Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2003, Az. IX ZR 449/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4526

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:6. Februar 2003BürkJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein [X.] § 2 Abs. 4; BGB § 394Verrechnungen im Kontokorrent unterliegen - soweit das Kreditinstitut den Kunden(späteren Gesamtvollstreckungsschuldner) vereinbarungsgemäß und zeitnah wiederüber die Eingänge verfügen läßt - auch dann nicht dem [X.], [X.] vereinbarte Kreditrahmen nicht voll ausgenutzt wird.[X.], Urteil vom 6. Februar 2003 - [X.] - [X.] LG [X.]- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilse-nats des [X.] in [X.] vom 6. Juli 1999 teilweise [X.] sowie das Urteil der Zivilkammer 20 des Landgerichts[X.] vom 4. November 1997 teilweise abgeändert und diesesinsgesamt wie folgt neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 48.048,28 Euro(93.974,27 DM) nebst 4 % Zinsen seit 18. März 1997 zu zahlen.Im übrigen wird die Klage abgewiesen.Die weitergehende Berufung des Beklagten gegen das landge-richtliche Urteil wird zurückgewiesen.Die Kosten des ersten [X.] fallen dem Kläger zu 5/8 undder Beklagten zu 3/8 zur Last, diejenigen des zweiten Rechtszu-ges dem Kläger zu 3/5 und der Beklagten zu 2/5. Die Kosten [X.] werden dem Kläger zu 3/4 und der [X.] zu 1/4 auferlegt.Von Rechts wegen- 3 -- 4 -Tatbestand:Der Kläger ist Verwalter in der Gesamtvollstreckung über das Vermögender [X.] (nachfolgend: [X.]oder Gesamtvollstrek-kungsschuldnerin), die bei der Beklagten ein Girokonto unterhielt. Der [X.]war darauf ein Kontokorrentkredit in Höhe von 1,5 Mio. DM eingeräumt worden.Nach ihrem Antrag auf Einleitung des Gesamtvollstreckungsverfahrens ordnetedas Kreisgericht [X.] durch Beschluß vom 18. November 1993 [X.] an. Zu dieser Zeit betrug der [X.] auf dem [X.]. In der Folgezeit bis zum 23. November 1993 schrieb die [X.] dem Konto noch insgesamt 250.942,66 DM gut; sie ließ [X.] in einer Gesamthöhe von [X.] zu.Der Kläger hat die Auszahlung aller Eingänge verlangt. In zweiter In-stanz hatte er mit seiner Klage in Höhe von 187.343,34 DM Erfolg. [X.] sich die Revision der Beklagten, die der [X.] nur insoweit angenom-men hat, als die Beklagte [X.] von [X.] zugelassenhat.Entscheidungsgründe:Im Umfang der Annahme führt das Rechtsmittel zur Klageabweisung.[X.] -Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Dem Kläger stehe ein [X.] gemäß §§ 667, 675 BGB auf Auskehrung derjenigen Beträge zu, diedem Girokonto der [X.] im fraglichen Zeitraumgutgeschrieben worden seien. Dagegen habe die Beklagte nicht mit ihrem [X.] auf Rückführung des [X.]s aufrechnen dürfen. Denn gemäß § 2Abs. 4 [X.] i.V.m. § 394 Satz 1 BGB sei eine solche Aufrechnung aus Grün-den der Gleichbehandlung aller Gläubiger ausgeschlossen. Die Aufrechnungsei einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme gleichzustellen.Auch insoweit gelte nichts anderes, als die Beklagte noch [X.] Kontos zugelassen habe. Zwar handele es sich grundsätzlich nicht um"Zwangsvollstreckungen" im Sinne von § 2 Abs. 4 [X.], wenn die von [X.] vorgenommenen Gutschriften auf dem debitorisch geführten Konto [X.] dem Ausgleich seiner eigenen Verfügungen zugunsten Dritterdienten. Das gelte jedoch nur, wenn ein enger wirtschaftlicher, rechtlicher undzeitlicher Zusammenhang zwischen Gutschriften und [X.] indem Sinne bestehe, daß die Ausführung von Zahlungsaufträgen durch [X.] ausgleichender wirtschaftlicher Werte bedingt sei. Das treffe hier nichtzu, weil der nicht ausgenutzte Teil des eingeräumten Kontokorrentkredits dievorgenommenen [X.] weit überstiegen habe. Deshalb könnenicht angenommen werden, daß die Beklagte diese belastenden Buchungenohne die Zahlungseingänge nicht vorgenommen hätte.[X.] -Soweit die Beklagte die [X.] über die ver-rechneten Eingänge wieder hat verfügen lassen, hat sie - wie die Revision [X.] rügt - im Ergebnis keine "Zwangsvollstreckung" im Sinne von § 2 Abs.4 [X.] mit ihren eigenen Darlehensansprüchen vorgenommen.1. Dies hat der [X.] für einen vergleichbaren Fall bereits durch [X.] 25. Februar 1999 ([X.], [X.], 665, 666 f) ausgesprochen.Zur Begründung hat er - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommenhat - auf den engen wirtschaftlichen, rechtlichen und zeitlichen Zusammenhangzwischen Gutschriften und [X.] abgestellt, der vorliegt, [X.] Kreditinstitut gemäß seiner vertraglichen Verpflichtung den Schuldner überdie Eingänge wieder verfügen läßt. Stehen Ein- und Ausgänge in engem zeitli-chen Zusammenhang, so erscheinen sie auch rechtlich als einheitliches Aus-nutzen des Kreditrahmens. Hierbei übt der Schuldner selbst den entscheiden-den Einfluß aus, inwieweit er eingehende Guthaben wieder zur Tilgung [X.] gegenüber [X.] verwendet. Demgegenüber tilgt das [X.] Ergebnis seine eigenen Kreditforderungen gegen den Schuldner insoweitnicht. Im Hinblick auf die Schranken des § 2 [X.] ist ein solcher Gesamtvor-gang vorrangig als eigene Verfügung des Schuldners im Sinne des dritten [X.] dieser Vorschrift zu werten: Allein der Schuldner bestimmt, wie weit erden Kreditrahmen gegenüber dem Geldinstitut ausnutzt, um seine sonstigenSchulden zu erfüllen. Hierbei setzt er gezielt auch die für ihn bestimmten [X.] auf dem Girokonto ein, um weiter geschäftlich tätig bleiben zu können.Das damit immer wieder verbundene, vorübergehende Zurückführen des[X.]s durch Verrechnung mit Eingängen kann demgegenüber nichtisoliert als Zwangsvollstreckung im Sinne von § 2 Abs. 4 [X.] verstandenwerden. Das Kreditinstitut verringert nicht durch einseitige, materiell-rechtliche- 7 -"[X.]" seine eigenen Forderungen gegenüber dem Schuldner. [X.] Verhalten fällt [X.] nicht unter das [X.] § 2 Abs. 4 [X.]. Diese Norm soll die Gläubigergleichbehandlung sichern,indem sie einseitige Zwangszugriffe von Gläubigern auf das [X.] verhindert. Gegen eigene Leistungen des Schuldners an Dritte sichert stattdessen vor einer Verfahrenseröffnung speziell § 2 Abs. 3 [X.].Daran wird [X.] Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem früher [X.] dadurch, daß hier die Obergrenze des eingeräumten Kredits auch [X.] überschritten worden wäre, wenn die Beklagte keine Eingänge verrechnethätte. Diese Besonderheit ist aber im fraglichen Zusammenhang unerheblich.Entscheidend ist vielmehr der enge zeitliche, wirtschaftliche und rechtli-che Zusammenhang zwischen Gutschriften und [X.], [X.] führt, daß das Kreditinstitut seine eigenen Forderungen gegenüber [X.] insoweit nicht tilgt, als Ein- und Ausgänge sich gegenseitig ausglei-chen. In diesem Umfang verschafft sich nicht das Kreditinstitut [X.] anderen Gläubigern. Damit fehlt es an einer materiell-rechtlichen"[X.]" im Sinne von § 2 Abs. 4 [X.]. Der Gesamtvollstreckungs-verwalter muß sich gegebenenfalls an die Empfänger der vom Schuldner vor-genommenen Verfügungen halten.Zwar hat der [X.] in dem Urteil vom 25. Februar 1999 ([X.],aaO S. 666 f) auch darauf abgestellt, daß in dem dort entschiedenen Fall [X.] alsbald überschritten worden wäre, wenn die Inanspruchnahme nicht- 8 -fortlaufend durch den Eingang wirtschaftlicher Werte ausgeglichen worden wä-re. Allein die Gutschriften hätten den weiteren Lastschriftverkehr ermöglicht,weil anderenfalls das Kreditinstitut weitere Belastungen nicht mehr hätte [X.] brauchen.Damit wurde jedoch nur der typische - und auch im früheren Fall vor-handene - Zusammenhang zwischen Gutschriften und [X.]hervorgehoben, nicht aber eine inhaltliche Voraussetzung für jeden Einzelfallaufgestellt. Dies hat der [X.] in den anschließenden Ausführungen zurgleichzeitig geprüften anfechtungsrechtlichen Bardeckung (aaO S. 668) [X.]: Hierzu hat er seinerzeit ausdrücklich offengelassen, ob eine Bardek-kung dann nicht anzunehmen sei, wenn das Kreditlimit ohne die Gutschriftenzu keiner Zeit überschritten würde.Zu dieser Frage hat der [X.] inzwischen durch Urteil vom 7. März 2002(IX [X.], [X.], 951, 954 f) erkannt, daß ein unanfechtbares Barge-schäft auch dann vorliegen kann, wenn der Schuldner den vereinbarten Kredit-rahmen nicht voll ausnutzt. Für das aus § 2 Abs. 4 [X.] folgende Aufrech-nungsverbot gilt nichts anderes. Vielmehr bleibt auch insoweit entscheidend,daß anderenfalls das Kreditinstitut eine Kontokorrentverbindung schon beiAuftreten der ersten Gefahr einer wirtschaftlichen Krise des Schuldners im [X.] nicht mehr aufrechterhalten könnte, wenn es das Risiko einginge,Verfügungen des Schuldners an Dritte später aus eigenen Mitteln an die [X.] erstatten zu müssen (Urt. v. 25. Februar 1999 - [X.], [X.]. 667).Kreft Kirchhof Fi-scher Raebel [X.]

Meta

IX ZR 449/99

06.02.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2003, Az. IX ZR 449/99 (REWIS RS 2003, 4526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4526

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