Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.11.2015, Az. 28 W (pat) 523/13

28. Senat | REWIS RS 2015, 2360

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "rot (Farbmarke)" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 037 867.6

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 13. November 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Friehe, der Richterin [X.] sowie des Richters am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bildmarke „rot“ ([X.] 3020, [X.] 255/0/15)

Abbildung

2

ist am 3. Juli 2012 zur Eintragung als Marke in das bei dem [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Waren der

3

Klasse 7: Schraubfedern (Maschinenteile) zum Einsatz als Energiespeicher in einem hydraulischen Antrieb für Hochspannungs-Leistungsschalter

4

angemeldet worden.

5

Mit Beschluss vom 14. Mai 2013 hat die Markenstelle für Klasse 7 die Anmeldung wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sowie des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen.

1.

6

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die beanspruchten Waren „Schraubfedern (Maschinenteile) zum Einsatz als Energiespeicher in einem hydraulischen Antrieb für Hochspannungs-Leistungsschalter“ würden im Bereich der Stromversorgung eingesetzt. Entsprechende Leistungsschalter würden dabei regelmäßig in Kombination mit dem Netzschutz in Hochspannungsnetzen als Überstromschutzeinrichtung und überall dort eingesetzt, wo große Verbraucher geschaltet und geschützt würden. Diese Schalter seien oft Teil einer NOT-AUS-Einrichtung. Ausweislich der einschlägigen Produktinformation der Anmelderin würde hier der hohe Stellenwert der Federn insbesondere zum Zwecke der Energiespeicherung innerhalb eines solchen Leistungsschalters deutlich. Eine rote Kennzeichnung der Schraubfedern könne optisch deren Bedeutung innerhalb eines derartigen Schalters als Schutzeinrichtung unterstreichen, weshalb der Farbe Rot diesbezüglich nur eine Symbolwirkung zukomme.

7

Die maßgeblichen Fachkreise für die von der Anmeldung erfassten Waren seien Fachkräfte im Bereich der Elektrizität oder Elektroindustrie. In diesem Bereich gelte die Farbe „Rot“ üblicherweise als Signal- oder Warnfarbe, wie z. B. der allgemein bekannte „[X.]“. Die Farbe „Rot“ sei als Primärfarbe und daher gewöhnliche Farbe, wie auch die konkret angemeldete Farbe „Rot – [X.] 3020“ (= verkehrsrot), aufgrund ihrer besonders auffälligen optischen Wirkung in zahlreichen Zusammenhängen als Warn- und Signalfarbe gebräuchlich und dementsprechend bekannt. So sei sie generell für alle sicherheitsrelevanten Anwendungen einschlägig. Zudem könne mit dem Betrieb eines Leistungsschalters auch ein Gefahrenpotential verbunden sein, da bestimmte Teile des Leistungsschalters unter gefährlicher elektrischer Spannung bzw. hoher Stromstärke stehen könnten. Wie groß dieses Gefahrenpotential im Einzelnen sein könne, ob es sich dabei um eine massive, möglicherweise lebensbedrohliche Gefährdung handele oder nur eine vergleichsweise geringfügige Restgefahr gegeben sein könne, sei vorliegend nicht entscheidungsrelevant. Maßgeblich sei allein, ob die angemeldete Farbe im Hinblick auf das vorhandene Gefahrenpotential als Warn- und Schutzmaßnahme in Betracht komme.

8

Hinzu komme, dass [X.] üblicherweise einen rötlichen Farbton (Mennigfarbe) aufweise und die vorliegenden Waren vornehmlich aus Metall gefertigt würden, so dass sie vor der Endlackierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegen Rost behandelt würden. Ein rötlicher Farbton könne somit auch einen produktionstechnisch bedingten Farbton für diese Waren darstellen.

9

Eine entsprechende Einfärbung von Schraubfedern als wesentliche Teile eines hydraulischen Antriebes für Hochspannungs-Leistungsschalter sei somit geeignet, eine Symbol- und Warnfunktion auszuüben bzw. für den Verkehr in unmittelbarer Art und Weise ein „sonstiges Merkmal“ der Waren i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu beschreiben. Es sei deshalb von einem schutzwürdigen Allgemeininteresse der Mitbewerber an der freien Verfügbarkeit der zur Eintragung ins Markenregister angemeldeten Farbe auszugehen.

2.

Der Marke fehle zudem jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Verbraucher würden Farben in aller Regel nur als ein bloßes Gestaltungsmittel wahrnehmen, weil diese für gewöhnlich lediglich als dekoratives Element oder als sachbezogenes Ausdrucksmittel verwendet würden, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen. Aus diesem Grund besitze eine Farbmarke nur unter außergewöhnlichen Umständen bereits von Haus aus die erforderliche Unterscheidungskraft, so dass ihre Eintragung als Marke ohne den Nachweis ihrer Verkehrsdurchsetzung für den Anmelder nur im Ausnahmefall in Betracht komme. Zur Feststellung dieser besonderen Umstände habe das [X.] ein Prüfungsschema entwickelt, das vom [X.] im Wesentlichen bestätigt worden sei:

1) So sei zunächst zu prüfen, ob der Farbenschutz für einen „spezifischen Markt“ beansprucht werde, da eine Wahrnehmung abstrakter Farben als betriebliche Herkunftshinweise regelmäßig nur in einem überschaubaren Bereich von Waren mit entsprechenden Kennzeichnungsgewohnheiten anzunehmen sei.

2) Weiterhin sei zu erörtern, ob für die betroffenen Waren Farben überhaupt als betriebliche Herkunftshinweise in Betracht kommen könnten.

3) Wenn diese Möglichkeit nicht auszuschließen sei, müsse geklärt werden, ob und inwieweit in der fraglichen Branche tatsächlich eine Gewöhnung des Verkehrs an Farben als Kennzeichnungsmittel erfolgt sei.

Vorliegend werde der Farbmarkenschutz für einen kleinen Bereich von Waren beansprucht. Dies erfülle allerdings nicht ohne weiteres die Voraussetzungen eines „spezifischen Marktes“, sondern es sei vielmehr die zusätzliche Feststellung erforderlich, dass in dem fraglichen Marktsegment Farben ausnahmsweise nicht nur dekorativ, sondern betriebskennzeichnend aufgefasst würden.

Die Anmelderin habe nicht dargelegt, dass auf Grund der besonderen Umstände eines spezifischen Marktes, abweichend vom Regelfall, unter Berücksichtigung von Besonderheiten bei der Präsentation im Geschäftsverkehr, Farben vom angesprochenen Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis bewertet würden. Auch eigene Ermittlungen der Markenstelle hätten zu keinem (positiven) Ergebnis geführt. Vielmehr hätten diese zu Tage gebracht, dass es auf dem Markt der Schraubfedern Ausführungen in diversen Farben, insbesondere rot, bereits gebe und die vorliegend angemeldete Farbe nicht deutlich aus diesem Farbspektrum herausfalle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 21. Juni 2013, welche sie - entgegen ihrer Ankündigung der Nachreichung einer zeitnahen Begründung - nicht begründet hat.

II.

Die zulässige Beschwerde ist aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen, da der Eintragung des [X.] die Schutzhindernisse einer fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sowie eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstehen.

Der Senat konnte über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Anmelderin keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und eine solche auch nicht sachdienlich erschien, § 69 [X.].

Den zutreffenden Ausführungen der Markenstelle ist nach Auffassung des Senats nichts hinzuzufügen. Mangels der Einreichung einer Beschwerdebegründung ist zudem auch nicht ersichtlich, inwieweit die Beschwerdeführerin die Ausführungen der Markenstelle beanstandet.

Meta

28 W (pat) 523/13

13.11.2015

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.11.2015, Az. 28 W (pat) 523/13 (REWIS RS 2015, 2360)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2360

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