Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2004, Az. X ZR 43/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 469

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. November 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] § 638 Abs. 1 (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung)

Der Werkunternehmer, der das Werk arbeitsteilig herstellen läßt, muß die orga-nisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu [X.], ob das Werk bei Ablieferung mangelfrei ist. [X.] er dies und wäre der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden, verjähren [X.] wie bei arglistigem Verschweigen des Mangels. Das gilt unabhängig davon, ob der Werkvertrag ein Bauwerk oder ein anderes Werk betrifft (Fortführung von [X.] 117, 318).

[X.], [X.]. v. 30. November 2004 - [X.] - OLG Naumburg
LG Halle

- 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30. November 2004 durch [X.] [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] sowie den Rich-ter Dr. [X.] für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das am 28. Februar 2003 verkün-dete [X.]eil des 7. Zivilsenats des [X.] aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger hatte aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit [X.] dessen durch einen Unfall beschädigten Pkw zu reparieren, behinderten- gerecht auszustatten und zu lackieren. Bestimmte Reparaturarbeiten, u.a. das Richten der Fahrzeugkarosserie, übertrug der Kläger durch entgeltlichen Ver-- 3 - trag der [X.], die ihrerseits die Autohaus [X.] beauftragte. Im Rahmen eines von [X.] angestrengten Beweissicherungsverfahrens stellte der beauftragte Sachverständige u.a. fest, daß trotz der von dem [X.] durchgeführten Reparaturarbeiten die Rahmenlängsträger einen starken Knick aufwiesen.
Der Kläger, der das Fahrzeug von der [X.] im April 1998 zurücker-halten hatte, wurde wegen mangelhafter Ausführung der durch das Autohaus vorgenommenen Reparatur zur Zahlung von 5.945,81 • an [X.] verur- teilt. Diesen Betrag (nebst Zinsen) verlangt der Kläger mit seiner am 4. Juli 2002 beim [X.] eingereichten und am 11. Juli 2002 zugestellten Klage nun-mehr von der [X.].
Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das [X.] hat dieses [X.]eil abgeändert und die Klage wegen der von der [X.] erhobenen Verjährungseinrede abgewiesen.
Der Kläger verfolgt sein Zahlungsbegehren mit der Revision weiter. Die Beklagte tritt diesem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Berufungsgericht zugelassene und auch sonst zulässige [X.] des [X.] führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist mangels gegenteiligen Vortrags des [X.] davon ausgegangen, daß die Beklagte die behaupteten Mängel des Werks, das - 4 - sie dem Kläger schuldete, nicht erkannt hat. Es hat deshalb den nach § 638 Abs. 1 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (a.F.) zu ver-längerter Verjährungsfrist führenden Ausnahmetatbestand eines arglistigen [X.] eines Werkmangels durch den Unternehmer für nicht gegeben er-achtet. Daran - so führt das Berufungsgericht weiter aus - ändere auch die höchstrichterliche Rechtsprechung nichts, wonach bei Verlagerung der [X.] des Werks auf einen Subunternehmer der Werkunternehmer wie ein argli-stig Handelnder zu behandeln sein könne, wenn es ihm bei richtiger Organisati-on möglich gewesen wäre, den Mangel zu entdecken. Denn diese [X.] sei bei arbeitsteiliger Herstellung eines Bauwerks sachgerecht, weil in-soweit besondere und gesteigerte Überwachungs- und Prüfungspflichten [X.]. Im Streitfall, in dem der Subunternehmer nur mit einer einzelnen Auf-gabe betraut worden sei, sei das Bestehen einer solchen gesteigerten Prüfungs- und Überwachungspflicht jedoch nicht zu erkennen.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

2. [X.] verschweigt, wer sich bewußt ist, daß ein bestimmter Um-stand für die Entschließung des Vertragsgegners von Erheblichkeit ist, und nach [X.] verpflichtet ist, diesen Umstand mitzuteilen, ihn aber gleich-wohl nicht offenbart ([X.] 62, 63, 66). Ist ein Werkmangel betroffen, setzt das an sich Kenntnis vom Mangel voraus (MünchKomm./Soergel, [X.], 3. Aufl., § 638 Rdn. 32 m.w.N.). Diese Kenntnis muß allerdings nicht der Unternehmer selbst haben. Da er gemäß § 278 [X.] für Verhalten von Erfüllungsgehilfen ein-zustehen hat, reicht es aus, wenn die Kenntnis vom Mangel bei einer der Per-sonen vorhanden ist, derer sich der Unternehmer im Hinblick auf seine [X.] bedient ([X.] aaO). Das sind nach höchstrichterlicher [X.], die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat, diejenigen Hilfspersonen, die der Unternehmer mit der Ablieferung des Werks an den Be-- 5 - steller betraut hat oder die für den Unternehmer dabei mitgewirkt haben, sowie Personen, die vom Unternehmer (auch) mit der Prüfung des Werks auf Mangel-freiheit betraut sind, wenn allein deren Wissen und ihre Mitteilung den [X.] in den Stand versetzen, seine Offenbarungspflicht gegenüber dem Be-steller zu erfüllen ([X.] 117, 318, 320; [X.] 62, 63, 68; [X.] 66, 43, 45).
a) Würde man [X.] auf das Erfordernis der Kenntnis des Unternehmers oder besagter Hilfspersonen abstellen, könnte der Unternehmer sich freilich der verlängerten Haftung entziehen, indem er die Herstellung des Werks durch Dritte erledigen läßt, ohne deren Arbeitsleistung und deren Ergeb-nis entweder selbst zu überprüfen oder sich hierzu eines anderen zu bedienen, und indem er auch bei der Ablieferung des Werks niemand hinzuzieht. Überträgt der Unternehmer - wie hier die Beklagte - die Werkleistung einem Subunter-nehmer zur eigenverantwortlichen Ausführung, wäre diese Möglichkeit eröffnet, wenn der Subunternehmer sich entsprechend verhielte. Der Zeitraum, über den eine Haftung des Unternehmers wegen eines Mangels des von ihm geschulde-ten Werks in Betracht kommt, wäre also davon abhängig, ob der Unternehmer das Werk als [X.] herstellt oder arbeitsteilig herstellen läßt und wie die arbeitsteilige Herstellung unternehmerseits organisiert ist. Das ist nicht in Einklang zu bringen mit der sonstigen Regelung der Mangelhaftung beim Werkvertrag. Denn danach kommt es nicht darauf an, ob derjenige, der sich zur Herstellung eines Werks verpflichtet, dieses auch selbst herstellt oder unter [X.] Dritter herstellen läßt. Eine Verlagerung der Herstellung ändert ins-besondere nichts daran, daß dem Besteller gegenüber allein der Unternehmer für die fehlerfreie Herstellung des Werks zu sorgen hat. Bei arbeitsteiliger Her-stellung tritt deshalb zu der Hauptpflicht aus dem Werkvertrag die Pflicht hinzu, diesen Herstellungsprozeß angemessen zu überwachen und das Werk vor [X.] zu überprüfen. Mit diesem [X.] würde der Unternehmer sich in Widerspruch setzen, wenn er aus der arbeitsteiligen Herstellung und deren - 6 - Organisation die oben erörterten Vorteile ziehen könnte. Es ist deshalb eine von der Intention des Gesetzes her gebotene Auslegung des § 638 Abs. 1 [X.] a.F., den Unternehmer, der tatsächlich keine positive Kenntnis vom Mangel seines Werks hat, wie eine Person zu behandeln, die diese Kenntnis besitzt, wenn er die organisatorischen Voraussetzungen nicht geschaffen hat, daß von ihm oder einem der oben genannten Erfüllungsgehilfen sachgerecht beurteilt werden kann, ob das Werk bei Ablieferung mangelfrei ist, und bei entsprechender [X.] von ihm oder einer dieser besagten Personen entdeckt worden wäre.
b) Diese Konsequenz ist vom [X.]. Zivilsenat des [X.] in der Entscheidung vom 12. März 1992 ([X.] 117, 318), auf die sich der Kläger gegenüber der von der [X.] erhobenen Verjährungseinrede gestützt und deren Heranziehung das Berufungsgericht auch erwogen hat, zwar in einem Fall herausgearbeitet worden, in dem der Unternehmer ein Bauwerk arbeitsteilig hatte herstellen lassen. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, hat diese Rechtsprechung Berechtigung jedoch nicht nur bei Verträgen aus diesem Be-reich. Es geht entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht um eine ge-steigerte Prüfungs- und Überwachungspflicht, wie sie bei arbeitsteiliger [X.] gerade das Baurecht kennzeichnet, sondern darum, es nicht unternehmeri-scher Gestaltung zu überlassen, innerhalb welcher der im Gesetz genannten Fristen der Besteller wegen etwaiger Mängel des Werks [X.] geltend machen kann, ohne sich der Verjährungseinrede auszusetzen. Eine derartige Gestaltung kommt unabhängig vom Gegenstand des [X.]. Die erörterte Auslegung von § 638 Abs. 1 [X.] a.F. muß [X.] bei allen Werkverträgen die Anwendung dieser Vorschrift bestimmen.
c) Erst bei der Anwendung von § 638 Abs. 1 [X.] a.F. nach Maßgabe der erörterten Auslegung können sich Unterschiede ergeben. Denn die Frage - 7 - nach der richtigen Organisation beim Unternehmer kann unterschiedlich zu be-antworten sein, je nach dem welches Werk hergestellt werden sollte. Insoweit ist eine fallbezogene Prüfung notwendig. So wird der Unternehmer, der ein schwie-rig herzustellendes Werk abzuliefern hat, für andere Maßnahmen der Überwa-chung und Prüfung zu sorgen haben als der Unternehmer, der ein einfaches Produkt, dieses aber massenweise herzustellen hat. Angesichts der Bindung der Vertragsparteien an [X.] ist Maßstab für die insoweit anzustel-lende fallbezogene Prüfung, welche organisatorischen Vorkehrungen von einem sich seiner Verpflichtung zur Ablieferung des Werks in mangelfreiem Zustand bewußten und hierauf bedachten Unternehmer unter den Umständen des [X.] Falls erwartet werden können und ihm zuzumuten sind, um, obwohl er das Werk nicht allein hergestellt hat, beurteilen zu können, ob es bei Ablieferung mangelfrei ist. Das ist eine Frage der Abwägung; sie läßt sich deshalb im [X.] nicht mit dem bloßen Hinweis des Berufungsgerichts beantworten, die [X.] habe keine komplette Fahrzeugvermessung geschuldet. Das angefoch-tene [X.]eil kann mithin keinen Bestand haben.
3. Entgegen der Meinung der Revision kann der [X.] nicht zugunsten des [X.] in der Sache durchentscheiden. Eine Verurteilung der [X.] kommt - wie ausgeführt - nur unter zwei Voraussetzungen in Betracht: Die [X.] muß die zu erwartende und zumutbare Organisation des [X.] und der Überprüfung unterlassen haben. Es muß ferner davon aus-gegangen werden können, daß die Mängel, deretwegen der Kläger Gewährlei-stung begehrt, bei richtiger Organisation von der [X.] oder einer der inso-weit als deren Erfüllungsgehilfen in Betracht kommenden Person entdeckt [X.] wären. Für beide Voraussetzungen ist der Kläger darlegungs- und im Bestreitensfalle beweispflichtig, weil er sich darauf beruft, daß die im Gesetz geregelte Ausnahme von der normalen gesetzlichen Verjährungsfrist eingreift ("sofern nicht –"). Gegebenenfalls streiten für den Kläger jedoch dargelegte - 8 - oder unstreitige Indizien. So hat der [X.] anerkannt, daß aus ei-nem gravierenden Mangel an besonders wichtigen Gewerken oder aus einem besonders auffälligen Mangel an weniger wichtigen Bauteilen der Schluß auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung gerechtfer-tigt sein kann ([X.] 117, 318, 322). Für die weitere Voraussetzung voraus-sichtlicher Kenntniserlangung auf seiten des Unternehmers gilt insoweit nichts anderes.
Hinsichtlich der danach sich auch im Streitfall stellenden Fragen fehlen bislang jedoch ausreichende tatrichterliche Feststellungen. Das Berufungsge-richt mußte sich von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen nicht damit [X.], was sich im Hinblick auf die beiden genannten Voraussetzungen aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem Vorbringen des [X.] ergibt; in dem [X.] [X.]eil fehlen deshalb insoweit auch jegliche Feststellungen. Das [X.] hat zwar angenommen, die Beklagte sei der Pflicht zur Überprüfung - 9 - der Arbeiten ihres Subunternehmers nicht nachgekommen, hat aber nicht aus-geführt, aufgrund welcher festgestellten Tatsachen es zu dieser Annahme ge-kommen ist. Mangels tatrichterlicher Aufklärung entscheidungserheblicher Fra-gen muß der Rechtsstreit deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

[X.] Scharen [X.]

[X.] [X.]

Meta

X ZR 43/03

30.11.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2004, Az. X ZR 43/03 (REWIS RS 2004, 469)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 469

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