Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. 4 StR 122/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 6572

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 122/12

vom
10.
Mai
2012
in der Strafsache
gegen

wegen schwerer Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 10.
Mai
2012
gemäß §
349 Abs.
2 und 4
[X.] beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28.
Oktober 2011 aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte im Fall
II.
2.
b der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b)
im Ausspruch
über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten

und unerlaubten Führens einer Schusswaffe in Tateinheit mit Bedrohung in Tateinheit mit Zuwiderhandlung gegen eine bestimmte vollstreckbare Anord-nung nach §
1 Abs.
1 S.
1 GewSchG

zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf 1
-
3
-
Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im
Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1.
Die Verurteilung nach §
4 Satz 1 GewSchG wegen einer Zuwider-handlung gegen eine bestimmte vollstreckbare Anordnung nach §
1 Abs.
1 S.
1
GewSchG kann nicht bestehen bleiben. Die getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass

erfüllt ist. Hierzu teilt das [X.] lediglich mit, dass die Nebenklägerin einen Be-schluss des Amtsgerichts

Familiengericht

Halle ([X.])
vom 15.
Okto-ber 2010 erwirkt habe, in
welchem dem Angeklagten u.a. verboten worden sei, sich ihrer (genau
bezeichneten) Wohnung näher als 20
Meter zu nähern; dem Angeklagten sei dieses Verbot bekannt gewesen.
Die Strafkammer
stellt weder hier noch an anderer Stelle ihres Urteils fest, ob der Beschluss dem Angeklagten wirksam zugestellt worden ist. Nach dem Urteil des 5.
Strafsenats des [X.] vom 15.
März 2007 (5
StR
536/06, [X.], 257; dem
folgend [X.], Beschlüsse vom 4.
Oktober 2007

2
StR
431/07, vom 17.
September 2008

1
StR
415/08 und vom 7.
Oktober 2010

1
StR
404/10) ist indes
die wirksame Zustellung Vorausset-zung für die Strafbarkeit nach §
4 Satz
1 GewSchG; die bloße Kenntnis vom Inhalt der Anordnung steht dem
nicht
gleich ([X.], Urteil vom 15.
März 2007, aaO S.
261).
Allerdings
betraf
das
Urteil des 5.
Strafsenats
eine einstweilige Verfügung im Sinne des §
935 ZPO. Gewaltschutzsachen
nach den §§
1 und 2 GewSchG
sind gemäß §
111 Nr.
6, §
210 FamFG seit dem 1.
September 2009 uneingeschränkt Familiensachen ([X.]
in: [X.], 5.
Aufl.,
§
1 GewSchG Rn.
3). Beschlüsse werden jedoch grundsätzlich auch insoweit nach
den Vor-2
3
-
4
-
schriften
der Zivilprozessordnung
über die Zwangsvollstreckung vollzogen (§
95 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 FamFG)
und bedürfen der Zustellung (§
87 Abs.
2 FamFG; vgl. [X.], FamFG, 17.
Aufl., §
53 Rn.
6; ebenso [X.], aaO, §
4
GewSchG Rn.
7). Zwar kann das Familiengericht sowohl für die Endentschei-dung als auch für eine einstweilige Anordnung deren
Vollstreckbarkeit
vor Zu-stellung anordnen

216 Abs.
2 S.
1
FamFG für Endentscheidungen; §
53 Abs.
2 S.
1 FamFG für einstweilige Anordnungen).
Das [X.] teilt jedoch
schon nicht mit, ob der Beschluss
des Amtsgerichts vom 15.
Oktober 2010 im Hauptsache-
oder im einstweiligen [X.] (§
214 FamFG) er-gangen ist; damit fehlen auch jedwede Ausführungen dazu, ob das Amtsgericht

im Falle einer Endentscheidung neben der sofortigen
Wirksamkeit
gemäß §
216 Abs.
1 Satz
2 FamFG

die Zulässigkeit der Vollstreckung vor Zustellung
der Anordnung an den Angeklagten bestimmt
hat. Der [X.] sieht daher keine Veranlassung, näher auf diese verfahrensrechtliche Besonderheit einzugehen (vgl. zur Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit von Entscheidungen in [X.] Hamm FPR 2011, 232).
Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann der [X.] §
4 Satz
1 GewSchG erfüllt ist.
2.
Konsequenz des aufgezeigten Rechtsfehlers ist die Aufhebung der
Verurteilung des Angeklagten im Fall
II.
2.
b der Urteilsgründe und der
Gesamt-freiheitsstrafe:
a)
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die in diesem Fall
verhängte Einzelstrafe von acht Monaten auf der Verurteilung nach §
4 S.
1 GewSchG beruht. Denn das [X.] hat strafschärfend ausdrücklich berücksichtigt, 4
5
6
-
5
-

29).
Dies
zieht
die Aufhebung
auch
der Verurteilung wegen der zu
dem [X.] nach dem Gewaltschutzgesetz
in Tateinheit stehenden

und für sich rechtsfehlerfrei angenommenen

Straftaten der Bedrohung und des unerlaub-ten Führens einer Schusswaffe nach sich (vgl. [X.], [X.], 54.
Aufl., §
353 Rn.
7a).
Die Aufhebung der Verurteilung im Fall
II.
2.
b entzieht der [X.] die Grundlage.
b)
Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf
es nicht (§
353 Abs.
2 [X.]); das [X.] wird

soweit nicht ein Vorgehen nach §
154a Abs.
2 [X.] erwogen wird

ergänzende Feststellungen zur Frage der Vollstreckbar-keit des Beschlusses des Amtsgerichts

Familiengericht

Halle ([X.])
vom 15.
Oktober 2010 zu treffen haben.
7
8
9
-
6
-
3.
Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils anhand der Revisionsbe-gründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Ernemann
Cierniak
Franke

Schmitt
Quentin
10

Meta

4 StR 122/12

10.05.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. 4 StR 122/12 (REWIS RS 2012, 6572)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6572

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