Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.04.2011, Az. 4 AZR 467/09

4. Senat | REWIS RS 2011, 7338

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Gegenstand

Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen - Nachwirkung des Mindestlohntarifvertrags - TV Mindestlohn Abbruch


Leitsatz

Rechtsnormen eines Tarifvertrages, für die durch Rechtsverordnung im Wege des § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG aF (idF vom 19. Dezember 1998) bestimmt ist, dass sie auf alle unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden und nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung finden, sind nach dem Ende der Geltungsdauer der Verordnung für die betreffenden Arbeitsverhältnisse nicht mehr maßgebend. § 4 Abs. 5 TVG über die Nachwirkung von Tarifverträgen ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19. März 2009 - 18 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis, deren Rechtsnormen durch Verordnung auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber für anwendbar erklärt wurden.

2

Der Kläger, Mitglied der [X.], war vom 1. August bis 31. Dezember 2007 bei der [X.]eklagten als Facharbeiter tätig. Im Arbeitsvertrag war eine monatliche Vergütung von 1.230,00 Euro brutto vereinbart. Die [X.]eschäftigung erfolgte im Rahmen einer Arbeitsförderungsmaßnahme - sog. [X.]. Die [X.]eklagte hatte sich für die Arbeitsförderungsmaßnahme „[X.]eräumung Waldflächen vom [X.]auschutt, Demontage baulicher Anlagen, Flächenrenaturierung beim Forstamt G“ in [X.] im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung beworben. Die Leistungsbeschreibung umfasste Gebäudeentkernung sowie die Demontage und den Abriss von Gebäuden und baulichen Anlagen jeweils einschließlich der Entsorgung. Nach dem Zuschlag zugunsten der [X.]eklagten wurde ihr der Kläger durch Anerkennungsbescheid des JobCenters vom 19. Juli 2007 zugewiesen.

3

Nach [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses machte die [X.] [X.] mit am 31. Januar 2008 zugegangenem Schreiben gegenüber der [X.]eklagten für den Zeitraum der [X.]eschäftigung unter [X.]erufung auf tarifvertragliche Regelungen Differenzentgeltansprüche in Höhe von 4.212,88 Euro geltend.

4

Mit der der [X.]eklagten am 31. März 2008 zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Für das Arbeitsverhältnis seien der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Abbruch- und Abwrackgewerbe vom 30. Juli 2005 ([X.] 2005) und der Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Abbruch- und Abwrackgewerbe vom 30. August 2007 ([X.] 2007) maßgebend, die beide aufgrund Verordnung nach § 1 Abs. 3a [X.] aF (idF vom 19. Dezember 1998, [X.]G[X.]l. I S. 3843) auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber Anwendung fänden. Für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 31. Dezember 2007 ergebe sich sein Anspruch zumindest aus einer Nachwirkung des [X.] 2005. Zudem bestehe ein [X.] Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, da der Kläger [X.] des [X.] erhalten habe.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn 4.212,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz seit dem 16. Februar 2008 zu zahlen.

6

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. [X.]eide Tarifverträge seien auf den Kläger nicht anwendbar, weil er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei ihr tätig gewesen sei. Es fehle auch an der beiderseitigen Tarifgebundenheit. Eine Nachwirkung des [X.] 2005 sei nicht eingetreten. Jedenfalls sei mit dem Arbeitsvertrag eine andere Abmachung hinsichtlich der Vergütung geschlossen worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der Klage hinsichtlich der [X.] für den Monat August 2007 stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Er hat in der Revisionsinstanz zusätzlich geltend gemacht, sein Anspruch ergebe sich auch aus dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im [X.]augewerbe im Gebiet der [X.]undesrepublik Deutschland vom 29. Juli 2005 (TV Mindestlohn [X.]au 2005).

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage hinsichtlich der Monate September bis einschließlich Dezember 2007 zu Recht abgewiesen. Der Kläger, der sein Begehren nach seinem Vorbringen in der Revision allein noch auf die genannten Tarifverträge stützt, kann ein weiteres Entgelt nicht beanspruchen.

9

I. Ein Anspruch des [X.] aufgrund beiderseitiger [X.] der Parteien nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.] besteht nicht. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte Mitglied in dem tarifschließenden Arbeitgeberverband ist. Hierzu wäre er, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach den allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast jedoch verpflichtet gewesen.

II. Der Anspruch des [X.] ergibt sich nicht nach dem [X.] oder dem [X.] Abbruch 2007.

1. Der [X.] ist auf das Arbeitsverhältnis des [X.] für den in der Revision noch streitgegenständlichen [X.]raum vom 1. September 2007 bis zum 31. Dezember 2007 nicht anzuwenden.

a) Nach § 1 Satz 1 der [X.] über zwingende Arbeitsbedingungen im Abbruchgewerbe (vom 27. März 2006, BAnz. 2006 Nr. 64 S. 2327, nachfolgend 2. [X.]) finden die Rechtsnormen des in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten [X.] zwar auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am 1. April 2006 gültigen Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt. Die am 1. April 2006 in [X.] getretene Verordnung ist jedoch am 31. August 2007 nach ihrem § 3 außer [X.] getreten. Deshalb kann sich der Kläger für [X.] ab dem 1. September 2007 nicht auf die Verordnung stützen.

b) Der [X.] wirkt auch für die [X.] ab dem 1. September 2007 nicht entsprechend der Regelung des § 4 Abs. 5 [X.] nach.

[X.]) Eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 5 [X.] scheidet entgegen der Auffassung der Revision vorliegend aus. Der Kläger übersieht, dass der [X.] nicht nach § 5 Abs. 1 [X.] für allgemeinverbindlich erklärt wurde, sondern dessen Rechtsnormen im Wege einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a [X.] aF (s. nunmehr § 7 Abs. 1 [X.]) auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt wurde. Deshalb sind die Regelungen des Tarifvertragsgesetzes über die unmittelbare und zwingende Geltung allgemeinverbindlicher Tarifverträge (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 [X.]) sowie diejenigen über die Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 [X.]) nach Ende der Allgemeinverbindlicherklärung (dazu [X.] 27. November 1991 - 4 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 69, 119; 25. Oktober 2000 - 4 [X.] 1 der Gründe, AP [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 38 = EzA [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 32) nicht unmittelbar anwendbar.

Die Dauer der Anwendung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages iSd. § 1 Abs. 3a [X.] aF ist abweichend von den Fällen einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 1 [X.] unabhängig vom Fortbestand des betreffenden Tarifvertrages (ebenso [X.]/[X.]/Hold [X.] § 1 Rn. 98; [X.]/Lakies [X.] 2. Aufl. § 5 Anhang 2 § 1 [X.] Rn. 110; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 1 [X.] Rn. 16; [X.] in [X.] Arbeitsrecht Stand 1. März 2011 § 1 [X.] 1996 Rn. 18; [X.]/[X.] 1. Aufl. § 1 [X.] Rn. 34; ebenso zu § 7 [X.] in [X.]/[X.] [X.] § 7 [X.] Rn. 24; [X.] Arbeitnehmerentsendegesetz § 7 Rn. 52; zum Gebot der „zeitnahen“ Aufhebung im Falle der Beendigung des einschlägigen Tarifvertrages etwa [X.]/[X.] [X.]O). Die Rechtsnormen der 2. [X.] gelten bis zu ihrer förmlichen Aufhebung durch den Verordnungsgeber oder - wie vorliegend - im Falle einer befristeten Verordnung bis zu deren Ablauf weiter. Davon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 14/45 S. 26). Endet die Verordnung, sind auch tarifliche [X.] nicht mehr st[X.]tliches Recht und können nicht mehr auf die tarifungebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angewendet werden.

Weder § 1 Abs. 3a [X.] aF als Ermächtigungsgrundlage noch die 2. [X.] enthalten eine Regelung über eine weitere Anwendung oder eine „Nachwirkung“ der Rechtsnormen des Tarifvertrages, die im [X.] auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt wurde. Es fehlt auch - anders als etwa in § 8 Abs. 2 Satz 1 MiArbG für Mindestarbeitsentgelte - eine gesetzliche Vorschrift über die entsprechende Anwendbarkeit von Bestimmungen des Tarifvertragsgesetzes.

bb) Die Bestimmung des § 4 Abs. 5 [X.] kann auch nicht entsprechend oder nach ihrem Rechtsgedanken auf die Rechtsnormen eines Tarifvertrages angewendet werden, die im Wege der Verordnung auf die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt wurde, wenn die Verordnung aufgehoben oder deren Geltungsdauer aufgrund Befristung ihr Ende gefunden hat. Weder von den Voraussetzungen noch von der Rechtsfolge des § 4 Abs. 5 [X.] her besteht eine mit dem Ablauf der Frist nach § 1 Abs. 3a [X.] aF vergleichbare Situation.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch beim Außerkrafttreten einer Rechtsverordnung ein Bedürfnis besteht, die Rechtsnormen entsprechend der in § 4 Abs. 5 [X.] vorgesehenen Möglichkeit weiter anzuwenden (vgl. zu allgemeinverbindlichen Tarifverträgen [X.] 18. März 1992 - 4 [X.] - AP [X.] § 3 Nr. 13 = EzA [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 14; 25. Oktober 2000 - 4 [X.] 1 der Gründe, AP [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 38 = EzA [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 32), steht einer entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 5 [X.] - unabhängig von der Frage nach der zusätzlich erforderlichen Regelungslücke - entgegen, dass der Gesetzgeber in § 1 Abs. 3a [X.] aF ebenso wie im jetzigen § 7 [X.] ein von der Allgemeinverbindlicherklärung des § 5 [X.] abweichendes Regelungsinstrument zur Erstreckung von Rechtsnormen auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewählt hat (s. nur [X.]/[X.] § 7 [X.] Rn. 2). Eine Allgemeinverbindlicherklärung, bei der es sich um einen Rechtssetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und st[X.]tlicher Rechtssetzung handelt ([X.] 24. Mai 1977 - 2 [X.] - [X.] 44, 322; 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74 - u. - 1 BvR 439/79 - [X.]E 55, 7; [X.] 21. November 2007 - 10 AZR 782/06 - AP [X.] § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 297 = EzA [X.] § 1 Nr. 11), erstreckt nach § 5 Abs. 4 [X.] die [X.] ([X.] 27. November 1991 - 4 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 69, 119; 25. Oktober 2000 - 4 [X.] 1 der Gründe, AP [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 38 = EzA [X.] § 4 Nachwirkung Nr. 32). Demgegenüber werden durch eine Verordnung iSd. § 1 Abs. 3a [X.] aF die Rechtsnormen eines Tarifvertrages zu unmittelbar st[X.]tlich geltendem Recht (s. nur [X.] 18. Dezember 2008 - OVG 1 B 13.08 - Rn. 45, [X.], 207 sowie die Nachw. oben unter II 1 b, [X.]) und sind deshalb anzuwenden.

Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 [X.], die als Rechtsfolge die Weitergeltung der Rechtsnormen eines Tarifvertrages anordnet, kann nicht dazu herangezogen werden, außer [X.] getretenes st[X.]tliches Recht außerhalb des dafür vorgesehenen Verfahrens in der Sache wieder „in Geltung“ zu setzen. Dies obliegt allein dem Verordnungsgeber (ebenso [X.] Voraussetzungen und Wirkungen der Tarifnormerstreckung nach § 5 [X.] und dem [X.] 2008 S. 399 f.).

2. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf die Rechtsnormen des [X.] Abbruch 2007 stützen.

a) Nach § 1 Satz 1 der [X.] über zwingende Arbeitsbedingungen im Abbruchgewerbe (vom 20. März 2008, BAnz. 2008 Nr. 48) finden die „Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Abbruch- und Abwrackgewerbe ([X.] Abbruch) einschließlich Anhang (Lohngruppen) … auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am 1. April 2008 festgelegten Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 175 Abs. 2 des [X.] erbringt.“

b) Die Verordnung trat aber nach ihrem § 3 erst am 1. April 2008 in [X.] und erfasste daher aufgrund ihrer zeitlichen Geltung nicht das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis, welches bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2007 beendet war.

3. Der Kläger kann den Differenzlohnanspruch auch nicht auf Grundlage des [X.] Bau 2005 vom 29. Juli 2005 beanspruchen.

a) Der Anspruch ist bereits deshalb unbegründet, weil die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe (in der bis zum 7. März 2008 geltenden Fassung, BAnz. 2005 Nr. 164 S. 13 199, idF des [X.] vom 24. April 2006, [X.] I S. 926, 933, nachfolgend [X.]) während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht den Betrieb der Beklagten erfasste.

[X.]) Nach § 1 Satz 1 der [X.] über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe finden zwar die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung aufgeführten „Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der [X.] vom 29. Juli 2005 ([X.]) … auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am 1. September 2005 gültigen Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 175 Abs. 2 des [X.] erbringt.“

§ 2 Abs. 4 der [X.] bestimmt aber in der bis 7. März 2008 geltenden Fassung:

        

„(4) Diese Verordnung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbstständige [X.] von Arbeitgebern mit Sitz im Inland,

        

…       

        

5. die Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten ausführen, soweit ihre Leistungen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit anderen in den Betrieben oder in den selbstständigen [X.] in erheblichem Umfang anfallenden baulichen Leistungen stehen.“

bb) Danach sind die Rechtsnormen des [X.] Bau 2005 nicht auf die Parteien anzuwenden, weil der Betrieb der Beklagten von der Anwendungsausnahme nach § 2 Abs. 4 Nr. 5 der [X.] erfasst wird.

(1) Nach den Feststellungen des [X.]s gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Betrieb der Beklagten dem betrieblichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 [X.] unterfällt. Danach gilt der Tarifvertrag für „Betriebe sowie selbständige [X.], die ganz oder teilweise Bauwerke, Bauwerksteile oder einzelne Bauelemente aus Mauerwerk, Beton, Stahlbeton, Eisen, Stahl oder sonstigen Baustoffen, technische Anlagen - z. B. Industrieanlagen, Fabrikeinrichtungen - abbrechen, demontieren, sprengen, schneiden, sägen, bohren, pressen und Durchbruchsarbeiten ausführen; Schiffe abwracken; beim Abbrechen und Abwracken anfallende Stoffe recyceln; Altlasten beseitigen und Entkernungs- und Entschuttungsarbeiten ausführen.“

Da die Beklagte nach dem Vortrag der Parteien solche Arbeiten ausführt, wird sie zugleich von der Anwendungsausnahme nach § 2 Abs. 4 der 5. [X.] erfasst. Dafür sprechen auch die mit dem Kläger arbeitsvertraglich durchzuführenden Arbeiten „Beräumung Waldflächen vom Bauschutt, Demontage baulicher Anlagen, Flächenrenaturierung im Forstamt G“ und die Leistungsbeschreibung nach den Verdingungsunterlagen. Weiterhin geht der Kläger selbst davon aus, dass die Beklagte Arbeiten im Sinne der Anwendungsausnahme durchführt.

Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, die Beklagte führe „Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten“ iSd. Abschnitt 5 Nr. 29 [X.] aus, was wiederum für den betrieblichen Geltungsbereich des [X.] Bau 2005 maßgebend sei, ist dies nicht ausreichend. Dass die Leistungen der Beklagten, wie es von § 2 Abs. 4 der [X.] weiter verlangt wird, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit anderen in den Betrieben oder in den selbstständigen [X.] in erheblichem Umfang anfallenden baulichen Leistungen stehen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

(2) Das weitere Vorbringen der Revision, die Beklagte werde von der Anwendungsausnahme nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 der [X.] nicht erfasst, weil sie nicht Mitglied im [X.] [X.], im [X.] und -sägen [X.] [X.] oder im [X.] Nord [X.] sei, ist vorliegend ohne Bedeutung. Der Kläger übersieht, dass er sich insoweit auf die durch die Erste Verordnung zur Änderung der [X.] über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe (vom 27. Februar 2008, BAnz. 2008 Nr. 38 S. 891) geänderte Fassung der Anwendungsausnahme in § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 5. [X.] bezieht. Diese trat aber erst am 8. März 2008 in [X.]. Für die Dauer des bis Jahresende 2007 bestehenden Arbeitsverhältnisses galt diese geänderte Anwendungsausnahme jedoch nicht.

b) Darüber hinaus wäre ein etwaiger Anspruch nach dem [X.] Bau 2005 nach dessen § 2 Abs. 5 verfallen. Der Kläger hat seine [X.] nicht binnen sechs Monaten nach Fälligkeit, die nach § 2 Abs. 4 [X.] Bau 2005 am Fünfzehnten des Folgemonats eintritt, für den das Entgelt zu zahlen ist, gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

[X.]) Der Zweck tariflicher Ausschlussfristen besteht darin, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Dabei soll dem Schuldner der gegen ihn gerichtete Anspruch deutlich gemacht werden. Diese Funktion kann eine Geltendmachung nur erfüllen, wenn der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe wenigstens ungefähr ersichtlich gemacht wird. Deshalb müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein ([X.] 17. Mai 2001 - 8 [X.] [X.] b der Gründe mwN, [X.] § 70 Nr. 2 = EzA [X.] § 4 Ausschlussfristen Nr. 136). Der Schuldner soll anhand der Geltendmachung erkennen können, welche Forderung erhoben wird (vgl. nur [X.] 18. März 1999 - 6 [X.] - zu [X.] 3 a der Gründe, [X.] 1999, 420), damit er in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob er der Forderung entsprechen will oder welche Einwände ihm dagegen zur Verfügung stehen ([X.] 30. Mai 1972 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, AP [X.] § 4 Ausschlussfristen Nr. 50).

bb) Danach liegt eine fristgerechte Geltendmachung der Ansprüche des [X.] nicht vor. Der Kläger hat sich in dem Geltendmachungsschreiben vom 30. Januar 2008 für seine bezifferte Forderung ausschließlich auf den [X.] als Anspruchsgrundlage gestützt. Deshalb bestand für die Beklagte kein Anlass, weitergehend zu prüfen, ob der Anspruch möglicherweise auch noch aufgrund einer anderen tariflichen Bestimmung begründet ist, die im Wege der Verordnung auf das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Das erstmals in der Revisionsbegründung vom 16. September 2009 auf den [X.] Bau 2005 gestützte Verlangen wahrt nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist.

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hardebusch    

        

    Dierßen    

                 

Meta

4 AZR 467/09

20.04.2011

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Brandenburg, 16. Oktober 2008, Az: 2 Ca 340/08, Urteil

§ 1 Abs 3a S 1 AEntG vom 19.12.1998, § 4 Abs 5 TVG, § 1 S 1 AbbruchArbV 2, § 3 AbbruchArbV 2, § 5 Abs 1 TVG, § 1 S 1 BauArbbV 5, § 2 Abs 4 BauArbbV 5

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.04.2011, Az. 4 AZR 467/09 (REWIS RS 2011, 7338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7338

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