Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2012, Az. X ZR 113/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4612

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 113/11
Verkündet am:

17. Juli 2012

Anderer

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Palettenbehälter
III

PatG §
14; EPÜ Art. 69
Eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Lösung ist nur dann gleichwirkend, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der [X.] erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll. Ergeben sich aus der Aus-legung des Patentanspruchs Mindestanforderungen an die Quantität oder [X.] einer bestimmten Wirkung, können abgewandelte Mittel, die diesen [X.] nicht gerecht werden, auch dann nicht unter dem Gesichtspunkt einer verschlechterten Ausführungsform als gleichwirkend angesehen werden, wenn -
2
-
alle übrigen Wirkungen der patentgemäßen Lösung im Wesentlichen erreicht werden.
[X.], Urteil vom 17.
Juli 2012 -
X
ZR
113/11 -

LG [X.] I

OLG [X.]

-
3
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 17.
Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richterin [X.] und [X.], Dr.
[X.] und Dr.
Bacher
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 28.
Juli 2011 verkündete Urteil des 6.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] wird auf Kosten der Klägerin verworfen, soweit es um Ansprüche gegen die Beklagte zu
2 im [X.]raum vor dem 19.
September 2008 geht, und im Übrigen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
-
4
-
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt als Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts an dem mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patent 370
307 (Klagepatent) die Beklagten wegen Patentverletzung in [X.]. Das Klagepatent, das am 8.
November 1989 angemeldet wurde und mit Ablauf des 8.
November 2009 durch [X.]ablauf erloschen ist, betrifft einen Palettenbehälter. Patentanspruch
1 lautet in der Verfahrenssprache:
"Palettenbehälter, mit einer Flachpalette, einem austauschbaren lnnenbehälter aus Kunststoff mit einer oberen Einfüllöffnung und einer unteren Entleerungseinrich-tung sowie einem den lnnenbehälter umgebenden Außenmantel aus einem Gitter-werk mit senkrechten und waagerechten [X.] aus Metall, dadurch gekenn-zeichnet, dass der Außenmantel (3) durch als Rohre ausgebildete [X.] (4, 5) gebildet wird, die eng an der Außenwand (14) des [X.] (2) anliegen, dass an den [X.] (15) die senkrechten und waagerechten [X.] (4, 5) zur Bildung muldenartiger, in Längsrichtung der [X.], doppelwandiger Vertiefungen (16) eingezogen sind, derart, dass die beiden gekrümmten [X.] (18, 19) der Wandung (17) der Vertiefungen (16) jedes [X.] (4, 5) zwischen einer Tangentialebene (20-20) und einer zu die-ser parallelen [X.] (21-21) des [X.] (4, 5) verlaufen und an je-der [X.] (15) zwischen den [X.]n (18, 19) der Vertiefungen (16) zweier rechtwinklig übereinander
liegender [X.] (4, 5) vier in [X.] (21-21) gelegene [X.] (22) mit jeweils einer der vierfachen Gitterstabwandstärke (23) entsprechenden Materialanhäufung entstehen, und dass die [X.] (4, 5) durch eine Widerstandspressschweißung der vier [X.] (22) an jeder [X.] (15) derart miteinander verbunden sind, dass die Stäbe (4, 5) innen und außen gemeinsame [X.] (20-20, 25-25) aufweisen."
Die Klägerin produziert und vertreibt unter der Bezeichnung "E.

" Pa-lettenbehälter, die nach ihrer Auffassung diese Merkmale aufweisen. Die Be-1
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5
-
klagte zu
1 und dem Klagevorbringen zufolge auch die Beklagte zu
2 bieten wiederaufgearbeitete Behälter dieser Art an. Im Rahmen der Wiederaufarbei-tung wird bei Behältern, die ursprünglich von der Klägerin in Verkehr gebracht worden sind, der Innenbehälter entfernt und durch einen gleichartigen Innen-behälter aus der Produktion der Beklagten ersetzt. Die Klägerin sieht in der be-schriebenen Wiederaufarbeitung von Behältern, im Anbieten einer solchen Wiederaufarbeitung und im Anbieten von in dieser Weise wiederaufgearbeiteten Behältern eine Verletzung des Klagepatents.
Das [X.] hat die ursprünglich auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Rechnungslegung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie im Hinblick auf das Erlöschen des [X.] wegen [X.]ablaufs nur noch die Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung weiterverfolgt und den Rechtsstreit im Übrigen in der [X.] für erledigt erklärt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision, der die Beklag-ten entgegentreten.
3
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6
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
I.
Das Klagepatent betrifft einen Palettenbehälter, der im Wesentlichen aus einer Flachpalette, einem darauf angebrachten austauschbaren Innen-behälter aus Kunststoff und einem diesen umgebenden Gitter aus senkrechten und waagerechten Metallstäben besteht. Behälter dieser Art, die zur Lagerung und zum Transport von Flüssigkeiten eingesetzt werden, waren im Stand der Technik bekannt. Das Klagepatent betrifft das technische Problem, die Stabilität solcher
Behälter zu erhöhen und die Möglichkeit einer automatisierten Ferti-gung weiter zu verbessern.
Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch
1 einen Paletten-behälter vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (die abweichende Gliederung des Berufungsgerichts ist in eckigen Klammern wiedergegeben):
1.
Der Palettenbehälter besteht aus
a)
einer [X.],
b)
einem austauschbaren lnnenbehälter aus Kunststoff mit
(1)
einer oberen Einfüllöffnung und
(2)
einer unteren Entleerungseinrichtung sowie
c)
einem Außenmantel,
(1)
der den Innenbehälter umgibt und
(2)
aus einem Gitterwerk mit senkrechten und waage-rechten [X.] aus Metall besteht.
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-
2.
Die den Außenmantel bildenden [X.]
a)
sind als Rohre ausgebildet [1],
b)
liegen eng an der Außenwand des [X.] an [2],
c)
sind an den [X.] zur Bildung muldenartiger, in Längsrichtung der [X.] verlaufender, doppel-wandiger Vertiefungen eingezogen
[3],
und zwar derge-stalt, dass
(1)
die beiden gekrümmten [X.] der Wandung der Vertiefungen jedes [X.] zwischen einer Tangentialebene und einer zu dieser parallelen Se-kantenebene des [X.]
verlaufen [4] und
(2)
an jeder [X.] zwischen den Längsrän-dern der Vertiefungen zweier rechtwinklig
übereinan-der liegender [X.] vier in [X.] gelege-ne [X.]
mit jeweils einer der
vierfachen Gitterstabwandstärke entsprechenden Materialan-häufung
entstehen [5],
d)
sind durch eine Widerstandspressschweißung der vier Be-rührungsstellen an
jeder [X.] derart miteinan-der verbunden, dass die Stäbe innen und außen gemein-same [X.] aufweisen
[6].
Als Vorteile der erfindungsgemäßen Ausgestaltung werden in der [X.]chrift eine Gewichtreduktion wegen der Verwendung von Rohren anstel-le von Vollstäben und eine wesentlich höhere Stabilität genannt. Die besondere Ausgestaltung der Kreuzverbindungen entsprechend Merkmalsgruppe
2
c er-mögliche eine optimale Schweißverbindung durch eine Widerstandspress-schweißung im Rahmen einer automatisierten Massenfertigung. Die Kreuzver-bindungen wiesen zudem ein großes Widerstandsmoment gegen äußere Kraft-einwirkungen sowie die durch das Füllgut bewirkten inneren Kräfte aus (Sp.
1 7
-
8
-
Z.
31-50).
Die Anordnung der [X.] in der Weise, dass diese durch-gehende äußere
und innere Begrenzungsebenen bildeten, habe zur Folge, dass ein "Klettern" benachbarter Palettenbehälter aufgrund einer Verwindung der Ladefläche beim Transport der
Behälter ausgeschlossen
sei (Sp.
3 Z.
1
bis 8).
II.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Aktivlegitimation der Klägerin sei durch die vorgelegten Lizenzverträge hinreichend belegt. Die Beklagte zu
2 sei allerdings nur für die [X.] ab 19.
September 2008 passivlegitimiert.
Die Klageansprüche
scheiterten bereits daran, dass bei den von der Klä-gerin in Verkehr gebrachten Behältern
die Merkmale 2
b und 2
d [2 und 6] des Klagepatents weder wortsinngemäß noch mit gleichwertigen Mitteln verwirklicht seien. Die waagerechten Stäbe, deren Außendurchmesser 18
mm betrage, wiesen an der Außenseite des Mantels einen Überstand von 8
mm über der Tangentialebene auf. Damit verliefen sie jedenfalls an den [X.] nicht eng an der Außenwand des [X.] und wiesen keine [X.] mit den senkrechten Stäben auf. Diese Ausgestaltung könne nicht als äquivalente Verwirklichung der genannten Merkmale angese-hen werden. Die beiden Merkmale dienten der Ausbildung einer durchgehen-den äußeren und inneren Begrenzungsebene, wodurch nach den Ausführungen in der
Klagepatentschrift (Sp.
3 Z.
1 bis 7) ein "Klettern" benachbarter Behälter beim Transport ausgeschlossen werden solle. Bei der hier zur Beurteilung ste-henden Ausführungsform fehle es schon an einer Gleichwirkung. Dass ein Auf-klettern nach dem Vorbringen der Klägerin auch dann verhindert werde, wenn der Überstand weniger als die Hälfte des Rohrdurchmessers betrage, weil ein Gitterstab dann zwar auf einem anderen zu liegen kommen könne, aber ab-rutschen müsse, führe nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Mit der erfin-8
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-
9
-
dungsgemäßen Ausgestaltung der [X.] sollten auch Kraft-einwirkungen durch ein vorübergehendes Aufsitzen ausgeschlossen werden. Außerdem könne es zu einem Abrutschen aufeinanderliegender Stäbe auch dann kommen, wenn der Überstand mehr als die Hälfte des Rohrdurchmessers betrage.
Unabhängig davon führe der Austausch eines [X.] bei einem mit Zustimmung der Klägerin in Verkehr gebrachten Palettenbehälter auch [X.] nicht zu einer Verletzung des Klagepatents, weil er nicht als erneute Her-stellung eines erfindungsgemäßen Erzeugnisses, sondern als Reparatur anzu-sehen
sei.
III.
Die Revision ist unzulässig, soweit die Klägerin gegen die Beklagte zu
2 Ansprüche hinsichtlich des [X.]raums vor dem 19.
September 2008 gel-tend macht.
Wenn die Abweisung einer Klage auf zwei voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt wurde, ist eine Revision nur dann zulässig, wenn in der Revisionsbegründung für jede dieser Erwägun-gen dargelegt wird, warum sie unrichtig sein soll (vgl. nur [X.], Urteil vom 20.
Mai 2011 -
V
ZR
250/10, [X.], 543 Rn.
6 mwN).
Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich des gegen die Beklagte zu
2 gerichteten Begehrens nach Schadensersatz und Rechnungslegung auch auf die Erwägung gestützt, es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte zu
2 vor ihrer Gründung am 19.
September 2008 eine Verletzungshandlung begangen habe. In der Revisionsbegründung wird diese Erwägung nicht angegriffen. Das Rechtsmittel ist mithin unzulässig, so-weit es um Ansprüche für den [X.]raum vor dem genannten Datum geht.
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-
10
-
IV.
Soweit die Revision zulässig ist, hält das angefochtene Urteil der revisionsrechtlichen
Überprüfung stand.
1.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine Verwirklichung der Merkmale von Patentanspruch
1 mit äquivalenten Mitteln bei den angegriffenen Ausführungsformen
verneint.
a)
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Sinngehalt des gesamten Patentanspruchs auseinandergesetzt. Vielmehr habe es sich mit einer isolierten Auslegung der Merkmale 2
b und 2
d begnügt, und zwar auch dort, wo es sich scheinbar mit dem gesamten Anspruch befasst ha-be.
Diese Rüge ist unbegründet.
Wie auch die Revision im Ansatz nicht verkennt, hat sich das Berufungs-gericht mit dem Sinngehalt von Patentanspruch
1 in seiner Gesamtheit befasst und auf dieser Grundlage geprüft, welche spezifischen Wirkungen den nicht wortsinngemäß verwirklichten Merkmalen nach dem Klagepatent zukommen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden. Dies genügt den vom Senat entwickelten methodischen Anforderungen.
b)
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine we-sentliche Wirkung der patentgemäßen Ausgestaltung darin gesehen, dass ein "Klettern" benachbarter Behälter verhindert werde. Diese Wirkung sei weder in die Aufgabenstellung aufgenommen noch in der Vorteilsbeschreibung erwähnt. Sie sei deshalb als untergeordneter Nebeneffekt der geschützten Lehre anzu-sehen.
Damit zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
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-
11
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ergibt sich das einer Erfindung zugrunde liegende technische Problem aus dem, was die
Erfindung tatsächlich leistet. In der Beschreibung enthaltene Angaben zur [X.] können einen Hinweis auf das richtige Verständnis enthalten, entheben aber nicht davon, den Patentanspruch anhand der dafür maßgeb-lichen Kriterien auszulegen und aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen ([X.], Urteil vom 4.
Februar 2010 -
Xa
ZR
36/08, [X.], 602 Rn.
27 -
Gelenkanordnung; Urteil vom 1.
März 2011 -
X
ZR
72/08, [X.], 607 Rn.
12 -
Kosmetisches Sonnenschutzmittel III, jeweils mwN).
Die Auslegung des Patentanspruchs durch das Berufungsgericht wird die-sen rechtlichen Anforderungen gerecht. Das Berufungsgericht hat
zu Recht nicht allein die in der Beschreibung des Klagepatents enthaltenen Angaben zur Aufgabenstellung berücksichtigt, sondern auch die weiteren Wirkungen der im Klagepatent vorgesehenen Merkmale -
die, wie auch die Revision im Ansatz nicht verkennt, an anderer Stelle der Beschreibung (Sp.
3 Z.
1 bis 8) ausdrück-lich benannt werden -
in die Betrachtung einbezogen. Seine hieraus abgeleitete Schlussfolgerung, mit den in Merkmal 2
d vorgesehenen gemeinsamen [X.] der rechtwinklig zueinander verlaufenden [X.] solle ein "Klettern" benachbarter Behälter während des Transports verhindert werden, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c)
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe sich auf einen einzel-nen Vorteil der geschützten Lehre konzentriert und hierbei außer [X.], dass eine Gesamtbetrachtung erforderlich sei und dass eine einzelne -
vorhandene, aber verschlechterte -
Wirkung großzügiger behandelt werden könne, wenn die übrigen angestrebten Wirkungen voll erreicht würden.
Diese Rüge ist ebenfalls unbegründet.
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-
(1)
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Lösung nur dann gleichwirkend, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt,
die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll ([X.], Urteil vom 14.
Dezember 2010 -
X
ZR
193/03, [X.], 313 Rn.
41 -
Crimpwerk-zeug
IV).
Der Gesichtspunkt einer "verschlechterten" Ausführung
kann insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen. Wird eine nach dem Patent-anspruch
erforderliche Wirkung durch abgewandelte Mittel nur in ein-geschränktem Umfang erzielt, ist allerdings zu prüfen, ob auch diese reduzierte Wirkung noch als patentgemäß zu qualifizieren
ist. Wenn dies
der Fall ist, [X.] die abgewandelten Mittel, die zur Erzielung dieser Wirkung eingesetzt wer-den, als gleichwirkend anzusehen sein. Ergeben sich aus der Auslegung des Patentanspruchs hingegen gewisse Mindestanforderungen an die Quantität oder Qualität einer bestimmten Wirkung, können abgewandelte Mittel, die die-sen Anforderungen nicht gerecht werden, auch dann nicht im Rahmen einer "großzügigen" Bewertung als gleichwirkend angesehen werden, wenn alle übri-gen Wirkungen der patentgemäßen Lösung im Wesentlichen erreicht werden.
(2)
Das Berufungsgericht hat die nach der Lehre des Klagepatents [X.] Wirkung der in Merkmal 2
d vorgesehenen gemeinsamen Tangential-ebenen nicht nur darin gesehen, dass horizontal
verlaufende [X.] von benachbarten Boxen,
die während des Transports vertikal gegeneinander ver-schoben und horizontal aufeinander zu bewegt werden, wieder aneinander ab-rutschen, so dass es deshalb nicht zu einem dauerhaften Aufsitzen kommen kann. Es hat vielmehr eine weitere Wirkung darin gesehen, dass auch diejeni-gen Krafteinwirkungen auf die horizontal
verlaufenden [X.], die bei einem
vorübergehenden Aufgleiten
und Abrutschen entstehen, vermieden wer-den sollen.
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-
Diese Auslegung des Klagepatents hält der rechtlichen Überprüfung stand.
(a)
Nach den -
insoweit von der Revision nicht angegriffenen -
Feststel-lungen des Berufungsgerichts treten auch bei einem Abrutschen zweier be-nachbarter horizontal verlaufender [X.] Stoß-
und Schlagbeanspruchun-gen auf, die insbesondere zu einer Belastung der Schweißverbindungen an den [X.] führen, die die Schwachpunkte der [X.] bilden. Solche Beanspruchungen werden weitgehend vermieden, wenn die zueinander senkrecht verlaufenden [X.] die in Merkmal 2
d vorgesehene [X.] aufweisen und deshalb eine teilweise Überlagerung mit anschließendem Abrutschen nicht auftreten kann. Daraus hat das Berufungs-gericht zu Recht die Schlussfolgerung gezogen, dass auch dieser Effekt zu den Wirkungen gehört, die die
patentgemäßen Merkmale zur Lösung des dem Klagepatent
zugrundeliegenden Problems bereitstellen. Eine Ausgestaltung des Außenmantels, bei der Merkmal 2
d nicht wortsinngemäß verwirklicht ist, kann mithin nur dann als gleichwirkend angesehen werden, wenn sie auch diese Wirkung zeitigt.
Letzteres hat das Berufungsgericht für die im Streitfall zu beurteilende
Ausführungsform rechtsfehlerfrei verneint.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Ausgestaltung als gleichwirkend angesehen werden könnte, wenn die in einer Richtung verlaufenden [X.] nur geringfügig aus der [X.] dazu verlaufenden [X.] herausragen und vertikale Stoß-
oder Schlagbeanspruchungen deshalb allenfalls in unwesentlichem
Um-fang auftreten können. Weder
den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem Vorbringen der Revision kann entnommen werden, dass der im Streitfall festgestellte Überstand, der 44
% des Rohrdurchmessers entspricht, in dieser Hinsicht als geringfügig angesehen werden könnte.
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-
14
-
Die Revision macht unter Berufung auf entsprechenden Vortrag der Klä-gerin in den Vorinstanzen geltend, die Gefahr eines Kletterns sei zu vernach-lässigen, sofern der Überstand weniger als 50
% des Rohraußendurchmessers betrage. Weder daraus noch aus sonstigem für die Revisionsinstanz relevanten Parteivorbringen ergibt sich indes, dass es unterhalb der genannten [X.] von 50
% auch nicht zu nennenswerten Stoß-
oder Schlagbeanspruchungen kommen kann.
(b)
Ob eine Patentverletzung mit gleichwirkenden Mitteln
auch deshalb zu verneinen ist, weil es auch bei einem Überstand von mehr als 50
% zu ei-nem Abrutschen kommen kann, bedarf angesichts dessen keiner Entscheidung.
Die auf diese Überlegungen gestützten Erwägungen des Berufungsge-richts enthalten eine Hilfsbegründung. Die vom Berufungsgericht in erster Linie angestellten Erwägungen zum Auftreten vertikaler Stoß-
oder Schlagbeanspru-chungen sind von dieser Hilfsbegründung nicht abhängig und vermögen das angefochtene Urteil selbständig zu tragen.
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-
15
-
2.
Ebenfalls offenbleiben kann die Frage, ob die Beklagten befugt
sind, an patentgemäßen Behältern, die mit Zustimmung der Patentinhaberin in [X.] gebracht worden sind, den Innenbehälter auszutauschen
(vgl. hierzu das in einem Parallelfall ergangene und zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil vom 17.
Juli 2011 -
X
ZR
97/11

Palettenbehälter
II).
Die vom Berufungsgericht bestätigte Klageabweisung hat schon deshalb Bestand, weil die angegriffenen Behälter nicht von allen Merkmalen von Patentanspruch
1 des Klagepatents Gebrauch machen.
Meier-Beck
[X.]
[X.]

Richter am Bundesgerichtshof

Dr. [X.] kann wegen Urlaubs

nicht unterschreiben.

Meier-Beck
Bacher
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 20.05.2010 -
7 O 19419/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.07.2011 -
6 U 3411/10 -

35

Meta

X ZR 113/11

17.07.2012

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2012, Az. X ZR 113/11 (REWIS RS 2012, 4612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4612

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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