Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2014, Az. ARNot 1/13

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2014, 7078

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Gegenstand

Verwaltungsrechtliche Notarsache: Bestimmung des zuständigen Oberlandesgerichts


Leitsatz

Zur Gerichtsstandbestimmung in verwaltungsrechtlichen Notarsachen.

Tenor

Zuständig für die vom Antragsteller beabsichtigte "Leistungs- und Zwischenfeststellungsklage" gegen die Antragsgegner wegen Rückabwicklung des [X.] vom 16. April 2002 ist das [X.].

Gründe

I.

1

Der mittlerweile im Ausland lebende Antragsteller war Notar in [X.]. Vertreter des Antragsgegners zu 1 und er schlossen am 16. April 2002 einen öffentlich-rechtlichen Vergleich, der im [X.] die Entlassung des Antragstellers aus dem Amt als Notar auf eigenen Antrag und im Gegenzug die Einstellung von Maßnahmen der Antragsgegner, die auf die Amtsenthebung des Antragstellers gerichtet waren, sowie die Beseitigung von deren Folgen zum Gegenstand hatte. Der Antragsteller hält diesen Vergleich für nichtig gemäß § 138 BGB und für unwirksam nach § 779 BGB. Ferner hat er den Rücktritt von dem Vergleich erklärt, weil die Antragsgegner seiner Ansicht nach die darin übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt haben. Er beabsichtigt deshalb, gegen die Antragsgegner eine "Leistungs- und Zwischenfeststellungsklage" zu erheben. Der [X.] sieht die Anträge vor, zu erkennen, dass die künftigen Beklagten schuldig seien, "Wertersatz" für die entgangenen Nutzungen der vormaligen [X.] zu zahlen und Amtshaftungsansprüche anzuerkennen. Ferner beabsichtigt der Antragsteller, zu beantragen, die Beklagten zu verurteilen, ihm zu erlauben, die Bezeichnung "Notar außer Dienst" zu führen. Schließlich kündigt er den Klageantrag an, im Falle der Begründetheit eines der vorgenannten Anträge gemäß § 256 Abs. 2 ZPO die Unwirksamkeit des Vergleichs vom 16. April 2002 festzustellen.

2

Der Antragsteller beantragt, das für diese Klage zuständige [X.] ([X.]) zu bestimmen, wobei er der Auffassung ist, das [X.] [X.] sei unzuständig.

II.

3

1. Der Antrag ist entsprechend § 53 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1, § 111a [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig.

4

2. Das für die beabsichtigte Klage im Rechtsweg nach § 111 [X.] örtlich zuständige Gericht ist gemäß § 111a Satz 1 [X.] das [X.] [X.]. Nach der genannten Bestimmung ist in notariellen Verwaltungssachen das [X.] örtlich zuständig, in dessen Bezirk (unter anderem) ein begehrter Verwaltungsakt zu erlassen wäre (Halbsatz 1) oder hoheitliche Maßnahmen zu treffen wären, die berufsrechtliche Rechte und Pflichten der Beteiligten verwirklichen (Halbsatz 2).

5

a) Soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegner begehrt, ihm zu erlauben, die Bezeichnung "Notar" mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" weiterzuführen, handelt es sich um eine auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Verpflichtungsklage. Die Erlaubnis, die Amtsbezeichnung mit der genannten Ergänzung weiterzuführen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 [X.]) stellt einen Verwaltungsakt dar ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 52 Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 52 Rn. 8). Für die Erteilung der begehrten Erlaubnis ist gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe c der Verordnung zur Regelung von Angelegenheiten auf dem Gebiet des [X.] vom 10. Februar 2000 (GVBl. 2000, [X.]) i.V.m. § 112 [X.] und § 3 Nr. 8 der Verordnung zur Ausführung der Bundesnotarordnung vom 27. Juli 1999 (GVBl. 1999, [X.]) in der Fassung von § 1 Nr. 2 Buchstabe d der Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung der Bundesnotarordnung und der Delegationsverordnung vom 9. November 2009 (GVBl. 2009, [X.]) der Antragsgegner zu 2 als Präsident des [X.]s, in dessen Amtsbezirk der Antragsteller tätig war, zuständig. Mithin wäre die Erlaubnis im Bezirk des [X.]s [X.] zu erteilen.

6

b) Soweit der Antragsteller mit der beabsichtigten Klage die Feststellung der Verpflichtung der Antragsgegner zum "Wertersatz für entgangene Nutzungen" seiner vormaligen [X.] und zum Anerkenntnis von [X.] begehrt, folgt die örtliche Zuständigkeit des [X.]s [X.] aus § 111a Satz 1, Halbsatz 2 [X.]. Die durch den Urteilsspruch angestrebte Zuerkennung von "[X.]" und [X.] durch die Antragsgegner wegen des infolge des öffentlich-rechtlichen Vergleichs eingetretenen [X.] wäre eine hoheitliche Maßnahme, die dessen aus seinem früheren Notaramt resultierenden Rechte verwirklichte. Von § 111a Satz 1, Halbsatz 2 [X.] erfasst sind Leistungs- und Feststellungsklagen ([X.], [X.] 2009, 895, 898; [X.]. in [X.]/Vaasen, [X.]/BeurkG, 3. Aufl., § 111a [X.] Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 111a Rn. 4 f; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 111a Rn. 9). Dies gilt entgegen der Ansicht des Antragstellers auch für Klagen, die auf die Herbeiführung hoheitlicher Handlungen der Landesjustizverwaltung gerichtet sind. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, dass die Bestimmung auch solche Maßnahmen erfasst, die auf die Verwirklichung berufsrechtlicher Rechte der Notare gerichtet sind. Die vom Antragsteller angestrebten Maßnahmen der Antragsgegner wären ebenfalls im Bezirk des [X.]s [X.] zu vollziehen.

7

In diesem Zusammenhang ist allerdings - ohne dass es hierauf für die vorliegende Entscheidung ankommt, da die Prozessvoraussetzungen der beabsichtigten Klage im Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts grundsätzlich nicht zu prüfen sind (Kraft in Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl., § 53 Rn. 16; vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 12. Februar 1987 - I ARZ 650/86, [X.]R ZPO § 37 Prozessfähigkeit 1 und vom 21. November 1955 - [X.], [X.]Z 19, 102, 106 jeweils zu § 36 ZPO) - anzumerken, dass Amtshaftungsansprüche nicht in die vom Antragsteller in Anspruch genommene Rechtswegezuständigkeit für verwaltungsrechtliche Notarsachen (§ 111 Abs. 1 [X.]) fallen. Vielmehr sind hierfür gemäß Art. 34 Satz 3 GG die allgemeinen Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit, und zwar erstinstanzlich die Landgerichte (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG), zuständig.

8

c) Die Zuständigkeit für die Zwischenfeststellungsklage folgt derjenigen der Hauptklage. Da sowohl für die begehrte Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 Satz 1 [X.] als auch für die auf "Wertersatz" und Amtshaftungsansprüche gerichteten Klageanträge die örtliche Zuständigkeit des [X.]s [X.] besteht, gilt dies auch für den in Aussicht genommenen Zwischenfeststellungsantrag.

9

d) Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Auffangnorm des § 111a Satz 2 [X.] auch einen Gerichtsstand am Sitz der beklagten [X.] begründet (siehe hierzu die, soweit ersichtlich, einhellige Meinung in der Literatur: [X.], [X.] 2009, 895, 898; [X.]. in [X.]/Vaasen, [X.]/BeurkG, 3. Aufl., § 111a [X.] Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 111a Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 111a Rn. 11), kommt es nicht mehr an, da die örtliche Zuständigkeit des [X.]s [X.] für sämtliche angekündigten Klageanträge bereits aus § 111a Satz 1 [X.] folgt.

3. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das [X.] [X.] nicht deshalb unzuständig, weil dessen Präsident Beklagter in dem angestrebten Prozess sein wird und seinerzeit als Vizepräsident für das dem Abschluss des Vergleichs vom 16. April 2002 vorangegangene, auf die Amtsenthebung des Antragstellers gerichtete Verwaltungsverfahren verantwortlich war und später als Generalstaatsanwalt Vorgesetzter der Bediensteten der Staatsanwaltschaft wurde, die strafrechtliche Ermittlungen gegen den Antragsteller führten.

Hieraus folgt nicht, dass das [X.] [X.] gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 [X.] an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich gehindert ist. Soweit der Antragsteller geltend machen möchte, dass der [X.] mit Richtern besetzt ist, die der Dienstaufsicht des Präsidenten des [X.]s unterliegen, hat dies nicht den Eintritt der Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 [X.] zur Folge. Die Besetzung des [X.]s mit Richtern des [X.]s, dessen Präsident die von dem Spruchkörper nachzuprüfenden Maßnahmen als [X.] getroffen hat, ist von §§ 101 f i.V.m. § 111 Abs. 4 [X.] vorgegeben und führt, ohne dass im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, nicht zu Bedenken gegen die Unvoreingenommenheit [X.] (Senatsbeschlüsse vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 7/13 und vom 21. Februar 2011 - [X.]([X.]) 7/10, juris Rn. 4). Tatsachen, aus denen sich eine konkrete Besorgnis ergeben könnte, [X.] des [X.]s des [X.]s [X.] würden die gebotene Neutralität gegenüber den Parteien des in Aussicht genommenen Rechtsstreits nicht wahren, hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. [X.] ist, ob sich der derzeitige Präsident des [X.]s in Abweichung von § 102 Abs. 1 Satz 1, § 111 Abs. 4 [X.] gemäß § 21e Abs. 1 Satz 3 GVG zum Vorsitzenden des [X.] bestimmen könnte, wie der Antragsteller befürchtet. In diesem Fall wäre der Präsident in dem angestrebten Verfahren bereits gemäß § 41 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen. Ohne dass es für die Entscheidung noch erheblich ist, ist ergänzend anzumerken, dass die richterlichen Mitglieder des [X.]s in Abweichung von dem in § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG bestimmten Jährlichkeitsprinzip für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden (§ 102 Satz 1 [X.]). Das Präsidium des [X.]s [X.] hat zum Beginn des Geschäftsjahres 2014 Herrn Vorsitzenden Richter am [X.] Z.     zum Vorsitzenden des [X.] für die Dauer von fünf Jahren bestellt, und der Präsident des [X.]s hat sich, wie bisher, dem [X.] angeschlossen. Deshalb ist die Besorgnis des Klägers, der [X.]spräsident werde den Vorsitz des [X.] übernehmen, schon in tatsächlicher Hinsicht fernliegend.

Galke                    [X.]                       Wöstmann

            Doyé                            Strzyz

Meta

ARNot 1/13

17.03.2014

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 53 Abs 1 Nr 2 VwGO, § 53 Abs 3 VwGO, § 111a BNotO, § 111b Abs 1 S 1 BNotO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.03.2014, Az. ARNot 1/13 (REWIS RS 2014, 7078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7078

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