Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2007, Az. VIII ZB 123/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4542

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[X.] ZB 123/06 vom 27. März 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 513, 520, 529, 531 Auch unter der Geltung des reformierten Zivilprozessrechts ist es zulässig, die mit der Berufung erstrebte Abänderung des erstinstanzlichen Urteils ausschließlich mit neuen Angriffs- und [X.] zu begründen, soweit diese in der Beru-fungsinstanz zu berücksichtigen sind. Einer Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils bedarf es in diesem Falle nicht. [X.], Beschluss vom 27. März 2007 - [X.] 123/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] [X.] und die Richterin Dr. [X.] am 27. März 2007 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des [X.] vom 9. November 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.]. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 11.680,68 •. Gründe: [X.] Der Kläger verlangt Räumung und Herausgabe einer an die Beklagten vermieteten Wohnung samt [X.]. Den Anspruch begründet er mit [X.] fristlosen - hilfsweise ordentlichen - Kündigung vom 25. Oktober 2005. 1 - 3 - Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. März 2006 abgewiesen. Es hat dabei u.a. ausgeführt, der Räumungsanspruch des [X.] sei "derzeit noch nicht fällig". Das Mietverhältnis sei nicht durch die fristlose Kündigung, sondern erst durch die (hilfsweise) ordentliche Kündigung beendet worden. Damit ende das Mietverhältnis erst zum 30. April 2006. Gegen dieses Urteil hat der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des [X.] rechtzeitig Berufung eingelegt und begründet. In seiner Begründung vom 29. Mai 2006 hat sich der Kläger darauf berufen, dass nunmehr sein Räumungsanspruch fällig sei. 2 Durch Beschluss vom 9. November 2006 hat das Landgericht die Beru-fung des [X.] als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nicht beschwert, da er das erstinstanzliche Urteil nicht angefoch-ten habe. Er stütze seine Berufung ausschließlich auf die ordentliche Kündigung und dabei auf den inzwischen eingetretenen Zeitablauf. 3 Gegen diesen, dem Klägervertreter am 23. November 2006 zugestellten Beschluss hat der Kläger durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt am 7. Dezember 2006 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Fristverlängerung begründet. 4 I[X.] 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statt-hafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die [X.] Entscheidung verletzt den Kläger in seinem Verfahrensgrundrecht auf wir-kungsvollen Rechtsschutz. 5 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Berufung nicht deswegen unzulässig, weil der Kläger durch das amtsgerichtliche Urteil nicht beschwert wäre oder weil 6 - 4 - er eine derartige Beschwer nicht mit der Berufung geltend gemacht oder die Berufung nicht ausreichend begründet hätte. Die für den unterlegenen Kläger formell zu bestimmende Beschwer er-gibt sich daraus, dass das Amtsgericht den in der ersten Instanz gestellten Räumungsantrag des [X.] abgewiesen hat. Die darin liegende Beschwer hat der Kläger auch mit der Berufung geltend gemacht, indem er sein Räumungs-verlangen mit der Berufungsbegründung weiterverfolgt hat. Der Zulässigkeit der Berufung steht ferner nicht entgegen, dass der Kläger das [X.] in seiner Berufungsbegründung allein auf die ordentliche Kündigung des [X.] gestützt hat. Eine Änderung (oder Erweiterung) der Klage ist darin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu sehen; denn schon in der ersten Instanz hat der Kläger den Räumungsanspruch auch mit der neben der fristlosen Kündigung vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung begründet. Ob die Ausführungen des Amtsgerichts zur Wirksamkeit dieser Kündigung nur ein "obiter dictum" darstellen, wie das Berufungsgericht meint, ist für die Frage der Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung. 7 Richtig ist allerdings, dass der Kläger die Begründung des amtsgerichtli-chen Urteils in keinem Punkt angegriffen hat. Soweit das Amtsgericht die [X.] Kündigung für unwirksam gehalten hat, nimmt die [X.] dies hin. Dasselbe gilt bezüglich der Auffassung des Amtsgerichts, der auf die ordentliche Kündigung gestützte Räumungsanspruch sei im Zeit-punkt der amtsgerichtlichen Entscheidung noch nicht fällig, die Räumungsklage daher als derzeit unbegründet abzuweisen gewesen. Damit fehlt es in der Tat an einem Angriff der Berufung gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Ent-scheidung. Auch dies steht der Zulässigkeit der Berufung indessen nicht entge-gen. Die mit der Berufung erstrebte Abänderung des erstinstanzlichen Urteils kann nach gefestigter Rechtsprechung auch ausschließlich mit neuen Angriffs- 8 - 5 - oder [X.] begründet werden; in einem solchen Fall bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils ([X.], Urteil vom 25. Dezember 1996 [X.], NJW 1997, 859, unter II 1 m.w.Nachw., zu § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.). Daran ist, wie sich aus § 513 Abs. 1 Alt. 2, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, § 529 Abs. 1 ZPO ergibt, auch unter der Geltung des reformierten Zivilprozessrechts festzuhalten, allerdings mit der Ein-schränkung, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in der [X.] nur unter den engen Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zu berück-sichtigen sind. Hiernach durfte sich der Kläger zur Begründung seiner Berufung darauf beschränken, sich hinsichtlich der Wirksamkeit und des Wirkungszeitpunkts der vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung die ihm insoweit günsti-gen Ausführungen des amtsgerichtlichen Urteils zu eigen zu machen und er-gänzend lediglich darauf abzustellen, dass die in der ersten Instanz noch [X.] Fälligkeit des Räumungsanspruch zwischenzeitlich eingetreten sei. § 531 Abs. 2 ZPO steht der Berücksichtigung dieses neuen Vorbringens nicht entge-gen, da die Fälligkeit des Räumungsanspruchs nach der vom Kläger nicht an-gegriffenen Auffassung des Amtsgerichts erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz mit Ablauf des 30. April 2006 eingetreten ist und daher in erster Instanz nicht geltend gemacht werden konnte (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). 9 - 6 - 3. Die Sache ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). 10 Ball [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.03.2006 - 165 C 10882/05 - [X.], Entscheidung vom 09.11.2006 - 12 S 258/06 -

Meta

VIII ZB 123/06

27.03.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2007, Az. VIII ZB 123/06 (REWIS RS 2007, 4542)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4542

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