Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.03.2017, Az. XI R 6/16

11. Senat | REWIS RS 2017, 13194

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Gegenstand

Zur Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen an einen sogenannten Lotsendienst für Gründungswillige


Leitsatz

Leistungen eines Rechtsanwalts gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines Lotsendienstes für Gründungswillige sind nicht umsatzsteuerfrei .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 9. März 2016  2 K 2320/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob Leistungen des [X.] und Revisionsklägers (Kläger) gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten [X.] für Gründungswillige von der Umsatzsteuer zu befreien sind.

2

Der Kläger führte in den Streitjahren 2009 und 2010 neben Umsätzen aus der Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt die Unterrichtung von [X.] durch. Nach den vorgelegten Leistungsvereinbarungen wurde er hierbei von der [X.] (GmbH), einem sogenannten Lotsendienst, jeweils mit der Durchführung individueller Qualifizierungen für Existenzgründer beauftragt.

3

Die Verträge sahen eine mehrere Stunden umfassende qualifizierende juristische Beratung der in den [X.] namentlich aufgeführten [X.] vor, bei denen es vorwiegend um zivilrechtliche und wirtschaftsrechtliche Themen gehen sollte. Die Leistungen waren ausdrücklich nur für die Zeit vor der von den Beratenen geplanten Unternehmensgründung zu erbringen. Seine Leistungen wurden dem Kläger von der GmbH mit jeweils 50 € pro Stunde vergütet.

4

Den Vereinbarungen zwischen der GmbH und dem Kläger lag eine vom [X.], Gesundheit und Familie erlassene "Richtlinie ... zur Förderung der qualifizierenden Beratung von [X.] in der Vorgründungsphase, von Existenzgründerinnen und -gründern in der Startphase sowie bei der Begleitung von Unternehmensnachfolgen" vom 24. Januar 2007 ([X.], 524) zugrunde. Danach gewährte das [X.] die Finanzierung der als Lotsendienste bezeichneten Maßnahmen aus Mitteln des [X.] sowie eigenen Haushaltsmitteln. Die konkrete Wahrnehmung der Lotsendienste war gemäß 2.1.1 ff. der Richtlinie vom 24. Januar 2007 durch externe (private) Leistungserbringer vorgesehen.

5

Parallel zu den zuvor beschriebenen Qualifizierungsleistungen durch externe, regional gegliederte Lotsendienste sah die zuvor zitierte Richtlinie vom 24. Januar 2007 auch vor, dass an den Hochschulen des [X.] mit dem entsprechenden Tätigkeitsfeld der Vorgründungsberatung gründungswilliger Studenten und Absolventen eingerichtet wurden. Diese [X.] sollten u.a. auch in vergleichbarer Art und Weise die vom Kläger durchgeführten Aufgaben wahrnehmen. Diese universitären Lotsendienste werden seit 2007 an den [X.] Hochschulen für die Teilnehmer kostenlos angeboten.

6

In seinen Umsatzsteuererklärungen für 2009 und Voranmeldungen für das [X.] Kalendervierteljahr 2010 behandelte der Kläger die Umsätze aus der Tätigkeit im Rahmen des [X.] als steuerfrei. Aufgrund einer [X.] vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Ansicht, dass diese Umsätze steuerpflichtig seien, und erließ am 2. März 2011 einen entsprechenden Bescheid über Umsatzsteuer für 2009 sowie am 1. März 2011 [X.] für das [X.] Kalendervierteljahr 2010.

7

Im anschließenden Einspruchsverfahren erließ das [X.] nach Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung des [X.] für diesen Besteuerungszeitraum am 9. August 2012 einen Änderungsbescheid und wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 als unbegründet zurück. Das [X.] erließ während des Klageverfahrens zuletzt am 22. April 2013 einen Änderungsbescheid über Umsatzsteuer für 2010.

8

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage nur aus hier nicht streitigen Gründen statt und wies sie im Übrigen ab. Es vertrat die Auffassung, dass die streitigen Beratungsleistungen des [X.] nicht steuerfrei seien. Weder lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor, noch komme eine Umsatzsteuerbefreiung durch unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, i oder j der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in Betracht.

9

Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2016, 1124 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 4 Nr. 21 UStG. Überdies ergebe sich die Steuerbefreiung aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, g und [X.].

Er trägt im Wesentlichen vor, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG könne nicht an der fehlenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde scheitern. Der ablehnende Bescheid der Landesbehörde gegenüber der GmbH sei nichtig.

Er, der Kläger, könne sich auch unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Insbesondere handele es sich bei ihm um eine "Einrichtung" i.S. dieser Vorschrift. In vergleichbaren Fällen würde die [X.] gewährt. Dies sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Es lägen weiter die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL vor. Nur weil er, der Kläger, als Subunternehmer die Aufgabe der Daseinsfürsorge übernehme, könnten die Leistungen nicht steuerpflichtig werden. Es handele sich bei ihm in Bezug auf die streitigen Schulungsmaßnahmen um eine Einrichtung mit sozialem Charakter.

Ebenso würden die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. [X.] vorliegen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ergebe sich nicht, dass die Entgeltlichkeit der Leistungen des als Dritter in die Leistungserbringung eingeschalteten Trägers einer Bildungseinrichtung für die Steuerbefreiung maßgeblich sein soll. Auch auf diese Vorschrift könne er sich unmittelbar berufen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 und Änderung der Bescheide vom 2. März 2011 und 22. April 2013 die Umsatzsteuer für 2009 auf ... € und für 2010 auf ... € festzusetzen.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es trägt vor, die Beratungsleistungen des [X.] seien entgegen der Ansicht des [X.] schon vom Grundsatz her nicht steuerfrei.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Leistungen des [X.] gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten [X.] für Gründungswillige nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Weder kommt eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG (1.) noch eine solche nach Unionsrecht in Betracht (2.).

1. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ist, wie das [X.] zutreffend angenommen hat, nicht gegeben; es fehlt jedenfalls an der erforderlichen Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. [X.]. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] UStG.

a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. [X.] UStG sind die unmittelbar dem Schul- und [X.] dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit diese die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllen. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] UStG ist erforderlich, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass u.a. auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereitet wird. Bei der Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 21 UStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung, der die Finanzbehörden als auch die [X.] bindet (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 21. Februar 2013 V R 27/11, [X.], 487, [X.], 529, Rz 16; vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, [X.], 250, [X.], 879, Rz 50; vom 20. April 2016 XI R 6/14, [X.], 499, [X.], 828, Rz 21).

b) Danach fehlt es im Streitfall an einer entsprechenden Bescheinigung. Die zuständige Landesbehörde hat mit Bescheid vom 20. März 2012 der GmbH die Erteilung einer Bescheinigung abgelehnt. Auf den Vortrag des [X.], dass dieser Bescheid fehlerhaft oder sogar nichtig sei, kommt es nicht an. Es fehlt an einer Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG (hier die Erteilung der Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde). Der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Gegen den ablehnenden Bescheid der zuständigen Behörde hätte er im Klageverfahren vorgehen können (vgl. zur im Einzelfall erforderlichen Klageerhebung auch [X.], E[X.] 2016, 1126).

2. Zu Recht ist das [X.] auch davon ausgegangen, dass der Kläger sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen nicht auf das Unionsrecht berufen kann.

a) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern [X.] 77/388/[X.]) kommt nicht in Betracht.

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 25. April 2013 V R 7/11, [X.], 475, [X.], 976, Rz 21; vom 18. Februar 2016 V R 46/14, [X.], 421, [X.], 1120, Rz 27; jeweils m.w.N.).

[X.]) Danach befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer: "eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundene Dienstleistungen ..., einschließlich derjenigen, die durch ... Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden".

Der Begriff "Einrichtung" ist grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personen (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 7. September 1999 [X.], [X.]:[X.], [X.] --[X.]-- 1999, 419, Rz 21) und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. dazu [X.] und [X.] vom 26. Mai 2005 [X.]/03, [X.]:C:2005:322, [X.] 2005, 453, Rz 35 und 40; [X.] vom 28. November 2013 [X.]/12, [X.]:C:2013:778, [X.] --[X.]-- 2014, 177, Rz 28 und 31) zu erfassen.

Nach den [X.]-Urteilen Kügler vom 10. September 2002 [X.]/00 ([X.]:[X.], [X.] 2002, 513, Rz 54 und 58) und [X.] vom 15. November 2012 [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2013, 35, Rz 26) legt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören

das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der [X.] Sicherheit handeln kann,

das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse,

die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und

die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der [X.] Sicherheit.

cc) Allerdings sollen durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Durch diese Vorschrift werden nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind (vgl. [X.] vom 20. Juni 2002 C-287/00, [X.]:[X.], [X.] 2002, 852, Rz 45; [X.] vom 14. Juni 2007 [X.]/05, [X.]:[X.], [X.] 2007, Beilage 4, 389, Rz 14; [X.] und [X.] vom 16. Oktober 2008 [X.]/07, [X.]:[X.], [X.] 2009, 87, Rz 18; [X.] vom 21. Februar 2013 [X.]/12, [X.]:[X.], [X.] 2013, 338, Rz 18; [X.] u.a. vom 26. Februar 2015 [X.]/13, [X.]/13 und [X.]/13, [X.]:C:2015:116, [X.] 2015, 474, Rz 45). Folglich kann nicht jede Person, die eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausübt, als eine vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung angesehen werden. So hat der [X.] die Berufsgruppe der Rechtsanwälte von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen, da Dienstleistungen i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nur eines der Ziele des Anwaltsberufs darstellen können (vgl. [X.]-Urteil Ordre des [X.] und germanophone u.a. vom 28. Juli 2016 [X.]/14, [X.]:C:2016:605, [X.] 2016, 634, Rz 60 ff.).

[X.]) Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erbrachte die streitigen Dienstleistungen. Selbst wenn diese Dienstleistungen als solche unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen würden, stellen sie nur einen Teil seiner anwaltlichen Tätigkeit dar, die für die Qualifizierung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht ausreicht (vgl. [X.]-Urteil Ordre des [X.] und germanophone u.a., [X.]:C:2016:605, [X.] 2016, 634, Rz 60 ff.).

b) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/[X.]) scheidet gleichfalls aus.

aa) Wie bei Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL kann sich ein Steuerpflichtiger auch auf diese Vorschrift unmittelbar berufen (vgl. [X.]-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, [X.], 175, [X.] 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, [X.], 543, [X.] 2006, 143; vom 21. März 2007 V R 28/04, [X.], 59, [X.] 2010, 999, unter [X.], Rz 25).

[X.]) Nach dieser Vorschrift wird u.a. die "Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" von der Steuer befreit. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Einrichtung anerkannt ist. Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) ist dabei grundsätzlich auch auf den [X.] (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) zu übertragen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 59, [X.] 2010, 999, unter [X.][X.] (2), Rz 33; in [X.], 421, [X.], 1120, Rz 47; vom 10. August 2016 V R 38/15, [X.], 448, [X.], 1864, Rz 18).

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt es im Streitfall an einer Einrichtung mit sozialem Charakter (s. oben zu [X.]), so dass der Kläger auch nach dieser Vorschrift keine Steuerbefreiung erlangen kann.

c) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. [X.] kommt --wie das [X.] zutreffend entschieden hat-- ebenfalls nicht in Betracht.

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. [X.] berufen (vgl. z.B. [X.]-Urteil [X.] vom 14. Juni 2007 [X.], [X.]:[X.], [X.] 2007, 592, Rz 38; [X.]-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, [X.], 250, [X.] 2008, 323, unter [X.], Rz 37; in [X.], 433, [X.] 2014, 1687, Rz 15 ff.).

[X.]) Steuerfrei ist danach der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht. Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen [X.]-Urteil [X.] vom 28. Januar 2010 [X.]/08, ([X.]:[X.], [X.] 2010, 174, Rz 38) kommt es auf "Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht" beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2007, 592, Rz 26). Dem hat sich der [X.] angeschlossen (vgl. [X.]-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, [X.] 2014, 1175, Rz 20; in [X.], 433, [X.] 2014, 1687, Rz 17; jeweils m.w.N.).

Der Unterricht wird von einem Privatlehrer i.S. dieser Vorschrift erteilt, wenn der Unterricht "privat" erteilt wird (vgl. dazu [X.]-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, [X.], 435, Rz 21 f., m.w.N.). Dies kann auch gegenüber einer Einzelperson erfolgen. Erforderlich ist aber, dass der Unternehmer Träger der Bildungseinrichtung ist, an der die Bildungsmaßnahmen erbracht werden (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2010, 174, Rz 52 ff.). Der Unternehmer muss auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2007, 592, Rz 30). Daher sind Leistungen, die an einer anderen Bildungseinrichtung ausgeführt werden, in der Regel nicht "privat" (vgl. [X.] in [X.]/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 21 Rz 32; [X.], [X.] 2010, 166; Korn, [X.] Steuerrecht --DStR-- 2010, 688, 690; [X.] in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 21 Rz 339, der aber eine Präzisierung durch den [X.] fordert). Ob dies voraussetzt, dass der Unternehmer eigene Vertragsbeziehungen zu dem [X.] unterhalten muss, ist streitig (ablehnend [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2007, 592, Rz 32; [X.] in [X.]/Ringleb, a.a.[X.], § 4 Nr. 21 Rz 34; [X.] in Rau/Dürrwächter, a.a.[X.], § 4 Nr. 21 Rz 340; [X.], [X.] 2010, 161, 166; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], UStG § 4 Nr. 21 Rz 101; a.[X.], Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 739; zweifelnd auch Stadie, UStG, 3. Aufl., § 4 Nr. 21 Rz 12). [X.] ist aber eine Zwischenschaltung eines Dritten auf der Seite des Leistenden (vgl. Korn, [X.], 688, 690; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], UStG § 4 Nr. 21 Rz 101).

cc) Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall daran, dass der Kläger selbst Träger der Bildungseinrichtung ist. Die GmbH, nicht aber der Kläger, war Träger der Bildungseinrichtung Lotsendienst, an der er die Unterrichtung Gründungswilliger vornahm und Ausbildungsleistungen für die Teilnehmer an diesen Maßnahmen erbrachte (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2010, 174, Rz 52 ff.). Er war somit nicht "Privatlehrer" i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. [X.].

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 6/16

29.03.2017

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 9. März 2016, Az: 2 K 2320/12, Urteil

§ 4 Nr 21 UStG 2005, Art 132 Abs 1 Buchst g EGRL 112/2006, Art 132 Abs 1 Buchst i EGRL 112/2006, Art 132 Abs 1 Buchst j EGRL 112/2006, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 4 Nr 21 Buchst a DBuchst bb UStG 2005, § 4 Nr 21 Buchst b DBuchst bb UStG 2005, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.03.2017, Az. XI R 6/16 (REWIS RS 2017, 13194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13194

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 24/16

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