Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2013, Az. IV ZR 42/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7830

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 42/11

Verkündet am:

27. Februar 2013

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 8.
Februar 2013 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]
für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Teilurteil des [X.], [X.], vom 27. Januar 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Wert des Streitgegenstands wird für die [X.] auf bis 1.200

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht im Wege einer Stufenklage Pflichtteils-
und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen die Beklagte geltend und nimmt diese
in der zweiten Stufe auf Abgabe einer eidesstattlichen Versiche-rung in Anspruch.

Die Parteien sind Schwestern und neben zwei Brüdern Abkömm-linge ihres am 18.
Juni 2003 verstorbenen [X.], dessen Erbin die Be-1
2
-
3
-

klagte ist. Die Klägerin hat zunächst Auskunft über den Bestand und den Wert des Nachlasses
begehrt. Die Beklagte hatte vorprozessual [X.] erteilt, welche die Klägerin für nicht ausreichend hält.

Das [X.] hat die Klage bezüglich des Auskunftsbegehrens sowie die auf Verurteilung der Klägerin zur Auskunft über Zuwendungen und Schenkungen gerichtete Widerklage der [X.] zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin eine durch die Bewilligung von [X.] bedingte Berufung eingelegt. Das [X.] hat das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen.

Das [X.] hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß verurteilt,
"an Eides statt zu versichern, dass die von ihr erteilten [X.] über den Bestand des Nachlasses sowie erhaltener Schenkungen bzw. Zuwendungen des Erblassers vollständig und richtig sind".

Das [X.]
hat die Berufung der [X.] als unzu-lässig verworfen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der -
vom Ein-zelrichter zugelassenen
-
Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Nach dessen Auffassung übersteigt der Wert der mit der [X.] geltend gemachten Beschwer nicht gemäß §
511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO 3
4
5
6
7
-
4
-

den Betrag von 600

Aufwand an Zeit und Kos-ten, der durch das nochmalige Überprüfen der erteilten Auskunft auf Vollständigkeit entstehe
und entsprechend
gemäß §
22 Satz
1 Justizver-gütungs-
und -entschädigungsgesetz ([X.])
mit höchstens 17

Stunde bewertet werden könne. Der Zeitaufwand der [X.] sei mit höchstens 200

Kosten für weitere umfangreiche Recher-cheaufträge seien nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte müsse lediglich die bereits getätigten Angaben noch einmal durchsehen und bestätigen. Von ihr werde keine Neuerteilung der Auskünfte verlangt, sondern [X.] deren Ergänzung. Die Beklagte sei bereits im Auskunftsverfahren anwaltlich vertreten gewesen, so dass keine Notwendigkeit für eine [X.] anwaltliche Beratung vor und bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ersichtlich sei.
Auch wenn die Beklagte die eidesstattliche Versicherung nicht abgeben wolle, übersteige der Wert der Beschwer 600

I[X.] Das
hält
der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Die Zulassung der Revision durch den Einzelrichter führt entge-gen der Ansicht der Revision nicht wegen Verstoßes gegen das [X.] (Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG)
zur Aufhebung des Berufungsurteils. Der Einzelrichter ist im Berufungsver-fahren nach §
526 Abs.
1 ZPO erst nach Übertragung des Rechtsstreits durch das Kollegium zur Entscheidung berufen. Er darf -
und muss
-
die Sache, wenn er ihre grundsätzliche Bedeutung bejaht, nach §
526 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO dem Kollegium zur Entscheidung über eine Übernahme vorlegen, wenn sich die grundsätzliche Bedeutung aus einer "wesentli-chen Änderung der Prozesslage" ergibt, also nicht schon dann, wenn er 8
9
-
5
-

sie anders als das Kollegium von vornherein als grundsätzlich ansieht ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2003
VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900).

2. Das Berufungsurteil
ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil der Einzelrichter die Berufung als unzulässig verworfen hat. Die Zuständig-keit des Berufungsgerichts
insgesamt ist nach §
522 Abs.
1 Satz
1 ZPO nur für die Verwerfung im [X.] zwingend vorgesehen, die ge-mäß §
523 Abs.
1 Satz
1 ZPO der Entscheidung, ob der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen wird, vorhergeht. Dieser tritt nach §
526 Abs.
1 ZPO vollständig an die Stelle des Kollegiums. Er ist für die Ent-scheidung des Rechtsstreits insgesamt und damit auch für die [X.] durch Endurteil zuständig ([X.], Urteil vom 4.
April 2012
III ZR 75/11, NJW-RR 2012, 702 Rn.
10 m.w.[X.]).

3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Wert des [X.] 600

nicht übersteige.

a) Soweit das [X.] -
wie hier
-
gemäß den §§
2, 3 ZPO festzusetzen ist, kann die Bewertung durch das Berufungsgericht im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsge-richt die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens über-schritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Das ist insbeson-dere der Fall, wenn das Berufungsgericht maßgebliche Tatsachen ver-fahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nicht festgestellt hat (Senats-beschlüsse vom 27.
September 2000 -
IV ZB 6/00, NJW-RR 2001, 569 unter II; vom 29.
November 1995
[X.], [X.], 466 unter [X.]; 10
11
12
-
6
-

[X.], Beschluss vom 21.
Juni 2000 -
XII [X.], [X.], 3073 un-ter [X.]; jeweils m.w.[X.]).

b) Das Berufungsgericht hat
maßgebliche Umstände für die Be-messung der Beschwer der [X.] nicht berücksichtigt.

aa) Es ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Wert des [X.] auch im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten bemisst, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert sowie nach einem

hier nicht geltend gemachten

Geheimhaltungsinteresse des [X.] (Senatsbeschluss vom 29.
November 1995

[X.], [X.], 466
unter
[X.] a; [X.], Beschlüsse vom 29.
September 2010 -
XII ZB 49/09, [X.] 2011, 110 Rn.
6; vom 15.
September 2009 -
VI [X.], juris Rn.
1; Urteil vom 11.
Oktober 2000
[X.], [X.] 2001, 236 unter a; Beschlüsse vom 21.
Juni 2000 -
XII [X.], [X.], 3073
unter [X.]; vom 30.
März 2000
III Z[X.]/00, [X.], 2113 unter [X.] a; vom 4.
November 1998
[X.], [X.], 647 unter II; [X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 24.
November 1994 -
GSZ 1/94, [X.]Z 128, 85, 87
ff.;
jeweils m.w.[X.]).
Der Zeitaufwand ist gemäß §
22 Satz
1 [X.] mit maximal 17

e-natsbeschluss vom 10.
März 2010 -
IV ZR 255/08, [X.], 891 Rn.
6).

bb) Der zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Verurteilte ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu [X.] und zu berichtigen (Senatsbeschluss vom 29.
November 1995 13
14
15
-
7
-

[X.], [X.], 466 unter [X.] c aa m.w.[X.]). Die Einschaltung eines Rechtsanwalts kann dem verurteilten [X.] dann nicht ver-wehrt werden, wenn der [X.] nicht hinreichend bestimmt ge-nug ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstre-ckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse voraussetzt (Senatsbeschluss vom 29.
November 1995 aaO; Senatsurteil vom 2.
Juni 1993 -
IV ZR 211/92, NJW-RR 1993, 1154 unter 2 b
m.w.[X.]; [X.], Beschluss vom 21.
Juni 2000 -
XII [X.], [X.], 3073 unter [X.]).

cc) Der [X.] kann es nicht zugemutet werden, die eidesstatt-liche Versicherung ohne anwaltlichen Rat und Beistand abzugeben, weil der Inhalt der abzugebenden eidesstattlichen Versicherung im Teilurteil des [X.]s
nicht hinreichend bestimmt worden ist.

[X.] Ein Vollstreckungstitel ist bestimmt genug und zur [X.] geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang seiner Leistungspflicht bezeichnet. Das Vollstre-ckungsorgan muss in der Lage sein, allein mit dem Titel ohne Verwer-tung der Gerichtsakten oder anderer Urkunden die Vollstreckung durch-zuführen. Zwar ist der Titel selbst der Auslegung fähig. Es genügt jedoch nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des
Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann ([X.], Urteil vom 6.
November 1985 -
IVb [X.], NJW 1986, 1440 unter II 1 m.w.[X.]). Da die eidesstattli-che Versicherung ihrer Natur nach an eine vorangegangene Auskunft anknüpft, soll schon das Prozessgericht dementsprechend die Formel der Versicherung genau festlegen (Senatsbeschluss vom 29.
November 1995

[X.], [X.], 466 unter [X.] c bb m.w.[X.]).
16
17
-
8
-

(2) Hier bezieht sich der [X.] nicht auf bestimmte erteilte Auskünfte, etwa in dem vorprozessualen Schreiben des späteren Pro-zessbevollmächtigten der [X.] vom 11.
Juni 2004 oder in den von ihr selbst verfassten Schreiben an ihre Geschwister, sondern pauschal auf die "von ihr erteilten Auskünfte über den Bestand des Nachlasses sowie erhaltener Schenkungen bzw. Zuwendungen des Erblassers". Auch aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des erstin-stanzlichen Urteils ergibt sich nicht, welche Auskünfte der [X.] gemeint sind. Indes müssen die in Bezug genommenen Auskünfte [X.] im Zeitpunkt der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Einzelnen genau bezeichnet sein und sollten zweckmäßigerweise in ei-nem einheitlichen Verzeichnis zusammengefasst werden (Senatsbe-schluss vom 29.
November 1995

[X.], [X.], 466
unter
[X.] c bb m.w.[X.]).

dd) Die von der [X.] aufzuwendenden erforderlichen [X.] übersteigen die [X.].

[X.] Berücksichtigungsfähig ist jedenfalls der Aufwand des zur [X.] Verurteilten für den Fall, dass er die eidesstattliche Versicherung abgeben will. Durch die ihm zugebilligte anwaltliche Beratung über Inhalt und Umfang der Verurteilung kann er Aufklärung erhalten, dass dieses keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, und danach entscheiden, die [X.] Versicherung gleichwohl in der sich aus der Beratung erge-benden Weise abzugeben ([X.], Beschluss vom 21.
Juni 2000
-
XII [X.], [X.], 3073 unter [X.]).
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9
-

(2) Ausgehend von dem Interesse der Klägerin an der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Juni 2000
aaO unter II 1), das nach einem Teilwert ihrer Pflichtteilsquote auf 7.500

955,33

äß RVG VV 2300: 535,60

r-fahrensgebühr gemäß RVG VV 3309: 123,60

VV 3310: 123,60

% Umsatzsteuer: 152,53

Außerdem ist der eigene Zeitaufwand der [X.] für die Überprüfung der Angaben
auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu berück-sichtigen (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Juni 2000 aaO). Dieser kann entsprechend den -
vom Berufungsgericht zugrunde gelegten
-
Angaben der [X.] entsprechend §
22 Satz
1 JEVG mit ca. 200

zwölf Stunden) veranschlagt werden. Insgesamt belaufen sich die mit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verbundenen Kosten somit auf 1.155,33

a diese den Betrag von 600

21
-
10
-

kommt es auf die weiterhin von der [X.] geltend gemachten [X.] von 75

. Die [X.] ist in jedem Fall erreicht.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.10.2009 -
310 O 244/04 -

O[X.], Entscheidung vom 27.01.2011 -
2 U 32/09 -

Meta

IV ZR 42/11

27.02.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2013, Az. IV ZR 42/11 (REWIS RS 2013, 7830)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7830

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 42/11

III ZR 75/11

XII ZB 49/09

IV ZR 255/08

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