Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. 1 StR 210/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3916

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1
StR 210/14
vom
22. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

-
2
-

Der 1.
Strafsenat des [X.] hat am
22.
Juli
2014
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] (Allg.) vom 30.
Januar 2014 wird als unbegründet [X.], da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklag-ten ergeben hat (§
349 Abs.
2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend
zu den Ausführungen des [X.] bemerkt der
Senat:
1.
Rüge einer
Verletzung der Mitteilungs-
und Dokumentationspflichten im Hinblick auf die Bekanntgabe des Inhalts eines in einer Verhandlungspause erfolgten Gesprächs zur Herbeiführung einer Verständigung
a)
Insoweit ist die Rüge schon nicht zulässig erhoben. Es fehlt an der Behaup-tung eines bestimmten Rechtsfehlers. Die Revision trägt vor, was der Vorsitzende mitgeteilt und protokolliert hat und beanstandet, dass eine darüber hinausgehende Mitteilung nicht erfolgt sei (RB S.
11). Sie behauptet hingegen nicht, dass [X.] oder konkludent zu diesem Zeitpunkt etwas besprochen worden ist oder sich er-eignet hat, was nicht Gegenstand der Mitteilung und Protokollierung war (vgl. zu [X.] hinsichtlich des genauen Inhalts solcher Gespräche [X.], Urteil vom 10.
Juli 2013

2
StR
47/13, [X.], 610; zu Erörterungen nach
-
3
-

§§
202a, 212 StPO ebenso [X.], Beschluss vom 6.
März 2014

3
StR
363/13, [X.], 419). Mithin ist ein Informations-
oder Dokumentationsdefizit, das die Transpa-renz der Verständigung, die Möglichkeit einer effektiven Kontrolle durch die Öffent-lichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht oder die Willensfreiheit des Angeklagten gefährden könnte, entgegen der Vortragspflicht aus §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO nicht dargetan.
Solches lässt sich auch dem im Übrigen mitgeteilten [X.] nicht entnehmen. Danach ist mitgeteilt worden, dass das [X.] auf [X.] des Gerichts stattfand, für den Fall welchen prozessualen Verhaltens des Ange-klagten das Gericht welchen Strafrahmen für einschlägig erachtete und wie die Staatsanwaltschaft für den Fall des vom Gericht in Bezug genommenen prozessua-len Verhaltens des Angeklagten reagieren werde. Der Mitteilung entsprechend ist die Protokollierung dessen erfolgt. Zwar lässt sich dem der Standpunkt des an dem [X.] ebenfalls teilnehmenden Verteidigers nicht entnehmen. Dass dieser aber überhaupt eine in dem Sinne relevante Erklärung abgegeben hat und deswegen ein Mitteilungsdefizit bestehen könnte, versteht sich nicht von selbst. Denn mit den [X.],
dessen Zustimmung für das Zustandekommen einer Ver-ständigung ohnehin nicht konstitutiv ist, ist es ohne weiteres zu vereinbaren, die Standpunkte von Gericht und Staatsanwaltschaft entgegenzunehmen und vor Äuße-rung eines eigenen Standpunkts den Inhalt der in Aussicht gestellten Verständigung zunächst mit seinem Mandanten zu erörtern, um diesen zu beraten und über die Zu-stimmung entscheiden zu lassen.
b)
Soweit der [X.] durch den fehlenden Vortrag zur [X.] das Ausbleiben der Information darüber beanstanden wollte, dass der [X.] sich zu dem [X.] nicht verhalten hat, greift die Rüge

ungeachtet der Bedenken gegen ihre Zulässigkeit

ebenfalls nicht durch. [X.] der missverständlichen Formulierung des [X.] handelte es sich bei r-
-
4
-

schlag, was auch durch den weiteren Verfahrensablauf, wie z.B. die erst im An-schluss erfolgte Belehrung nach §
257c Abs.
5 StPO, belegt wird. Zwar ist dem Revi-sionsführer darin Recht zu geben, dass zum mitzuteilenden Inhalt auch solcher Erör-terungen gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern ver-treten worden sind, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung ge-stoßen ist ([X.], Urteil vom 19.
März 2013

2
BvR
2628/10
u.a., Rn.
85, [X.], 1058; vgl. nur [X.], Beschluss vom 9.
April 2014

1
StR
612/13). Hat der [X.] sich aber nicht in diesem Sinne verhalten, also einen Standpunkt vertreten, Zustimmung oder Ablehnung zum Ausdruck gebracht, sei es ausdrücklich oder kon-kludent, ergibt sich in der in Rede stehenden Situation daraus nicht die Verpflichtung, dieses Schweigen mitzuteilen und zu dokumentieren.
c)
Das Urteil beruht auch nicht auf der unterbliebenen Mitteilung des vom [X.] vertretenen Standpunkts. Zwar ist, sofern die Mitteilung sich auf eine unzu-reichende Darstellung beschränkt, grundsätzlich die Verteidigungsposition des [X.] tangiert (vgl. [X.] aaO, Rn. 97;
[X.], Beschlüsse
vom 25.
November 2013

5
StR
502/13, NStZ-RR 2014, 52,
und vom 15.
April 2014

3
StR
89/14, [X.], 418). Vorliegend ist jedoch ausnahmsweise auszuschließen, dass sich der Angeklagte anders eingelassen hätte, wenn ihm durch den Vorsitzenden nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung eine etwaige Reaktion seines Verteidigers, der ohnehin in diesem Zusammenhang keine ihn bindenden Erklärungen abgeben kann, mitgeteilt worden wäre. Denn für den Angeklagten, der sich sowieso stets mit seinem Verteidiger beraten und dessen Rat zu seinem prozessualen Verhalten im Rahmen des §
257c StPO einholen kann (vgl. zum Ausschluss des Beruhens [X.], Beschluss vom 15.
April 2014

3
StR
89/14, [X.], 418), hing hiervon in der konkreten Situation nichts ab; selbst bei

hier freilich weder dargetanen, noch sonst ersichtlichen

Interessengleichlauf von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung (vgl. zu diesem Risiko [X.] aaO,
Rn.
114) zum Nachteil des im Übrigen umfas-send informierten Angeklagten gilt nichts anderes.

-
5
-

2.
Zeitlich nachgelagerte Verstöße gegen Mitteilungs-
und Dokumentations-pflichten
Etwaige Rechtsverletzungen in diesem Zusammenhang macht der [X.]

auch unter Berücksichtigung des in §
300 StPO enthaltenen [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Februar 2008

1
StR
649/07, [X.], 418)

mit seiner Rüge nicht geltend. Der Angriff richtet sich gegen den Umfang der Mittei-lung des Inhalts des Vorgesprächs und des in einer Verhandlungspause geführten Gesprächs. Der [X.] wendet sich unzweifelhaft allein gegen das Unter-lassen einer weitergehenden Mitteilung darüber durch das Gericht. Dies ergibt sich aus den Beanstandungen, dass eine darüber
hinausgehende Mitteilung nicht erfolg-

(RB S.
11) bzw. dass es Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden und ob sie

S.
16) und dem Umstand, dass gegen andere Handlun-gen oder Unterlassungen des Gerichts der Vorwurf der Rechtsverletzung nicht erho-ben wird. Dies ist aber Voraussetzung für einen den Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO genügenden Vortrag (vgl. schon [X.], Urteile
vom 29.
Februar 1952

2
StR
112/50, [X.]St 2, 168; vom 3.
September 2013

5
StR
318/13, [X.],
-
6
-

671). An die deutlich gemachte Umgrenzung des geltend gemachten Verfahrens-mangels ist der Senat hinsichtlich seines [X.] gebunden (vgl. [X.], [X.] vom 29.
August 2006

1
StR
371/06, [X.], 161; vom 3.
Mai 2011

3
StR
277/10, [X.], 3).
Richter am [X.] Dr. Wahl ist wegen [X.] an der Unterschriftsleistung gehindert.
Rothfuß
Rothfuß
Jäger
Cirener
Radtke

Meta

1 StR 210/14

22.07.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. 1 StR 210/14 (REWIS RS 2014, 3916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3916

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