Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2020, Az. KVZ 44/19

Kartellsenat | REWIS RS 2020, 11533

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2020:030620BK[X.]Z44.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
K[X.]Z 44/19
vom
3. Juni 2020
in der Kartellverwaltungssache
-
2
-

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am
3. Juni 2020 durch den [X.]orsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, [X.]
Dr.
Kirchhoff
und
Dr.
Tolkmitt
sowie
die Richterinnen Dr.
Picker und
Dr.
Linder

beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des 1.
Kartellsenats des Oberlandesgerichts
Düsseldorf vom 3.
April 2019 wird
auf Kosten der Betroffenen
zu-rückgewiesen, die auch die
notwendigen Auslagen
des Bundes-kartellamts trägt.
Der Gegenstandswert des [X.]erfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde wird auf 2.000.000

Gründe:
I.
Die Betroffene bietet [X.]eranstaltern von Konzerten, Festivals und anderen Live-[X.]eranstaltungen den Ticketvertrieb über die Datenbank Eventim
an, die
Zugang zu 1.500 bis
2.000 stationären [X.]orverkaufsstellen, Online-Shops
wie
insbesondere Eventim.de
sowie Callcentern
und vertragsgebunde-nen
Reisebüros
gewährt.
Die Betroffene hat zahlreiche [X.]erträge abgeschlossen, in denen sich [X.]eranstalter in verschiedener Weise,
mit unterschiedlichen Laufzeiten
und oft für Gegenleistungen
verpflichtet haben, für den [X.] ausschließlich o-der zu einem erheblichen Teil Eventim
zu nutzen.
1
2
-
3
-
Wegen dieser Exklusivitätsbindungen hat das [X.] ein [X.]er-fahren wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung
gegen die Be-troffene
eingeleitet. Es hat mit Beschluss vom 4.
Dezember 2017 festgestellt, dass 60
näher bezeichnete [X.]ereinbarungen der Betroffenen mit [X.]eranstaltern, die eine Laufzeit von mindestens zwei Jahren haben,
rechtswidrig sind, und die Betroffene einschließlich der mit ihr verbundenen Unternehmen verpflichtet, die Durchführung dieser [X.]ereinbarungen bis spätestens 31.
März 2018 abzustellen. Außerdem wurde die Betroffene verpflichtet, bis zum 31.
Dezember 2021 [X.] mit einer Laufzeit von mehr als zwei
Jahren nur abzuschließen, wenn die [X.]eranstalter mindestens 20
% ihres für Ticketsysteme verfügbaren
jährlichen
Ticketvolumens selbst oder in anderer Weise außerhalb des Ticket-systems Eventim
absetzen können.
Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurück-gewiesen.
II.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
1.
Der Beschluss des [X.] steht nicht in Divergenz zum Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 6.
September 2017

413/14
P, WuW
2017, 494 =
NZKart
2017, 525
-
[X.]). Das [X.] hat
zutreffend
angenommen,
dieses Urteil stehe seiner Annahme nicht entgegen, der "As-Efficient-Competitor-Test" ([X.]) sei
ungeeignet, eine
wettbewerbsbeschränkende Wirkung der vorliegenden
Ausschließlichkeitsbin-dungen
in Zweifel
zu
ziehen.
Soweit der Gerichtshof in "[X.]"
Prüfpflichten der [X.] und die dabei mögliche Bedeutung des [X.]s erörtert, bezie-hen sich diese Überlegungen ausschließlich auf [X.] und nicht auf vertragli-che [X.] (vgl. [X.], WuW
2017, 494 Rn.
139 bis
143

[X.]). Ihnen kann nicht entnommen werden, dass einer [X.]erdrängungswirkung 3
4
5
6
-
4
-
von [X.] durch einen [X.] entgegengetreten werden kann.
2.
Insoweit bedarf es der Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage. Es ist nicht klärungs-bedürftig, dass der [X.] ungeeignet ist, um eine [X.]erdrängungswirkung von [X.] marktbeherrschender Unternehmen zu widerle-gen; dabei kommt es nicht darauf an, ob die den Abnehmern berechneten [X.] rabattiert sind oder nicht.
a)
Entgegen der Ansicht des [X.] ist dem [X.]-Urteil des [X.] nicht zu entnehmen, dass vertragliche Exklusivitäts-klauseln der vorliegenden Art nur dann ein missbräuchliches [X.]erhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens darstellen können, wenn ihre konkrete Eignung nachgewiesen wird, den Wettbewerb zu beschränken und mindestens ebenso leistungsfähige Wettbewerber zu verdrängen. Denn anders als bei ei-nem Rabatt folgt die [X.]erdrängungswirkung bei einer Ausschließlichkeitsbindung bereits aus
Bindungsgrad (Gesamt-
oder Teilbedarf) und Laufzeit
der vertragli-chen [X.]erpflichtung
selbst
sowie
der Marktstärke des bindenden Unternehmens
gegebenenfalls
im Zusammenhang mit
der
[X.]erbreitung
solcher oder
auch
ver-gleichbarer [X.]ereinbarungen
auf dem Markt. Die Abschottungswirkung
solcher Bindungen entsteht
unabhängig von der Höhe der vom marktbeherrschenden Unternehmen berechneten Preise
und der darauf gegebenenfalls gewährten [X.]. Daraus folgt, wie das [X.] zu Recht geltend macht, eine gegenüber
(ohne Abnahmebindung gewährten)
[X.]n deutlich höhere Ein-griffswirkung von [X.]. Die durch einen [X.] zu beantwortende Frage, ob ein gleich leistungsfähiger Wettbewerber bei Gewäh-rung entsprechend rabattierter
Preise vom Markt verdrängt oder jedenfalls sei-ne Expansion verhindert würde, kann sich
damit
bei einer solchen Ausschließ-lichkeitsbindung
von vornherein nicht stellen.
7
8
-
5
-
b)
Die [X.]erdrängungswirkung von [X.] eines marktbeherrschenden Unternehmens besteht während der Laufzeit dieser [X.], während der dem Abnehmer keine oder nahezu keine Wahlmöglich-keit für eine andere Bezugsquelle verbleibt. Bei [X.]ereinbarungen mit [X.]eranstal-tern
der hier in Rede stehenden Art
ist die vom [X.]
allein
bean-standete Laufzeit von mehr als zwei Jahren wettbewerbsbeschränkend. Inso-weit ist unerheblich, dass
die [X.]eranstalter am Ende
der Laufzeit oder
aufgrund
einer Kündigungsmöglichkeit nach einer bestimmten, jedoch nicht unerhebli-chen Bindungsdauer erneut Wahlmöglichkeiten haben.
c)
Danach ist insoweit auch keine
[X.]orlage an den Gerichtshof der [X.] geboten.
3.
Die Sache wirft auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeu-tung zur Beweislast für die wettbewerbsbeschränkende Wirkung von [X.] auf. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Be-weislast für [X.]erstöße gegen das Kartellrecht die Partei oder Behörde trifft, die den [X.]orwurf kartellrechtswidrigen [X.]erhaltens erhebt (vgl. Art.
2 Satz
1
[X.]O
1/2003). Das Beschwerdegericht hat zudem keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern die wettbewerbsbeschränkende
[X.]erdrängungswirkung der beanstandeten [X.]
aufgrund einer umfassenden Würdigung
festgestellt.
4.
Trägt die Rechtsbeschwerde damit keine durchgreifenden Zulas-sungsgründe gegen die Anwendung von Art.
102 AEU[X.] vor, die schon
allein
die Entscheidung des [X.] trägt, kommt es nicht mehr auf die gel-tend gemachten Zulassungsgründe
zu der
auf Art.
101 Abs.
1 AEU[X.] gestützten
Hilfsbegründung des [X.] an.
Im Übrigen
liegt auch insoweit kein Zulassungsgrund vor. Die Prüfungs-maßstäbe
des [X.] stehen
im Einklang mit der Rechtsprechung 9
10
11
12
13
-
6
-
des Senats (Beschluss vom 10.
Februar 2009
K[X.]R
67/07, BGHZ
180, 323 Rn.
35 -
Gaslieferverträge). Für die zur Annahme einer Wettbewerbsbeschrän-kung im Sinne von Art.
101 Abs.
1 AEU[X.] maßgebliche Frage, ob ein Markt schwer zugänglich ist, kommt es auf eine Gesamtschau aller im Einzelfall rele-vanten Umstände an, die jedoch nicht zwingend eine Prüfung aller auf dem re-levanten Markt bestehenden gleichartigen [X.]ereinbarungen voraussetzt. [X.] kann sich die marktabschottende Wirkung von Alleinbezugsbindungen schon ergeben, wenn sie von
nur
einem marktbeherrschenden Unternehmen mit seinen Abnehmern vereinbart werden. Ebenso steht außer Zweifel, dass ein [X.]erstoß gegen Art.
101
AEU[X.] auch mit der [X.] begründet wer-den kann, die durch ein Bündel
von Exklusivvereinbarungen eines [X.] Unternehmens herbeigeführt wird.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
78 GWB.
Meier-Beck
Kirchhoff
Tolkmitt

Picker
Linder

[X.]orinstanz:
[X.], Entscheidung vom 03.04.2019 -
[X.]I-Kart 2/18 ([X.]) -

14

Meta

KVZ 44/19

03.06.2020

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2020, Az. KVZ 44/19 (REWIS RS 2020, 11533)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11533

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

KVZ 44/19 (Bundesgerichtshof)

Kartellverwaltungssache: Wettbewerbsverdrängende Wirkung von vertraglichen Ausschließlichkeitsbindungen eines marktbeherrschenden Unternehmens im Bereich des Ticketvertriebs


Kart 3/18 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


KVR 34/20 (Bundesgerichtshof)

Fusionskontrolle: Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung und erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf dem Angebotsmarkt für Ticketvertriebsleistungen …


KVR 67/07 (Bundesgerichtshof)


KVR 11/12 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsbeschränkung durch sog. Rabattstaffel: Gehörsverletzung bei fehlendem gerichtlichem Hinweis auf eine der Entscheidung zugrunde liegende …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.