Bundessozialgericht, Urteil vom 12.09.2017, Az. B 11 AL 18/16 R

11. Senat | REWIS RS 2017, 5497

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Gegenstand

Arbeitslosengeldanspruch - Erfüllung der Anwartschaftszeit - Versicherungspflichtverhältnis - Strafgefangener - Berücksichtigung von allgemein arbeitsfreien Tagen - zusammenhängende Arbeitsabschnitte - Gesetzesänderung


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. April 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld [X.]) für die [X.] vom 7.2. bis 6.8.2012. [X.] ist insbesondere, ob er durch eine Tätigkeit als Strafgefangener die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

2

Der 1983 geborene Kläger befand sich in der [X.] vom [X.] bis zum 25.10.2011 zunächst in Untersuchungs- und anschließend in Strafhaft. Während der Strafhaft war er vom 2.11.2009 bis zum [X.] bei einem sogenannten Unternehmerbetrieb der JVA tätig. Die JVA bescheinigte, dass in diesem [X.]raum an im Einzelnen aufgelisteten Tagen - ausgenommen waren im Wesentlichen nur die Wochenenden und gesetzlichen Feiertage - Arbeitsentgelt gezahlt worden sei und Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung bestanden habe (Arbeitsbescheinigung vom 20.11.2011).

3

Am 7.2.2012 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte [X.]. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei in den letzten zwei Jahren vor dem 7.2.2012 nur 329 Tage, die von der JVA bescheinigt worden seien, und damit weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig tätig gewesen und erfülle damit nicht die Anwartschaftszeit (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 15.3.2012).

4

Die dagegen erhobene Klage blieb vor dem [X.] erfolglos (Gerichtsbescheid vom [X.]). Das L[X.] hat auf die Berufung des [X.] die angefochtenen Bescheide sowie den Gerichtsbescheid des [X.] aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger "Arbeitslosengeld für die [X.] vom 7.2.2012 bis 6.8.2012 zu zahlen". Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist als Gefangener Arbeitsentgelt für mindestens zwölf Monate erhalten und erfülle damit die Anwartschaftszeit. Bei deren Ermittlung seien auch Samstage, Sonntage und Feiertage, für die der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalten habe, zu berücksichtigen, weil es zu keinen Unterbrechungen der Beschäftigung gekommen sei. Es könne für die Anwendung von § 26 Abs 1 Nr 4 [X.]B III nichts anderes gelten als im Rahmen eines [X.] von abhängig beschäftigten Personen. In diesem würden arbeitsfreie Tage ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses der Versicherungspflicht unterliegen. Auch mit Blick auf die Besonderheiten des Strafvollzuges sei keine andere Beurteilung geboten. Das Ergebnis werde durch die [X.] Seite des [X.] des [X.] bestätigt.

5

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision macht die Beklagte eine Verletzung von § 26 Abs 1 Nr 4 [X.]B III (idF des [X.]) geltend. Für die Anwartschaftszeit bei versicherungspflichtigen Gefangenen seien allgemein arbeitsfreie Tage ohne Arbeitsentgelt nicht zu berücksichtigen. Soweit in der Vergangenheit anders verfahren worden sei, beruhe dies darauf, dass die Justizvollzugsanstalten bis zum Jahr 2012 Arbeitsbescheinigungen verwendet hätten, in denen die nicht berücksichtigungsfähigen Tage der Wochenenden nicht gesondert ausgewiesen worden seien. Seitdem hätten sich die Berechnungsmodalitäten aufgrund der Verwendung anderer Arbeitsbescheinigungen geändert. Der Gesetzesänderung zum [X.] könne keine Rückwirkung beigemessen werden. Die Besserstellung der Gefangenen resultiere nicht aus einer gesetzgeberischen Überprüfung ihrer monetären Entlohnung, sondern stehe im Zusammenhang mit dem vorrangigen Ziel des Gesetzgebers, den Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung insgesamt zu stärken.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 6. April 2016 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom 17. Juni 2013 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide und des Gerichtsbescheides des [X.] zur Zahlung von [X.] dem Grunde nach verurteilt.

Streitgegenstand ist neben den Entscheidungen der Vorinstanzen der die Zahlung von [X.] ablehnende Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.3.2012, den der Kläger zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage 54 Abs 1, 4 [X.]G) angreift. Er begehrt zulässigerweise dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 [X.]G) die Zahlung der Geldleistung [X.] für die [X.] vom 7.2.2012 bis 6.8.2012.

Anwendbar ist hier (noch) das [X.]B III in seiner bis zum [X.] geltenden Fassung (im Folgenden: aF) und nicht die vom [X.] zugrunde gelegte, ab dem 1.4.2012 geltende Fassung des [X.] der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 ([X.]), denn es ist ein Anspruch ab dem 7.2.2012 im Streit. Nach dem Geltungszeitraumprinzip, das im Anwendungsbereich des [X.]B III bei Rechtsänderungen und - wie hier - fehlenden Übergangsbestimmungen eingreift, ist das zu dem [X.]punkt geltende Recht anwendbar, zu dem die Rechtsfolgen eintreten (vgl nur B[X.] vom [X.] - B 11 AL 10/08 R - [X.] 4-4300 § 144 [X.] RdNr 14; [X.] in [X.], [X.]B III nF, Vor § 422 ff Rd[X.], Stand August 2015).

Gemäß § 118 [X.]B III aF setzt der Anspruch auf [X.] bei Arbeitslosigkeit voraus, dass Arbeitnehmer (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der [X.] arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat sich zum 7.2.2012 arbeitslos gemeldet und ist nach dem Gesamtzusammenhang der tatsächlichen Feststellungen des [X.] im streitbefangenen [X.]raum arbeitslos gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllt er auch die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf [X.].

Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Abs 1 [X.]B III aF). Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem [X.]ag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf [X.] (§ 124 Abs 1 [X.]B III aF). Hier verläuft die Rahmenfrist - ausgehend von der Arbeitslosmeldung zum 7.2.2012 - vom [X.] bis 6.2.2012. Innerhalb dieses [X.]raums ist der Kläger nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] als Gefangener für mindestens zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen.

Nach § 26 Abs 1 [X.] Satz 1 [X.]B III (hier anwendbar in der bis zum [X.] unverändert gebliebenen Fassung des [X.] vom [X.] - [X.]) sind versicherungspflichtig Gefangene, die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 Strafvollzugsgesetz <[X.]>) erhalten oder Ausbildungsbeihilfe nur wegen des Vorrangs von Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung nach diesem Buch nicht erhalten. Gefangene im Sinne dieses Buches sind Personen, die im Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung oder einstweilig nach § 126a Abs 1 der Strafprozessordnung untergebracht sind (§ 26 Abs 1 [X.] Satz 2 [X.]B III).

Zwar ist § 26 Abs 1 [X.] Satz 1 [X.]B III erst mit Wirkung zum [X.] durch das [X.] und Weiterbildungsstärkungsgesetz ([X.]) vom [X.] ([X.] 1710) ergänzt worden um den Zusatz "; das Versicherungsverhältnis gilt während arbeitsfreier Sonnabende, Sonntage und gesetzlicher Feiertage als fortbestehend, wenn diese [X.]age innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- oder Ausbildungsabschnittes liegen". Doch sind, wie das [X.] zutreffend erkannt hat, schon nach der bisherigen Rechtslage, also unabhängig von dieser Gesetzesänderung, bei Gefangenen arbeitsfreie Sonnabende, Sonntage und gesetzliche Feiertage innerhalb von zusammenhängenden Arbeitsabschnitten als [X.]en der Versicherungspflicht zu berücksichtigen.

Dem Wortlaut von § 26 Abs 1 [X.] Satz 1 [X.]B III in der bis zum [X.] bestehenden Fassung ist nicht zu entnehmen, dass nur die einzelnen [X.]age, für die Arbeitsentgelt im Sinne der Vorschrift gezahlt wird, als [X.]en der Versicherungspflicht zu berücksichtigen sind. Unter die Formulierung "Gefangene, die Arbeitsentgelt … erhalten…" lassen sich nach allgemeinem Verständnis auch längere - zusammenhängende - Abschnitte fassen, weil gerade nicht die Zahlung von Arbeitsentgelt für jeden einzelnen [X.]ag verlangt wird (so auch [X.] NRW vom [X.] - L 20 AL 135/14 - RdNr 38; [X.], info also 2013, 92, 93).

Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Regelungen zur Versicherungspflicht von Gefangenen stehen einem "Herausrechnen" einzelner arbeitsfreier [X.]age entgegen. Bereits der Vergleich mit den Regelungen zum typischen Fall der Versicherungspflicht von Beschäftigen in einem ([X.] spricht gegen die Nichtberücksichtigung solcher [X.]age. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Das Versicherungsverhältnis für Beschäftigte beginnt mit dem [X.] in das Beschäftigungsverhältnis (§ 24 Abs 2 [X.]B III) und endet in der Regel mit dem [X.] (§ 24 Abs 4 [X.]B III). Ob bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis für jeden einzelnen [X.]ag ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, ist also für die Versicherungspflicht in einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis ohne Bedeutung. Dies bedeutet jedenfalls für Strafgefangene mit (echtem) Freigang, die im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses versicherungspflichtig tätig sind (vgl dazu B[X.] vom 16.10.1990 - 11 [X.] - B[X.]E 67, 269 = [X.] 3-4100 § 103 [X.], juris RdNr 14 ff), dass die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses Anwartschaftszeiten begründet, selbst wenn diese Gefangenen die Wochenenden und Feiertage in Haft verbringen müssen. [X.] ein Strafgefangener als sogenannter "unechter Freigänger" die gleiche Arbeit und erhält er hierfür Arbeitsentgelt (allein) nach dem [X.], würde er nach Auffassung der Beklagten trotz der gleichen [X.]ätigkeit nur eine kürzere Anwartschaftszeit zurücklegen können (instruktiv hierzu [X.]/[X.], NZS 2017, 327, 330 ff).

Eine unterschiedliche Behandlung dieser Sachverhalte verkennt, dass die Regelung in § 26 Abs 1 [X.] [X.]B III auf eine weitgehende Gleichstellung von Gefangenenarbeit mit Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzielt (so bereits B[X.] vom [X.] [X.]/78 - B[X.]E 48, 129-134 = [X.] 4100 § 134 [X.], juris Rd[X.]6 ff). Dieses Ziel wiederum entspricht dem gesetzlichen Auftrag, den Strafvollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich anzugleichen (§ 3 Abs 1 [X.] bzw § 3 Abs 4 des Musterentwurfs-[X.] für die Länder; vgl auch § 7 Abs 1 des im vorliegenden Fall noch nicht anwendbaren [X.] Justizvollzugsgesetzbuchs vom [X.] - GVBl S 13; ausführlich dazu [X.]/Lesting in [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl 2017, § 3 [X.] Rd[X.]2 ff, 31; [X.]/Kräh, [X.], 4. Aufl 2017, § 3 Rd[X.] ff). Die Berücksichtigung allgemein arbeitsfreier [X.]age bei durchgehender [X.]ätigkeit im Rahmen des § 26 Abs 1 [X.] [X.]B III mit der Folge längerer Anwartschaftszeiten erleichtert zudem die Resozialisierung, ein weiteres, verfassungsrechtlich determiniertes, zentrales Vollzugsziel (vgl dazu nur [X.] in [X.]/[X.], [X.] - Kommentar, 7. Aufl 2017, Vor § 3 [X.] RdNr 3). Denn das Risiko fehlender [X.] Absicherung nach dem Ende des Strafvollzugs vermindert sich auch für Strafgefangene, die, ohne Freigänger gewesen zu sein, während der Haft beschäftigt waren.

Ein weiteres systematisches Argument ergibt sich, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, aus der beitragsrechtlichen Seite der Gefangenenarbeit. Als beitragspflichtige Einnahme gilt bei Personen, die als Gefangene versicherungspflichtig sind, ein Arbeitsentgelt in Höhe von 90 % der Bezugsgröße (§ 345 [X.] [X.]B III); die Beiträge werden nach § 347 Nr 3 [X.]B III alleine von den Bundesländern getragen. Einzelheiten hierzu regelt die auf der Grundlage von § 352 Abs 3 [X.]B III erlassene Gefangenenbeitragsverordnung (vom [X.] - [X.] 430 - idF des [X.] - [X.] 2848). Nach § 1 Abs 2 der Gefangenenbeitragsverordnung werden die Beiträge jährlich nach der [X.]/250 x B/100 berechnet, wobei [X.] für die Anzahl der [X.]age mit Anspruch auf die in § 26 Abs 1 [X.] [X.]B III genannten Entgelte und B für den Beitragssatz steht. Jeder [X.]ag, an dem tatsächlich gearbeitet worden ist, wird also mit einem Zweihundertfünfzigstel der Beitragsbemessungsgrundlage angesetzt und damit im Ergebnis der Beitrag für einen Gefangenen, der an fünf [X.]agen in der Woche gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist, bei durchgehender Beschäftigung von (nur) 250 Arbeitstagen im Jahr als Jahresbeitrag erhoben (vgl B[X.] vom 7.11.1990 - 9b/7 [X.] - [X.] 3-4100 § 104 [X.] RdNr 16; [X.]/[X.], NZS 2017, 327, 331 f).

Der Verordnungsgeber hat die Zahl 250 als fiktive Anzahl jährlicher Arbeitstage in einem Kalenderjahr ausdrücklich aus dem [X.] übernommen (§ 43 Abs 2 [X.] bzw § 55 Abs 2 des Musterentwurfs-[X.] für die Länder; zur Umsetzung vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.] - Kommentar, 7. Aufl 2017, § 1 [X.] RdNr 1 ff; [X.], NZS 2013, 446, 449). [X.] hat er damit festgelegt, dass 250 Arbeitstage eines Gefangenen seiner jährlichen Arbeitsleistung entsprechen und die volle jährliche Beitragslast auslösen, letztlich also für arbeitsfreie Wochenenden und Feiertage - ebenso wie im freien Beschäftigungsverhältnis - Beiträge abgeführt werden (so ausdrücklich B[X.] vom 7.11.1990 - 9b/7 [X.] - [X.] 3-4100 § 104 [X.] RdNr 16). Dass dieser Rechtsprechung, wie die Beklagte meint, deshalb keine Bedeutung mehr zukommen soll, weil die nach § 312 Abs 4 [X.]B III von den Vollzugsanstalten auszufüllenden Vordrucke für die Arbeitsbescheinigung im Jahr 2012 geändert wurden, überzeugt im Hinblick auf die durchgehend unveränderte Rechtslage nicht.

Eine Rechtfertigung dafür, eine danach auf ein Jahr [X.]ätigkeit bezogene Beitragsleistung nicht zur Erfüllung einer Anwartschaftszeit von einem Jahr ausreichen zu lassen, und stattdessen hierfür weitere 110 [X.]age mit Gefangenenarbeit zu verlangen (vgl [X.]/[X.], NZS 2017, 327, 332), ist nicht erkennbar. Zudem wäre es für einen Gefangenen nicht möglich, jemals einen Leistungsanspruch für ein Jahr zu erwerben, da er nie innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist die dafür erforderliche Anwartschaftszeit von zwei Jahren (vgl § 127 Abs 2 [X.]B III aF; § 147 Abs 2 [X.]B III) erwerben könnte.

Soweit der Gesetzgeber - wie oben dargelegt - § 26 Abs 1 [X.] [X.]B III mit Wirkung ab [X.] durch das [X.] ergänzt hat, kommt dem für die Auslegung der bisherigen Regelung keine Bedeutung zu (so auch [X.]/[X.], NZS 2017, 327, 328 f). Der Gesetzesbegründung ist zwar nicht zu entnehmen, dass allein eine Klarstellung der bisher bestehenden Rechtslage gewollt war. Doch enthält diese andererseits auch keine direkten Anhaltspunkte für die beabsichtigte Korrektur einer als unbefriedigend betrachteten Rechtsauslegung. Vielmehr heißt es in der Entwurfsbegründung eher "neutral", die Neuregelung "gewährleiste" die Berücksichtigung von arbeitsfreien [X.], Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen für die Erfüllung der Anwartschaftszeit (B[X.]-Drucks 18/8042, [X.]). Soweit die Beklagte meint, dass die Änderung nicht auf einer vom [X.] geforderten Überprüfung nicht monetärer Leistungen für Gefangene (vgl [X.] vom 1.7.1998 - 2 BvR 441/90 ua - [X.]E 98, 169; [X.], Nichtannahmebeschluss vom [X.] - NJW 2002, 2023) beruhe, dürfte dies zwar zutreffen, vermag indes die vorgenommene Auslegung des § 26 Abs 1 [X.] [X.]B III in der bis zum [X.] geltenden Fassung durch den Senat nicht in Frage zu stellen.

Nach den Feststellungen des [X.] war der Kläger innerhalb der vom [X.] bis 6.2.2012 verlaufenden Rahmenfrist in der [X.] vom [X.] bis 24.6.2011 durchgehend als Strafgefangener tätig und damit länger als ein Jahr. Weil er für diesen [X.]raum auch Arbeitsentgelt iS von § 43 [X.] erhalten hat, war er mehr als ein Jahr versicherungspflichtig iS von § 26 Abs 1 [X.] [X.]B III, sodass die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf [X.] dem Grunde nach jedenfalls für sechs Monate vom 7.2.2012 bis 6.8.2012 (vgl zur Anspruchsdauer § 127 Abs 2 [X.]B III aF), auf die er seine Klage im Berufungsverfahren beschränkt hat, erfüllt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 11 AL 18/16 R

12.09.2017

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Gotha, 17. Juni 2013, Az: S 34 AL 1963/12, Gerichtsbescheid

§ 26 Abs 1 Nr 4 S 1 SGB 3 vom 24.03.1997, § 26 Abs 1 Nr 4 S 1 SGB 3 vom 18.07.2016, § 142 Abs 1 S 1 SGB 3, § 123 Abs 1 SGB 3, § 345 Nr 3 SGB 3, § 347 Nr 3 SGB 3, § 43 StVollzG, § 1 Abs 2 GefBeitrV 1998

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.09.2017, Az. B 11 AL 18/16 R (REWIS RS 2017, 5497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5497

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