Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.04.2020, Az. 1 WB 67/19

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2020, 3870

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Konkurrentenstreit; Bundeswehrkrankenhaus; Bewerbungsverfahrensanspruch; Promotion im Anforderungsprofil


Leitsatz

Für die Besetzung leitender ärztlicher Dienstposten in einem Bundeswehrkrankenhaus, das zugleich akademisches Lehrkrankenhaus ist, kann von den Bewerbern im Anforderungsprofil die Promotion (Doktorgrad) gefordert werden.

Tenor

Die Entscheidung des Präsidenten des [X.] vom 24. Juli 2018, den Dienstposten des Leiters des [X.] im [X.] ... mit der Beigeladenen zu besetzen, und der Beschwerdebescheid des [X.] vom 10. Juli 2019 werden aufgehoben.

Das [X.] wird verpflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem [X.] einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem [X.] auferlegt.

Tatbestand

1

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe [X.] bewerteten Dienstpostens des Leiters des [X.] im [X.] ...

2

Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. September ... Er ist promovierter Arzt und Facharzt für ... Zuletzt wurde er am 31. März 2010 zum [X.] befördert. Seit 2004 wird er am [X.] ... verwendet, seit ... als Leitender Oberarzt in der Abteilung .... Er ist mit einem Grad von wenigstens 60 % schwerbehindert.

3

Unter dem 22. November 2017 beantragte der Antragsteller seine förderliche Verwendung auf dem neu geschaffenen, nach Besoldungsgruppe [X.] bewerteten Dienstposten des Leiters des [X.] am [X.] ...

4

Am 24. Juli 2018 entschied der Präsident des [X.], diesen Dienstposten mit der [X.]n zu besetzen. Die ... geborene [X.] ist Ärztin mit dem akademischen [X.] und Fachärztin für ... und ...

5

Der Auswahlentscheidung liegt ein Planungsbogen für das Auswahlverfahren zugrunde, der sich in eine Dienstpostenbeschreibung, eine mit einer [X.] schließende Kandidatenvorstellung sowie ein Protokoll mit der Auflistung der Stellungnahmen der beteiligten Stellen. In die engere Wahl gezogen und als Kandidatin vorgestellt wurde lediglich die [X.]. Zum Antragsteller heißt es unter Nr. 2.2 des [X.], dass er aufgrund explizit eigenen Wunsches mitbetrachtet worden sei, sich jedoch in der vergleichenden Betrachtung aufgrund des deutlich nachrangigen Leistungsbilds nicht habe durchsetzen können. Zur [X.]n wird ausgeführt:

"2.3- Vergleichende Betrachtung der unter 2.1 vorgeschlagenen Kandidaten

Frau [X.] Dipl. med. ... ist eine einsatzerfahrene Fachärztin im Fachgebiet ... und verfügt aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation, der notfallmedizinischen Kompetenz inklusive der Qualifikation Leitender Notarzt und einer hausgehobenen fachlichen Funktion über die prinzipielle Eignung und Befähigung für den in Rede stehenden Dienstposten.

Darüber hinaus ist die Kandidatin bereits seit ... als ... am [X.] ... eingesetzt und verfügt neben der langjährigen Tätigkeit als Oberärztin der ... über die geforderte herausgehobene fachliche Funktion am [X.] ..., so dass vor dem Hintergrund der aktuellen Aufgabenwahrnehmung als ... die erfolgreiche Fortführung der Leitung gewährleistet und zu erwarten ist. Der Nachweis des fundierten wissenschaftlichen Arbeitens wird trotz des Fehlens einer Promotion durch den Titel des [X.] adäquat unter Beweis gestellt, so dass in Anbetracht der vollumfänglichen Expertise Frau [X.] Dipl. med. ... zur Besetzung des in Rede stehenden Dienstpostens prädestiniert erscheint.

2.4- [X.] BAPersBw

[X.] Dipl.-Med. ... wird vor dem Hintergrund ihrer fundierten fachlichen Expertise, welche insbesondere durch die aktuelle ... nochmals bewiesen wurde, sowie unter Berücksichtigung des herausragenden Leistungsbildes für die Besetzung des in Rede stehenden Dienstpostens vorgeschlagen."

6

Die [X.] wurde zum ... auf den Dienstposten versetzt und am ... zum Oberstarzt befördert.

7

Mit Schreiben vom 21. August 2018 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen die Auswahlentscheidung. Zur Begründung führte er aus, dass die Entscheidung nicht ordnungsgemäß getroffen und die vergleichende Betrachtung nicht dokumentiert sei. Die ausgewählte Kandidatin bringe nicht die notwendigen Voraussetzungen für die Besetzung des Dienstpostens mit. Sie verfüge weder über eine Promotion noch über eine Weiterbildungsermächtigung. Auch habe sie [X.]" vor mehr als 11 Jahren besucht. Da sie jedoch in den vergangenen 15 Jahren keine Notarzttätigkeit ausgeübt habe, dürfe sie in ... nicht als Notarzt tätig sein und besitze daher nicht die erforderliche notfallmedizinische Kompetenz. Die ... Leitung des ... sei hierfür nicht ausreichend. Demgegenüber verfüge er, der Antragsteller, über die dienstpostenbezogenen Voraussetzungen. So sei er nicht nur Facharzt für ... mit der Zusatzbezeichnung ... und seit ... Leitender Oberarzt, sondern auch stellvertretener Abteilungsleiter der Abteilung ..., und erfülle die Weiterbildungsermächtigung. Außerdem könne er eine über zehnjährige Tätigkeit in der Luftrettung (ADAC-Rettungs- und Intensivverlegehubschrauber) vorweisen.

8

Die Hauptschwerbehindertenvertretung beim [X.] erklärte mit Schreiben vom 9. Juli 2019, dass von ihrer Seite aus keine Einwände bestünden.

9

Mit Bescheid vom 10. Juli 2019, zugestellt am 15. Juli 2019, wies das [X.] die Beschwerde zurück. Die Auswahlentscheidung sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Zwar erfüllten sowohl der Antragsteller als auch die [X.] das Anforderungsprofil. Die [X.] sei jedoch deutlich leistungsstärker und daher im Wege des Leistungsvergleichs auszuwählen gewesen. Die [X.] sei zuletzt mit einem Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von "8,30" beurteilt worden, der Antragsteller dagegen nur mit "7,30".

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. August 2019 die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den Antrag dem Senat mit seiner Stellungnahme vom 25. September 2019 vorgelegt.

Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:

Ob die Auswahlentscheidung hinreichend dokumentiert sei, könne offenbleiben. Sie genüge jedenfalls nicht den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG ergebenden Anforderungen an einen Eignungs- und Leistungsvergleich. Die [X.] erfülle nicht die Anforderungskriterien, die der Dienstherr aufgestellt habe. Sie sei nicht promoviert; ihr Abschluss als Diplom-Medizinerin sei auch nicht gleichwertig. Im Übrigen verfüge sie nicht über eine Weiterbildungsermächtigung. Er dagegen erfülle diese Anforderungen. Schließlich sei die Schwerbehindertenvertretung nicht angehört worden.

Der Antragsteller beantragt,

die Auswahlentscheidung des Präsidenten des [X.] vom 24. Juli 2018 und den Beschwerdebescheid des [X.] vom 10. Juli 2019 aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, über die Besetzung des Dienstpostens des Leiters des [X.] im [X.] ... unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Auswahlentscheidung verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Die [X.] erfülle im Ergebnis das Anforderungsprofil auch hinsichtlich der Forderung, dass der Dienstposteninhaber mit Blick auf den Auftrag als akademisches Lehrkrankenhaus das Fachgebiet kompetent wissenschaftlich vertreten und hierzu über eine Promotion verfügen müsse. Sie weise eine der Promotion vergleichbare Qualifikation auf. Entscheidend sei, dass der Bedarfsträger die [X.] als gleichermaßen geeignet ansehe wie einen promovierten Mediziner. Außerdem hätten bei ihr im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung auch die persönlichen Voraussetzungen für eine Weiterbildungsermächtigung vorgelegen, weil sie Fachärztin für ... sei und seit ... entsprechend im [X.] Berlin verwendet werde. Seit 1997 führe sie zudem die Zusatzbezeichnung "Rettungsmedizin", die sie dazu berechtige, die Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin" zu führen, die ihr 2006 ebenfalls zuerkannt worden sei. Ausweislich ihrer Beurteilung 1999 sei sie ein Jahr im Rettungsdienst tätig gewesen und verfüge über 336 Einsatztage im Ausland, in denen sie im gesamten Spektrum ihres Fachgebietes eingesetzt worden sei. Seit dem ... werde sie zudem als ... Leiterin des ... verwendet. Zwar seien schwerbehinderte Menschen bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen; da die [X.] jedoch besser und nicht nur gleich geeignet sei, habe kein Auswahlermessen zugunsten des Antragstellers bestanden. Die möglicherweise [X.] zustande gekommene Entscheidung unterliege gemäß § 46 VwVfG nicht der Aufhebung, weil offensichtlich sei, dass diese Verletzung die Entscheidung nicht beeinflusst habe. Ferner sei eine unterlassene oder fehlerhafte Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens nachholbar und heilbar.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.], die auch die Auswahlunterlagen enthält, und die Personalgrundakten des Antragstellers und der [X.]n haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten mit der Beigeladenen besetzt und diese inzwischen zum Oberstarzt befördert wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung oder Planstelleneinweisung - nicht dahin, dass die durch sie begünstigte Soldatin eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihr zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; sie müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihr gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - [X.]E 128, 329 Rn. 39 m.w.[X.]).

2. Der Antrag ist auch begründet. Die Entscheidung des Präsidenten des [X.], den Dienstposten des Leiters des [X.] im [X.] ... mit der Beigeladenen zu besetzen, ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG). Die Auswahlentscheidung vom 24. Juli 2018 und der Beschwerdebescheid des [X.] vom 10. Juli 2019 sind deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.]O); das [X.] ist verpflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 [X.]O).

a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen [X.] um [X.] folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - [X.]E 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf [X.]. Der [X.] hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 [X.] 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m.w.[X.]). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der [X.] auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend [X.], Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 [X.] 1.13 - [X.] 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32).

Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. [X.], [X.] vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - [X.]K 11, 398 <402 f.>). Dem folgend hat der [X.] eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z.B. [X.], Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - [X.]E 128, 329 Rn. 50 und vom 16. Dezember 2008 - 1 [X.] 19.08 - [X.]E 133, 13 Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Februar 2010 - 1 [X.] 36.09 - beck-online Rn. 27). Die für die Beschwerdeentscheidung zuständige Stelle ist im Umfang ihrer Kontrollkompetenz (§ 13 [X.]O) befugt, in der Beschwerdeentscheidung die materiellen Auswahlerwägungen zu ändern oder zu ergänzen (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2017 - 1 [X.] 41.16 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 87 LS 1 und Rn. 31 f.).

b) Die Dokumentationspflicht ist vorliegend erfüllt. Der für die Auswahlentscheidung zuständige und damit primär dokumentationspflichtige Präsident des [X.] hat sich mit der Unterzeichnung des [X.] für das Auswahlverfahren dessen Inhalt zu eigen gemacht und damit diejenigen Erwägungen fixiert, die der gerichtlichen Kontrolle zugrunde zu legen sind. Danach erfülle die Beigeladene alle Anforderungskriterien des Dienstpostens, wobei zu der im [X.] enthaltenen dienstpostenbezogenen Voraussetzung "Promotion" ausgeführt ist, dass der Nachweis des fundierten wissenschaftlichen Arbeitens trotz des Fehlens einer Promotion durch den Titel des [X.] adäquat unter Beweis gestellt sei. Der Beigeladenen wird mit einem Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von "8,30" in der Sonderbeurteilung zum 22. Januar 2018 ein herausragendes Leistungsbild attestiert, gegen das sich drei Mitbewerber, darunter der Antragsteller, in der vergleichenden Betrachtung aufgrund des deutlich nachrangigeren Leistungsbilds nicht hätten durchsetzen können. Der Beschwerdebescheid präzisiert den Leistungsvergleich dahingehend, dass die Beigeladene im obersten Wertungsbereich, der Antragsteller mit "7,30" im darunterliegenden Wertungsbereich beurteilt worden sei.

c) Auf den Eignungs- und Leistungsvergleich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen kommt es nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s jedoch erst dann an, wenn mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - [X.]E 128, 329 Rn. 55 und vom 16. Dezember 2008 - 1 [X.] 39.07 - [X.]E 133, 1 Rn. 42; ebenso für das Beamtenrecht [X.], Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - [X.]E 115, 58 <61>). Das ist hier hinsichtlich der Beigeladenen nicht der Fall. Denn anders als der Antragsteller erfüllt die Beigeladene nicht die (zwingende) dienstpostenbezogene Voraussetzung einer Promotion. Die Beigeladene wäre deshalb von der weiteren Betrachtung im Auswahlverfahren auszuschließen gewesen und hätte nicht für den Dienstposten ausgewählt werden dürfen.

aa) Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden [X.], Beschlüsse vom 28. September 2017 - 1 [X.] 44.16 und 45.16 - juris Rn. 29 und vom 19. Juli 2018 - 1 [X.] 3.18 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 92 Rn. 31). Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind ([X.], Beschluss vom 6. Januar 2012 - 1 [X.] 7.11 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 64 Rn. 31 m.w.[X.]). Der Dienstherr ist insbesondere berechtigt, im Einzelnen die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Bezug auf den Aufgabenbereich des Dienstpostens im Vorfeld einer Auswahlentscheidung in einem Anforderungsprofil zu konkretisieren; insofern muss der Inhalt dieses Anforderungsprofils mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (vgl. [X.], [X.] vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 Rn. 15; [X.], Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - [X.]E 141, 361 Rn. 19). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist ([X.], Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 [X.] 39.07 - [X.]E 133, 1 Rn. 42 und Urteile vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - [X.]E 132, 110 Rn. 54 sowie vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - [X.]E 141, 361 Rn. 18). Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z.B. [X.], Beschluss vom 25. September 2012 - 1 [X.] 44.11 - juris Rn. 30 und Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - [X.]E 115, 58 <61>).

Das Anforderungsprofil ergibt sich im vorliegenden Fall aus dem [X.] für das Auswahlverfahren, der die unmittelbare Entscheidungsgrundlage des Präsidenten des [X.] bildet. Der [X.] erfüllt damit insoweit die gleiche Funktion wie eine Stellenausschreibung, die anders als im Beamtenrecht (§ 8 [X.], § 4 BLV) im Recht der Soldaten nicht vorgeschrieben ist (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 13. Juli 2015 - 1 [X.] 12.15 - [X.] 2015, 257 <258 f. m.w.[X.]>).

bb) Die Beigeladene erfüllt nicht das Anforderungskriterium der Promotion.

(1) Das Kriterium der Promotion bildet eine von jedem Bewerber um den Dienstposten zwingend zu erfüllende Voraussetzung.

Der [X.] für das Auswahlverfahren stellt ein vom [X.] bei der Besetzung von A 16-Dienstposten regelmäßig verwendetes Formular dar, in dessen Rubriken die für das jeweilige Auswahlverfahren maßgeblichen Festlegungen eingefügt werden. Neben "dienstpostenunabhängigen Kriterien", die dem "Katalog [X.] für militärische Auswahl- und Verwendungsplanungsverfahren im Rahmen des Personalmanagements" ([X.]/78) entstammen, handelt es sich dabei um "dienstpostenbezogene Voraussetzungen", die der Dienstherr in Ausübung seines Organisationsermessens je nach dem Zuschnitt und den Aufgaben des konkreten Dienstpostens bestimmt. Im vorliegenden Fall sind als dienstpostenbezogene Voraussetzungen - in dieser Reihenfolge - sieben Anforderungskriterien ohne Zusatz (Sanitätsstabsoffizier Arzt; Facharzt ...; Zusatzweiterbildung Notfallmedizin; Leitender Oberarzt oder herausgehobene Funktion; Erfüllen der persönlichen Voraussetzungen für die Weiterbildungsermächtigung; Teilnahme an Auslandseinsätzen; Promotion), drei weitere Kriterien mit dem Zusatz "erwünscht" oder "wünschenswert" (Habilitation; zertifizierte Qualifikation im Bereich des ärztlichen Qualitätsmanagements; Zusatzqualifikation im Bereich Schmerztherapie) sowie abschließend das Kriterium "Qualifikation Leitender Notarzt obligat" aufgeführt.

Aus dem systematischen Zusammenhang, dem Gewicht der jeweiligen Kriterien und der Gegenüberstellung mit der Gruppe der lediglich "erwünschten" oder "wünschenswerten" Qualifikationen ist eindeutig ersichtlich, dass die erstgenannten sieben Kriterien ohne Zusatz als zwingend zu erfüllende Kriterien zu verstehen sind. Dies entspricht auch der senatsbekannten Praxis, wonach bei der Befüllung des [X.] für Auswahlverfahren zur Besetzung von A 16-Dienstposten der Zusatz "zwingend" ungebräuchlich ist, vielmehr eine vorbehaltlos genannte Voraussetzung auch ohne weiteren Zusatz als zwingend anzusehen ist. Dass das letztgenannte Kriterium "Qualifikation Leitender Notarzt" mit dem Zusatz "obligat" versehen ist, mag auf einer gleichlautenden Formulierung in der Dienstpostenbeschreibung beruhen ("Die Qualifikation Leitender Notarzt ist obligat."). Keinesfalls lässt sich dem einmaligen Zusatz "obligat" jedoch eine Relativierung des zwingenden Charakters derjenigen Kriterien entnehmen, die keinen Zusatz tragen, zumal es sich bei diesen teils um schlechterdings unverzichtbare Voraussetzungen für den Dienstposten handelt. Dass speziell das Erfordernis der Promotion ein zwingendes Anforderungskriterium darstellt, wird schließlich dadurch bekräftigt, dass auch in der Beschreibung der Hauptaufgaben des Dienstpostens explizit verlangt wird, dass der Dienstposteninhaber über eine Promotion verfügt.

(2) Mit der Forderung nach einer Promotion hat der Dienstherr das ihm zustehende Organisationsermessen bei der Ausgestaltung des Anforderungsprofils nicht überschritten.

Nach den obigen Grundsätzen (siehe II. 2. c. aa) ist der Dienstherr berechtigt, die Kriterien der Eignung und Befähigung in Bezug auf den Aufgabenbereich des Dienstpostens zu konkretisieren. Im Rahmen seines Organisationsermessens ist er dabei nicht darauf beschränkt, unerlässliche Kernanforderungen zu formulieren (wie hier etwa die [X.] und eine einschlägige Facharztausbildung). Vielmehr können auch Anforderungen festgelegt werden, die sich gemessen an den Aufgaben des Dienstpostens als förderlich darstellen und nach den Maßstäben von Eignung und Befähigung nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen.

Der [X.] hat die - vor allem im [X.] relevante - Frage bisher nicht entschieden, in welchen Fällen der Dienstherr bei der Besetzung von militärischen Dienstposten eine Promotion verlangen darf. Zuletzt hat der [X.] es - in einer nicht entscheidungserheblichen Passage - für fraglich gehalten, ob ein als zwingend und nicht bloß als wünschenswert gefasstes Anforderungskriterium der Promotion bei der Besetzung eines Dezernatsleiter-Dienstpostens im Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung angesichts des vorwiegend administrativen - und nicht wissenschaftlichen - Zuschnitts dieses Dienstpostens eine nach Maßgabe von Eignung und Befähigung sachgerechte Voraussetzung darstellen würde (vgl. [X.], Beschluss vom 29. November 2018 - 1 [X.] 47.17 - juris Rn. 28 m.w.[X.]).

Nach dem [X.] gehört es zu den "Hauptaufgaben" des Dienstpostens, dass der Dienstposteninhaber mit Blick auf den Auftrag als akademisches Lehrkrankenhaus das Fachgebiet kompetent wissenschaftlich vertreten könne und hierzu über eine Promotion verfüge. Dies stellt eine sachgerechte Erwägung dar, die im vorliegenden Fall das Anforderungskriterium der Promotion rechtfertigt.

Das [X.] ... ist seit ... als akademisches Lehrkrankenhaus in die Ausbildung von Medizinstudenten ..., ..., eingebunden und erfüllt dabei Aufgaben der Forschung und der akademischen Lehre in allen Abschnitten. Die Promotion stellt den Nachweis der Fähigkeit zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten dar. Unabhängig davon, welchen Stellenwert der Promotion im Übrigen für die berufliche und gesellschaftliche Anerkennung zukommt, bildet sie im akademisch-universitären Umfeld eine formale Qualifikation, die für die Wahrnehmung von Funktionen, die das [X.] überschreiten, nicht selten normativ gefordert und ansonsten sowohl innerhalb der Ausbildungseinrichtung als auch von den Studierenden erwartet wird. Jedenfalls bei herausgehobenen Dienstposten - wie hier dem unmittelbar dem Ärztlichen Direktor des [X.]es ... unterstellten Dienstposten des Leiters des [X.] - ist es deshalb eine rechtlich nicht zu beanstandende Ausübung des Organisationsermessens, wenn von Bewerbern als dienstpostenbezogene Voraussetzung eine Promotion verlangt wird.

(3) Die Beigeladene erfüllt die Voraussetzung der Promotion nicht. Die Beigeladene verfügt über den in der früheren [X.] erworbenen akademischen Grad eines [X.]. Dieser entspricht als Abschluss des Studiums der Medizin dem Zeugnis über die Ärztliche Prüfung (Staatsexamen) nach dem Recht der [X.] (vor und nach 1990), nicht jedoch einer Promotion. Auch wenn für den Abschluss als [X.] eine wissenschaftliche Diplomarbeit anzufertigen war, stellt diese keine Dissertation (als Voraussetzung einer Promotion) dar. Vielmehr war die Promotion auch in der früheren [X.] ein weiterer akademischer Grad, der auf dem Abschluss als [X.] aufbaute und diesen voraussetzte und dessen Erwerb (unter anderem) eine weitere wissenschaftliche Arbeit erforderte.

Der Grad des [X.] ist auch nicht dem eines Doktors der Medizin gleichzustellen. Zwar wurde eine Aufwertung des Grads des [X.] politisch diskutiert, jedoch rechtlich nicht verwirklicht. Gerade deshalb verbietet sich eine Gleichsetzung oder Anerkennung als Promotion.

Da es mit der Promotion um das Vorhandensein einer formalen Qualifikation geht, sind schließlich auch Erwägungen zu einer möglichen materiellen Gleichwertigkeit zwischen einer medizinischen Diplom- und einer medizinischen Doktorarbeit nicht weiterführend. Abgesehen davon sind solche materiellen Erwägungen in den [X.] auch nicht angestellt worden; vielmehr wurde in dem [X.] lediglich formal auf den Titel des [X.] abgestellt.

cc) Da die Beigeladene nicht alle Anforderungskriterien erfüllt und die Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten bereits aus diesem Grund rechtswidrig ist, können die weiteren zwischen den Beteiligten strittigen Fragen offenbleiben. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob eine Beteiligung der zuständigen Schwerbehindertenvertretung erfolgt ist und insoweit eventuelle Fehler geheilt worden oder unbeachtlich sind. Lediglich vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es im Falle einer unterbliebenen Anhörung einer Schwerbehindertenvertretung zumindest rechtssicherer wäre, die Anhörung durch die instanziell zuständige Schwerbehindertenvertretung nachzuholen.

3. [X.] beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.]O. Die Beigeladene, die keinen eigenen Antrag gestellt hat, trägt die ihr in diesem Verfahren entstandenen Aufwendungen selbst.

Meta

1 WB 67/19

30.04.2020

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

Art 33 Abs 2 GG, § 3 Abs 1 SG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.04.2020, Az. 1 WB 67/19 (REWIS RS 2020, 3870)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3870

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 WDS-VR 7/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Konkurrentenstreit; Leitender Arzt im Bundeswehrkrankenhaus; Anforderungsprofil


1 WB 3/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Konkurrentenstreit; dienstliche Bewertung; inzidente Überprüfung durch Wehrdienstgericht


1 W-VR 27/22 (Bundesverwaltungsgericht)

Konkurrentenstreit um einen B 6-Dienstposten; Eilverfahren


1 WDS-VR 7/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Konkurrentenstreit; bestandene Sprachprüfung


1 WB 47/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Konkurrentenstreit; Dokumentationspflicht; Vorverwendung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 BvR 2305/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.