Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.02.2024, Az. III ZR 63/23

3. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 1234

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Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] vom 16. März 2023 gemäß § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 30.000 €

Gründe

I.

1

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das sich in der Nachbarschaft eines in der Straßenbaulast der beklagten Gemeinde befindlichen [X.] befindet. Sie nehmen die Beklagte darauf in Anspruch, den Zufluss von Oberflächenwasser von dem Weg auf ihr Grundstück zu unterlassen.

2

In einem zwischen den [X.]en im [X.] an ein selbständiges Beweisverfahren geführten Rechtsstreit verpflichtete sich die Beklagte 2008 durch einen Vergleich (Anlage [X.]) unter anderem, den Bereich zwischen der Ortsgrenze und der Grundstücksgrenze des Anwesens der Kläger mit [X.] auszubauen sowie "grundstückseitig" eine sogenannte [X.] einzubauen, die zwischen 28 cm und 23,5 cm über die Pflasterfläche hinausragt, um "sicher zu vermeiden", dass zufließendes Wasser künftig noch auf das Grundstück gelangen kann. Die Beklagte errichtete in der Folge den Bürgersteig, auf dessen Länge sie die [X.] einbaute.

3

Nach mehreren Starkregenereignissen im [X.] traten die Kläger mit dem Ersuchen an die Beklagte heran, die [X.] über den genannten Bereich hinaus auf der gesamten Länge ihres Grundstücks weiter auszubauen, um es vor dem aus dem Stichweg herablaufenden Wasser zu schützen. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis darauf ab, sie habe ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich erfüllt.

4

Die Kläger haben ihr Unterlassungsbegehren in den Vorinstanzen mit einer nicht vollständig erfüllten Verpflichtung der Beklagten aus dem Vergleich sowie mit gesetzlichen Ansprüchen begründet. Ihr Grundstück werde weiterhin durch zufließendes Wasser beeinträchtigt. Sie haben deshalb sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Einbau einer [X.] entlang ihrer gesamten Grundstücksseite zu veranlassen. In dritter Instanz verfolgen die Kläger nur noch gesetzliche Ansprüche - namentlich aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] - weiter. Den auf den Vergleich gestützten Anspruch haben sie bereits in der Berufungsinstanz fallen lassen.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das [X.] nach vorangegangenen Hinweisbeschlüssen mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Anders als das [X.] hat es zwar eine Inanspruchnahme der Beklagten als Störerin für möglich gehalten, weil sie als Trägerin der Straßenbaulast bei der Errichtung des [X.] die Vorschriften des Wasser- und Nachbarrechts über Veränderungen des Ablaufs wild abfließenden Wassers (§ 37 Abs. 1 Satz 2 [X.]) nicht beachtet habe. Der in erster Linie an der Herstellung des [X.] aus dem Vergleich ausgerichtete Klageantrag könne indes nicht auf einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 [X.] gestützt werden. Ein solcher beziehe sich nur auf die Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer möglichen weiteren Überschwemmung, nicht jedoch auf den von den Klägern konkret beantragten weiteren Einbau von [X.]. Der Störer habe grundsätzlich die Wahl, auf welche Weise er die Beeinträchtigung beende. Deshalb könne die Vornahme einer bestimmten Handlung, um eine Zustandsstörung in Zukunft zu unterlassen, in der Regel nicht verlangt werden. Ein Anspruch auf Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer möglichen weiteren Überschwemmung stelle gegenüber dem Antrag der Kläger kein "Weniger", sondern ein "Mehr" beziehungsweise ein "[X.]" dar, weshalb ihm ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht entsprochen werden könne.

II.

6

Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Zu Recht rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe ihr Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

7

1. Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands kann ein gegen die Beklagte gerichteter Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.], die Wasserzufuhr aus dem Stichweg auf das Grundstück der Kläger (weiter) zu unterbinden, nicht ausgeschlossen werden.

8

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht, das auch die notwendige Wiederholungsgefahr bejaht hat, angenommen, dass die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast des von ihr - offenbar Anfang der 2000er Jahre neu errichteten - [X.] bei der Planung und dem Bau von Straßen die anerkannten Regeln der [X.] und der Wasserwirtschaft zu beachten hatte. Zu diesen gehören auch die Vorschriften des ([X.] über die Veränderung des Ablaufs wild abfließenden Wassers (Senat, Urteil vom 9. Mai 2019 - [X.], NJW-RR 2019, 1035 Rn. 18 und vom 23. April 2015 - [X.], NVwZ 2015, 1317 Rn. 17 sowie Beschluss vom 29. Juni 2006 - [X.], NVwZ-RR 2006, 758 Rn. 8 mwN). Dementsprechend durfte durch die Baumaßnahmen der natürliche Abfluss wild abfließenden Oberflächenwassers nicht zum Nachteil eines tiefer liegenden Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden (§ 37 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Durch die Errichtung einer Straße kann das zuvor bestehende Abflussverhalten des wild ablaufenden Wassers - hier von den oberhalb gelegenen landwirtschaftlichen Flächen - beeinflusst werden. Davon ist auch der im selbständigen Beweisverfahren beauftragte Sachverständige [X.]. H.      ausgegangen (vgl. Anlage [X.]). Selbst wenn sich das von den Feldern wild abfließende Wasser mit dem auf den Straßenkörper des [X.] auftreffenden Niederschlagswasser (vgl. dazu § 54 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) vermischt (siehe aber Nordrhein-Westfälisches OVG, Urteil vom 20. Juni 2022 - 11 A 2800/18, juris Rn. 100 f), ändert dies nichts daran, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die [X.] vor Schaden durch das ablaufende Wasser zu bewahren (vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 1999 - [X.], [X.], 380, 387). Eine Straßenbaumaßnahme, die für tiefer liegende Grundstücke die Gefahr der Überschwemmung mit erheblichen Schadensfolgen begründet, ist nicht gerechtfertigt (Senat, Urteil vom 31. Oktober 2019 - [X.], [X.], 316 Rn. 16).

9

b) Dem lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse nicht entgegenhalten, der Vergleich habe abschließenden Charakter gehabt. Das Berufungsgericht hat sich zwar mit den aus dem Vergleich folgenden Verpflichtungen der Beklagten befasst (vgl. Hinweisbeschluss vom18. Januar 2023 unter 2), nicht jedoch unter dem Aspekt, ob damit alle in diesem Zusammenhang denkbaren Ansprüche der Kläger abgegolten werden sollten, und dementsprechend auch keine Tatsachenfeststellungen dazu getroffen, was genau die [X.]en insoweit bezweckt haben. Dem Text des Vergleichs ist der Wille der [X.]en, Unterlassungsansprüche der Kläger im Zusammenhang mit dem Bau des [X.] ein für allemal abzugelten, nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - zu entnehmen (vgl. Anlage [X.]). Ungeachtet dessen ist die Auslegung einer zwischen den Streitparteien getroffenen individuellen Vereinbarung ohnehin Sache des Tatrichters (ständige Rechtsprechung, vgl. zB Senat, Urteil vom 17. Oktober 2019 - [X.], NJW 2020, 399 Rn. 50 oder Beschluss vom 26. Januar 2012 - [X.], BeckRS 2012, 3917 Rn. 4 mwN), der auch - soweit erforderlich - die Umstände ihres Zustandekommens und ihrer Hintergründe aufzuklären hätte.

2. Die Vorinstanz, die einen solchen von ihr in Betracht gezogenen Unterlassungsanspruch nur deshalb verneint hat, weil das mit dem Klageantrag konkret formulierte Begehren - Unterbindung der Störung durch Erweiterung der [X.] - von § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht erfasst sei, hat den Klägern nicht in der gebotenen Deutlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme und etwaigen Anpassung ihres Klageantrags gegeben und dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der in seinem Eigentum [X.] gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] grundsätzlich nur einen Anspruch darauf hat, dass der Störer die rechtswidrige Beeinträchtigung unterlässt. Lässt sich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete [X.] ([X.], Urteil vom 12. Dezember 2003 - [X.], [X.], 1035, 1037). Dem beklagten Störer muss es insoweit überlassen bleiben, wie er die Einwirkung beseitigt. Er muss mithin regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen können. Dies hat seinen Grund in der Überlegung, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigung seines Eigentums erfordert ([X.], Urteil vom 12. Dezember 2003 aaO). Der [X.] kann daher in der Regel nur allgemein auf die Unterlassung von Störungen bestimmter Art gerichtet sein und nur im Ausnahmefall - wenn die Störung nur auf eine Weise unterbunden werden kann - auf Vornahme einer konkreten Maßnahme lauten (vgl. zB [X.], Urteile vom 12. Dezember 2003 aaO; vom 17. Dezember 1982 - [X.], NJW 1983, 751 und vom 22. Oktober 1976 - [X.], [X.]Z 67, 252, 254). Dementsprechend muss der Antrag einer Beseitigungs- oder Unterlassungsklage so allgemein gehalten werden, dass der Störer nach seinem Belieben diejenigen Maßnahmen auswählen und treffen kann, die zur Beseitigung der Beeinträchtigung geeignet sind (vgl. [X.]/[X.], [X.] 1987, 639; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2023, § 1004 Rn. 575). Dass vorliegend nur die Erweiterung der [X.] die zukünftige Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger durch ablaufendes Oberflächenwasser verhindern kann, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist dem Vortrag der Kläger zu entnehmen, dass es weitere denkbare Abhilfemöglichkeiten gibt, etwa in Form eines Regenrückhaltebeckens oder von Entwässerungsrinnen im Bereich des [X.].

b) Das [X.] hätte die Kläger jedoch rechtzeitig und in der gebotenen Deutlichkeit darauf hinweisen müssen, dass der von ihnen bislang gestellte Antrag seiner Auffassung nach nicht geeignet war, ihr Klageziel - Unterlassung der Störung durch ablaufendes Oberflächenwasser - zu erreichen, sondern er mit Blick auf den Inhalt der Anspruchsnorm allgemeiner hätte gefasst werden müssen. Dies ist mit den beiden Hinweisbeschlüssen vom 18. Januar 2023 und 16. Februar 2023 nicht geschehen.

aa) Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der [X.]en auf rechtliches Gehör (zB [X.] 84, 188, 189 f; [X.], Beschluss vom 23. April 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 70 Rn. 5). Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Es hat in diesem Fall auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (zB [X.], Beschluss vom 21. April 2021 - [X.]/20, juris Rn. 10). Ferner hat das Gericht - auch das Berufungsgericht - gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO darauf hinzuwirken, dass die [X.]en im Rahmen ihres [X.] sachdienliche Anträge stellen (vgl. zB [X.], Beschluss vom 23. April 2009 aaO und Urteil vom 25. Juni 2002 - [X.], NJW 2002, 3317, 3320). Das rechtliche Gehör vor Gericht bezieht sich daher gleichermaßen auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge (vgl. [X.], Beschluss vom 23. April 2009 aaO). Die Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die [X.] durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn dieser die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt (zB [X.], Beschlüsse vom 3. Juli 2014 - [X.], BeckRS 2014, 14711 Rn. 7 und vom 16. April 2008 - [X.], [X.], 2036 Rn. 10 und Urteil vom 25. Juni 2002 aaO). Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht dadurch, dass es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; es muss vielmehr die [X.]en auf den für entscheidungserheblich erachteten Aspekt unmissverständlich hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Abhilfe geben (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Juli 2014 aaO und vom 9. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2624 sowie Urteile vom 25. Juni 2002 aaO; vom 21. Januar 1999 - [X.], NJW 1999, 1264 unter [X.] und vom 27. Oktober 1994 - [X.], [X.]Z 127, 254, 260). Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Irrtümer auszuräumen, wenn er gezielt und konkret den einzelnen Mangel anspricht ([X.], Beschluss vom 3. Juli 2014 aaO mwN).

bb) Dies zugrunde gelegt, waren die vom [X.] erteilten Hinweise nicht geeignet, den Klägern in der gebotenen Klarheit die von ihm vertretene Rechtsauffassung verständlich zu machen und ihnen dadurch die Möglichkeit zu geben, ihren Antrag umzustellen oder um einen Hilfsantrag zu ergänzen.

Mit dem Hinweisbeschluss vom 18. Januar 2023 hat das Berufungsgericht sich zunächst mit den Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Beklagten als Störer befasst und zu erkennen gegeben, dass es deren Haftung für möglich hielt. Sodann heißt es: "Jedoch rechtfertigen weder § 1004 [X.] noch die weiteren in Betracht kommenden und im Laufe des Rechtsstreits erwogenen Anspruchsgrundlagen die Titulierung der von den Klägern gewünschten Handlung, da sie nicht auf die konkret begehrte Handlung gerichtet sind". Damit war - allerdings nur bei [X.] erkennbar - gemeint, dass, wie vorstehend erläutert, mit der Unterlassung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] normalerweise keine bestimmte Art und Weise der Unterbindung der Störung verlangt werden kann. Ohne Bezugnahme auf die rechtlichen Hintergründe war der Hinweis in dieser isolierten Form aber nicht hinreichend verständlich. Dementsprechend hat sich dessen Sinn dem Klägervertreter - wie er mit Schriftsatz vom 9. Februar 2023 zum Ausdruck gebracht hat - nicht erschlossen, weshalb er das Gericht um Erläuterung gebeten hat, warum gesetzliche Ansprüche nicht bestünden. Dem ist das Berufungsgericht zwar insoweit nachgekommen, als es am 16. Februar 2023 einen weiteren Hinweisbeschluss erlassen hat. Dieser war jedoch nicht dazu geeignet, die aufgrund der Formulierung des Erstbeschlusses bestehende Unklarheit beim Prozessbevollmächtigten der Kläger über das, was mit dem Hinweis hatte zum Ausdruck kommen sollen, zu beseitigen. Er lautet: "Die Kläger begehren konkrete Maßnahmen und stützen ihr Verlangen in erster Linie (…) auf den in einem Vorprozess abgeschlossenen Vergleich. Auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung sind Begründung und Klageantrag folgerichtig; allerdings sieht der Senat (…) in dem Vergleich keine tragfähige Anspruchsgrundlage. (…) Soweit der Senat einen Anspruch nach § 1004 [X.] sowie die weiteren im Verfahren erörterten Anspruchsgrundlagen letztlich nicht als zielführend ansieht, fehlt es nicht an einer Begründung. Vielmehr stellt der Senat darauf ab, dass diese die konkret begehrte Handlung nicht eröffnen. Die von den Klägern erstrebte Rechtsfolge kann aus den Vorschriften nicht hergeleitet werden." Daraus konnte man zwar möglicherweise folgern, dass das Berufungsgericht den Antrag in der konkret gestellten Form nicht für erfolgversprechend hielt. Unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage bestanden und wie Abhilfe hätte geschaffen werden können, ergab sich daraus aber nicht. Dies wäre im vorliegenden Fall aber geboten gewesen, weil der Klägervertreter - wie in seiner Nachfrage zum Ausdruck kam - die oben wiedergegebene Rechtsprechung und ihre Bedeutung für seine Antragstellung offensichtlich nicht kannte und daher die notwendigen Schlüsse nicht ziehen konnte. Das Berufungsgericht hätte den Klägervertreter mithin auch auf das dem Störer regelmäßig zustehende Wahlrecht hinsichtlich der möglichen Unterbindungsmaßnahmen, die einem auf eine bestimmte Abhilfehandlung gerichteten Begehren entgegenstanden, aufmerksam machen und den Klägern so eine zutreffende Antragstellung ermöglichen müssen. Insoweit hätte es nahegelegen, die später mit dem Zurückweisungsbeschluss gegebenen, nunmehr verständlichen Erläuterungen zumindest in komprimierter Form bereits zum Gegenstand der Hinweise zu machen. Die Ausführungen im Beschluss vom 16. Februar 2023 waren - wie auch die Reaktion der Kläger mit dem [X.] vom 10. März 2023 zeigt - vor dem gegebenen Hintergrund nicht geeignet, das rechtliche Missverständnis des Klägervertreters zu beseitigen und ihn zu einem - grundsätzlich als erfolgversprechend eingestufte - Begehren der Kläger tragenden sachdienlichen Antrag zu veranlassen. Insoweit verfehlten beide Hinweise den Zweck, den Klägern beziehungsweise ihrem Prozessbevollmächtigten unmissverständlich klarzumachen, woran es dem Klageantrag mangelte. Eine Konkretisierung der Rechtsauffassung des [X.] im vorstehenden Sinn hätte entgegen der Auffassung der Beklagten auch keine unzulässige Aufforderung zur Klageänderung oder -erweiterung enthalten. Vielmehr darf ein Gericht im Rahmen seiner materiellen Prozessleitung auf die Änderung von Anträgen hinwirken, soweit sie sich im Rahmen des [X.] der [X.]en - hier Unterlassung der Beeinträchtigung ihres Grundstücks - halten (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 2022 - [X.], NJW-RR 2022, 1205 Rn. 18; [X.]/[X.], ZPO, 35. Aufl., § 139 Rn. 15). Dabei ist zu bedenken, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Anspruchstellers entspricht ([X.], [X.], 568 Rn. 14).

3. [X.] ist entscheidungserheblich. Die Kläger haben mit der Beschwerdebegründung vorgetragen, zutreffend aufgeklärt, hätten sie hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass künftig vom Stichweg zufließendes Wasser auf das Grundstück der Kläger gelangen kann. Dadurch wären die Bedenken des Berufungsgerichts ausgeräumt gewesen. Eine etwaige darin liegende Klageänderung oder -erweiterung wäre lediglich an § 533 ZPO zu messen gewesen.

[X.]     

      

[X.]     

      

Arend 

      

Böttcher     

      

Kessen     

      

Meta

III ZR 63/23

22.02.2024

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 16. März 2023, Az: 1 U 1426/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.02.2024, Az. III ZR 63/23 (REWIS RS 2024, 1234)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1234

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VI ZR 395/19

IX ZR 285/13

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III ZR 397/13

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