Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.10.2002, Az. 5 StR 295/02

5. Strafsenat | REWIS RS 2002, 1086

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5 [X.]/02BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES VOLKESURTEILvom 22. Oktober 2002in der Strafsachegegenwegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 22. Okto-ber 2002, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],[X.],Richterin [X.],Richter [X.] beisitzende Richter,Richterin am [X.] Vertreterin der [X.],Rechtsanwalt [X.] Verteidiger,Rechtsanwältin [X.] Vertreterin der Nebenklägerin,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, der [X.] des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2001 werden verworfen.Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsan-waltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenennotwendigen Auslagen. Die Kosten der Revisionen der [X.] und des Angeklagten fallen dem jeweiligen Be-schwerdeführer zur Last.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eDas [X.] hat den Angeklagten wegen dreier Fälle des schwe-ren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes, jeweils in Tateinheit mit sexuellemMißbrauch einer Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zweiJahren verurteilt und hat deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. [X.] 41 weitere Taten waren angeklagt [X.] hat das [X.] den [X.] freigesprochen.Das Urteil wird umfassend angefochten von der Staatsanwaltschaft,deren Revision vom [X.] vertreten wird, und von der [X.]; beide Revisionen richten sich mit der Sachrüge zum [X.] Angeklagten gegen die Schuldsprüche [X.] insoweit wird insbesondere [X.] wegen tateinheitlicher Vergewaltigung beanstandet [X.] sowiegegen die Freisprüche. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision mit- 4 -einer Verfahrensrüge und mit der allgemeinen Sachrüge gegen seine Verur-teilung. Sämtliche Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.1. Die Verurteilung erfaßt drei im Mai 1998 begangene Taten des [X.] zum Nachteil der Nebenklägerin, der damals achtjährigen Enkelinseiner Ehefrau. Das Mädchen lebte zu dieser [X.] während eines Umzugsihrer Eltern vorübergehend unter der Obhut ihrer Großmutter mütterlicher-seits und des —als Großvater akzeptiertenfi Angeklagten in deren Wohnung.Gegenstand der Verurteilung sind zwei [X.] in der großelterlichenWohnung jeweils mit versuchtem Analverkehr und Einführen eines Fingers inden After des Kindes und ein Fall des Mißbrauchs in der Gartenlaube derEltern des Kindes, bei dem es neben den genannten [X.] zur Einführung des mit einem Kondom geschützten Gliedes des [X.] gekommen war. Das [X.] hat [X.] zum Nachteil des insgesamt bestreitenden Angeklagten aufgrund derim Einvernehmen mit einem psychologischen Sachverständigen generell alsglaubhaft erachteten Zeugenaussage der Nebenklägerin festgestellt; derenAngaben fanden eine gewisse Bestätigung durch Feststellungen zum kon-kreten [X.] der drei Einzelfälle.Eine sichere Überzeugung vom Vorliegen einer der weiteren [X.] Taten zum Nachteil der Nebenklägerin konnte sich das [X.] trotz der grundsätzlich angenommenen Zuverlässigkeit der [X.] freilich un-strukturiert [X.] von weiteren Serientaten berichtenden kindlichen Zeugin [X.] Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin [X.] sich im Ergebnis als unbegründet.a) Zur [X.] der Urteilsfindung durch das [X.] bestanden im vor-liegenden Fall ungeachtet der Aussagetüchtigkeit und grundsätzlichenGlaubwürdigkeit der Nebenklägerin außerordentliche Probleme bei der- 5 -Wahrheitsfindung, und zwar auch jenseits der in Fällen der vorliegenden Artüblichen Schwierigkeiten bei der Bewertung der Zeugenaussagen von [X.], wie sie durch mängelbehaftete Erinnerungsfähigkeit und Wiedergabe-probleme und daraus insbesondere auch folgende Brüche in der [X.] verursacht werden. Zwischen Anklageerhebung und Beginn [X.] lag ein [X.]raum von nahezu drei Jahren, während dessendas Verfahren nicht maßgeblich gefördert worden war. Die zur [X.] ihrer [X.] in der Hauptverhandlung zwölfjährige Zeugin mußte über [X.] berichten, die sie im Alter von acht Jahren erlebt hatte. Die kindliche Zeu-gin war abgesehen von Vernehmungen und Glaubhaftigkeitsuntersuchungimmer wieder auch von Privatpersonen zu den Taten befragt worden. [X.] kurz nach Bekanntwerden des Tatverdachts gegen den Angeklagten [X.] der Zeugin und eine Freundin der Mutter sich offensichtlich [X.] Erlangung von Informationen gegenüber dem Kind bemüht hatten (s. [X.]. 8 f., 18 ff.), wurde das Mädchen während des letzten Jahres in einer [X.] si-cherlich wohlmeinenden [X.] Pflegefamilie —mental auf die [X.] vorbereitet (s. [X.], 21 f.). Erwiesenermaßen hattedas Mädchen schon vor Aufdeckung der hier zu beurteilenden Taten ihrenVater und den Großvater väterlicherseits des sexuellen Mißbrauchs zu ihremNachteil beschuldigt (s. [X.], 10 f., 16 f., 21). Diese Beschuldigung, derenRichtigkeit ungeklärt geblieben ist, hatte die Zeugin damals wenig später zu-rückgenommen. In der Hauptverhandlung hat sie objektiv wahrheitswidrig mitBestimmtheit in Abrede gestellt, jemals eine solche Beschuldigung erhobenzu haben.b) Vor dem Hintergrund all dieser Erschwernisse für die Wahrheitser-mittlung nimmt der Senat die überaus vorsichtige Beweiswürdigung des [X.] hin, das zu einem Schuldspruch lediglich bei drei nach [X.], [X.] und [X.] klar feststellbaren und abgrenzbaren Taten einerdarüber hinaus nicht für näher konkretisierbar gehaltenen Mißbrauchsseriegelangt ist. [X.] Bedenken wegen Widersprüchlichkeit oder Lük-kenhaftigkeit der den [X.] zugrundeliegenden Beurteilung liegen- 6 -nicht vor; die darauf abzielenden Einzelangriffe der Revisionen bleiben [X.]) Nach den Schilderungen der kindlichen Zeugin mag die [X.] einmal wiederholter [X.] in sämtlichen dreibezeichneten Räumen der großelterlichen Wohnung näherliegend erschei-nen. Die Aburteilung von nur zwei allein nach dem Vorgeschehen differen-zierten Taten ist indes [X.] namentlich vor dem Hintergrund besonderer zeitbe-dingter [X.], zudem verbunden mit gewissen Über-tragungs- und Suggestionsgefahren [X.] im Rahmen der grundsätzlich [X.] übertragenen Verantwortung für die Beweiswürdigung vom [X.] nicht zu beanstanden.bb) Daß das [X.] zu einem von der Nebenklägerin geschil-derten, bereits im Vorschulalter erlebten Initialfall und zu einem von ihr be-kundeten Fall in der Gartenlaube der Großeltern keine näheren Feststellun-gen getroffen und mangels Anklage in beiden Fällen keine Grundlage für ei-ne Verurteilung gesehen hat, ist wegen massiver zeitlicher Differenz im [X.] und gravierender Unterschiedlichkeit in der [X.] beimzweiten Fall nicht zu beanstanden. Immerhin hat auch der [X.] Staatsanwaltschaft insoweit in der Hauptverhandlung eine Nachtragsan-klage erhoben, deren Einbeziehung der Angeklagte nicht zugestimmt hat.c) Konkrete, indes im einzelnen nicht einmal aufklärbare Anhalts-punkte für Bedrohungen durch den Angeklagten wurden von der Nebenklä-gerin lediglich bezogen auf die Durchsetzung ihres Schweigens, nicht un-mittelbar bezogen auf [X.] geäußert (vgl. dazu [X.], 17 f.). Weder hiernach noch wegen im Zusammenhang mit dem [X.] festgestellter Bewegungsabläufe ([X.]) war das [X.] sachlich-rechtlich unbedingt gehalten, hinsichtlich der abgeurteilten Taten eine Erfül-lung der objektiven und [X.] eher fernliegenden [X.] subjektiven Voraussetzungendes § 177 Abs. 1 StGB ausdrücklich zu [X.] -Auch sonst enthalten die Schuldsprüche keinen Rechtsfehler [X.] des [X.]) Für ein Übersehen notwendig bestimmender strafschärfender Zu-messungskriterien ist nichts ersichtlich. Die milden Einzelstrafen, die Ge-samtstrafe und die Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung zugun-sten des kranken und unbestraften Angeklagten sind zumal vor dem Hinter-grund der zeitlichen Besonderheiten noch nicht [X.] Schließlich bleibt auch die Revision des Angeklagten erfolglos.a) Die Verfahrensrüge wegen Verletzung des § 52 StPO ist mangelshinreichenden Sachvortrags (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) bereits unzulässig,jedenfalls offensichtlich unbegründet. Anlaß einer freibeweislichen [X.] Nebenklägerin vor ihrer eigentlichen Zeugenvernehmung, vor welcher sienach Auffassung der Revision bereits über ihr Zeugnisverweigerungsrechthätte belehrt werden müssen, war ausweislich des Protokolls ein [X.] im Er-gebnis erfolgloser [X.] Antrag der Nebenklägervertreterin auf Entfernung [X.] von der Zeugenvernehmung der Nebenklägerin gemäß § 247StPO, um deren vollständige Zeugenaussage zu gewährleisten; über ihreAngst vor dem Angeklagten wurde die Nebenklägerin informatorisch gehört.Zum Verständnis und zur Beurteilung der [X.] wäre die Vermittlung einergenauen Kenntnis dieser [X.] notwendig gewesen. [X.] ist aber offensichtlich, daß das Urteil auf den gerügten Verstößen gegenBelehrungspflichten aus § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht beruht. Die Neben-klägerin ist vor ihrer eigentlichen, für die Urteilsfindung allein maßgeblichenZeugenaussage belehrt worden. Ihre schon frühzeitig auf die Zuerkennungvon Schmerzensgeld bedachten ([X.]) Eltern erstrebten aufgrund ihrerBeratung durch die rechtskundige Nebenklägervertreterin als ihren anwaltli-chen Beistand, die sie über die [X.] zudem naheliegendinformiert hatte, eine möglichst eingehende Zeugenvernehmung ihrer [X.] 8 -ter (vgl. insoweit zum Beruhen nur [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 52 Rdn. 32, 34 mit [X.]) Die Sachrüge deckt zum Schuld- und Strafausspruch keinenRechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Den zeitlichen Besonder-heiten ist zu seinen Gunsten durch die gerade bei fehlendem [X.] milde Rechtsfolge im Ergebnis ersichtlich ausreichend Genügegetan.[X.] Häger [X.] Raum

Meta

5 StR 295/02

22.10.2002

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.10.2002, Az. 5 StR 295/02 (REWIS RS 2002, 1086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1086

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