Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2017, Az. V ZR 17/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4020

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[X.]:[X.]:BGH:2017:121017BVZR17.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 17/17
vom
12. Oktober
2017
in dem Rechtsstreit
-
2
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Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 12. Oktober
2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und die Richter
Dr.
[X.] und Dr.
Hamdorf

beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 11.
Zivilsenats des [X.] vom 14. Dezember 2016 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt
210.000

Gründe:
I.
Der [X.] war Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem denk-malgeschützten Mietshaus bebaut ist. Die zweite [X.] des [X.] ist nicht ausgebaut. [X.] teilte eine Mitarbeiterin der Denkmal-schutzbehörde dem [X.]n mündlich mit, dass ein Dachgeschossausbau nicht genehmigungsfähig sei. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Februar 2010 erwarb die Klägerin das Objekt unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem vor Vertragsschluss über-reichten Exposé heißt es dazu:
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Ein Dachgeschossausbau, mit 300 m² Wohnfläche, ist möglich, jedoch muss hierzu die Genehmigung und Zustimmung der Denkmalbehörde eingeholt werden.

Über die ablehnende Haltung der Denkmalschutzbehörde informierte der [X.] die Klägerin nicht.
Gestützt auf die Behauptung, der Minderwert des Objekts wegen der feh-lenden Ausbaufähigkeit der zweiten [X.] belaufe sich auf -
soweit von Interesse -
mit der Klage einen stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das [X.] die Klage
abgewiesen. Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen die Nichtzulas-sung der Revision.
II.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet der [X.] dem Grunde nach wegen eines vorvertraglichen Verschuldens. Er habe die Klägerin vorsätz-lich unrichtig informiert, indem er sich trotz der ihm bekannten, klar ablehnen-den Haltung der Genehmigungsbehörde darauf beschränkt habe, auf das Ge-nehmigungserfordernis hinzuweisen. Die Klägerin habe jedoch einen Schaden nicht dargelegt. Bei der Bewertung des Dachgeschosses mit 300.000

sie unberücksichtigt, dass die Genehmigungsfähigkeit angesichts der vorver-traglichen Äußerung des [X.]n offengeblieben sei.
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III.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil ist gemäß
§
544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt
hat.
1. Da die Handhabung der Substantiierungsanforderungen durch das Gericht dieselben einschneidenden Folgen hat wie die Anwendung von Präklu-sionsvorschriften, verletzt sie Art. 103 Abs. 1 GG bereits dann, wenn sie [X.] unrichtig ist
(vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juni 2008 -
V
ZR 221/07, [X.], 2068 Rn. 5 mwN). So liegt es hier.
a)
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht von der
stän-digen
höchstrichterlichen
Rechtsprechung zu der Berechnung eines Schadens aus, der wegen einer Pflichtverletzung
bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §
311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) zu ersetzen
ist. Danach wird der Geschädigte dann, wenn er -
wie hier -
an dem Kaufvertrag festhalten will, so behandelt, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen; als Schaden ist der Betrag anzusehen, um den der Geschädigte den Kaufgegenstand zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urteil vom 19. Mai 2006 -
V [X.], [X.], 35 Rn. 22 mwN).
b) Die
Auffassung,
die Klägerin habe einen solchen Schaden nicht hin-reichend dargelegt, ist offenkundig unrichtig.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein Vor-trag schlüssig und ausreichend substantiiert, wenn die vorgetragenen Tatsa-chen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 2. April 2009 6
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5
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V
ZR
177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 10; Beschluss vom 12. Juni 2008

V
ZR 221/07, [X.], 2068
Rn. 6 mwN). Kommt es auf den Verkehrswert einer Sache an, ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die darlegungspflichtige [X.] einen bestimmten Wert behauptet und durch Sachverständigengutachten unter Beweis stellt. [X.] ist eine solche Behauptung nur dann, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachver-halts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam ins Blaue hinein

aufgestellt wor-den ist; bei der Annahme eines solchen rechtmissbräuchlichen Verhaltens ist allerdings Zurückhaltung geboten (Senat, Beschluss vom 2. April 2009

V
ZR
177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 11 mwN).
[X.]) Hieran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderun-gen an das Vorbringen der Klägerin.
(1i-che Behauptung aufs Geratewohl zu werten ist, geht das Berufungsgericht selbst nicht aus. Es hält vielmehr den Bezugspunkt der Schadensberechnung für falsch. Die Klägerin vergleiche den Wert
des Objekts mit ausbaufähigem Dachgeschoss mit demjenigen ohne ausbaufähiges Dachgeschoss. Damit [X.] sie außer [X.], dass die Genehmigungsfähigkeit sowohl in dem Exposé als auch nach den Äußerungen des [X.]n offen geblieben sei. Insoweit rügt die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das [X.] ihren Vortrag nicht richtig zur Kenntnis genommen hat. Sie hat nämlich in dem in Bezug genommenen Schriftsatz ausdrücklich ausgeführt, das Objekt habe mit der Möglichkeit -
oder bzw. Unzulässigkeit bei Vertragsschluss nicht bekannt war -
des Ausbaus des Dachgeschosses in [X.] im Jahr 2010 einen Wert von ca. 2.475.000

gehabt, während sich der Wert mit dem wertlosen, da nicht aus-baufän-11
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6
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sicherheit soll ihrer Ansicht nach durch einen Abschlag von rund 30 % von dem Wert eines genehmigten Ausbaus Rechnung getragen werden. Damit hat sie substantiiert dargelegt, dass der Verkehrswert der rechtlich noch ungesicherten eträgt; zugleich hat sie Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Ob ihre Behauptung richtig und der Wert zutreffend veranschlagt oder ob ein höherer Abschlag angezeigt ist, muss im Wege der Beweiserhebung geklärt werden.
(2) Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin deshalb anders verstehen wollte, weil sie -
worauf das Berufungsgericht entscheidend abstellt -
die Ange-messenheit eines Abschlags von 30 % mit dem Wert eines ausbau-
und ge-nehmigungsfähigen Dachgeschosses begründet,
rechtfertigte dies keinesfalls die vollständige Abweisung der Klage. Da es gerade um die Bewertung einer rechtlichen Unsicherheit geht, wird der Wert des Dachgeschosses mit einem rechtlich ungesicherten Ausbau von dieser Schadensberechnung zumindest als Minus

umfasst. Infolgedessen wäre es Aufgabe des Gerichts, dem angebote-nen Beweis nachzugehen und mit sachverständiger Hilfe zu klären, welchen Wert der Verkehr einem Dachgeschoss mit einer rechtlich ungesicherten Chan-ce auf Genehmigung beimisst, und ob etwa wegen erhöhter Risiken der [X.] ein höherer Abschlag angezeigt ist, wenn es sich um ein denkmalgeschütztes Objekt handelt.
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2.
Der Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtli-chen Gehörs ist auch entscheidungserheblich, weil die Annahme des [X.]s,
der Klägerin
stehe dem Grunde nach ein Schadensersatzan-spruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §
311 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Infolgedessen ist das Berufungsurteil gemäß § 544
Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erfor-derlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[X.] Brückner Weinland

[X.] Hamdorf
Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 22.10.2014 -
9 [X.]/12 -

KG,
Entscheidung vom 14.12.2016 -
11 U 21/14 -

14

Meta

V ZR 17/17

12.10.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2017, Az. V ZR 17/17 (REWIS RS 2017, 4020)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4020

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