Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2023, Az. 2 StR 87/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 7299

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2022 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten in einem ersten Rechtsgang wegen schwerer räuberischer Erpressung und schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil durch Beschluss vom 20. Januar 2017 – 2 StR 509/16 ([X.], 300 f.) mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen. Nach Beschränkung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat das [X.] den Angeklagten nunmehr wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt; außerdem hat es eine Kompensationsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2

Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

1. Am 19. April 2012 begaben sich der Angeklagte, der gesondert verurteilte B.        und der Zeuge [X.]in der [X.] zwischen 4.35 Uhr und 5.35 Uhr zur      -Tankstelle in E.      , um diese zu überfallen. B.       fungierte als Fahrer. Gemeinsam mit [X.]  , der ein Messer mitführte, betrat der Angeklagte, der eine Pistole bei sich hatte, den Verkaufsraum. Dem Kassierer [X.]     hielt [X.]das Messer vor das Gesicht und forderte ihn auf, Geld herauszugeben. [X.]  begab sich mit [X.]     hinter die Theke, während der Angeklagte, der mit der Pistole drohte, im Laden stehen blieb. [X.]     öffnete die Kassenschublade. [X.]  entnahm daraus 400 Euro Bargeld, ergriff drei Pakete Zigaretten und verließ mit dem Angeklagten das Tankstellengebäude.

4

2. Der Angeklagte hat behauptet, [X.]wolle ihn zu Unrecht belasten, weil damals zwischen ihm und [X.]„[X.]“ geherrscht habe. Das [X.] hat die bestreitende Einlassung für nicht überzeugend erachtet. Es ist der Aussage des gesondert verfolgten Zeugen [X.]gefolgt, die in die Feststellungen eingeflossen ist. Dieser hat unter anderem bekundet, er habe bei dem Überfall auf die Tankstelle [X.] eine Handgranatenattrappe an den Kopf gehalten; deshalb sei der zu einer von ihm begangenen Serie von Taten gehörenden Überfall für ihn einprägsam gewesen. Der Angeklagte sei bei dieser Tat dabei gewesen.

II.

5

Die Revision ist begründet, weil die Beweiswürdigung rechtlich zu beanstanden ist.

6

1. Die Beweiswürdigung ist allerdings Sache des Tatgerichts. Diesem allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 26. Mai 2009 – 1 [X.], [X.]St 54, 15, 18; Beschluss vom 12. August 2021 – 3 [X.], [X.]St 66, 226, 236; Urteil vom 26. Januar 2023 – 3 [X.] Rn. 16; Beschluss vom 29. Januar 2020 – 4 [X.] Rn. 7, [X.]. mwN).

7

2. Auch nach diesem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab begegnet das angefochtene Urteil durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

8

a) Nach den getroffenen Feststellungen hat der Zeuge [X.]den Geschädigten mit einem Messer bedroht. In den Beweisgründen des Urteils hat das [X.] ausgeführt, der Zeuge [X.]habe bekundet, er habe mit einer Handgranatenattrappe gedroht. Von einer Handgranatenattrappe als Drohmittel war aber auch in der Aussage des bedrohten Zeugen [X.]    nicht die Rede; dieser hat vielmehr von einer Drohung mit einem Messer berichtet, die das [X.] auch festgestellt hat.

9

b) Anhand der Urteilsgründe ist nicht nachzuvollziehen, ob sich die Strafkammer des Widerspruchs zwischen den Aussagen der Zeugen [X.]  und [X.]   bewusst war und gegebenenfalls, wie es den Widerspruch aufgelöst hat. Weil die Abweichung im Hinblick auf das von dem Täter eingesetzte Drohmittel, das von diesem bei seiner Zeugenaussage als markante Einzelheit der Tatausführung bezeichnet wurde, einen wesentlichen Aspekt des Kerngeschehens betrifft, hätte sich das [X.] mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte – möglicherweise aufgrund einer Verwechslung – zu Unrecht belastet wurde.

[X.]     

  

Eschelbach     

  

Richter am [X.] Meyberg
ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.

  

  

  

  

[X.]

  

Grube     

  

[X.]     

  

Meta

2 StR 87/23

12.09.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 10. Oktober 2022, Az: 64 KLs 5/17

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2023, Az. 2 StR 87/23 (REWIS RS 2023, 7299)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7299

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3 StR 154/22

3 StR 441/20

2 StR 509/16

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