Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2002, Az. 1 StR 111/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 1406

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[X.]/02vom26. September 2002in der Strafsachegegenwegenunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 26. September 2002 be-schlossen:Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:Die audiovisuelle Vernehmung von Vertrauenspersonen der Poli-zei oder Verdeckten Ermittlern gemäß § 247a [X.] kann mit [X.] die Identifizierung des Vernommenen verhindernden techni-schen Veränderung der Bild- und Tonübertragung stattfinden,wenn der Vernehmung sonst eine Sperrerklärung der zuständigenStelle entgegenstünde.Er fragt im Hinblick auf den Beschluß des [X.]s [X.] vom 17. Oktober 1983 - BGHSt 32, 115, 124f. - beiden anderen Strafsenaten an, ob sie dieser Auffassung zustim-men.Gründe: [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafevon sechs Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Beschwerdeführer dieVerletzung formellen und sachlichen Rechts.- 3 -1. Nach den Feststellungen stand der Angeklagte zusammen mit [X.] K. wegen des Verkaufs von ca. 1 kg Heroin mit einer sich[X.] nennenden und als [X.] auftretenden Vertrauensperson([X.]) der Polizei in Verbindung; nachdem bereits ca. 100 g Heroin an [X.]übergeben worden waren, wurde der Angeklagte vor der Übergabe weiterer850 g festgenommen. Er räumt den äußeren Ablauf des Tatgeschehens im [X.] ein, macht jedoch geltend, die 850 g Heroin hätten dem [X.]nichtwirklich verkauft werden sollen, vielmehr hätte diesem nur der entsprechendeKaufpreis "abgelinkt" werden sollen; außerdem habe er nur dem Mitangeklag-ten K. Hilfsdienste geleistet.2. [X.] stützt ihre Überzeugung von dem angenommenenUmfang des Geschäfts und von der Täterschaft des Angeklagten in erster Linieauf die Angaben der [X.] [X.]und zweier Verdeckter Ermittler ([X.] drei Personen standen der Kammer wegen Sperrerklärungen [X.] des Innern zunächst nicht als Zeugen zur Verfügung, so daß siederen polizeiliche Führungs- und Vernehmungsbeamte eingehend vernommenhat. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung hat die Kammer die [X.] und diebeiden [X.] mit Einverständnis der Verteidigung und nunmehr auch des [X.] in folgender Weise gemäß § 247a [X.] vernommen: [X.] wurde gestattet, unter ihrem Decknamen auszusagen und Angaben zuihrer Person im übrigen gemäß § 68 Abs. 3 [X.] zu verweigern. Die Übertra-gung der Vernehmung wurde in der Weise modifiziert, daß über die Linse deram Vernehmungsort eingesetzten Kamera eine Plastikfolie gelegt und dieÜbertragung der Stimmen der Zeugen durch technische Maßnahmen ([X.]) in den Höhen und Tiefen begrenzt wurde. Hierdurch wurde das Er-kennen der Gesichtszüge und der Stimmen der Zeugen hinreichend [X.] -ohne daß die Beobachtung von Mimik und Gestik sowie von Tonfall [X.] in erheblicher Weise beeinträchtigt war. Ohne die Modifizierungder Bild- und Tonübertragung hätte das [X.] an seinenSperrerklärungen festgehalten.3. Der Angeklagte beanstandet mit einer Verfahrensrüge die Modifizie-rung der Bild- und Tonübertragung der Vernehmungen als "unrichtig". Der [X.] erwägt, die Revision - die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge unddie weiteren Verfahrensrügen hat keinen Rechtsfehler ergeben - auch insoweitzu verwerfen.Die Verfahrensrüge scheitert zwar nicht daran, daß der [X.] sein Einverständnis zu der vom [X.] gewählten [X.] hatte. Ihm ging es ersichtlich darum, sein Fragerecht (vgl. Art. 6 Abs. 3Buchst. [X.]) so gut wie möglich ausüben zu können. Daß er unter den hiergegebenen Umständen die ihn am wenigsten einschränkenden [X.] akzeptierte, hindert ihn nicht daran, mit der Revision geltend zumachen, daß er bei "richtiger" Durchführung des Verfahrens nach § 247a [X.]bessere Verteidigungsmöglichkeiten gehabt hätte.Auf einem etwaigen Gesetzesverstoß könnte das Urteil auch beruhen,obwohl das [X.] in seiner Beweiswürdigung ausgeführt hat, seineÜberzeugung von der Schuld des Angeklagten ergebe sich nicht aus den [X.], weil es bereits nach den Aussagen der polizeilichen Füh-rungs- und [X.] der Zeugen zu einer hinreichenden Über-zeugungsbildung in der Lage gewesen sei. Das [X.] hat nämlich [X.] in umfangreicher Weise inhaltlich bewertet, so daß [X.] eine Auswirkung auf die Überzeugungsbildung gleichwohl nicht [X.] vermag.- 5 -Die Rüge ist nach Auffassung des Senats jedoch unbegründet, weil dievon dem [X.] vorgenommenen Veränderungen der Bild- und [X.] rechtlich zulässig waren. Soweit der [X.] vom 17. Oktober 1983 festgestellt hat, daß "das geltende Recht eineBeweisaufnahme unter optischer oder akustischer Abschirmung nichtvor(sieht)" (BGHSt 32, 115, 124f.), erscheint dies dem Senat wegen durch-greifend geänderter Rechtslage als überholt. Er hält es allerdings für geboten,vor einer entsprechenden eigenen Entscheidung dem [X.] die [X.] Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 4 [X.]. Dies würde sich für den Senat indessen erübrigen, wenn die ande-ren Strafsenate seiner Auffassung zustimmen (vgl. [X.] in Löwe/[X.],[X.] 25. Aufl. § 132 [X.] [X.]. 43 m.w.N.). II.1. Aufgrund der mit optischer und akustischer Abschirmung vorgenom-menen audiovisuellen Vernehmung der [X.] und der beiden [X.] hat das [X.], dem sonst für die Beweiswürdigung lediglich die Bekundungen der poli-zeilichen Führungs- und [X.] zur Verfügung gestanden [X.], die unmittelbaren Tatzeugen als Beweismittel in die Hauptverhandlungeingebracht. Diese stellen das verfassungsrechtlich geforderte (vgl. [X.], 250, 285) bestmögliche und sachnähere Beweismittel dar. Die [X.] polizeilichen Führungs- und [X.] ist wie auch die Verle-sung polizeilicher Vernehmungsprotokolle ein Rückgriff auf Beweissurrogate,die die gerichtliche Wahrheitsermittlung und die Verteidigungsrechte ein-schränken, wenn - was in der gerichtlichen Praxis notgedrungen zunehmendgeschieht - auf sie zurückgegriffen wird. Die Wahrung der Anonymität der [X.] und die Verwendung sachferner Beweismittel schränkt- 6 -die Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts ein. Auch das Korrektiv der "vor-sichtigen Beweiswürdigung" (vgl. BGHSt 17, 382; vgl. auch [X.] 57, 250,290; BGHSt 33, 83, 88; 33, 178, 181) ändert an dieser so eingeschränkten [X.] nichts. Demgegenüber verschafft das hier praktizierte [X.] sowohl dem Gericht als auch den übrigen Verfahrensbeteiligten bessereErkenntnismöglichkeiten:Die Vernehmung des unmittelbaren Tatzeugen einschließlich des [X.] (§ 69 Abs. 2 [X.]) durch die Verfahrensbeteiligten kann diesen - andersals die Vernehmung der Verhörspersonen - verläßlicher vermitteln, ob der Tat-zeuge zutreffende Wahrnehmungen gemacht hat und ob er diese korrekt wie-dergibt. Auf diese Weise werden das Gericht und die übrigen Verfahrensbetei-ligten bei zuverlässigen Belastungszeugen eher zur Überzeugung von derRichtigkeit der Bekundungen des unmittelbaren Zeugen kommen, als dies auf-grund der Angaben der [X.] möglich ist. Ebenso läßt sichauch die etwaige Unzuverlässigkeit der Angaben der Belastungszeugen ver-läßlicher beurteilen als aufgrund des vermittelten "stimmigen und eindeutigen"[X.], wie ihn der Vernehmungsbeamte empfunden hat und wieder-gibt. Entsprechendes gilt für Entlastungszeugen. Dies verdeutlicht, daß derentscheidende Vorteil gegenüber der Heranziehung der Beweissurrogate mitder dann folgerichtig aus Rechtsgründen gebotenen besonders vorsichtigenBeweiswürdigung ("forensische Wahrheit") darin besteht, daß alle [X.] auf eine breitere Tatsachengrundlage zurückgreifen können, [X.] sich ihre Überzeugung von der materiellen Wahrheit verschaffen oder [X.] müssen, ob vernünftige Zweifel angebracht sind.Die audiovisuelle Vernehmung der [X.] in Verbindung mitderen optischer und akustischer Verfremdung ist daher das bessere [X.] 7 -mittel sowohl unter dem Gesichtspunkt der Wahrheitsfindung als auch unterdem der Verteidigungsmöglichkeiten. Sie führt als gangbare Alternative zurvölligen Sperrung des Zeugen zu einer sinnvollen Konkordanz zwischenWahrheitsermittlung, Verteidigungsinteressen und Zeugenschutz (in [X.] bereits [X.] in [X.]. § 247a [X.]. 14; [X.] [X.], 48).2. Der Beschluß des [X.]s vom 17. Oktober 1983 (BGHSt 32,115) steht dieser Verfahrensweise nicht mehr entgegen. Die Gesetzeslage hatsich insoweit grundlegend geändert.Für den [X.] war bei seiner Absage an die optische und aku-stische Abschirmung eines Zeugen entsprechend der seinerzeitigen strafpro-zessualen Regelung ausschlaggebend, daß die Glaubwürdigkeitsprüfung [X.] seine volle Individualisierung zwingend erfordere (aaO S. 128); gemäߧ 68 Satz 2 [X.] aF - eingefügt durch das [X.] (BGBl. 1978 I S. 1645) - konnte ihm lediglich gestattet werden, [X.] nicht anzugeben. Den Verfahrensbeteiligten sollte in keinem Fall dieMöglichkeit genommen werden, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu prüfen,indem sie etwa Erkundigungen über ihn einholen.Der Gesetzgeber hat inzwischen neue Wertentscheidungen getroffen.Das [X.] und anderer Er-scheinungsformen der Organisierten Kriminalität (BGBl. 1992 I S. 1302) hat [X.] dem neuen § 68 Abs. 3 [X.] dem Zeugen ermöglicht, im Falle seiner Ge-fährdung Angaben zu seiner Person ganz zu verweigern; er kann [X.] dann als Zeuge zur Verfügung stehen, wenn seine Identität vollständigverborgen bleibt. Weiterhin hat die Einführung der audiovisuellen Vernehmungdes gefährdeten Zeugen gemäß § 247a [X.] durch das Zeugenschutzgesetz(BGBl. 1998 I S. 820) den Verzicht auf die körperliche Anwesenheit des Zeu-- 8 -gen in der Hauptverhandlung ermöglicht und damit bereits aufgrund der [X.] Tonübertragung zu einem nur eingeschränkten unmittelbaren Eindruck vonihm geführt. Gegenüber der vollen Individualisierbarkeit und Erkennbarkeit desin der Hauptverhandlung zu hörenden Zeugen hat mithin der im Interesse einerwirksamen Bekämpfung moderner Kriminalitätsformen erforderliche [X.]schutz Vorrang erhalten.Mit diesen gesetzlichen Änderungen geht auch eine geänderte [X.] dessen einher, was die Glaubwürdigkeitsprüfung eines Zeugen ent-scheidend ausmacht. Unter der Geltung des § 68 [X.] aF stand die Fragenach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Zeugen im Sinne einer dauerhaf-ten personalen Eigenschaft im Vordergrund. Seine Identität sollte voll gewahrtwerden, um die Einholung von Erkundigungen über ihn - seinen "Leumund" -zu ermöglichen. Heute geht es bei der Glaubwürdigkeitsprüfung mehr um dieAnalyse des [X.], d.h. um eine methodische Beurteilung, ob auf einbestimmtes Geschehen bezogene Angaben einem tatsächlichen Erleben [X.] entsprechen (vgl. z.B. [X.], 164). Dem wird eine abschirmendeVideovernehmung für den Fall, daß der Zeuge sonst in der [X.] nicht zur Verfügung stünde, eher gerecht.3. Daß das Gesetz die optische und akustische Abschirmung des audio-visuell zu vernehmenden Zeugen nicht ausdrücklich vorsieht, macht diese nichtunzulässig. Entscheidend für die Zulässigkeit dieser in der Strafprozeßordnungnicht geregelten Verfahrensweise kann vielmehr nur sein, ob sie mit denGrundsätzen des Verfahrensrechts und den Wertvorstellungen unsererRechtsordnung im Einklang steht.Die Beweisaufnahme ist stets in einer Form durchzuführen, die - unterBeachtung der Belange des Zeugen - dem im Gesetz grundsätzlich vorgese-- 9 -henen Verfahren am nächsten kommt (vgl. [X.], 292). Ist die un-mittelbare Vernehmung des Zeugen wegen einer Sperrerklärung der Innenver-waltung nicht möglich, läßt das Gesetz Beweissurrogate wie die Verlesung po-lizeilicher Vernehmungsprotokolle gemäß § 251 Abs. 2 [X.] (vgl. BGHSt 33,83) oder die Vernehmung der polizeilichen Führungsbeamten der Gewährsper-son als [X.] (vgl. BGHSt 33, 178, 181) zu. Wenn aber dievöllige Ersetzung der Vernehmung der unmittelbaren [X.] möglich ist, dann muß dies erst recht für deren Verneh-mung unter optischer und akustischer Abschirmung gelten. Denn es handeltsich dann trotz der Abschirmung immer noch um eine unmittelbare Verneh-mung, der ein höherer Beweiswert zukommt als den bloßen [X.] Die neuere Rechtsprechung des [X.] ([X.]) hat der Verwertung des Wissens anonym gehaltenerZeugen durch Beweissurrogate erhebliche Grenzen gesetzt (z.B. [X.] [X.]1990, 481 - [X.] -; [X.] 1991, 193 - [X.] -; NJW 1992, 388 - [X.] -; [X.] 1997, 617 - van [X.] ./.Niederlande -; StraFo 2002, 160 - [X.] -). Die Auslegung [X.] zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ([X.])durch den [X.] ist bei der Anwendung des [X.] Strafprozeßrechts zuberücksichtigen ([X.], 321, 328f.; 46, 93, 97). Die zugrundeliegendenEntscheidungen des [X.] betreffen zwar nicht unmittelbar die [X.] Ge-setzeslage und tragen auch Besonderheiten der jeweiligen Fälle Rechnung,doch sind die in ihnen aufgezeigten Grundsätze eines fairen Verfahrens auchin Fällen der vorliegenden Art einschlägig.Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. z.B. [X.] NJW1992, 3088, 3089) bestimmt sich die Zulässigkeit von Beweismitteln in erster- 10 -Linie nach innerstaatlichem Recht, dessen Auslegung den nationalen Gerich-ten vorbehalten bleibt. Der [X.] prüft aber, ob das Verfahren in seiner [X.] gesehen den in Art. 6 Abs. 1 [X.] niedergelegten fair-trial-Grundsätzen gerecht wird, wobei das Verfahren bei der Vernehmung eines an-onymen Zeugen besonders an der [X.] des Art. 6 Abs. 3 Buchst. d[X.] gemessen wird.Wird eine Verurteilung allein oder maßgeblich auf die Erkenntnisse [X.] [X.] oder eines [X.] gestützt, so spielt nach der Rechtsprechung des [X.]eine entscheidende Rolle, ob und wie die [X.] von der [X.] werden konnte. Deren Bekundungen müssen hiernach zwar nicht zwin-gend in der Hauptverhandlung gemacht werden, um als Beweise verwertetwerden zu können. Die Verteidigungsrechte sind dann jedoch nur gewahrt,wenn die Verteidigung eine angemessene und geeignete Gelegenheit erhält,die Glaubwürdigkeit der [X.] überhaupt in Frage zu stellen und siezu befragen, sei es in dem Stadium der Ermittlungen oder zu einem späterenZeitpunkt des Verfahrens (so schon [X.] [X.] 1990, 481, 482). War dies nichtmöglich, so kann die Beschränkung des Fragerechts der Verteidigung auchnicht adäquat durch eine "zurückhaltende Beweiswürdigung" (siehe die Nach-weise oben unter [X.]) ausgeglichen werden ([X.] [X.] 1990, 481, 482).Auch die Vernehmung der polizeilichen Verhörsperson als Zeuge vom Hören-sagen in der Hauptverhandlung und die Möglichkeit ihrer Befragung durch [X.] kann danach unzureichend sein (vgl. [X.] [X.] 1991, 193, 194);denn die [X.] und [X.], die keine persönlichen Aussagen in der Hauptverhand-lung machen, sind und bleiben ebenfalls Belastungszeugen im Sinne des Art. 6Abs. 3 Buchst. [X.] ([X.] NJW 1992, 388, 389; [X.], 292), sodaß auch ihnen gegenüber das Fragerecht des Angeklagten garantiert bleibt.Die Behinderung der Verteidigung durch die fehlende Möglichkeit einer [X.] 11 -gung der [X.] oder [X.] könnte dann kompensiert sein, wenn die aus dieserQuelle herrührenden Informationen nicht als alleinige oder maßgebliche [X.], sondern nur zur Abrundung des sonstigen Beweisergebnissesherangezogen werden ([X.] [X.] 1990, 481, 483; [X.], 265).Mit seinem Urteil in dem Fall van [X.] ([X.] 1997, 617; ebensoneuestens [X.] StraFo 2002, 160 - [X.] -) hat der [X.]die Grenzen noch deutlich enger gezogen. Hier wurden die anonymen [X.] es handelte sich um Polizeibeamte - von einem Untersuchungsrichter ver-nommen, der ihre Identität kannte und sie für glaubwürdig hielt. Die Angeklag-ten und die Verteidiger waren zwar im [X.] nicht anwesend,konnten jedoch in einem anderen Raum durch akustische Übermittlung mithö-ren und von dort aus die Zeugen befragen. Der [X.] hielt selbst diese [X.]sweise nicht für einen ausreichenden Ausgleich für die Beschränkungder Verteidigung und nahm einen Konventionsverstoß an. Er hat mithin eineVerfahrensweise - unmittelbare Befragung der [X.] durch [X.], akusti-sche Teilnahme an der Befragung durch Angeklagte und Verteidiger - bean-standet, die sogar noch sachnäher ist und die Rechtsstellung der Angeklagtenmehr stärkt als die Verwendung von Beweissurrogaten wie die Verlesung vonpolizeilichen Vernehmungsprotokollen und die Vernehmung polizeilicher [X.]personen. Hiernach bliebe, um auf das Wissen des [X.] nicht ganz zu ver-zichten, nur eine abgeschirmte Vernehmung möglich, die der Verteidigung eineunmittelbare Konfrontation mit dem Zeugen eröffnet und es ihr damit insbeson-dere erlaubt, die Reaktion des Zeugen auf direkte Fragen zu beobachten. [X.] alledem bestehen gegen eine audiovisuelle Vernehmung beson-ders gefährdeter Zeugen unter optischer und akustischer Abschirmung - die- 12 -selbstverständlich in geringstmöglichem Umfang zu erfolgen hat - nicht nurkeine rechtlichen Bedenken. Eine solche Verfahrensweise erscheint im [X.] auf die Auslegung des Art. 6 Abs. 3 Buchst. [X.] durch den [X.] so-gar geboten, weil hiernach das Wissen dieser Zeugen nicht wirksam in eineHauptverhandlung eingebracht werden kann, wenn dem Angeklagten nicht dieMöglichkeit einer unmittelbaren Konfrontation mit ihnen eingeräumt wird. Vieleandere [X.] [X.] wie auch der [X.] inDen Haag erfüllen bereits diesen Standard (vgl. den [X.] bei [X.] in Festschrift für [X.] 1998, S.445, 457ff.).Angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten einer leichten Ver-änderung von Fernsehaufnahmen entfallen auch Bedenken, die unter dem Ge-sichtspunkt der Würde der Gerichtsverhandlung gegen die Vernehmung ver-kleideter, maskierter oder z.B. hinter einer Wand versteckter Zeugen geltendgemacht wurden (vgl. z.B. [X.] 1984, 177, 179). Der Umstand allein,daß das Gesicht des Zeugen auf dem Bildschirm nicht scharf zu sehen ist [X.] etwa wie die aus einem Telefonhörer klingt, beeinträchtigt wederdie Würde des Gerichts noch die anderer Verfahrenbeteiligter.Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz

Meta

1 StR 111/02

26.09.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2002, Az. 1 StR 111/02 (REWIS RS 2002, 1406)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1406

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