Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2023, Az. 4 StR 136/23

4. Strafsenat | REWIS RS 2023, 7596

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Gegenstand

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Anwendbarkeit der Neufassung


Tenor

1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2022 im Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie über den [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen verbotenen [X.]fahrzeugrennens in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und mit Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und den [X.] eines Teils der Freiheitsstrafe angeordnet sowie eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt. Hiergegen richten sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt; der Angeklagte greift den Strafausspruch an. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie das Rechtsmittel des Angeklagten führen zu dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg und sind im Übrigen unbegründet.

A.

2

Das [X.] hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

Der an einer Abhängigkeitserkrankung von Alkohol und Cannabinoiden leidende Angeklagte war im Juni 2021 nach einem Wochenendfreigang nicht in die Justizvollzugsanstalt zurückgekehrt, wo er eine Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte. Am 14. November 2021 führte der Angeklagte, der nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war und Alkohol und Marihuana konsumiert hatte, ein [X.]fahrzeug [X.] Dieses war weder zugelassen noch versichert. An ihm waren – durch einen unbekannten Dritten – nicht für es ausgegebene Kennzeichen angebracht. Auf einer Autobahn sollte das Fahrzeug einer polizeilichen Kontrolle unterzogen werden. Zu diesem Zweck überholte ein Polizeifahrzeug es und gab ein [X.]. Der Angeklagte folgte dem vorausfahrenden Polizeiwagen, weil er gewillt war, sich der Polizei zu stellen. Auf einen Zuruf seines mitangeklagten Beifahrers entschloss sich der Angeklagte, der durch den Marihuanakonsum enthemmt war, dann aber dazu, sich der Kontrolle durch Flucht zu entziehen. Er fuhr mit weit überhöhter Geschwindigkeit und in der Absicht, über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, davon und konnte von dem verfolgenden Polizeifahrzeug nicht eingeholt werden. Nachdem das Fahrzeug des Angeklagten im weiteren Verlauf seiner Fahrtstrecke durch Polizeikräfte wiederentdeckt worden war, wurde eine Sperre in Gestalt eines quergestellten [X.] errichtet, die der Angeklagte unter Nutzung des Gehwegs umfahren konnte. Er setzte seine Flucht, verfolgt durch ein weiteres Polizeifahrzeug, fort. Ungefähr 750 Meter nach der ersten Sperre wurde ein zweiter Polizeiwagen, zu dessen Besatzung der Nebenkläger gehörte, quer zur Fahrtrichtung des Angeklagten als Sperre postiert. Der Angeklagte erkannte das Fahrzeug, dessen Blaulicht und Abblendlicht eingeschaltet war, und entschloss sich, auch diese Sperre zu umfahren, wozu er seine Geschwindigkeit verringerte. Den Nebenkläger, der soeben das Fahrzeug verlassen hatte und sich auf dem Weg zum rechten Fahrbahnrand noch im Fahrweg des [X.] befand, nahm er erst kurz vor dem Passieren der Front des Polizeiwagens wahr. Der Angeklagte versuchte erfolglos, dem Nebenkläger durch eine Lenkbewegung auszuweichen, und sein Fahrzeug kollidierte bei einer Geschwindigkeit von 60-65 km/h mit dem Nebenkläger, der am Unterschenkel getroffen und schwer verletzt wurde. Der Angeklagte verlor daraufhin die Kontrolle über das Fahrzeug und dieses kam auf einer Wiese zum Stehen, woraufhin er seine Flucht zu Fuß fortsetzte. Während der Tatbegehung war der Angeklagte weder in seiner Einsichts- noch in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.

4

Das [X.] hat dem Nebenkläger, bei dem körperliche Folgen der Tat fortdauern und der deshalb seiner Tätigkeit im Polizeidienst nur noch eingeschränkt nachgehen kann, mit einem gesonderten Anerkenntnisurteil im Adhä-sionsverfahren ein Schmerzensgeld zugesprochen, worauf der Angeklagte noch während der laufenden Hauptverhandlung über seinen Verteidiger auf ein Konto des [X.] einen Teilbetrag zahlen ließ.

5

Bei der Strafzumessung hat die [X.] zugunsten des Angeklagten unter anderem berücksichtigt, dass er bei der Tat aufgrund des vorangegangenen Konsums berauschender Mittel enthemmt und dies mitursächlich für die Tat gewesen sei; zudem hat sie seine Abhängigkeit von Cannabis und Alkohol strafmildernd gewürdigt. Die Voraussetzungen des § 64 StGB in der bis zum 30. September 2023 geltenden Fassung hat das sachverständig beratene [X.] bejaht und zur Gefahrenprognose ausgeführt, dass von dem Angeklagten „von seiner Persönlichkeit ausgehend“ auch künftig in „vergleichbaren Situationen von einem gesteigerten Maß an Risiko- und Wagnisbereitschaft“ unter [X.] auszugehen und daher auch künftig mit der verfahrensgegenständlichen Tat vergleichbare Straftaten zu erwarten seien. Dem psychiatrischen Sachverständigen folgend hat das [X.] eine voraussichtliche Dauer des [X.] von zwei Jahren angenommen und hiervon ausgehend den [X.] eines Teils der Freiheitsstrafe angeordnet. Schließlich hat es – unter Bezugnahme auf seine Strafzumessungserwägungen – den Angeklagten für zum Führen von [X.]fahrzeugen charakterlich ungeeignet gehalten und eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von fünf Jahren verhängt. Eine Einziehung des Fahrzeugs [X.] und von beim Angeklagten gefundenem Geld hat das [X.] nicht angeordnet.

B.

6

I. Die Revision der Staatsanwaltschaft

7

1. Die von der Beschwerdeführerin ausdrücklich erklärte Beschränkung des Rechtsmittels auf die [X.] nach § 64 StGB ist nur teilweise wirksam.

8

a) Die Rechtswirksamkeit einer Revisionsbeschränkung setzt voraus, dass die Beschwerdepunkte nach dem inneren Zusammenhang des Urteils – losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil – rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden können, ohne eine Überprüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen. Zudem muss gewährleistet sein, dass die nach [X.] stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleiben kann (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen nur [X.], Urteil vom 26. Januar 2023 – 3 [X.] Rn. 9 mwN).

9

b) Nach diesem Maßstab bestehen im vorliegenden Fall zwar keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Beschwerdeführerin den Schuldspruch von ihrem Rechtsmittelangriff ausgenommen hat. Es liegen keine besonderen Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Maßregelfrage ergibt. Entsprechendes gilt für die Ausnahme der unterbliebenen Einziehungsanordnung vom Rechtsmittelangriff.

Demgegenüber ist die von der Beschwerdeführerin gewollte weitere Beschränkung ihres Rechtsmittels innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs unwirksam. Weder der Straf- noch der weitere [X.] können von dem Revisionsangriff gegen die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ausgenommen werden. Zwar ist im Hinblick auf die Zweispurigkeit von Strafe und Maßregel im Regelfall keine Wechselbeziehung zwischen beiden gegeben, die einem Angriff nur gegen den [X.] entgegenstünde (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Dezember 2019 – 4 StR 553/19, NStZ-RR 2020, 48, 49 mwN); anders liegt es indes, wenn das Tatgericht eine solche Wechselbezüglichkeit durch entsprechende Erwägungen in den Urteilsgründen hergestellt hat (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juli 2019 – 4 StR 80/19 Rn. 9 mwN). Dies ist hier der Fall, weil das [X.] die Abhängigkeit des Angeklagten von Cannabis und Alkohol und seine zum Tatzeitpunkt bestehende rauschmittelbedingte Enthemmung strafmildernd berücksichtigt hat. Dieselben Gesichtspunkte hat es auch für seine Maßregelentscheidung, nämlich für die Begründung eines Hangs sowie eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen diesem und der [X.] im Sinne des § 64 Satz 1 StGB (aF), herangezogen. Infolgedessen stehen die Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt einschließlich der hiervon abhängigen Anordnung des [X.]s einerseits und über die Strafe andererseits in einem inneren Zusammenhang, der einem ausschließlich gegen die Maßregelentscheidung geführten Rechtsmittelangriff entgegensteht (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juni 2011 – 2 [X.] Rn. 7).

Entsprechendes gilt für den weiteren [X.], nämlich die von der [X.] verhängte Maßregel der isolierten Fahrerlaubnissperre (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB). Denn zur Begründung von deren Dauer hat das [X.] nicht nur auf die „gesamte Persönlichkeit“ und das Vorleben des Angeklagten abgestellt, sondern auch ausdrücklich auf sämtliche Strafzumessungserwägungen, mithin auch auf die Abhängigkeitserkrankung des Angeklagten, Bezug genommen.

2. Die somit gegen den gesamten Straf- und [X.] gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft ist teilweise begründet.

a) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Der Senat hat insoweit die Vorschrift des am 1. Oktober 2023 in [X.] getretenen § 64 StGB in der Fassung vom 26. Juli 2023 ([X.], [X.]) zugrunde zu legen, die strengere Anforderungen an die Annahme sowohl eines Hangs als auch eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen diesem und einer [X.] sowie an die Erfolgsprognose stellt (vgl. zur Intention der Gesetzesänderung auch [X.]. 687/22, [X.] ff.). Die Neufassung ist mangels einer die [X.] erfassenden Übergangsvorschrift (vgl. zur Vollstreckung Art. 316o Abs. 1 [X.], gültig ab 1. Februar 2024) gemäß § 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO im vorliegenden Fall anwendbar (vgl. – zu Änderungen im Maßregelrecht zwischen der tatrichterlichen Entscheidung und der Entscheidung des [X.] – [X.], Beschluss vom 3. August 2016 – 4 [X.], [X.], 35; Beschluss vom 15. November 2007 – 3 [X.], [X.], 213).

bb) Diesen Anforderungen, die das [X.] zum Zeitpunkt seiner Urteilsfassung noch nicht zu beachten hatte, werden die Erwägungen zu der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht gerecht. Es ist weder sicher festgestellt noch belegt, dass die bei dem Angeklagten bestehende Abhängigkeitserkrankung eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit mit sich bringt und daher die Voraussetzungen eines Hangs nach § 64 Satz 1 StGB n.F. erfüllt. Auch ein symptomatischer Zusammenhang dergestalt, dass die [X.] überwiegend auf den Hang zurückgeht, kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden. Schließlich genügt auch die Erfolgsprognose des [X.]s nicht bereits den strengeren Anforderungen der gesetzlichen Neufassung.

b) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Aufhebung unterliegt auch die mit der Maßregel untrennbar zusammenhängende Entscheidung über den [X.] eines Teils der Freiheitsstrafe. Insoweit wird die neu zur Entscheidung berufene [X.] die geänderte Fassung des § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB zu beachten haben (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2008 – 5 StR 624/07).

c) Demgegenüber sind die zugehörigen Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Die ihnen zugrundeliegende Beweiswürdigung der [X.] ist entgegen der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft und der Antragsschrift des [X.]s insbesondere nicht lückenhaft, weil die Angaben des Angeklagten – der in der Hauptverhandlung zu seinem Konsumverhalten in der Vergangenheit geschwiegen hat – im [X.] mit dem psychiatrischen Sachverständigen nicht umfassend und in geschlossener Form wiedergegeben worden sind. Den Urteilsgründen ist jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang hinreichend deutlich zu entnehmen, welchen Inhalt diese Angaben hatten, nämlich dass sie dem entsprachen, was die [X.] in den Urteilsausführungen zur Person des Angeklagten sowie zu seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat. Diese Angaben hat das [X.] auch nicht ungeprüft übernommen, sondern sie als durch die entsprechende Einschätzung des Sachverständigen sowie objektive Umstände, die auf einen Drogenkonsum vor der hiesigen Tat hinwiesen, bestätigt angesehen und hierbei auch nicht unerörtert gelassen, dass sich früheren Verurteilungen des Angeklagten Hinweise auf dessen Drogenabhängigkeit nicht entnehmen ließen. Dass die [X.] nicht sicher aufzuklären vermochte, auf welchem der von ihr dafür in Betracht gezogenen Gründe dies beruht, stellt entgegen der Antragsschrift des [X.]s ebenfalls keine Lücke in der Beweiswürdigung dar. Ebenso wenig musste hier der Inhalt der Krankenunterlagen, aus denen der Sachverständige „einen regelmäßigen Drogenkonsum des Angeklagten vor der Haft entnehmen konnte“, näher dargestellt werden, zumal die [X.] darin nur einen die Angaben des Angeklagten selbst weiter [X.] Umstand gesehen hat. Entsprechendes gilt für das Konsumverhalten des Angeklagten seit seiner Festnahme in der vorliegenden Sache, zu dem sich die Urteilsgründe angesichts der festgestellten langjährigen Abhängigkeit, der Entzugserscheinungen am Beginn der aktuellen Haftzeit sowie des schnellen Rückfalls nach der vorausgegangenen Haftentlassung ebenfalls nicht näher verhalten mussten. Schließlich ist es auch nicht widersprüchlich, dass in den Urteilsgründen einerseits ausgeführt ist, der Angeklagte sei gesund, und andererseits seine Abhängigkeitserkrankung angenommen worden ist. Diese unmittelbar aufeinander folgenden Feststellungen sind offenkundig dahin zu verstehen, dass der Angeklagte mit Ausnahme der Abhängigkeitserkrankung an keinen Krankheiten leidet.

Die bisherigen Feststellungen können – widerspruchsfrei – durch weitere Feststellungen ergänzt werden.

3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

a) Der Strafausspruch weist Rechtsfehler weder zugunsten noch zulasten (§ 301 StPO) des Angeklagten auf. Soweit das [X.] die Strafe dem Strafrahmen des § 315d Abs. 5 StGB entnommen hat, kann offenbleiben, ob die Feststellungen die Annahme des [X.] einer durch die Tat verursachten schweren Gesundheitsschädigung tragen (vgl. zu § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB [X.], Beschluss vom 15. August 2023 – 4 StR 514/22 Rn. 16 mwN), denn infolge der wirksamen Revisionsbeschränkung hat der Senat die Nachprüfung des Strafausspruchs auf der Grundlage des teilrechtskräftigen Schuldspruchs unabhängig davon vorzunehmen, ob diesem seinerseits eine in jeder Hinsicht zutreffende Subsumtion zugrunde liegt ([X.], Urteil vom 5. Mai 2022 – 3 [X.], NStZ-RR 2022, 290, 291).

Auch die Ablehnung eines minder schweren Falles und die Strafzumessung im engeren Sinn aus dem Regelstrafrahmen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a, § 49 StGB hat das [X.] mit zutreffender Argumentation abgelehnt. Ergänzend nimmt der Senat insoweit auf die Antragsschrift des [X.]s zur Revision des Angeklagten Bezug. Schließlich stellt es keinen Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB dar, dass das [X.] dem Angeklagten strafschärfend die – näher festgestellten – (weiteren) Einschränkungen des privaten und beruflichen Lebens des [X.] angelastet hat, denn diese gehen über die zwingend oder typischerweise mit einer schweren Gesundheitsschädigung im Sinne des § 315d Abs. 5 StGB verbundenen Folgen hinaus.

b) Die Entscheidung über die Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis (§ 69a StGB) ist ebenfalls frei von [X.] und kann bestehen bleiben.

II. Die Revision des Angeklagten

Das Rechtsmittel des Angeklagten erfasst dieselben Urteilsteile wie die Revision der Staatsanwaltschaft. Die weiter gehende Beschränkung nur auf den Strafausspruch ist aus den oben ausgeführten Gründen unwirksam. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge denselben Erfolg wie dasjenige der Staatsanwaltschaft.

Quentin     

  

Maatsch     

  

Scheuß

  

Momsen-Pflanz     

  

[X.]     

  

Meta

4 StR 136/23

12.10.2023

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hof, 8. Dezember 2022, Az: 1 Ks 2100 Js 15850/21

§ 2 Abs 6 StGB, § 64 StGB vom 26.07.2023, § 354a StPO, Art 316o Abs 1 StGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2023, Az. 4 StR 136/23 (REWIS RS 2023, 7596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7596

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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