ([X.]
I S.
182) erfüllt oder die Eignungsprüfung nach diesem [X.] hat (§
4 [X.]). Voraussetzungen für die [X.]assung als Patentanwalt sind ein technisches oder naturwissenschaftliches Hochschulstudium (§
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]), ein Jahr praktische technische Tätigkeit

6 Abs.
1 Satz
2 [X.])
sowie eine mindestens 34
Monate dauernde
Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes

7 [X.])
mit Absolvierung einer [X.] juristischen Prüfung

8 [X.]).
Personen, welche nur die Vorausset-zungen einer [X.]assung zur Patentanwaltschaft erfüllen, können
folgerichtig
nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden.

b) Gemäß §
59f Abs.
2, §
59e
Abs.
1, §
59a Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 [X.] können Patentanwälte Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Die Rechtsanwaltsgesellschaft muss jedoch von Rechtsanwälten verantwortlich geführt werden. Die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Rechtsanwälte sein

59f Abs.
1 [X.]).
Von den drei Geschäftsführern der Klägerin ist nur einer Rechtsanwalt. Die anderen beiden -
ebenfalls einzelvertretungsberechtigten
-
Geschäftsführer der Klägerin sind Patentanwälte, die nicht zur [X.] zugelassen sind und, wie gezeigt, nicht als Rechtsanwälte im Sinne der [X.]undesrechtsanwaltsordnung angesehen werden können.
Eine Rechtsanwalts-gesellschaft wird dann von Rechtsanwälten verantwortlich geführt, wenn si-chergestellt ist, dass die maßgeblichen Geschäftsführungsentscheidungen von Rechtsanwälten verantwortet werden.
Das ist etwa dann der Fall, wenn alle ge-schäftsführenden Rechtsanwälte zur Einzelvertretung befugt sind und die [X.], die nicht Rechtsanwälte sind, die [X.] nur gemeinsam mit Rechtsanwälten vertreten können ([X.]T-Drucks. 13/9820, S.
15).
Nichtanwalt-lichen Geschäftsführern kann danach allenfalls
Gesamtvertretungsmacht zu-8
-

7

-

sammen mit anwaltlichen Geschäftsführern eingeräumt werden, die ein alleini-ges Handeln des [X.] Geschäftsführern verhindern können, nicht jedoch Einzelvertretungsmacht ([X.]/Göcken, An-waltliches [X.]erufsrecht (2010), §
59f [X.] Rn.
6, 7).

2. Die Klägerin zieht nicht in Zweifel,
dass sie den Erfordernissen des §
59e und
des §
59f [X.] nicht entspricht.
Ihr [X.]assungsantrag beruht auf der Annahme, dass die genannten [X.]estimmungen der [X.]undesrechtsanwaltsord-nung
wegen mehrfacher [X.] verfassungswidrig und nichtig
sind.
Der Senat teilt diese Ansicht nicht und sieht daher von einer Vorlage an das [X.] ab (Art.
100 Abs.
1 Satz
1 [X.]).

a) Die Vorschriften
sind formell und inhaltlich mit
Art.
12 Abs.
1 [X.]
ver-einbar.
Es handelt sich um [X.], die dem Rechtssatz-vorbehalt des Art.
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] genügen und durch vernünftige Erwä-gungen des Gemeinwohls gedeckt sind.

aa) Art.
12 Abs.
1 [X.] gewährleistet dem Einzelnen das Recht, jede Tä-tigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als "[X.]eruf"
zu ergreifen, das heißt zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen ([X.] 7, 377, 397; 16, 6, 16; 50, 290, 362).
Die Regelungen des §
59e Abs.
2 [X.] und des §
59f Abs.
1 [X.] beschränken nicht den Zugang zum [X.]eruf des Rechtsanwalts. Sie schreiben lediglich vor, unter welchen Voraussetzungen dieser [X.]eruf in einer bestimmten Organisationsform -
derjenigen der [X.] mit beschränkter Haftung
-
ausgeübt werden kann. Das Recht zur gemeinschaftlichen [X.]erufs-ausübung fällt ebenfalls in den Schutzbereich des Art.
12 Abs.
1 [X.], betrifft jedoch nicht die [X.], sondern die [X.]erufsausübungsfreiheit (vgl.
[X.] 80, 269, 278; 98, 49, 62).
Die Klägerin, die sich im Grundsatz eben-9
10
11
-

8

-

falls auf Art.
12 Abs.
1 [X.] berufen kann (Art.
19 Abs.
3
[X.]; vgl. [X.] 3, 383, 391; 111, 366, 372; 114, 196, 244; 115, 205, 229; 118, 168, 202),
hat
in-soweit keine weitergehenden Rechte als ihre [X.]er.

bb) Die Vorschriften des §
59e Abs.
2 [X.] und des §
59f Abs.
1 [X.]

genügen den formalen Anforderungen an den Gesetzesvorbehalt des Art.
12 Abs.
1 Satz
2 [X.].

cc)
Gesetzliche Eingriffe in die Freiheit der [X.]erufsausübung sind dann mit Art.
12 Abs.
1
[X.] vereinbar, wenn sie durch vernünftige
Gründe des Ge-meinwohls gerechtfertigt sind
und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzen ([X.] 54, 237, 249; 60, 215, 229
f.;
80, 269, 278;
114, 196, 244
f.). Eingriffe in die [X.]erufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern. Eine sowohl den [X.] wie die öffentlichen [X.]elange berücksichtigende Lösung kann nur in Abwägung der [X.]edeutung der einander gegenüberstehen-den und möglicherweise einander widerstreitenden Interessen gefunden wer-den ([X.] 106, 216, 219 m.w.[X.]).

(1) Die Vorschrift des
§
59e Abs.
2 [X.] bewirkt, dass die anwaltlichen [X.]erufsträger innerhalb der [X.] nicht von Angehörigen anderer sozie-tätsfähiger [X.]erufe (vgl. §
59e Abs.
1 Satz
1, §
59a Abs.
1 Satz
1 und Abs.
2 [X.]) majorisiert werden. Er sichert dadurch die Unabhängigkeit der anwaltli-chen [X.]erufsausübung in der GmbH gegen eine berufsfremde Einflussnahme durch [X.]er, die nicht [X.]erufsträger sind
([X.] in Gaier/
Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht (2010), §
59e [X.] Rn.
2). Die Vor-schrift des §
59f
Abs.
1 dient ebenfalls
der Ausschaltung berufsfremder Einflüs-se ([X.], aaO §
59f Rn.
1, 3). Die Unabhängigkeit des Rechtsan-12

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-

9

-

walts (vgl. §
3 Abs.
1 [X.]), die unabdingbarer Teil einer
funktionsfähigen Rechtspflege ist, stellt ein hochrangiges Gemeinschaftsgut dar, das
Eingriffe in die [X.]erufsausübungsfreiheit des Art.
12 Abs.
1 [X.] rechtfertigt; das stellt die Klägerin nicht in Abrede.

(2)
Nach Ansicht der Klägerin sind die [X.] der
§§
59e, 59f [X.] nicht dazu geeignet, die Unabhängigkeit der Anwaltschaft sicherzustellen. Man könne nicht von vornherein annehmen, dass die Gruppe der Rechtsanwälte oder die Gruppe der [X.] [X.]er stets [X.] abstimme. Außerdem könne die Satzung eine qualifizierte Mehrheit für [X.]erbeschlüsse vorsehen, die einen entscheidenden Einfluss der Gruppe der Rechtsanwälte hindere.

[X.]eide Argumente treffen so nicht zu. Nach der [X.]egründung des [X.] ([X.]T-Drucks. 13/9820, S.
14) soll §
59e Abs.
2 [X.] (§
59a Abs.
3 a.F.) den maßgeblichen Einfluss von Rechtsanwälten auf die Geschicke der Rechtsanwaltsgesellschaft sichern. §
59f Abs.
1 Satz
1 [X.] dient dem-selben Zweck. Aus dem Aufgabenbereich der [X.] folgt die Notwendigkeit, dass in einer solchen [X.] die ausschlaggebende Ent-scheidungsgewalt Rechtsanwälten zustehen muss ([X.]T-Drucks. 13/9820, S.
15).
[X.]eide Vorschriften gehen selbstverständlich davon aus, dass diejenigen [X.]er und Geschäftsführer, die [X.]erufsträger sind, sich an die Vorschriften des anwaltlichen [X.]erufsrechts
halten. [X.] Verhalten der [X.]erufsträger unterstellt, verhindern die [X.] der genannten [X.]estimmungen [X.]eschlüsse und Handlungen der Rechtsanwaltsgesellschaft, die im [X.] zu berufsrechtlichen [X.]estimmungen stehen. Das gilt auch dann, wenn die Satzung der Rechtsanwaltsgesellschaft eine einfache Mehrheit nicht genü-gen lässt, sondern eine qualifizierte Mehrheit erfordert. Die einfache Mehrheit 15
16
-

10

-

der [X.]erufsträger kann dann
zwar
[X.]eschlüsse nicht
erzwingen, aber immer noch rechtswidrige [X.]eschlüsse verhindern.

(3) Die Klägerin
hält
die genannten Vorschriften
nicht für erforderlich, um das Ziel der Sicherung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte zu erreichen. Sie verweist
darauf, dass [X.]erbeschlüsse und andere Weisungen, die gegen zwingendes Recht verstoßen, unverbindlich seien; der Geschäftsführer dürfe sie nicht umsetzen.
Im konkreten Fall sei ein sachfremder, rein profitorien-tierter Einfluss Dritter zudem deshalb nicht zu befürchten, weil Patentanwälte (ebenso wie Angehörige anderer sozietätsfähiger [X.]erufe) ebenfalls einem ver-gleichbaren Standesethos und [X.]erufsrecht unterlägen. Schließlich schreibe §
59l Satz
1 und 2 [X.] ausdrücklich vor, dass die Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Vertretung vor Gerichten und [X.]ehörden nur durch Organe und Vertreter handeln können, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzungen erfüllt seien. Nach §
59f Abs.
4 [X.] sei die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die [X.] oder gemäß §
59l Satz
3 [X.] bevollmächtigt seien, bei der Ausübung ihres [X.] zu gewährleisten. Einflussnahmen der [X.], namentlich durch Weisungen
oder vertragliche [X.]indungen, seien unzuläs-sig.

Der Ausgangspunkt der
Überlegungen der Klägerin trifft zu. [X.]eschlüsse der [X.]erversammlung, die gegen geltendes Recht verstoßen, sind für den Geschäftsführer nicht verbindlich; die Vorschriften
des §
59f Abs.
4 [X.] sichern die Unabhängigkeit des einzelnen Rechtsanwalts bei der Ausübung seines [X.]erufs zusätzlich ab. Der Schluss, dass die [X.] der §§
59e, 59f [X.] deshalb überflüssig seien, ist jedoch weder
zwingend
noch naheliegend.
Die Klägerin ist diejenige, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen 17
18
-

11

-

werden will (vgl. §
59c [X.]). Sie selbst, nicht nur ihr jeweiliger Handlungsträ-ger hat das anwaltliche [X.]erufsrecht zu beachten. Aus diesem Grund
setzt die Vorschrift des
59e Abs.
2 [X.]
bei der Willensbildung der Rechtsanwaltsge-sellschaft an, diejenige
des §
59f Abs.
1 [X.]
bei deren Organ.
Nur so wird außerdem sichergestellt, dass die [X.] durch ihre Organe auch den fachlichen Anforderungen genügt, die §
4 [X.] generell für die
[X.]assung zur Rechtsanwaltschaft verlangt ([X.], [X.]eschluss vom 8.
Dezember 2007 -
AnwZ ([X.]) 91/06, [X.], 2333 Rn.
13).

(4) Die Klägerin meint schließlich, dass die [X.] der §§
59e, 59f [X.] nicht angemessen seien. Dabei geht die Klägerin aber zu Unrecht davon aus, dass die genannten Vorschriften die [X.]erufswahlfreiheit der betroffenen [X.]en einschränkten und aus der Sicht der [X.]er [X.] darstellten, die sich als subjektive [X.]assungs-schranke auswirkten und nur zur Wahrung wichtiger Gemeinwohlbelange zu-lässig seien, die gegenüber der Freiheit des einzelnen vorrangig seien.
[X.]eides ist, wie eingangs gezeigt, nicht der Fall. Es handelt sich um [X.]erufsausübungs-regeln, die durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, nämlich der Sicherung der Unabhängigkeit der in der Rechtsform einer Gesell-schaft mit beschränkter Haftung tätigen Anwaltschaft dienen und weder die [X.]er noch die [X.] unzumutbar belasten.

b) Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art.
2 Abs.
1 [X.]), dessen Verletzung die Klägerin beanstandet, tritt als Prüfungsmaßstab hinter Art.
12 Abs.
1 [X.] zurück (vgl. [X.] 54, 137, 251). Das Grundrecht der Ver-einigungsfreiheit (Art.
9 Abs.
1 [X.]) ist ebenfalls nicht einschlägig. Dieses Grundrecht kann einem gemeinsam verfolgten Zweck keinen weitergehenden Schutz vermitteln als einem individuell verfolgten; es kann hier deshalb nicht 19
20
-

12

-

weiterreichen als Art.
12 Abs.
1 [X.] (vgl. [X.] 54, 137, 251; krit. [X.], [X.] 1996, 1197, 1200
ff.; [X.], NJW 2004, 2340, 2341).

c) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 [X.] ist gewahrt.

aa) Nach Ansicht der Klägerin
(ebenso etwa [X.], [X.], 1065, 1068; [X.], NJW 2004, 2340, 2341)
verstoßen die Vorschriften des §
59e Abs.
2 [X.] und des §
59f Abs.
1 [X.] gegen Art.
3 Abs.
1 [X.], weil es für Personengesellschaften keine entsprechenden Vorschriften gibt. Richtig ist, dass Rechtsanwälte sich mit Mitgliedern der Patentanwaltskammer, mit Steuer-beratern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten [X.]uchprü-fern zur gemeinschaftlichen [X.]erufsausübung im Rahmen der eigenen [X.]efugnis-se verbinden dürfen (§
59a Abs.
1 Satz
1 [X.]). [X.]esondere Vorschriften über die Struktur, die Geschäftsführung oder die Vertretung einer gemischten Sozie-tät oder einer entsprechenden Partnerschaft gibt es nicht. §
30 [X.] besagt nur, dass
das anwaltliche [X.]erufsrecht auch in einer gemischten Sozietät zu be-achten ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin gibt es jedoch einen sachlichen Grund, welcher die unterschiedliche [X.]ehandlung der [X.] mit be-schränkter Haftung gegenüber der Sozietät
und der Partnerschaftsgesellschaft rechtfertigt. Die Rechtsanwaltsgesellschaft
wird
selbst zur Rechtsanwaltschaft zugelassen (§
59c Abs.
1 [X.]). Die Sozietät und die Partnerschaftsgesell-schaft sind dagegen trotz ihrer Rechtsfähigkeit
(vgl. [X.], Urteil vom 29.
Januar 2001 -
II
ZR 331/00, [X.]Z 146, 341 sowie §
7 Abs.
2 Part[X.] i.V.m. §
124 HG[X.])
nicht Träger der [X.]erufszulassung. Sie stützen sich in ihrer Tätigkeit auf die [X.]erufszulassung ihrer [X.]er und haben sich in deren Grenzen zu bewegen ([X.], Urteil vom 9.
Dezember 2010 -
IX ZR 44/10, [X.], 129 21
22
23
-

13

-

Rn.
9). Überdies haften bei der als GmbH organisierten Rechtsanwaltsgesell-schaft die [X.]er für schlechte Vertragserfüllung anwaltlicher Dienstleis-tungen der [X.] nicht. Die [X.]eachtung der anwaltlichen Sorgfaltspflich-ten wird
gegen denkbare berufsfremde Einflüsse innerhalb der Rechtsanwalts-gesellschaft durch Sicherung der
anwaltlichen
Leitungsmacht erreicht. Die [X.] Tätigkeit innerhalb der gemischten Rechtsberatersozietät, die allge-meine Rechtsdienstleistungen erbringt, bedarf einer ähnlichen Abschirmung nicht in gleichem Maße. Der Grundsatz der persönlichen Haftung der einzelnen [X.]er (§
51a Abs.
1 [X.], §
8 Abs.
1 Part[X.])
begünstigt
eine interne Organisation und Leitung, welche dem Gebot des §
30 [X.] entspricht und die Erfüllung der [X.] gegenüber [X.] Einflüssen stärkt ([X.], Urteil vom 9.
Dezember 2010, aaO Rn.
10; vgl. auch [X.]VerfG,
VersR
2001, 1272
f.).

bb) Einen weiteren Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 [X.] sieht die Klägerin darin, dass sich doppelt qualifizierte Rechtsanwälte -
Rechtsanwälte also, die zugleich Patentanwälte sind
-
leichter zu einer Rechtsanwalts-
und Patentan-walts-GmbH zusammenschließen können als Rechtsanwälte, die nicht über diese weitere Qualifikation verfügen.
Auch hier gibt es jedoch einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung. Der doppelt qualifizierte Rechtsanwalt ist -
anders als der Patentanwalt
-
Rechtsanwalt im Sinne der [X.]undesrechtsan-waltsordnung
und deshalb persönlich an das anwaltliche [X.]erufsrecht gebunden.
Soweit er sich mit einem (Nur-) Rechtsanwalt zu einer Rechtsanwaltsgesell-schaft zusammenschließt, besteht daher kein Anlass, ihn im Rahmen der §§
59c
ff.
[X.] als Patentanwalt und nicht als Rechtsanwalt anzusehen. So-weit er sich dagegen mit anderen Patentanwälten zu einer [X.], gelten für ihn dieselben Einschränkungen wie für einen Nur-Rechtsanwalt.
24
-

14

-

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Kessal-Wulf
Roggenbuck
[X.]

[X.]
[X.]raeuer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 25.02.2010 -
[X.] -
25/09 -

25

Meta

AnwZ (BrfG) 1/10

10.10.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2011, Az. AnwZ (BrfG) 1/10 (REWIS RS 2011, 2554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2554

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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