Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. III ZR 182/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 233

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:12. Dezember 2002F r e i t a gJustizhauptsekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:jaBG[X.]Z:[X.]:ja BGB § 839 (E, [X.]); [X.]/[X.] § 4 Abs. 3; [X.] § 8 Abs. 2; VwVfG § 48Abs. 1Zu den Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Verfahrensbevollmächtigteneines auf der Grundlage einer sofort vollziehbaren Ausweisungsverfügung [X.] genommenen [X.], durch geeignete Rechtsbehelfe der Ab-schiebung entgegenzuwirken.BG[X.], Urteil vom 12. Dezember 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] LG Krefeld- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 12. Dezember 2002 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] Oberlandesgerichts [X.] vom 6. Juni 2001 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als der Anschlußberufung [X.] stattgegeben worden ist.Die Anschlußberufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zi-vilkammer des [X.] vom 31. Juli 2000 wird [X.].Von den Kosten des Berufungsrechtszuges haben der Kläger96 v.[X.]. und die Beklagte 4 v.[X.]. zu tragen. Von den Kosten [X.] haben der Kläger 87 v.[X.]. und die Beklagte13 v.[X.]. zu tragen.Von Rechts [X.] Ordnungsamt der beklagten [X.] verlängerte dem am 3. [X.] in die [X.] eingereisten Kläger, einem [X.], am 5. [X.] 3 -1996 die Aufenthaltserlaubnis bis zum 5. März 2001. Zunächst war er in [X.] Stellung in einem Arbeitsverhältnis tätig, ehe er im Jahr 1994 ein Ge-werbe anmeldete, das er bis Juli 1996 ausübte. Von Juli 1996 bis Februar 1997bezog er von der Beklagten Sozialhilfe. Am 20. Februar 1997 gründete er miteinem Partner einen Groß- und Einzelhandel mit Getränken und Lebensmittelnin [X.]. Zum Jahresende 1997 gaben der Kläger und sein Partner die-sen Gewerbebetrieb auf. Der Kläger gründete am 1. Januar 1998 einen Ge-tränkehandel im Gebiet der beklagten [X.].Durch Ordnungsverfügung vom 3. März 1997 beschränkte die [X.] Aufenthaltserlaubnis des [X.] bis zum 17. März 1997 und drohte ihm [X.] für den Fall an, daß er die [X.] nicht innerhalb einesMonats nach dem 18. März 1997 verlasse. Zur Begründung wird in der Verfü-gung angeführt, der Kläger habe im Juli 1996 seine selbständige Tätigkeit [X.] freiwillig aufgegeben und beziehe seither Sozialhilfe. Der Bescheidwurde dem Kläger am 6. März 1997 durch Niederlegung zugestellt.Im Anschluß an eine Vorsprache bei der Ausländerbehörde der [X.] am 5. März 1998 wurde der Kläger im [X.]inblick auf die Bestandskraft desBescheides vom 3. März 1997 durch Beschluß vom 6. März 1998 in [X.] genommen und am 12. März 1998 nach [X.]land abgeschoben. [X.] seiner im März 1998 eingeschalteten Rechtsanwälte vom 5. März andie Ausländerbehörde und ein von ihnen am 11. März eingereichter, mit einemWiedereinsetzungsantrag versehener Widerspruch gegen die [X.] vermochten die Abschiebung nicht mehr zu hindern. Nach erfolglosemWiderspruchsverfahren schlossen die Parteien auf Vorschlag des Verwal-tungsgerichts vom 6. November 1998 einen Vergleich, nach dem die Beklagte- 4 -dem Kläger zusicherte, die Wirkungen der Abschiebung auf das Datum [X.] des Vergleichs zu befristen, und die Parteien übereinka-men, daß der Kläger nach Bekanntgabe der Befristungsentscheidung berech-tigt sei, als Freizügigkeitsberechtigter in die [X.] zurückzukehrenund einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis-[X.] zu stellen. [X.] sah mit diesem Vergleich sein Begehren im Klage- und Eilverfahren vordem Verwaltungsgericht insgesamt als erledigt an und übernahm dessen Ko-sten. In die [X.] kehrte er noch im November 1998 zurück.Im anhängigen Verfahren nimmt der Kläger die Beklagte wegen derOrdnungsverfügung vom 3. März 1997 und der auf ihr beruhenden [X.] vom 12. März 1998 wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz [X.]. Seine erstinstanzlich mit [X.] bezifferte Klage hatte vordem [X.] lediglich in [X.]öhe von 3.168,45 DM nebst Zinsen Erfolg. [X.] wies seine Berufung, mit der er zuletzt weitere 86.842,89 [X.], zurück und wies auf die unselbständige Anschlußberufung der [X.] die Klage in vollem Umfang ab. Der [X.] hat die Revision des [X.]angenommen, soweit er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteilsbegehrt.[X.] Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg. Dem Kläger steht ge-gen die Beklagte in dem vom [X.] ausgeurteilten Umfang ein Amtshaf-tungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu. Im einzelnen gilt [X.] -1.Das Berufungsgericht legt seiner Beurteilung zugrunde, daß die [X.] der Beklagten vom 3. März 1997 materiell rechtswidrig gewe-sen ist. Das ist richtig. Es weist insoweit zutreffend darauf hin, daß der Klägerim [X.]punkt des Erlasses dieser Verfügung ein selbständiges Gewerbe aus-übte und keine Leistungen der Sozialhilfe mehr bezog. Ihm war damit als [X.] eines Mitgliedstaates der [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]/[X.] Freizügigkeit zu gewähren; er hatte nach§ 4 Abs. 1, 2 [X.]/[X.] einen Anspruch auf Erteilung einer [X.] von mindestens fünf Jahren, wie es 1996 für die [X.] bis zum 5. [X.] geschehen war. Eine zeitliche Beschränkung der Erlaubnis nach § 4Abs. 3 [X.]/[X.] kam im [X.]punkt des Erlasses des Bescheids nichtmehr in Betracht. Auch aus § 12 [X.]/[X.] ergaben sich keine Gründe,den Kläger auszuweisen und abzuschieben.An dieser Beurteilung sind die Gerichte im Amtshaftungsprozeß nichtwegen der Bestandskraft der Ordnungsverfügung gehindert (vgl. [X.]surteilBG[X.]Z 113, 17, 19 f), über deren Rechtmäßigkeit im verwaltungsgerichtlichenVerfahren im [X.]inblick auf dessen vergleichsweise Erledigung nicht entschiedenworden ist. Dabei kommt dem Vergleich nicht, wie die Beklagte in den [X.] gemeint hat, die Bedeutung zu, der Kläger habe die Rechtmäßigkeitder Ordnungsverfügung anerkannt oder sei aus dem Gesichtspunkt der unzu-lässigen Rechtsausübung gehindert, Amtshaftungsansprüche geltend zu ma-chen.2.Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte im [X.]inblick [X.] im März 1998 eingelegten Rechtsbehelfe des [X.] verpflichtet war, die- 6 -Ordnungsverfügung vom 3. März 1997 gemäß § 48 VwVfG NW zurückzuneh-men. Dies ist zu bejahen.Bereits mit Schreiben seines Anwalts vom 5. März 1998 wurde die [X.] darauf hingewiesen, daß der Kläger als Selbständiger über ein geregel-tes Einkommen verfüge. Das Schreiben enthält zwar keine näheren zeitlichenAngaben in bezug auf die Sachlage im [X.]punkt des Erlasses der Ordnungs-verfügung. Dies beruhte jedoch darauf, daß der Kläger von diesem durch [X.] zugestellten Schriftstück noch keine Kenntnis hatte, weil es nachAblauf der [X.] wieder an die Beklagte als Absenderin zurückge-gangen war. Immerhin wird in dem Schreiben aber auch auf den Status des[X.] als [X.] und den damit verbundenen höheren Ausweisungs-schutz hingewiesen. Angesichts der tief in die Rechtssphäre des [X.] ein-greifenden Ordnungsverfügung, zu deren Vollziehung die Beklagte bereits er-ste Schritte eingeleitet hatte, war sie verpflichtet, dem [X.]inweis auf eine selb-ständige Erwerbstätigkeit des [X.], die dem im Bescheid zugrunde gelegtenSozialhilfebezug entgegenstand, nachzugehen. Erst recht ergab sich eine sol-che Pflicht aufgrund des Widerspruchs vom 11. März 1998 gegen die [X.], in dem alle für die Beurteilung maßgeblichen Tatsachen imeinzelnen vorgetragen wurden. Bei der danach gebotenen Prüfung hätte [X.], wie das [X.] zutreffend angenommen hat, ohne weiteresfeststellen können, daß der Kläger, der während des gesamten maßgebenden[X.]raums in ihrem Gemeindegebiet wohnte und dort seit dem 1. Januar 1998ein Gewerbe angemeldet hatte, jedenfalls seit März 1997 keine Sozialhilfemehr bezog. Die Beklagte wäre daher aufgrund einer nur wenig [X.] in [X.] nehmenden Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß die Ordnungs-verfügung schon im [X.]punkt ihres Erlasses keine tragfähige Grundlage [X.] 7 -Um so weniger bestand im März 1998 ein beachtlicher Grund, den Kläger, deralle Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als [X.] erfüllte, [X.] und abzuschieben. Unter diesen Umständen wäre das nach § 48Abs. 1 VwVfG NW grundsätzlich bestehende Ermessen, die [X.] vom 3. März 1997 mit Wirkung ex tunc zurückzunehmen und damit [X.] für die Abschiebung des [X.] zu beseitigen, "auf Null"reduziert gewesen.Eine entsprechende Prüfung war der Beklagten aufgrund des [X.] vom 5. März 1998 und des Widerspruchs vom 11. März 1998 aufgege-ben, ohne daß es insoweit einer auf die Rücknahme der [X.] ausdrücklichen Antragstellung bedurfte. Wenn ihre Sachbearbeiterglaubten, wegen der - zunächst nur aus ihrer Sicht bestehenden - Bestands-kraft der Ordnungsverfügung den Sachvortrag des [X.] ignorieren zu [X.] nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen, wäre dies eine [X.]andhabung, dieangesichts der klar für den Kläger sprechenden Sachlage und der für ihn aufdem Spiel stehenden Interessen mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unverein-bar wäre und einen erheblichen [X.] begründen würde. [X.] die Sachbearbeiter der Beklagten die Abschiebung in Kenntnis der [X.] vorgebrachten Umstände, wäre ein Verschulden wegen fehlerhafter Er-messensausübung im Zusammenhang mit dem Unterlassen einer Rücknahmeder materiell rechtswidrigen Ordnungsverfügung gleichfalls zu [X.] ist nicht, wie das Berufungsgericht ange-nommen hat, nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.- 8 -Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist der Begriff des [X.] Sinne dieser Bestimmung weit zu fassen. Er umfaßt alle Rechtsbehelfe, diesich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassungselbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichti-gung bezwecken und ermöglichen (vgl. BG[X.]Z 123, 1, 7; 137, 11, 23). Der [X.] gegen die Ordnungsverfügung war das gegebene Rechtsmittel, umsie auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das Berufungsgericht weist im [X.] zwar zu Recht darauf hin, daß der Kläger den Widerspruch erstnach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegt hat. Ob ihm Wiedereinsetzung zuerteilen gewesen wäre oder ob die Versäumung dem Kläger als Verschuldenzuzurechnen ist, kann aber offenbleiben. Denn auch im letzteren Fall warender Widerspruch und das Schreiben vom 5. März 1998, was das Berufungsge-richt übersieht, geeignete Rechtsbehelfe, um die Beklagte zu veranlassen, ineine Prüfung über die Rücknahme der Ordnungsverfügung einzutreten. Auchdiese Prüfung hätte - wie ausgeführt - zum Ergebnis haben müssen, die [X.] als Grundlage für die Abschiebung zu [X.] [X.] teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, dem [X.]tehe nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zurVerfügung, weil er seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten wegen [X.] seiner Pflichten aus dem Anwaltsvertrag in Anspruch nehmen könne.Richtig ist zwar die grundsätzliche Überlegung, daß ein Anwalt verpflichtet ist,den für seinen Mandanten sichersten Weg zu wählen, um dessen Rechte zuwahren und dessen Rechtsansprüche durchzusetzen. Das Berufungsgerichtbeurteilt jedoch die Frage, ob der Anwalt des [X.] diesen Maßstäben [X.] geworden ist, ohne hinreichende Berücksichtigung der konkreten Situati-on.- 9 -a) So kann der [X.] schon in der Einlegung des mit einem Wiederein-setzungsantrag verbundenen Widerspruchs kein Verhalten des Anwalts sehen,mit dem er die Interessen seines Mandanten nicht ausreichend wahrnahm.Zwar hatte der Wiedereinsetzungsantrag im Widerspruchsverfahren keinen [X.], und das Verwaltungsgericht ließ im Zusammenhang mit seinem [X.] seine Auffassung durchblicken, der Kläger habe die ihn [X.] Ordnungsverfügung aller Voraussicht nach bestandskräftig werdenlassen, so daß die erhobenen Rechtsbehelfe wahrscheinlich keine Aussicht [X.] hätten. Dennoch fehlen Feststellungen, nach denen sich für den [X.] des [X.] bei seiner Mandatierung - der Kläger befandsich zu diesem [X.]punkt bereits in Polizeigewahrsam - die geringe Erfolgsaus-sicht dieses Antrags erschließen mußte. In der Sache hing die [X.] weitgehend von einer Würdigung von tatsächli-chen Gesichtspunkten ab, insbesondere ob der [X.] überdie Niederlegung in den Besitz des [X.] gelangt war.b) Das Berufungsgericht hat es für den sichereren Weg gehalten, [X.] zur Beantragung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter [X.] der Ordnungsverfügung zu raten.Dieses Begehren war jedoch in den beiden für den Kläger angebrachtenRechtsbehelfen ohne weiteres enthalten. Denn hierin wurde die Rechtmäßig-keit der Ausweisungsverfügung mit Umständen bestritten, aus denen sich klarergab, daß es der Ordnungsverfügung von vornherein an einer tragfähigenGrundlage mangelte. Wäre sie - wie geboten - nach § 48 VwVfG NW zurück-genommen worden, hätte es des vom Berufungsgericht für notwendig erachte-- 10 -ten Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht bedurft. Zudem hätteeinem solchen Antrag, wenn man von der Bestandskraft der Ausweisungsver-fügung oder ihrer sofortigen Vollziehbarkeit ausgeht, grundsätzlich die Bestim-mung des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] entgegengestanden, der auch die Aufent-haltserlaubnis-[X.] unterliegt (vgl. BVerwG DVBl. 2000, 429, 432). Dem [X.] es, daß der Kläger nach seiner Abschiebung erst wieder in die Bundes-republik einreisen konnte, nachdem die Beklagte - im Vergleichsweg - [X.] entsprechend befristet hatte. Die Überlegung des Be-rufungsgerichts, der Beklagten wäre durch einen Antrag auf Erteilung einerAufenthaltserlaubnis die Prüfung der Sach- und Rechtslage "quasi aufgezwun-gen" worden, geht daher an der Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.] vor-bei. Auch wenn man eine solche Antragstellung - wie das Berufungsgericht -lediglich als "Vehikel" betrachtet, um die Sachbearbeiter der Beklagten zu einerÜberprüfung ihrer Ordnungsverfügung unter dem Blickwinkel ihrer Rücknahmenach § 48 VwVfG NW zu bewegen, könnte dem Verfahrensbevollmächtigtendes [X.] das Unterlassen einer entsprechenden Antragstellung nicht [X.] seiner anwaltlichen Pflichten vorgeworfen werden.c) Das Berufungsgericht wirft dem Verfahrensbevollmächtigten des [X.] schließlich vor, er hätte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes eine Aus-setzung der Abschiebung bis zur Entscheidung über eine [X.] eine Rücknahme der Ordnungsverfügung erwirken müssen.[X.]ieran ist richtig, daß dann, wenn man die Ausweisungsverfügung [X.] ansah, ihre Rücknahme ein geeigneter Weg gewesen wäre,den Aufenthalt des [X.] in der [X.] sicherzustellen. [X.] Beklagte eine Überprüfung im Rahmen des § 48 VwVfG NW, hätte dem- 11 -Kläger die Möglichkeit [X.], sich gemäß § 123 VwGO mit einemAntrag an das Verwaltungsgericht zu wenden. Bei einer rückschauenden Be-urteilung hätte eine solche Antragstellung die Abschiebung am 12. März 1998möglicherweise verhindern können.Wenn auch nicht zu übersehen ist, daß eine solche Maßnahme [X.] zur Sicherung der Abschiebung vorgenommene Inhaftnahme des [X.]nahegelegt sein konnte, sieht der [X.] in ihrem Unterlassen unter [X.] Umstände keinen Verstoß gegen die Pflichten aus dem [X.] keine Grundlage für eine anderweitige Ersatzmöglichkeit für den Kläger.Der Verfahrensbevollmächtigte des [X.] stand selbst unter hohem [X.]-druck. Wie sich aus der vom Berufungsgericht beigezogenen Akte des [X.] über einen am 19. März 1998 eingegangenen Antrag [X.]/Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchsergibt, wurde der Verfahrensbevollmächtigte des [X.] auf seine [X.] 5. März 1998 erst mit Schreiben der Beklagten vom 10. März 1998 überEinzelheiten des Verwaltungsverfahrens informiert. Er gab, noch ehe er überdie Ordnungsverfügung unterrichtet war, erste [X.]inweise, die diese in [X.]. Mit dem Widerspruch erhob er auch das Rechtsmittel, das ihm gegendie Verfügung zu Gebote stand. Darüber hinaus stellte er die Sachlage so ein-drücklich dar, daß er - gerade auch in der nur knapp bemessenen [X.] - davonausgehen durfte, die Beklagte werde ihre Ordnungsverfügung überprüfen, wasihr angesichts des einfach strukturierten Sachverhalts und des Umstandes, daßihr in ihrem Bereich alle notwendigen Informationen zugänglich waren, ohneweiteres möglich war. Er mußte daher nicht damit rechnen, daß sich die [X.] gegen Recht und Gesetz über seinen Vortrag hinwegsetzte und ihre Tä-tigkeit offenbar als bereits abgeschlossen betrachtete, ehe sie sie überhaupt- 12 -begonnen hatte. Auch wenn man berücksichtigt, daß die Abschiebehaft des[X.] bis zum 20. März 1998 befristet war, mußte der Verfahrensbevoll-mächtigte des [X.] nicht in Rechnung stellen, sich bereits vor dem 12. [X.] - dem [X.] - mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweili-gen Anordnung an das Verwaltungsgericht wenden zu [X.]) Daß der Verfahrensbevollmächtigte des [X.] in der knapp bemes-senen [X.] noch einen anderen Rechtsbehelf hätte ergreifen können, um [X.] von einer Aussetzung der Vollziehung abzuhalten, ist angesichts ih-res Verhaltens nicht erkennbar. Als ein solcher Rechtsbehelf wäre noch in [X.] gekommen, die Befristung der [X.] zu beantragen.Grundsätzlich ist zwar eine Befristung der [X.] erst nacheiner Ausreise möglich (§ 8 Abs. 2 Satz 3, 4 [X.]). [X.] des Anwendungsvor-rangs des Gemeinschaftsrechts ist die Behörde jedoch dann, wenn ein Freizü-gigkeitsberechtigter Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis-EG hat, verpflich-tet, die Befristung so vorzunehmen, daß sich das dem Betroffenen zustehendeFreizügigkeitsrecht sogleich entfalten kann. Insoweit darf die Behörde ihre Ent-scheidung daher nicht von der Voraussetzung einer vorherigen Ausreise (§ 8Abs. 2 Satz 4 [X.]) abhängig machen (vgl. BVerwG DVBl 2000, 429, 432 f).Die tatsächlichen Abläufe verdeutlichen jedoch, daß die Stellung einessolchen Antrags, über den die Beklagte durch Bescheid zu befinden gehabthätte, nur theoretischer Natur gewesen wäre. Auch insoweit hätte das Verwal-tungsgericht - wie in dem eingeleiteten Eilverfahren nach § 80 VwGO - nichtmehr rechtzeitig angerufen werden [X.] 13 -5.[X.]at die Beklagte dem Kläger hiernach nach [X.] das Fehlverhalten ihrer Beamten einzustehen, hat sie diesem die vom[X.] zuerkannten [X.]en, gegen deren [X.]öhe die Beklagtein ihrer Anschlußberufung keine Einwände erhoben hat, zu ersetzen. [X.] folgendes:a) Das Berufungsgericht versagt dem Kläger einen Ersatzanspruch fürdie von ihm aufgewendeten Anwaltskosten im verwaltungsgerichtlichen Verfah-ren unter [X.]inweis auf den dort geschlossenen Vergleich. In ihm hatte der Klä-ger die Kosten des Klage- und Eilverfahrens übernommen. Das Berufungsge-richt sieht hierin eine endgültige Kostenregelung, die es dem Kläger verwehre,sich auf eine andere Kostenverteilung aus Amtshaftungsgesichtspunkten zuberufen. Jedenfalls hätte er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine ent-sprechende Klarstellung vornehmen müssen.Die tatrichterliche Auslegung eines Prozeßvergleichs unterliegt der revi-sionsrechtlichen Prüfung jedenfalls darauf, ob anerkannte Auslegungsgrund-sätze, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze ver-letzt sind (vgl. BG[X.], Urteil vom 11. Mai 1995 - [X.] - NJW-RR 1995,1201, 1202). Die Frage, ob [X.] vom Revisionsgericht in weiter-gehendem Umfang ausgelegt werden können, bedarf keiner Entscheidung, [X.] die Auslegung des Berufungsgerichts, ohne daß es einer [X.] der Revision bedürfte, schon aufgrund einer beschränkten [X.] rechtsfehlerhaft erweist. Der geschlossene Vergleich enthält eine Kosten-regelung für die beiden anhängig gewesenen verwaltungsgerichtlichen Verfah-ren. Dabei ist dem Vergleichsvorschlag des [X.] zu entneh-men, daß einerseits dem Kläger eine Wiedereinreise ermöglicht werden [X.] 14 -weil er "kurz vor Erlaß der angefochtenen Ordnungsverfügung bis zu [X.] wohl wieder einer selbständigen Beschäftigung nachgegangensein dürfte", andererseits berücksichtigt werden sollte, daß der Kläger die [X.] aller Voraussicht nach habe bestandskräftig werden lassen,so daß die erhobenen Rechtsbehelfe wahrscheinlich keine Aussicht auf Erfolghätten. Vor diesem [X.]intergrund spricht alles dafür, daß die Kostenregelung [X.] nur das berücksichtigt, was sich aufgrund der [X.] in den bei-den verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergab. Daß auch etwaige Amtshaf-tungsansprüche des [X.] Gegenstand des Vergleichs gewesen seien, istweder erkennbar noch vorgetragen. Schon deshalb bedurfte es im [X.] Vergleichsschlusses keines Vorbehalts des [X.]. Auch die Beklagte hatnicht geltend gemacht, daß der Vergleich speziell in bezug auf die [X.] einen Schadensersatzanspruch ausschließe. Sie hat vielmehr lediglich dienicht zutreffende, oben zu 1 bereits wiedergegebene Auffassung vertreten, dievergleichsweise Erledigung schließe jeden Amtshaftungsanspruch dem [X.] aus. Die [X.] ergibt sich daraus,daß der Kläger gegen seine rechtswidrige Ausweisung anwaltliche [X.]ilfe in [X.] nehmen durfte, um wieder in die [X.] einreisen zu können.b) Das [X.] hat dem Kläger einen Betrag von 300 DM zuerkannt,der diesem als Kostenbeitrag zur Finanzierung seiner Abschiebung einbehal-ten worden war. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen entsprechendenAnspruch versagt, weil dieser seine Klage auf diese [X.] weder inerster noch in zweiter Instanz gestützt habe.Dem ist nicht beizutreten. Richtig ist zwar, daß die Klageschrift eine ent-sprechende [X.] nicht enthält. In der ersten mündlichen Verhand-- 15 -lung vor dem [X.] wurde der Kläger auf Schlüssigkeitsbedenken [X.] gemacht, die ihm Anlaß gaben, seinen Schaden näher zu erläutern.In diesem Zusammenhang wies er auf diese [X.] hin, ohne [X.] seine Schadensberechnung grundsätzlich zu überarbeiten. Selbst [X.] daher der Auffassung wäre, das [X.] habe unter Verstoß gegen§ 308 Abs. 1 ZPO dem Kläger diese [X.] zuerkannt, hat diesersich diese Berechnung jedenfalls im Berufungsverfahren zu eigen gemacht.Denn er hat im zweiten Rechtszug seinen Schaden in anderer Weise begrün-det und mit seiner Berufung nur das zusätzlich verlangt, was ihm nicht bereitsdas [X.] zuerkannt hatte. Indem er die Zurückweisung der [X.] der Beklagten begehrt hat, hat er die ihm vom [X.] zuerkannte[X.] zum Streitgegenstand in zweiter Instanz [X.] 16 -c) Gegen die Zuerkennung von Beträgen für die Kosten des [X.] eine erforderliche Übernachtung sind keine Bedenken ersichtlich. Die [X.] ist daher ohne Erfolg.RinneWurm[X.] [X.] Galke

Meta

III ZR 182/01

12.12.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. III ZR 182/01 (REWIS RS 2002, 233)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 233

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