Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2012, Az. III ZB 47/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 92

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BGHR: ja

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 47/12

vom

20. Dezember
2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am 20. Dezember
2012 durch den Vizepräsidenten [X.] sowie [X.] [X.], [X.],
Tombrink
und Dr. Remmert

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des [X.]n gegen den Beschluss des 12.
Zivilsenats des [X.] vom 5. Juni 2012 -
12
U 42/12 -
wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des [X.] hat der [X.] zu tragen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den [X.]n aus einer Gewinnzusage auf Zahlung ch und hat vor dem [X.] ein klage-stattgebendes
Urteil erwirkt. Dieses Urteil ist den Prozessbevollmächtigten des [X.]n
am 23.
März
2012
zugestellt worden. Am 29.
März 2012 hat
der
Be-klagte Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 1.
Juni 2012, eingegangen am 4.
Juni 2012, hat er hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist 1
-
3
-

die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt
und seine Berufung [X.].

Der [X.] hat zu seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, der sachbearbeitende Rechtsanwalt habe bei Eingang des landgerichtlichen Urteils verfügt, dass sofort Berufung gegen die Entscheidung eingelegt und die Beru-fungsbegründungsfrist notiert werde. Diese Verfügung sei beim Diktat und auch durch Markierung des Urteils mit einem roten "F"
erfolgt. Die seit 15 Jahren für die Eintragung und Überwachung der Fristen zuständige Rechtsanwalts-
und Notarfachangestellte O.

, die bislang stets gewissenhaft und ohne Beanstandungen gearbeitet habe, habe es dann aber versäumt, die Berufungs-begründungsfrist zu notieren. Zur
Glaubhaftmachung hat der [X.] eides-stattlich versicherte Erklärungen des Rechtsanwalts und der Fachangestellten O.

vorgelegt.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, die Versäumung der Rechtsmittelfrist beruhe auf einem dem [X.]n gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten. Ausweislich der eidesstattlich versicherten Erklärung der Fachangestellten O.

sei die Akte Anfang Mai 2012 zur Fristenkontrolle wieder vorgelegt, hierbei aber nicht überprüft worden, ob die Begründungsfrist
notiert worden sei. Wenn der Rechtsanwalt es aber -
pflichtwidrig
-
unterlasse, bei Vorlage der Akte die Notie-rung der Berufungsbegründungsfrist zu prüfen, so falle ihm ein eigenes [X.] zur Last. Er dürfe sich nach der Aktenvorlage nicht mehr darauf ver-lassen, dass ihn sein Personal rechtzeitig an den Fristablauf erinnern werde.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.]n.
2
3
4
-
4
-

II.

Die nach §
574
Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 in Verbindung mit §
522
Abs.
1 Satz
4, §
238
Abs.
2
ZPO
statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und [X.] Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätz-liche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern (§
574 Abs.
2 ZPO). Das Berufungsgericht hat zu Recht die [X.] als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen.

1.
Die Berufungsbegründungsfrist ist nicht schuldlos versäumt worden.

a) Es gehört zu den
Pflichten des Rechtsanwalts bei der Unterzeichnung der Berufungsschrift, die Notierung der Berufungsbegründungsfrist auf ihre Richtigkeit zu überprüfen,
und zwar unbeschadet der Frage, ob dem [X.] die Berufungsschrift zusammen mit der Handakte vorgelegt wird. Überlässt der Rechtsanwalt die Berechnungen und Notierungen von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die [X.] in der Handakte notiert wer-den und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den [X.] worden sind. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisung zur Berechnung und Notierung laufender Rechts-5
6
7
-
5
-

mittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenver-antwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf. Diese anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte zur Bearbeitung nicht zugleich mit vorgelegt worden ist, so dass in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkon-trolle zu veranlassen ist (Senat, Beschluss vom 22. September 2011 -
III
ZB 25/11, BeckRS 2011, 24117 Rn. 8 mwN).

b) Nach diesen Maßgaben hat der [X.]
ein (ihm gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnendes) Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nicht aus-zuräumen vermocht.

aa) Abzustellen ist insoweit zunächst allein auf diejenigen Angaben, die der [X.] in seinem
Wiedereinsetzungsantrag vom 1. Juni 2012
mitgeteilt hat. Denn die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen müssen gemäß §
236
Abs.
2
Satz
1
ZPO
grundsätzlich bereits im Wiedereinsetzungsantrag enthalten sein; jedenfalls sind sie innerhalb der für die Wiedereinsetzung [X.] Frist nach §
234 Abs.
1 ZPO vorzubringen (Senatsbeschluss vom 24.
Juni 2010 -
III
ZB 63/09, BeckRS 2010, 16574 Rn.
14 mwN).
Zulässig ist nur die Ergänzung von fristgerecht gemachten, aber erkennbar unklaren oder unvollständigen Angaben, deren Aufklärung nach §
139
ZPO
geboten war (Se-natsbeschluss vom
24.
Juni 2010 aaO mwN).

bb) In dem Wiedereinsetzungsantrag findet sich keine Angabe dazu, dass und in welcher Weise im Zusammenhang mit der -
dem Diktat des [X.] Rechtsanwalts nachfolgenden
-
Unterzeichnung der [X.] eine eigene Überprüfung der (ebenfalls im Diktat verfügten) Notierung der Berufungsbegründungsfrist geschehen sei. Da diese Frist nicht notiert wor-8
9
10
-
6
-

den sein soll, konnte eine solche Überprüfung tatsächlich auch nicht erfolgt sein. Bereits dies fällt den Prozessbevollmächtigten des [X.]n als eigenes Versäumnis zur Last.

Hinzu kommt, worauf das Berufungsgericht maßgeblich abgestellt hat, dass sich aus der eidesstattlich versicherten Erklärung der Fachangestellten O.

entnehmen lässt, dass eine solche anwaltliche Kontrolle auch nicht im Zusammenhang mit "Wiedervorlagen"
zum Zwecke der Fristenprüfung durchgeführt worden ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Text der eidesstattlich versicherten Erklärung der Fachangestellten O.

("Akte auch Anfang Mai wieder vorgelegt worden.") nicht dahin zu verstehen, dass mit "Wiedervorlage"
die Wiedervorlage an Frau O.

gemeint ist oder auch nur gemeint sein könnte. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass es um die "Wiedervorlage"
an den sachbearbeitenden Rechtsanwalt ging.
Die
An-weisung zu einer "Wiedervorlage"
wird typischerweise in einer Verfügung des Sachbearbeiters getroffen und bezieht sich auf eine Vorlage
der Akte an ihn. Dass Frau O.

hier selbst in diesem Sinne als Sachbearbeiterin verfügt und somit eine Anweisung etwa gegenüber dritten [X.] getroffen haben könnte, ist weder mitgeteilt worden noch sonst -
auch nur im Ansatz
-
ersichtlich gewesen. Zur Frage der nachfolgenden Fristenkontrolle durch den Rechtsanwalt enthält der (vom sachbearbeitenden Rechtsanwalt eidesstattlich versicherte) Vortrag im Schriftsatz vom 1.
Juni
2012 nichts Weiteres. Es [X.] sonach keine erkennbare Unklarheit oder Unvollständigkeit, die einen Hinweis des Berufungsgerichts nach §
139 ZPO erfordert und mithin neues Vorbringen nach Ablauf der [X.] gestattet hätte.
11
-
7
-

cc) Unbeschadet dessen vermögen die mit der Rechtsbeschwerdebe-gründung vorgelegten weiteren eidesstattlich versicherten Erklärungen des sachbearbeitenden Rechtsanwalts und der Fachangestellten O.

vom 24.
August 2012 ein fehlendes Verschulden der Prozessbevollmächtigten des [X.]n nicht in genügender Weise darzulegen.

Die eidesstattlich versicherte Erklärung des sachbearbeitenden Rechts-anwalts vom 24. August 2012 enthält wiederum keine Angaben dazu, dass und in welcher Weise im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der [X.] eine eigene Überprüfung der Notierung der Berufungsbegründungsfrist geschehen wäre. Sie klärt -
in gebotener Zusammenschau mit den Ausführun-gen in der eidesstattlich versicherten Erklärung der Fachangestellten O.

vom 1.
Juni 2012
-
auch nicht zureichend auf, ob mit "Wiedervorlage"
nun die Vorlage der Handakten an den Rechtsanwalt oder an Frau O.

oder an beide Personen (im Sinne einer zweifachen -
gestuften
-
"Wiedervorlage") gemeint war. Letzteres gilt auch für die eidesstattlich versicherte Erklärung der Fachangestellten O.

vom 24. August 2012.
12
13
-
8
-

2.
Mangels Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen worden.

[X.]
[X.]
[X.]

Tombrink
Remmert

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.03.2012 -
5 O 814/11 -

O[X.], Entscheidung vom 05.06.2012 -
12 U 42/12 -

14

Meta

III ZB 47/12

20.12.2012

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2012, Az. III ZB 47/12 (REWIS RS 2012, 92)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 92

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZB 47/12 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Fristenkontrolle des Rechtsanwalts; Inhalt des Wiedereinsetzungsantrags


III ZB 29/13 (Bundesgerichtshof)


III ZR 47/14 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsverschulden bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist: Anwaltliche Pflicht zur persönlichen Kontrolle der nach Einzelanweisung korrigierten Fristeintragung


VII ZB 37/10 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Fristversäumung nach Erledigungsvermerk in der Handakte des Rechtsanwalts


III ZB 95/16 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzungsantrag nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist: Organisationspflichten eines Rechtsanwalts zur Fristenkontrolle; gerichtliche Hinweispflicht bei fehlender Darlegung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZB 47/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.