Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2009, Az. 5 StR 126/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 3363

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5 [X.]/09 [X.]BESCHLUSS vom 26. Mai 2009 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 26. Mai 2009 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 12. September 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben a) mit den zugrunde liegenden Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs widerstands-unfähiger Personen verurteilt worden ist, b) im [X.]. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Jugendschutzkammer des [X.] zurückverwiesen. [X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen und sexuellen Missbrauchs von [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ver-urteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg. 1 - 3 - 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 2 a) Der Angeklagte lud häufiger männliche Jugendliche zu sich nach [X.] ein. Dort veranlasste er sie durch Würfelspiele, hochprozentigen [X.] zu sich zu nehmen, bis sie volltrunken waren, während er selbst deut-lich weniger Alkohol trank. Der zu den —regelmäßigen [X.] zählende

B. , der die —Abläufe der abendlichen Orgien bei dem Angeklagten [X.], brachte erstmals im September 2006 seinen Klassenkameraden, den im Juli 1991 geborenen [X.], zu einer solchen Feier mit. [X.] hatte ihn der Angeklagte gebeten, da er [X.]sexuell anziehend fand. Um [X.]—gefügig zu machenfi, begann der Angeklagte, ihn bei [X.] mit Alkohol —abzufüllenfi, bis dieser so betrunken war, dass er kaum noch sprechen oder gehen konnte. Nachdem sich [X.]hingelegt hatte, missbrauchte ihn der Angeklagte zum Oralverkehr. [X.]erwachte zwar, konnte sich aber aufgrund des [X.] nicht gegen die unerwünsch-ten Handlungen des Angeklagten wehren. 3 4 b) Spätestens im [X.] 2006 engagierte der Angeklagte den als —Stricherfi tätigen, am 29. Dezember 1991 geborenen

[X.] für homo-sexuelle Handlungen. Da [X.]

ihm gesagt hatte, dass er erst 15 Jahre alt sei, rechnete der Angeklagte damit, dass dieser unter 16 Jahre alt sei. [X.] führte er an ihm den Oralverkehr aus, wofür er ihm 50 Euro zahlte. 2. Das Urteil kann hinsichtlich der dem Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen zugrunde liegenden [X.] keinen Bestand haben. Der [X.] beanstandet zu Recht eine Verletzung des Fragerechts durch unberechtigte Zurückweisung einer Frage seines Verteidigers bei der Vernehmung des B. . Dieser Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: 5 Am zweiten Hauptverhandlungstag wurde B. als Zeuge vernommen. Der Verteidiger des Angeklagten fragte den Zeugen, wie oft er 6 - 4 - ohne [X.] bei dem Angeklagten gewesen sei, und gegebenenfalls, mit wem er dort gewesen sei. Diese Frage wies die Vorsitzende zurück. Das [X.] angerufene Gericht bestätigte die Zurückweisung der Vorsitzenden. Zur Begründung führte es lediglich aus, dass die Frage —keinen Bezug zum Beweisthema erkennenfi lasse. Die zurückgewiesene Frage blieb unbeant-wortet. Die den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügende Rüge hat Erfolg. Soweit die Revision zur Beweislage nicht wei-tergehend vorträgt, kann der Senat im Hinblick auf die umfassend erhobene Sachrüge die Urteilsgründe ergänzend berücksichtigen (vgl. [X.]St 36, 384, 385; 45, 203, 204 f.; [X.], Beschluss vom 18. Juli 2007 [X.] 1 StR 296/07). Vor dem Hintergrund der danach ersichtlichen Beweissituation macht der Revisi-onsführer zu Recht geltend, dass eine Frage an den [X.], die ernsthaft auf die Überprüfung der Erinnerungsfähigkeit hinsichtlich früherer Feiern bei dem Angeklagten und der grundsätzlichen Glaubhaftigkeit seiner Angaben abgezielt habe, nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen. Weiter-gehender Vortrag zum Beruhen ist dem Beschwerdeführer nicht abzuverlan-gen. 7 Der Angeklagte hat sich damit verteidigt, dass es zwar dreimal [X.] Kontakte zwischen ihm und [X.]

gegeben habe. Dabei sei [X.] aber niemals betrunken gewesen, alles sei vielmehr einvernehmlich gesche-hen. Er, der Angeklagte, habe stets genauso viel getrunken wie die anderen Gäste. Erst bei dem dritten oder vierten Besuch [X.] s sei es zu [X.]n Handlungen mit ihm gekommen. Der Zeuge [X.]hat die Ereignisse entsprechend den Feststellungen bekundet, aber abweichend davon erklärt, erst bei seinem zweiten oder dritten Besuch sei es zu dem sexuellen Über-griff gekommen. Die noch bei der polizeilichen Vernehmung erhobene wei-tergehende Beschuldigung, der Angeklagte habe ihn bei zwei folgenden Be-suchen abermals betrunken gemacht und seinen dadurch bedingten Zustand für sexuelle Handlungen ausgenutzt, hat er nicht mehr aufrechterhalten. Die 8 - 5 - [X.] hat dieses [X.] auf Scham über das Geschehene und ein selbst empfundenes Mitverschulden daran zurückgeführt und die diesbezüglichen Anklagevorwürfe nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Es hat die Bekundungen dieses Zeugen durch die uneingeschränkt für glaubhaft erachteten Angaben B. s bestätigt gesehen; ersichtlich hat es sich ins-besondere hinsichtlich des Ablaufs der —abendlichen [X.] vor dem Besuch [X.]s auf seine Angaben gestützt. Die differierenden Angaben der bei-den Zeugen dazu, ob der sexuelle Übergriff bei dem ersten oder einem spä-teren Besuch [X.] s stattgefunden habe, und zu den sonstigen Ge-schehnissen an dem fraglichen Abend hat die [X.] nicht erörtert. Der die Zurückweisung der Frage durch die Vorsitzende bestätigende Gerichtsbeschluss lässt schon die erforderliche Begründung (vgl. [X.]St 2, 284, 286 ff.; [X.] NStZ-RR 2001, 138; [X.] in [X.]. § 241 Rdn. 19) vermissen. Mit der insoweit fehlsamen Formulierung, die Frage [X.] nicht zum —Beweisthemafi (vgl. hierzu [X.] NJW 2007, 709, insoweit in [X.]St 51, 180 nicht abgedruckt), kann allenfalls gemeint sein, dass diese sachfremd im Sinne von § 241 Abs. 2 StPO sei. Eine Darlegung der Um-stände, auf die sich eine solche Wertung stützen könnte, ist aber nicht er-folgt. Angesichts des engen Zusammenhangs des [X.] mit dem Tatvorwurf, der nicht einfachen Beweissituation und der sich daraus ergebenden [X.] hier zudem außerordentlich nahe liegenden [X.] Möglichkeit, aus der Antwort des Zeugen indizielle Schlüsse auf die Zuverlässigkeit seiner belastenden Angaben herzuleiten, ist auch sonst kein Grund für eine berech-tigte, von § 241 Abs. 2 StPO gedeckte Zurückweisung der Frage erkennbar, auch wenn die Beantwortung der Frage für den Zeugen peinlich gewesen sein mag. 9 Der Senat kann bei dieser Sachlage ein Beruhen der jedenfalls [X.] auf die Angaben des [X.]gestützten Verurteilung des [X.] wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen auf dem [X.] nicht ausschließen. Anhaltspunkte dafür, dass 10 - 6 - der Zeuge trotz der Zurückweisung der Frage besonders langwierig durch den Verteidiger mit insgesamt erschöpfendem Informationsgewinn befragt worden wäre (vgl. [X.]R StPO § 241 Abs. 2 Zurückweisung 7; [X.] NStZ-RR 2001, 138), sind zudem nicht ersichtlich. Da schon diese Verfahrensrüge zur Aufhebung der Feststellungen in-soweit führt, bedarf es eines [X.] auf die weiteren diesen Tatkomplex betreffenden sachlich- und verfahrensrechtlichen Beanstandungen nicht mehr. 11 3. Von dem [X.] unberührt ist aber die Verurteilung we-gen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. 2 StGB a.F. (sexuelle Handlungen gegen Entgelt). Die hiergegen [X.] haben auch im Übrigen aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift dargestellten Gründen keinen Erfolg. Die rechtsfehler-frei getroffene Feststellung, [X.] habe dem Angeklagten gesagt, er sei 15 Jahre alt, obwohl er tatsächlich noch jünger gewesen sei, ist tragfähiger Anknüpfungspunkt für die Wertung der [X.], der Angeklagte habe billigend in Kauf genommen, dass [X.] unter 16 Jahre alt sei. 12 4. Die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs wegen sexuellen [X.] widerstandsunfähiger Personen (drei Jahre und drei Monate Frei-heitsstrafe) zieht die Aufhebung des [X.]s nach sich. 13 [X.] Schaal [X.] Dölp König

Meta

5 StR 126/09

26.05.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2009, Az. 5 StR 126/09 (REWIS RS 2009, 3363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3363

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