Bundessozialgericht, Urteil vom 24.06.2020, Az. B 4 AS 8/20 R

4. Senat | REWIS RS 2020, 2435

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Betriebskostenguthaben - einmalige Einnahme - Verteilung auf sechs Monate


Leitsatz

Rückzahlungen oder Guthaben, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung mindern (hier: Betriebskostenrückzahlung), sind nicht als Einmalzahlung auf einen Zeitraum von sechs Monaten zu verteilen, selbst wenn der Leistungsanspruch in einem Monat entfällt.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des [X.] vom 23. Juli 2019 aufgehoben sowie das Urteil des [X.] vom 20. November 2018 geändert.

Der Beklagte wird unter Änderung des endgültigen Leistungsbescheides vom 5. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2016 verurteilt, Ansprüche der Kläger auf [X.] in Form von Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung für Juni 2016 in Höhe von jeweils 124,07 Euro festzusetzen und den Klägern weiteres [X.] unter Anrechnung jeweils gezahlter 120,26 Euro zu leisten.

Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren für Juni 2016 nach einer vorläufigen Bewilligung von [X.] die endgültige Festsetzung und Zahlung weiterer Leistungen. Im Streit ist die Berücksichtigung des Guthabens aus einer Betriebskostenabrechnung.

2

Der 1958 geborene Kläger und seine Ehefrau, die 1968 geborene Klägerin, sind im November 1990 zusammen mit ihren Kindern (geboren 1989 und 1990) in die [X.] eingereist, wo zwei weitere Kinder geboren wurden. Die Kläger sind [X.] Staatsangehörige und waren im streitbefangenen [X.]raum im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.

3

Seit Mai 2001 leben die Kläger in einer 91,4 qm großen Wohnung in B., zunächst zusammen mit allen Kindern, in der [X.] von Januar 2016 bis jedenfalls Oktober 2016 nur noch mit den beiden 1989 und 1996 geborenen Söhnen. Die Wohnung wird mit einer Gasetagenheizung beheizt, über die auch die Warmwasserbereitung erfolgt. Für diese Wohnung fielen ab Januar 2016 Kosten in Höhe von insgesamt monatlich 680,37 [X.] an, die sich zusammensetzten aus einer Bruttokaltmiete in Höhe von monatlich 558,37 [X.] (Nettokaltmiete 394,76 [X.] sowie Vorauszahlung kalte Betriebskosten 163,61 [X.]) und einem Abschlag an den Gasversorger in Höhe von monatlich 122 [X.].

4

Vom 15.12.2014 bis zum [X.] war der Kläger erwerbstätig. Er verdiente im Februar 2016 und im Mai 2016 jeweils 1404 [X.] brutto (1120,04 [X.] netto) sowie im April 2016 1728 [X.] brutto (1378,52 [X.] netto), wobei ihm diese Verdienste jeweils im Folgemonat zuflossen. Der 1996 geborene [X.], der seit Februar 2016 ebenfalls erwerbstätig war, verdiente im Februar 2016 989,40 [X.] brutto (801,06 [X.] netto), im April 2016 1571,40 [X.] brutto (1175,17 [X.] netto) und im Mai 2016 1781,89 [X.] brutto (1330,45 [X.] netto). Auch diese Verdienste flossen ihm jeweils im Folgemonat zu.

5

Auf den im November 2015 für die [X.] ab Januar 2016 gestellten Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte den Klägern und dem 1996 geborenen [X.] - unter Zugrundelegung eines fiktiven bereinigten Erwerbseinkommens nur des [X.] in Höhe von monatlich 827,65 [X.] - [X.] für Januar 2016 bis Juni 2016 (Bescheid vom 14.12.2015), und zwar den Klägern in Höhe von jeweils monatlich 251,14 [X.] (Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs in Höhe von 81,05 [X.] und anteilig Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,09 [X.]) sowie dem [X.] in Höhe von monatlich 232,33 [X.] (Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs in Höhe von 62,24 [X.] und anteilig Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,09 [X.]). Diese Bewilligungen erfolgten unter Hinweis auf § 40 Abs 2 [X.] iVm § 328 Abs 1 Satz 1 [X.]B III ausdrücklich vorläufig, weil ua das tatsächliche monatliche Erwerbseinkommen noch nicht feststehe.

6

Mit der Begründung, dass der [X.] der Kläger wegen seines Erwerbseinkommens aus der Bedarfsgemeinschaft mit den Klägern ausscheide und das fiktive bereinigte Erwerbseinkommen des [X.] nur noch auf die Kläger zu verteilen sei, bewilligte der Beklagte allein den Klägern - weiterhin vorläufig - [X.] zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 120,26 [X.] (Änderungsbescheid vom 22.2.2016).

7

Im Juli 2016 reichten die Kläger eine Betriebskostenabrechnung (ohne Stromkosten) ihres Vermieters vom [X.] für den Abrechnungszeitraum Mai 2014 bis April 2015 ein. Aus dieser ergab sich eine Gutschrift in Höhe von 744,46 [X.], die dem Konto des [X.] noch im Februar 2016 gutgeschrieben worden war.

8

Der Beklagte stellte die Ansprüche der Kläger auf [X.] für Januar 2016 bis Juni 2016 endgültig fest (Bescheid vom 5.10.2016). Dabei errechnete er - außer für Januar 2016, für den er den Klägern höhere Leistungen zuerkannte als zuvor vorläufig bewilligt, und für Mai 2016, für den er Leistungen in Höhe von jeweils 0 [X.] feststellte - niedrigere Leistungen als zuvor bewilligt und ausgezahlt, ua für März 2016 und Juni 2016 nur noch in Höhe von jeweils monatlich 93,05 [X.] als Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung. Für die Monate März bis Juni legte er einen Bedarf der Kläger in Höhe von jeweils monatlich 503,07 [X.] zugrunde, der sich zusammensetzte aus dem Regelbedarf in Höhe von monatlich 364 [X.] und einem anteiligen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 139,07 [X.] (pro Kopf bei vier Personen), ausgehend von einem (verminderten) Gesamtbedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 556,28 [X.] (tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 680,37 [X.] abzüglich 124,08 [X.], entsprechend einem Sechstel der Betriebskostengutschrift in Höhe von 744,46 [X.]). Zudem berücksichtigte er für März und Juni 2016 das in diesen Monaten zugeflossene Erwerbseinkommen des [X.] aus Februar und Mai in Höhe von jeweils monatlich 1404 [X.] brutto/1120,04 [X.] netto, bereinigt um die Freibeträge in Höhe von monatlich 820,04 [X.].

9

Durch weitere Bescheide forderte der Beklagte darüber hinaus von den Klägern getrennt die Erstattung erbrachter Leistungen in Höhe von jeweils insgesamt 340,55 [X.] ([X.] vom 5.10.2016).

Die gegen die endgültige Festsetzung erhobenen Widersprüche der Kläger blieben ebenso erfolglos wie ihre jeweiligen Widersprüche gegen die [X.] (Widerspruchsbescheid vom 5.12.2016). Zur Begründung führte der Beklagte aus, Guthaben aus Betriebs- und Heizkostenabrechnungen mindere die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Folgemonat nach der Gutschrift. Das Guthaben sei auf einen [X.]raum von sechs Monaten zu verteilen, weil ansonsten die Leistungsansprüche für März 2016 aufgrund des Umfangs des Guthabens und der Höhe des Erwerbseinkommens des [X.] entfallen wären.

Die Kläger haben gegen den Leistungsbescheid vom 5.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.12.2016 (nur) insoweit Klagen erhoben, als damit ihre Leistungsansprüche für Juni 2016 endgültig festgesetzt worden sind, und höhere Leistungen für diesen Monat unter Berücksichtigung eines jeweiligen anteiligen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 340,18 [X.] (2 x 170,09 [X.]) begehrt. Die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Juni 2016 hätten ungemindert berücksichtigt werden müssen, weil das im Februar 2016 zugeflossene Betriebskostenguthaben gemäß § 22 Abs 3 [X.]B II nur dazu geführt habe, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Monat März 2016 auf 0 [X.] und im April 2016 um das verbliebene "Restguthaben" gemindert worden seien.

Diese - zunächst noch mit weiteren Klagen verbundenen - Klagen hat das [X.] unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 20.11.2018). Der Beklagte habe zu Recht für Juni 2016 nur die um jeweils ein Sechstel des Betriebskostenguthabens geminderten tatsächlichen Unterkunftskosten berücksichtigt.

Die Berufungen der Kläger, die sich nach Abtrennung durch das L[X.] (Beschluss vom [X.]) allein auf die Höhe der Leistungsansprüche für Juni 2016 beziehen, sind ebenfalls erfolglos geblieben (Urteil des L[X.] vom 23.7.2019). Zutreffend habe der Beklagte die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Juni 2016 nur gemindert berücksichtigt. § 22 Abs 3 [X.]B II stelle eine abschließende Sonderregelung zur Anrechnung eines Betriebskostenguthabens als Einkommen allein hinsichtlich der dort ausdrücklich geregelten Modalitäten dar, also hinsichtlich des Anrechnungszeitraums (nicht im [X.]), des Anrechnungsumfangs (abzugsfreie Saldierung durch Minderung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung) und des begünstigten Trägers (Abweichung von der Reihenfolge des § 19 Abs 3 Satz 2 [X.]B II). Im Übrigen fänden die in § 11 [X.]B II aufgestellten Grundregeln der Einkommensberücksichtigung Anwendung, mithin auch die Regelung des § 11 Abs 3 Satz 3 [X.]B II aF.

Mit ihren vom L[X.] zugelassenen Revisionen machen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 22 Abs 3 [X.]B II geltend, der eine abschließende Reglung für die Anrechnung von Betriebskostenguthaben vorsehe. Ein Rückgriff auf § 11 Abs 3 Satz 3 [X.]B II aF sei weder notwendig noch geboten.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom 23. Juli 2019 aufzuheben sowie das Urteil des [X.] vom 20. November 2018 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des endgültigen Leistungsbescheides vom 5. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2016 zu verurteilen, ihre Ansprüche auf [X.] in Form von Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung für Juni 2016 in Höhe von jeweils 124,07 [X.] festzusetzen und ihnen weiteres [X.] unter Anrechnung jeweils gezahlter 120,26 [X.] zu leisten.

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Revisionen der [X.]läger, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), sind begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Es bestehen im tenorierten Umfang weitere Ansprüche auf [X.] zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Monat Juni 2016, denn die [X.]läger sind wegen der rechtsfehlerhaften Berücksichtigung des [X.]s in einem weiteren Umfang hilfebedürftig gewesen als vom [X.] angenommen.

Gegenstand der Revisionsverfahren ist wegen der Trennung der Verfahren durch das [X.] neben den vorinstanzlichen Entscheidungen allein der Bescheid des [X.]n vom 5.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.12.2016, soweit der [X.] die Ansprüche der [X.]läger auf [X.] zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung für Juni 2016 endgültig in Höhe von jeweils 93,05 [X.] festgesetzt und es damit auch abgelehnt hat, weitere Zahlungen über den bereits geleisteten Betrag von 120,26 [X.] hinaus zu erbringen. Die [X.]läger waren berechtigt, die [X.]lage in zeitlicher Hinsicht auf den Monat Juni 2016, begrenzt auf höhere Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung, zu beschränken.

Mit der abschließenden Festsetzung der Leistungsansprüche der [X.]läger für Juni 2016 durch den Bescheid vom 5.10.2016 haben sich die vorläufigen Entscheidungen für diesen Monat (Bescheide vom 14.12.2015 und 22.2.2016) erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl nur BSG vom [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4225 § 1 [X.] Rd[X.]4). Zutreffende [X.]lageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, § 56 SGG; vgl dazu BSG vom [X.] - [X.] [X.]/16 R - juris Rd[X.]0 f; BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - [X.], 294 = [X.] 4-4200 § 41a [X.], Rd[X.]1), gerichtet auf die endgültige Festsetzung des vorläufig bewilligten und ausgezahlten [X.], und, soweit das [X.]lagebegehren auf weitere Zahlungen über die vorläufig erbrachten Leistungen hinaus zielt, die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).

Rechtsgrundlage der abschließenden Entscheidung für den hier allein streitbefangenen Monat Juni 2016 sind in materiell-rechtlicher Hinsicht § 19 iVm §§ 7 ff und §§ 20 ff [X.] idF, die das [X.] durch das Gesetz vom 24.6.2015 ([X.]) erhalten hat. In Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das zum damaligen [X.]punkt geltende Recht anzuwenden ([X.]; vgl nur BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - [X.], 294 = [X.] 4-4200 § 41a [X.], Rd[X.]9 mwN). [X.] war die abschließende Entscheidung nach Maßgabe des § 40 Abs 2 [X.] [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung iVm § 328 Abs 2 [X.]I zu treffen, weshalb das für den streitigen Monat Juni 2016 zu berücksichtigende Einkommen des [X.] in konkreter Höhe und nicht mit einem Durchschnittsbetrag im Bewilligungszeitraum (Januar 2016 bis Juni 2016) zu berücksichtigen war. Letzteres sieht erst § 41a Abs 4 Satz 3 [X.] in der ab [X.] geltenden Fassung vor. Eine abschließende Entscheidung zu einer nach alter Rechtslage ergangenen vorläufigen Bewilligung hat erst dann nach neuem Recht zu erfolgen, wenn der Bewilligungszeitraum, anders als hier, bei Inkrafttreten der Neuregelung zum [X.] noch nicht beendet war (BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - [X.], 294 = [X.] 4-4200 § 41a [X.], RdNr 21 ff).

Die [X.]läger gehörten im Juni 2016 zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.], denn sie sind 1958 und 1968 geboren, waren in diesem Monat erwerbsfähig sowie hilfebedürftig und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.]. Ein [X.] lag nicht vor. Insbesondere sind die [X.]läger als Ausländer nicht von den in § 7 Abs 1 Satz 2 [X.] geregelten Leistungsausschlüssen erfasst gewesen, weil sie nach den Feststellungen des [X.] jeweils über Aufenthaltstitel nach [X.]apitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (§ 7 Abs 1 Satz 3 [X.]) verfügten.

Entgegen der Auffassung des [X.] waren die [X.]läger im Juni 2016 in einem höheren Umfang hilfebedürftig als dies der [X.] im Rahmen der endgültigen Festsetzungsentscheidung angenommen hat. Den [X.]lägern stehen Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für Juni 2016 in Höhe von jeweils 124,07 [X.] zu, statt des von dem [X.]n abschließend zuerkannten Betrags von 93,05 [X.] und des zuvor vorläufig bewilligten und ausgezahlten Betrags von 120,26 [X.]. Für eine gleichmäßige Aufteilung des [X.]s aus der Betriebskostenabrechnung vom [X.] in Höhe von 744,46 [X.] auf sechs Monate und die entsprechende normative Berücksichtigung als Einkommen beginnend mit dem Zuflussfolgemonat März 2016 über Juni 2016 hinaus in Höhe von monatlich 124,08 [X.] (744,46 [X.] : 6) gibt es keine Rechtsgrundlage.

Im Juni 2016 haben nur die [X.]läger eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 [X.] iVm [X.] Buchst a [X.] gebildet, obwohl sie zusammen mit zwei Söhnen in einer Wohnung lebten. Ihr 1989 geborener [X.] war schon aufgrund seines Alters in diesem Monat nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 4 [X.]). Ihr 1996 geborener [X.] konnte seinen Bedarf in diesem Monat durch eigenes zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen decken, sodass er von § 7 Abs 3 Nr 4 [X.] ebenfalls nicht erfasst ist. Von seinen Bruttoeinnahmen im Juni 2016 (Verdienst für Mai 2016) in Höhe von 1781,89 [X.] waren nach § 11b Abs 1 Satz 1 [X.] und Nr 2 [X.] zunächst die auf das Einkommen entrichteten Steuern und die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung in Höhe von insgesamt 451,44 [X.] in Abzug zu bringen, woraus sich ein Nettoeinkommen im Höhe von 1330,45 [X.] errechnet. Weiter war der Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 100 [X.] (§ 11b Abs 2 Satz 1 [X.]) in Abzug zu bringen und der Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige in Höhe von 180 [X.] (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.], Abs 3 Satz 1 und Satz 2 [X.] [X.]; 20 % von 900 [X.]) sowie der weitere Zusatzfreibetrag in Höhe von 20 [X.] (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.], Abs 3 Satz 1 und Satz 2 Nr 2 [X.]; 10 % von 200 [X.]), sodass im Juni 2016 unter Berücksichtigung aller [X.] ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 1030,45 [X.] verblieb.

Der Bedarf der als Eheleute in Bedarfsgemeinschaft lebenden [X.]läger im Juni 2016 setzte sich zusammen aus dem Regelbedarf in Höhe von jeweils 364 [X.] (Regelbedarfsstufe 2 nach § 20 Abs 4 iVm Abs 5 [X.] iVm der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs 5 [X.] für die [X.] ab 1.1.2016 vom 22.10.2015 - [X.] 1792) und einem kopfteiligen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,09 [X.], der sich aus den tatsächlichen Gesamtaufwendungen für Unterkunft und Heizung im Juni 2016 (680,37 [X.]) für vier Personen errechnet.

Auf diesen jeweiligen Bedarf der [X.]läger in Höhe von 534,09 [X.] war bereinigtes Einkommen des [X.] im Juni 2016 in Höhe von 820,04 [X.] anteilig (§ 9 Abs 2 Satz 3 [X.]) in Höhe von 410,02 [X.] zu verteilen und bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Von den Bruttoeinnahmen, die dem [X.]läger im Juni 2016 zugeflossen sind (Verdienst für Mai 2016 in Höhe von 1404 [X.]), waren nach § 11b Abs 1 Satz 1 [X.] und Nr 2 [X.] zunächst die auf das Einkommen entrichteten Steuern und die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich die Beiträge zur Arbeitsförderung in Höhe von insgesamt 283,96 [X.] abzuziehen, woraus sich ein Nettoeinkommen in Höhe von 1120,04 [X.] ergab. Weiter war der Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 100 [X.] (§ 11b Abs 2 Satz 1 [X.]) in Abzug zu bringen und der Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige in Höhe von 180 [X.] (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.], Abs 3 Satz 1 und Satz 2 [X.] [X.]; 20 % von 900 [X.]) und der weitere Zusatzfreibetrag in Höhe von 20 [X.] (§ 11b Abs 1 Satz 1 [X.], Abs 3 Satz 1 und Satz 2 Nr 2 [X.]; 10 % von 200 [X.]), sodass im Juni 2016 unter Berücksichtigung aller [X.] ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 820,04 [X.] in Ansatz zu bringen war. Im Ergebnis folgt daraus ein Anspruch der [X.]läger auf [X.] von jeweils 124,07 [X.], das wegen § 19 Abs 3 Satz 2 [X.] für einen Teil der Bedarfe für Unterkunft und Heizung erbracht wird.

Eine Minderung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Juni 2016 durch das im Februar zugeflossene Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung vom [X.] in Höhe von 744,46 [X.] ist nicht eingetreten. Nach § 22 Abs 3 [X.] mindern Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die [X.]osten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben außer Betracht.

Zwar ist die Gutschrift aus der Betriebskostenabrechnung als Einkommen anzusehen und grundsätzlich iS des § 22 Abs 3 Halbsatz 1 [X.] dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen. Die Anwendung des § 22 Abs 3 [X.] ist vorliegend auch nicht durch seinen Halbsatz 2 (in der bis zum [X.] geltenden Fassung; zur Erweiterung dieser Regelung ab dem [X.] vgl Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R ) ausgeschlossen, weil das Guthaben sich nicht auf die [X.]osten der Haushaltsenergie (Stromkosten) bezieht. Allerdings ist der Zufluss bereits im Februar 2016 erfolgt, sodass er allein in den Folgemonaten März (vollständig) und April (anteilig in Höhe eines Restbetrages) die Bedarfe für Unterkunft und Heizung mindern konnte (vgl zur grundsätzlichen Möglichkeit einer Anrechnung auch für mehrere Monate ebenfalls Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R), nicht aber im Juni 2016. Eine Aufteilung der Gutschrift auf sechs Monate unter Anwendung von § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] in der anwendbaren Fassung, der § 11 Abs 3 Satz 4 [X.] in der ab dem [X.] geltenden Fassung entspricht, ist entgegen der Auffassung des [X.] auch dann nicht vorzunehmen, wenn der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung des Guthabens - wie hier im März 2016 - vollständig entfallen wäre.

Durch § 22 Abs 3 [X.] soll gerade vermieden werden, unterkunftsbezogene Rückzahlungen und Guthaben als Einkommen nach den allgemeinen Regelungen in §§ 11 ff [X.] zu berücksichtigen (so zuletzt BSG vom [X.] [X.]/17 R - juris RdNr 20; zu Modifikationen im Einzelnen vgl BSG vom [X.] - B 4 [X.]/11 R - [X.], 294 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]4 ff; vgl auch Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R), weil hiervon wegen § 19 Abs 3 Satz 2 [X.] zunächst der [X.] profitieren würde, obwohl die überzahlten Beträge im Regelfall von den [X.]ommunen aufgebracht worden sind; Einkommen aus unterkunftsbezogenen Rückzahlungen und Guthaben ist deshalb ausschließlich dem Bedarfsermittlungsregime des § 22 [X.] zu unterstellen und unmittelbar von den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abzusetzen, damit es im Ergebnis zu einer Entlastung der kommunalen Träger kommt (vgl BT-Drucks 16/1696 S 26 f, zur Vorgängerregelung § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]; vgl auch BSG vom 12.12.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2; BSG vom [X.] [X.]/17 R - juris RdNr 20; Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R). § 22 Abs 3 [X.] enthält für Rückzahlungen und Guthaben von [X.] also ein von den allgemeinen Regelungen in § 19 Abs 3 Satz 2 iVm §§ 11 ff [X.] grundsätzlich abweichendes Berücksichtigungssystem.

§ 22 Abs 3 [X.] ist deshalb als abschließende Sonderregelung anzusehen, was einer Verteilung von entsprechenden Rückzahlungen und Guthaben als Einmalzahlung iS von § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] entgegensteht (aA Nippen, [X.] SGB 2014, 71, 76; dem folgend [X.] in [X.], [X.], § 22 RdNr 263 am Ende, Stand August 2019). § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] stellt für sich genommen im Gefüge der allgemeinen Vorschriften zur Einkommensberücksichtigung schon eine Ausnahmeregelung dar. Dies spricht erst recht gegen eine Anwendung im besonderen Regelungszusammenhang von § 22 Abs 3 [X.].

Anders als das [X.] meint, fordern weder Wortlaut noch Zweckrichtung von § 22 Abs 3 [X.] eine dieser Gesetzessystematik entgegenstehende Anwendung von § 11 Abs 3 Satz 3 [X.]. Soweit § 22 Abs 3 [X.] vorschreibt, dass Rückzahlungen oder Gutschriften nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung mindern, schließt dies zwar eine Verteilung auch auf sechs Monate nach dem Begriffsverständnis des Wortes "nach" nicht aus (vgl Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R). § 22 Abs 3 [X.] steht aber ausdrücklich einer Anwendung der Eingangsregelung von § 11 Abs 3 Satz 1 [X.] entgegen. § 11 Abs 3 Satz 1 [X.] ordnet die Berücksichtigung von Einmalzahlungen grundsätzlich bereits im Monat des Zuflusses an, während nach § 22 Abs 3 [X.] eine Anrechnung stets erst nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift vorgesehen ist. Nur im Ausnahmefall des § 11 Abs 3 Satz 2 [X.] (seit dem [X.]: § 11 Abs 3 Satz 3 [X.]), wenn im Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahmen erbracht wurden, ist die Berücksichtigung im Folgemonat eröffnet (vgl Söhngen in [X.]/Voelzke, jurisP[X.]-[X.], 5. Aufl 2020, § 11 RdNr 82). Als weitere Ausnahmeregelung hiervon ist auch § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] anzusehen, der die Verteilung auf sechs Monate vorsieht, wenn der Leistungsanspruch durch die Anrechnung der einmaligen Einnahme in einem Monat entfiele, und damit eine normative Abweichung von der grundsätzlich vorzunehmenden vollständigen Anrechnung im [X.] oder Folgemonat regelt (vgl nur [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 11 RdNr 466 ff, Stand XII/2019, mwN).

Systematisch spricht gegen die Anwendung von § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] zudem, dass Rückzahlungen oder Gutschriften iS des § 22 Abs 3 [X.] nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung mindern, nicht aber den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können sie deshalb von vornherein nicht entgegenstehen (so in dem Fall, der dem Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R - zugrunde lag). § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] könnte deshalb ohnehin nur in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - unabhängig von Rückzahlungen oder Gutschriften iS des § 22 Abs 3 [X.] - nicht zu erbringen sind, weil noch weiteres Einkommen zu berücksichtigen ist. Im Falle der Anwendung von § 11 Abs 3 Satz 3 [X.] auf Rückzahlungen oder Gutschriften iS des § 22 Abs 3 [X.], die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung eines vollständigen Monats überschreiten, müsste deshalb wegen dieser Beschränkung des Anwendungsbereichs mit einem gewissen Verwaltungsaufwand stets differenziert werden, ob noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht werden oder solche Ansprüche - wie hier wegen der Berücksichtigung weiteren Einkommens - nicht bestehen.

§ 11 Abs 3 [X.] steht schließlich in einem engen systematischen Zusammenhang zu der weiteren auf Einmalzahlungen bezogenen Ausnahmebestimmung des § 11b Abs 1 Satz 2 [X.], die den Abzug von Absetzbeträgen bei Einmalzahlungen, die zu verteilen sind, regelt. Dass solche Absetzungen, die für die Beurteilung von Bedeutung sind, ob der Leistungsanspruch in einem Monat vollständig entfällt (dazu im Einzelnen [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 11 RdNr 466, 482, Stand XII/2019), im Rahmen des § 22 Abs 3 [X.] ebenfalls in Betracht kommen könnten, obwohl sie in dieser Vorschrift nicht vorgesehen sind, spricht ebenfalls gegen die Anwendung von § 11 Abs 3 Satz 3 [X.].

Schließlich ist mit einer normativen Verteilung von Einkommen auf einen längeren [X.]raum stets die Gefahr eines vorzeitigen Verbrauchs und damit von Bedarfsunterdeckungen in späteren [X.]räumen verbunden. Der Wegfall bereiter Mittel könnte in einem solchen Fall - letztlich zu Lasten der [X.]ommunen und damit entgegen dem Normzweck - einer weiteren Anrechnung überhaupt entgegenstehen oder Darlehensleistungen nach § 24 Abs 4 Satz 2 [X.] erfordern (vgl dazu Senatsurteil vom heutigen Tage - B 4 [X.]/20 R). Viel eher entspricht es dem Normzweck des § 22 Abs 3 [X.], wenn die Verteilung der unterkunftsbezogenen Gutschriften oder Rückzahlungen in der Weise vorgenommen wird, dass sie die Aufwendungen in den Folgemonaten sofort vollständig mindern. Denn die Entlastung erfolgt in diesem Fall zum frühesten möglichen [X.]punkt und auch unabhängig von den genannten Unwägbarkeiten.

Weil danach für den Monat Juni 2016, der alleine im Streit ist, eine Anrechnung der im Februar 2016 zugeflossenen Rückzahlung unter keinen Umständen in Betracht kommt, kann dahinstehen, ob eine Anrechnung im Monat Juni 2016 auch deshalb ausgeschlossen war, weil ein Leistungsanspruch im Mai 2016 schon unabhängig von dem [X.] entfallen ist, mit der möglichen Folge, dass die Zahlung im Juni 2016 allenfalls als Vermögen hätte berücksichtigt werden dürfen (vgl zu der sich insoweit stellenden Frage der Überwindung der Hilfebedürftigkeit [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 11 RdNr 479 ff, Stand XII/2019).

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 4 AS 8/20 R

24.06.2020

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 20. November 2018, Az: S 78 AS 338/17, Urteil

§ 22 Abs 3 SGB 2 vom 13.05.2011, § 11 Abs 3 S 3 SGB 2 vom 13.05.2011

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.06.2020, Az. B 4 AS 8/20 R (REWIS RS 2020, 2435)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2435

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