Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2014, Az. 8 AZR 648/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 3351

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Gegenstand

Betriebsteilübergang - Betriebsteil als bestehende wirtschaftliche Einheit


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Februar 2013 - 12 Sa 801/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch einen [X.]etriebsteilübergang von der Firma [X.] mit Sitz in [X.] (im Folgenden: [X.]) auf die Schuldnerin übergegangen ist, wobei die Klägerin unter [X.]erufung darauf auch ihre Vergütung für den [X.]ai 2009 von dem [X.]eklagten als Insolvenzverwalter der Schuldnerin verlangt.

2

Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 26. [X.]ärz 2008 war die Klägerin bei [X.] beschäftigt und bezog zuletzt ein [X.]ruttomonatsgehalt iHv. 1.841,00 Euro. Als Angestellte für den Verkaufsinnendienst (Auftragsannahme) betreute sie gemeinsam mit zwei weiteren [X.]itarbeiterinnen das sogenannte Streckengeschäft. Daneben bestand noch ein Ladengeschäft vor [X.]rt. Die Aufgabe der Klägerin bestand in der Annahme von [X.]estellungen per Telefon, Fax oder online und in deren [X.]earbeitung durch [X.]estellungen bei Herstellern und Lieferanten.

3

Sowohl [X.] als auch die [X.] [X.] (im Folgenden: [X.]), die nachmalige Schuldnerin, waren zum 1. April 2008 aus den insolventen Schwesterunternehmen [X.]-[X.] [X.] und [X.]-[X.] [X.] hervorgegangen. Jedoch geriet [X.] im Lauf des Jahres 2008 erneut in finanzielle Schwierigkeiten. Schon im [X.]ktober 2008 übernahm die Schuldnerin, also die [X.] in [X.] - gegen Sicherungsübereignung - im Außenverhältnis die [X.]ezahlung der von [X.] beim Zentralregulierer S. bestellten [X.]aren. Die so entstandenen Verbindlichkeiten von [X.] gegenüber [X.] beliefen sich schließlich auf ca. 105.000,00 Euro.

4

Unter dem 16. Februar 2009 verschickten beide Gesellschaften ein gemeinsames Rundschreiben an ihre Kunden, in dem sie ua. mitteilten:

        

„Im Interesse unserer Kundschaft organisieren wir den [X.]ereich unseres Streckengeschäftes neu. Die Veränderungen finden im Hintergrund statt, so dass für Sie nur wenige Umstellungen bei den Kontaktdaten anfallen. Alles andere bleibt wie gewohnt, insbesondere bleiben Ihre Ansprechpartnerinnen wie bisher auch [X.], Frau L und Frau S. Die Konditionen bleiben gleich, auch die [X.]elieferung erfolgt wie gewohnt direkt zu Ihnen …“

5

Eine wesentliche Änderung für die Kunden bestand darin, dass die Rechnungen künftig auf ein Konto der [X.] zu begleichen waren. Der Geschäftsführer [X.]a der [X.] leitete E-[X.]ails des Geschäftsführers [X.]o der [X.] über die künftige Verfahrensweise im Streckengeschäft am 18. und am 20. Februar 2009 an die drei dafür arbeitenden [X.]itarbeiterinnen, also auch an die Klägerin weiter. Schließlich schlossen beide Gesellschaften am 9. [X.]ärz 2009 eine Vereinbarung, die auszugsweise lautete:

        

„Präambel

        

Die Vertragsparteien haben jeweils Vermögenswerte der früheren Schwesterfirmen [X.] [X.] in [X.] und in [X.] erworben. Seit Juli 2008 arbeiten sie zusammen. Die Zusammenarbeit betraf und betrifft Preisverhandlungen mit Lieferanten, Einkauf, [X.]itarbeiterschulung und [X.]arketingkonzepte.

        

Um diese Ressourcen zu heben, gliedert die [X.] den [X.]ereich des Streckengeschäftes aus ihrem Unternehmen aus und überträgt diesen Geschäftsbereich an die [X.]. Umgekehrt übernimmt die [X.] den gesamten mit diesem Geschäftsbereich entstehenden Aufwand.

        

Soweit in einer Übergangszeit Aufwand bei der [X.] verbleibt, wird dieser an die [X.] weiterbelastet.

                 
        

Durch die [X.]elieferung der bisherigen Kundschaft der [X.] direkt auf Kosten und auf Rechnung der [X.] versprechen sich beide Vertragsparteien bessere Effizienz und Transparenz.

        

Hierzu vereinbaren die Parteien im Einzelnen folgendes:

                 
        

Übertragung des Streckengeschäftes

        

Das Streckengeschäft der [X.] wird ab sofort durch die [X.] erledigt. [X.]estellungen der Kundschaft werden durch beziehungsweise für die [X.] unter den bisher verwendeten Rufnummern entgegengenommen.

        

Die Verträge zu Telefonanlage und Telefon- und Datenleitungen werden direkt auf die [X.] übertragen, so dass diese die Kosten hierfür direkt übernimmt und ebenso die interne technische [X.]etreuung.

        

Die für die Kundenbestellungen erforderlichen [X.]estellungen bei Lieferanten erfolgen dann von der [X.] zu deren Lasten. Die Auslieferung erfolgt wie bisher über [X.] gegen [X.]eiterbelastung des direkt zuzuordnenden Aufwandes, soweit keine Direktlieferung zur Kundschaft stattfindet. Lieferschein und Rechnung werden von der [X.] an den Kunden erstellt. Zahlungen der Rechnungen erfolgen vom Kunden an die [X.].

                 
        

Einsatz von [X.]itarbeiterinnen und [X.]itarbeitern der [X.]

        

Der Einsatz von [X.]itarbeitern der [X.] für die Abwicklung dieses Streckengeschäftes erfolgt insgesamt nach [X.]edarf und einvernehmlich. Im Rahmen dieses Einvernehmens wird der Aufwand - gegebenenfalls pauschaliert - ermittelt und dann gegen [X.]eiterbelastungsbeleg ohne Aufschlag von der [X.] an die [X.] erstattet.

        

Eine Verpflichtung zur Übernahme beziehungsweise zum Einsatz von [X.]itarbeitern besteht nicht. Die [X.] verpflichtet sich aber, bei [X.]edarf vor Einstellung dritter [X.]ewerber zuerst [X.]itarbeiterinnen oder [X.]itarbeitern der [X.] ein Angebot zum Abschluss eines Anstellungsvertrages zu machen.

                 
        

Übernahme weiterer Kosten der [X.]

        

[X.]eitere diesem Streckengeschäft direkt zuzuordnenden Kosten erstattet die [X.] an die [X.] ebenfalls gegen [X.]eiterbelastungsbeleg ohne Aufschlag. Diejenigen Kosten, die dem Grunde nach erstattet werden, werden die Vertragsparteien bis zum [X.] festgelegt und, wenn nichts anderes vereinbart wird, entsprechend dem Verhältnis der Umsätze der Vertragsparteien verteilt.

                 
        

Kommunikation der Übernahme des Streckengeschäftes

        

Die [X.] entwickelt in Abstimmung mit der [X.] die Art und [X.]eise, in der den Kunden der [X.]echsel zur [X.] mitgeteilt wird. Die damit verbundenen Kundeninformationen sollen gleichzeitig auch zur [X.]ewerbung der übrigen Angebote der [X.] genutzt werden. Dazu einsetzbare [X.]erbemittel stimmen die Vertragsparteien miteinander ab. Der Kundschaft wird erklärt, dass abgesehen vom Rechtsträger und dessen Kontaktdaten und [X.]ankverbindung sich für sie nichts ändert. In einem ersten Durchgang wurde die Kundschaft von der Übertragung des Streckengeschäftes auf die [X.] informiert und ein Flyer zur [X.]ewerbung der [X.] beigelegt.“

6

Unter dem 30. [X.]ärz 2009 kündigte [X.] das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin betriebsbedingt zum 31. Juli 2009. [X.]egen der Ausgliederung des [X.] sei der Arbeitsplatz der Klägerin weggefallen. Die von der Klägerin vor dem Arbeitsgericht [X.]ffenbach angestrengte Kündigungsschutzklage - 1 Ca 137/09 - mündete in einen Vergleich, dessen Regelungen über die [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses nur für den Fall Geltung haben sollten, dass als Ergebnis des vorliegenden Verfahrens ein [X.]etriebsteilübergang nicht festzustellen sei.

7

Ab [X.]ai 2009 erhielt die Klägerin von [X.] keine Vergütung mehr. Am 1. September 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet, in dessen Verlauf die Vergütungsansprüche der Klägerin für Juni und Juli 2009 beglichen wurden.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Ausgliederung und Übertragung des [X.]ereichs Streckengeschäft mit der Vereinbarung vom 9. [X.]ärz 2009 stelle einen [X.]etriebsteilübergang dar, infolge dessen ihr Arbeitsverhältnis von [X.] auf die [X.] übergegangen sei. Sie und ihre beiden Kolleginnen hätten ab 9. [X.]ärz 2009 nur noch für die [X.] gearbeitet. Alle für [X.] eingehenden Aufträge seien an [X.] weitergeleitet, dort bearbeitet und ausgeführt worden. Auch der Kundenstamm sei komplett übertragen und die [X.]itarbeiter seien aufgefordert worden, die [X.] zu übergeben. [X.] habe ihr und den beiden anderen [X.]itarbeiterinnen ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages auf [X.]eiterarbeit in [X.] gemacht, allerdings ohne Anrechnung der bisherigen [X.]en der [X.]etriebszugehörigkeit. Nach der Ablehnung jenes Angebots seien in [X.] drei neue [X.]itarbeiter eingestellt worden; bis dahin sei dort lediglich eine Teilzeitkraft beschäftigt gewesen. Infolge des [X.]etriebsteilübergangs vom 9. [X.]ärz 2009 schulde die - zwischenzeitlich ebenfalls in Insolvenz geratene - [X.] bzw. der [X.]eklagte als deren Insolvenzverwalter auch die Vergütung für [X.]ai 2009.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen besteht;

        

2.    

den [X.]eklagten zu verurteilen, an sie 1.841,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz seit dem 1. Juni 2009 zu zahlen.

Zur [X.]egründung seines Antrags auf Klageabweisung hat der [X.]eklagte vorgetragen, ein [X.]etriebsteilübergang habe nicht stattgefunden. Es fehle bereits an einem übergangsfähigen [X.]etriebsteil, das „Streckengeschäft“ sei ein bloßer Geschäfts- oder Aufgabenbereich. Die Vereinbarung vom [X.]ärz 2009 habe den Zweck gehabt, die Verbindlichkeiten von [X.] bei [X.] zurückzuführen. Tatsächlich sei aber das Streckengeschäft nicht wie im [X.]ärz 2009 vereinbart umgesetzt und abgewickelt worden. Im [X.]esentlichen stelle die Vereinbarung vom [X.]ärz 2009 eine Abtretung mit Einzugsermächtigung oder ein Dienstleistungs- oder Auftragsverhältnis dar. [X.] habe jedoch nicht dauerhaft übertragen werden sollen. Zu einer „Übertragung“ des Kundenstammes sei es schon deswegen nicht gekommen, weil beide Unternehmen aus der [X.] der früheren Schwestergesellschaften einen gemeinsamen Kundenstamm gehabt hätten. Ebenso hätten die das Streckengeschäft prägenden Lieferantenbeziehungen und Einkaufsbedingungen unstreitig bereits bei [X.] bestanden, sodass eine „Übernahme“ gerade nicht erfolgt sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die [X.]erufung des [X.]eklagten blieb vor dem [X.] ohne Erfolg. [X.]it der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.]eklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.]eklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das [X.] hat keine die Entscheidung tragende Feststellung getroffen, ob mit dem „Streckengeschäft“ bei [X.] überhaupt eine wirtschaftliche Einheit im Sinne eines [X.]etriebsteils gegeben war, der am 9. März 2009 auf die Schuldnerin hätte übergehen können, § 613a Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.].

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im [X.]esentlichen wie folgt begründet: [X.]ei dem Streckengeschäft habe es sich um einen [X.]etriebsteil gehandelt, der spätestens zum 9. März 2009 übergegangen sei. Für den Übergang spreche der [X.]ortlaut der Vereinbarung vom selben Tage („ausgegliedert“; „überträgt“). Eine hiervon abweichende tatsächliche Umsetzung habe der [X.]eklagte jedenfalls nicht hinreichend dargelegt. Der [X.]etriebsteil Streckengeschäft sei als Ganzes mit den bisherigen Kunden, dem eingearbeiteten Personal, dem gesamten [X.]arensortiment und den bisherigen Telekommunikationsanschlüssen und Nummern übernommen und im [X.]esentlichen unverändert fortgeführt worden, wobei der Geschäftsführer der [X.] fortan die tatsächliche Leitungsmacht ausgeübt habe.

[X.]. Die Entscheidung des [X.]s hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob die zulässige Klage begründet ist, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht entschieden werden.

I. Ein [X.]etriebsübergang oder [X.]etriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 [X.]G[X.] und im Sinne der Richtlinie 2001/23/[X.] liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter [X.]ahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 30 [X.]; [X.]AG 20. März 2014 - 8 [X.] - Rn. 17 [X.]; 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 39).

1. Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ([X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 31 f. [X.]).

2. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder [X.]etriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher [X.] 15. Dezember 2005 - [X.] und [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 35 [X.], [X.]. 2005, [X.]; [X.]AG 22. August 2013 - 8 [X.] - Rn. 40 ff. [X.]). [X.]ei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder [X.]etriebs, der etwaige Übergang der materiellen [X.]etriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der [X.]ert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. [X.]. [X.] 20. Jan[X.]r 2011 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 34 [X.], [X.]. 2011, [X.]; [X.]AG 23. Mai 2013 - 8 [X.] - Rn. 22; 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 39).

3. Kommt es im [X.]esentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. [X.]enn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die [X.]ahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die [X.]ahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue [X.]etriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt ([X.] 6. September 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 49 ff., [X.]. 2011, [X.]; [X.]AG 22. August 2013 - 8 [X.] - Rn. 41).

4. Kommt es im [X.]esentlichen auf die [X.]etriebsmittel wie etwa das Inventar an, dann kann ein Übergang einer ihre Identität bewahrenden Einheit auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 36 f., [X.]. 2003, [X.]; [X.]AG 22. August 2013 - 8 [X.] - Rn. 42). Ohne [X.]edeutung ist, ob das Eigentum an den eingesetzten [X.]etriebsmitteln übertragen worden ist (vgl. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 41 [X.], aaO; [X.]AG 11. Dezember 1997 - 8 [X.] - [X.]AGE 87, 296). Der [X.]egriff „durch Rechtsgeschäft“ des § 613a [X.]G[X.] ist wie der [X.]egriff „durch vertragliche Übertragung“ in Art. 1 Abs. 1a der Richtlinie 2001/23/[X.] (dazu [X.]. [X.] 7. März 1996 - [X.]/94 - [[X.] und [X.]] Rn. 28, [X.]. 1996, [X.]; 6. September 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 63, [X.]. 2011, [X.]) weit auszulegen, um dem Zweck der Richtlinie - dem Schutz der Arbeitnehmer bei einer Übertragung ihres Unternehmens - gerecht zu werden. So ist es nicht erforderlich, dass zwischen Veräußerer und Erwerber unmittelbar vertragliche [X.]eziehungen bestehen; die Übertragung kann auch unter Einschaltung eines [X.], wie z[X.] des Eigentümers oder des Verpächters, erfolgen ([X.]. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 39 [X.], aaO).

5. Dem Übergang eines gesamten [X.]etriebs steht, soweit die Voraussetzungen des § 613a [X.]G[X.] erfüllt sind, der Übergang eines [X.]etriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt oder nicht (vgl. [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 30 f. [X.]; 12. Febr[X.]r 2009 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 50, [X.]. 2009, [X.]; [X.]AG 20. März 2014 - 8 [X.] - Rn. 18; 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen ([X.] 12. Febr[X.]r 2009 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 53, aaO; [X.]AG 7. April 2011 - 8 [X.] - Rn. 16).

6. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen [X.]etriebsübergang dar wie die reine [X.] (vgl. [X.] 20. Jan[X.]r 2011 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 41, [X.]. 2011, [X.]; [X.]AG 23. September 2010 - 8 [X.] - Rn. 30).

7. Die [X.]ewertung der maßgeblichen Tatsachen ist nach Unionsrecht Sache der nationalen Gerichte ([X.]. [X.] 15. Dezember 2005 - [X.] und [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 35, [X.]. 2005, [X.]) und im [X.] Arbeitsrecht Sache der Tatsacheninstanzen, die dabei einen [X.]eurteilungsspielraum haben (vgl. [X.]. [X.]AG 18. August 2011 - 8 [X.] - Rn. 21, [X.]AGE 139, 52).

II. Ob nach diesen Grundsätzen ein [X.]etriebsteilübergang von [X.] auf die Schuldnerin am 9. März 2009 zu bejahen ist, kann nach den bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden.

1. Eine bereits beim angeblichen Veräußerer bestehende abtrennbare wirtschaftliche Einheit mit eigener Identität ist vom [X.] zwar benannt - „Streckengeschäft“ - aber nur teilweise näher bestimmt worden, wobei entscheidungserheblicher Vortrag der Klägerin wie des [X.]eklagten hierzu übergangen wurde. Über die [X.]ahrung der Identität eines [X.]etriebsteils kann jedoch nicht entschieden werden, ohne diese zuvor in ihren Hauptmerkmalen, zu denen die Parteien vorgetragen haben, zu bestimmen. Jedenfalls hat das [X.]erufungsgericht keine Gesamtbetrachtung vorgenommen, die eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit ergab (vgl. [X.]AG 21. Juni 2012 - 8 [X.] - AP [X.]G[X.] § 613a Nr. 434).

2. Das [X.] hat in den Entscheidungsgründen zwar ausgeführt, bei „dem Streckengeschäft“ von [X.] habe es sich um eine selbständige, abtrennbare organisatorische Einheit gehandelt, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt habe. Unstreitig sei „das Streckengeschäft“ vom Ladengeschäft organisatorisch getrennt und mit anderen Arbeitnehmerinnen besetzt gewesen. Es habe auch mit der Annahme und [X.]earbeitung von Aufträgen, die per Telefon, Fax oder E-Mail eingingen, einen selbständigen, vom Ladengeschäft unabhängigen Zweck erfüllt.

Hinreichende Feststellungen zu den „im Streckengeschäft“ - einem an sich bloßen Geschäftsbereich oder Aufgabenfeld - eingesetzten sächlichen wie personellen [X.]etriebsmitteln fehlen jedoch, ebenso wie Feststellungen zu der erforderlichen „Autonomie“. In diesem Zusammenhang hat das [X.]erufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass das „Streckengeschäft“ dem „Verkaufsinnendienst“ angehörte, in dem durch weiteres Personal - über die drei im Streckengeschäft tätigen Mitarbeiterinnen hinaus - auch andere Aufgaben wie etwa die [X.]etreuung des [X.]ereichs „[X.]üroeinrichtungen“ wahrgenommen wurden.

Die Revision rügt zu Recht, dass das [X.]erufungsgericht den Vortrag übergangen und keinen angebotenen [X.]eweis erhoben habe, dass die [X.] - mit vorhandenem eigenen Personal - bereits ihr eigenes „Streckengeschäft“ betrieben habe, während die Mitarbeiterinnen von [X.] lediglich vorübergehend und nach [X.]edarf eingesetzt wurden.

3. [X.]eiter fehlen Angaben im [X.]erufungsurteil, ob und ggf. welche materiellen [X.]etriebsmittel für die Durchführung des „Streckengeschäftes“ erforderlich waren, etwa technische Kommunikationsmittel oder Fahrzeuge. Auch insoweit rügt die Revision zutreffend, das [X.]erufungsgericht habe den unter [X.]eweis gestellten Vortrag des [X.]eklagten übergangen, materielle [X.]etriebsmittel wie Fahrzeuge und Kommunikationsmittel seien nicht übertragen worden. Das [X.]erufungsurteil lässt auch offen, ob die Auslieferung der bestellten [X.]are zum Streckengeschäft gehörte, wie es nicht nur der [X.]eklagte behauptet hat, sondern wie es auch die Klägerin in der Klageschrift vom 11. November 2009 dargelegt hat. In diesem Zusammenhang kann es wesentlich sein, welche [X.]etriebsmittel zur Auslieferung von [X.] selbst eingesetzt wurden. Im [X.]erufungsurteil werden diesbezüglich mit der Angabe, die Auslieferung sei „meist entweder durch den Lieferanten selbst oder durch Dritte“ erfolgt, keine Feststellungen getroffen.

4. [X.]eiter fehlt es an tragfähigen Angaben zur Leitungsebene sowie zur Abgrenzung des „Streckengeschäftes“ vom sonstigen „Verkaufsinnendienst“ und von dem „Ladengeschäft“. Dem [X.]erufungsurteil kann insoweit nur entnommen werden, dass „daneben … noch ein Ladengeschäft“ bestand. Ob und inwieweit es personelle Überschneidungen gab, bleibt ebenso offen wie es an klaren Feststellungen zur Leitung des angeblichen [X.]etriebsteils „Streckengeschäft“ fehlt. Auch diesbezüglich hat die Revision eine begründete Verfahrensrüge dahin gehend erhoben, das [X.]erufungsgericht sei darüber hinweggegangen, dass der [X.]eklagte den Übergang der [X.] in erheblicher [X.]eise bestritten hatte.

5. Schließlich mangelt es dem [X.]erufungsurteil an einer Feststellung, was [X.]“ des Streckengeschäftes als „[X.]etriebsteil“ ausgemacht haben soll, also welche Elemente dafür prägend waren. Das [X.]erufungsgericht wird zu prüfen haben, ob und inwieweit bei der Schuldnerin bereits vorhandene Lieferanten- und Geschäftsbeziehungen schon vorhanden waren und nicht von [X.] übernommen werden brauchten.

III. Das Urteil des [X.]s ist danach aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Hauck    

        

    [X.]reinlinger    

        

    [X.]inter    

        

        

        

    [X.]roblewski    

        

    [X.]ein    

                 

Meta

8 AZR 648/13

21.08.2014

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Offenbach, 29. April 2010, Az: 3 Ca 525/09, Urteil

§ 613a Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2014, Az. 8 AZR 648/13 (REWIS RS 2014, 3351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3351

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