Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2013, Az. III ZB 29/13

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 749

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 29/13

vom

27. November
2013

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am 27. November
2013
durch den Vizepräsidenten [X.] sowie [X.] [X.], [X.],
Tombrink
und Dr. Remmert

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des [X.]
gegen den Beschluss des 4.
Zivilsenats des [X.] am Main
vom 5.
März
2013
-
4
[X.]/12
-
wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger
zu tragen.

Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt 65

Gründe:

I.

Der
Kläger begehrt von dem beklagten Notar Auskunft, Rechnungsle-gung und Schadensersatz unter dem Vorwurf von Pflichtverletzungen im Zu-sammenhang mit der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags. Das Land-gericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Gegen dieses ihm am 9.
Juli 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt. Die [X.] ist hingegen nicht innerhalb der
Begründungsfrist bei dem Berufungsgericht eingegangen.
1
-
3
-

Nach entsprechendem Hinweis des Berufungsgerichts vom [X.] hat der Kläger mit Eingang vom 2. Oktober 2012 bezüglich der [X.] der Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und seine Berufung begründet.

Der Kläger
hat zu seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, dass die bislang stets zuverlässige, sorgfältig ausgewählte, eingehend belehrte und regelmäßig überwachte Rechtsanwaltsfachangestellte T.

S.

die [X.]sfrist versehentlich nicht in den [X.] eingetragen habe, so dass die Akte dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt nicht rechtzeitig vor Fristablauf vorgelegt worden sei. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger eine
eidesstattlich versicherte Erklärung der Fachangestellten S.

vom [X.] vorgelegt.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, die Versäumung der Rechtsmittelfrist beruhe auf einem dem Kläger
gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zu-zurechnenden eigenen Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten. Der [X.] Rechtsanwalt habe weder die
Anordnung erteilt, in der Handakte einen Erledigungsvermerk über die Notierung der Berufungsbegründungsfrist anzubringen, noch
selbst die Notierung dieser Frist bei Vorlage
der Handakten anlässlich der
Unterzeichnung der Berufungsschrift überprüft.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.].

2
3
4
5
-
4
-

II.

Die nach §
574
Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 in Verbindung mit §
522
Abs.
1 Satz
4, §
238
Abs.
2
ZPO
statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und [X.] Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätz-liche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen
und die [X.] als unzulässig verworfen.

1.
Die Berufungsbegründungsfrist ist nicht schuldlos versäumt worden.

a) Es gehört zu den
Pflichten des Rechtsanwalts,
bei der Unterzeichnung der Berufungsschrift
die Notierung der Berufungsbegründungsfrist auf ihre Rich-tigkeit zu überprüfen,
und zwar unbeschadet der Frage, ob dem Rechtsanwalt die Berufungsschrift zusammen mit der Handakte vorgelegt wird. Überlässt der Rechtsanwalt die Berechnungen und Notierungen von Fristen einer gut ausge-bildeten, als zuverlässig erprobten
und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkon-trolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört ins-besondere, dass die [X.] in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den [X.] eingetragen worden sind. Wird
dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristge-bundenen Prozesshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisung zur Berechnung und Notierung laufender [X.] 6
7
8
-
5
-

einschließlich deren Eintragung in den [X.] eigenverantwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Hand-akte beschränken darf. Diese anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte zur Bearbeitung nicht zugleich mit vorgelegt worden ist, so dass in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veran-lassen ist (st. Rspr.; s. etwa [X.], Beschluss vom 8. Februar 2010 -
II
ZB 10/09, [X.] 2011, 111, 112 Rn 7 mwN; Senat, Beschlüsse vom 22. September 2011
-
III
ZB 25/11, BeckRS 2011, 24117 Rn. 8
und vom 20. Dezember 2012 -
III
ZB 47/12, BeckRS 2013, 02649 Rn. 7).

b) Nach diesen Maßgaben hat der Kläger
ein (ihm gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnendes) Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nicht aus-zuräumen vermocht.

aa) Abzustellen ist insoweit zunächst allein auf diejenigen Angaben, die der Kläger
in seinem
Wiedereinsetzungsantrag vom 2. Oktober 2012
mitgeteilt hat. Denn die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen müssen gemäß §
236
Abs.
2
Satz
1
ZPO
grundsätzlich bereits im Wiedereinsetzungsantrag enthalten sein; jedenfalls sind sie innerhalb der für die Wiedereinsetzung [X.] Frist nach §
234 Abs.
1 ZPO vorzubringen (s. etwa Senatsbeschlüsse
vom 24.
Juni 2010
-
III
ZB 63/09, BeckRS 2010, 16574 Rn.
14 mwN
und vom 20.
Dezember 2012 aaO Rn. 9).
Zulässig ist nur die Ergänzung von fristgerecht gemachten, aber erkennbar unklaren oder unvollständigen Angaben, deren Aufklärung nach §
139
ZPO
geboten war (Senatsbeschlüsse vom 24.
Juni 2010 aaO mwN
und vom 20. Dezember 2012 aaO). Darauf, dass die Umstände, die zur Fristversäumung geführt haben
und zur Entschuldigung der Fristversäu-mung vorgebracht
werden, vollständig vorgetragen werden müssen, braucht eine anwaltlich vertretene [X.] nicht nach § 139 ZPO hingewiesen zu werden 9
10
-
6
-

(vgl. [X.], Beschluss vom 10. Januar 2013 -
I
ZB 76/11, [X.] 2013, 935, 936 Rn.
7
f mwN).

bb) In dem Wiedereinsetzungsantrag des [X.] findet sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt
hat, keine Angabe dazu, dass und in welcher Weise im Zusammenhang mit der
Unterzeichnung der Berufungsschrift eine eigene Überprüfung der
Notierung der Berufungsbegründungsfrist durch den Rechtsanwalt geschehen sei. Bereits dies fällt den Prozessbevollmächtig-ten des [X.]
als eigenes Versäumnis zur Last.

cc) Ob die
in
der Gegenvorstellung des [X.] vom 22. März 2013 ent-haltenen Angaben
einschließlich der beigefügten eidesstattlich versicherten Erklärungen
des sachbearbeitenden Rechtsanwalts und der Fachangestellten S.

vom 22. März 2013
berücksichtigt werden können, obschon sie erst nach Ablauf der [X.] vorgebracht worden sind, kann offen-bleiben. Denn auch darin ist ein fehlendes Verschulden der Prozessbevoll-mächtigten des [X.] nicht
dargetan.

Nach diesem Vortrag
habe der sachbearbeitende Rechtsanwalt bei Ein-gang des erstinstanzlichen Urteils auf einem gelben Klebezettel die Anweisung getroffen:
"Abschrift an Mdt."
und "Fristen f. Rechtsmittel notieren". Die [X.] S.

habe diese Anweisung sodann mit einem Haken versehen, woraus für den Rechtsanwalt zu entnehmen gewesen sei, dass die Fristen
notiert worden seien.

Unter Zugrundelegung dieser Angaben
wäre der Rechtsanwalt seinen Prüfungspflichten indessen nicht gerecht geworden.
Denn weder sind die [X.] in der Handakte notiert (und damit hinsichtlich ihrer Berech-11
12
13
14
-
7
-

nung einer Kontrolle
durch den Rechtsanwalt zugänglich gemacht) worden, noch ergibt sich aus dem etwas unterhalb neben dem Anweisungsteil "Abschrift an Mdt."
angebrachten Haken in gebotener eindeutiger Weise, dass sich der Erledigungsvermerk auch auf die Notierung der [X.] bezieht.
Dem Rechtsanwalt war es mithin nicht möglich, bei Unterzeichnung der Beru-fungsschrift mittels seiner
Handakte zu überprüfen, ob die
Berufungsbegrün-dungsfrist ordnungsgemäß notiert worden ist. Dass er andere Schritte zu einer solchen Überprüfung unternommen hätte, ist nicht dargelegt oder sonst ersicht-lich.

2.
Mangels Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen worden.

[X.]

[X.]
[X.]

Tombrink
Remmert

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.07.2012 -
2-22 O 8/12 -

O[X.], Entscheidung vom 05.03.2013 -
4 [X.]/12 -

15

Meta

III ZB 29/13

27.11.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2013, Az. III ZB 29/13 (REWIS RS 2013, 749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 749

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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