Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2008, Az. IX ZR 192/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 98

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 18. Dezember 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 35, 55 Zahlungen, die auf einem von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter oder Treuhänder eingerichtetes [X.] eingehen, fallen weder in das Schuld-nervermögen noch in die Masse, sondern stehen ausschließlich dem Anwalt zu. [X.], [X.]eil vom 18. Dezember 2008 - [X.] - [X.]AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2008 durch [X.] Ganter und [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Grupp für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil der 38. Zivilkammer des [X.] vom 12. Oktober 2007 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das [X.]eil des Amtsgerichts [X.] vom 14. November 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Beklagte, eine Rechtsanwältin, ist Treuhänderin im vereinfachten Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.](fortan Schuldner). Für die Abwicklung des Insolvenzverfahrens richtete die Beklagte bei einem Kreditinstitut ein [X.] ein, dessen Inhaberin sie ist. Sie unterrichtete mit Schreiben vom 10. März 2006 die Klägerin, eine Landesbank, über die Eröff-nung des Insolvenzverfahrens und forderte diese auf, die Konten des [X.] aufzulösen und ein etwaiges Guthaben auf das angeführte [X.] zu übertragen. Hierauf überwies die Klägerin am 4. April 2006 infolge einer Ver-wechslung mit einem anderen Kunden gleichen Namens 3.692,20 • auf das 1 - 3 - [X.] der Beklagten. Nachdem die Klägerin ihr Versehen erkannt hatte, forderte sie die Beklagte auf, den irrtümlich überwiesenen Betrag zurückzuzah-len. Die Beklagte lehnte dies ab und verwies die Klägerin auf die [X.]. Am 10. April 2006 zeigte die Beklagte gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte sei als Inhaberin des [X.] zur Rückzahlung verpflichtet. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche [X.]eil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. 2 Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat Erfolg. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der bereicherungsrechtliche Rück-forderungsanspruch stehe der Klägerin nicht gegenüber der Beklagten, sondern nur gegenüber der Insolvenzmasse zu, wobei die Einschränkungen der § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 209 [X.] berücksichtigt werden müssten. Zwar sei die Beklagte im Verhältnis zur kontoführenden Bank Vollrechtsinhaberin des auf dem Konto befindlichen Guthabens. Entscheidend sei aber, dass die Klägerin ziel- und zweckgerichtet eine Mehrung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens habe vornehmen wollen. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass die Klägerin 4 - 4 - ihre Zahlung im Hinblick auf das Aufforderungsschreiben der Beklagten vom 10. März 2006 erbracht habe, bei dem es sich um einen Akt der [X.] im Sinne der §§ 148 ff [X.] gehandelt habe. Würde von einer ausschließlichen Bereicherung des Inhabers des [X.] ausgegangen, stünde dies nicht mit den Besonderheiten des Insol-venzrechts in Einklang. Neben der Einrichtung eines Treuhandsonderkontos für die Masse werde im Rahmen von § 149 [X.] auch die Einrichtung eines [X.] durch einen Rechtsanwalt als Treuhänder oder Verwalter für zulässig erachtet. Die Regelungen der § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 209 [X.] kämen praktisch kaum mehr zur Anwendung, wenn die auf einem [X.] eingezahlten [X.] nicht als Leistung zur Masse angesehen werden könnten. 5 I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 6 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Be-klagte Vollrechtsinhaberin des von ihr eingerichteten [X.]s geworden ist. Anderkonten sind offene Vollrechtstreuhandkonten, aus denen ausschließlich der das Konto eröffnende Rechtsanwalt persönlich der Bank gegenüber berech-tigt und verpflichtet ist (vgl. [X.] 11, 37, 43; [X.], [X.]. v. 15. Dezember 1994 - [X.] ZR 252/93, [X.], 225; MünchKomm-[X.]/Ganter, 2. Aufl. § 47 Rn. 395; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], aaO § 149 Rn. 14; [X.] in [X.]/Bunte/[X.], [X.]. § 38 Rn. 2). Dass die Beklagte die Eröffnung des [X.]s als "Treuhänderin im vereinfachten Insolvenzverfahren" beantragt hat, ist unerheblich. Die Rechtsprechung, wo-7 - 5 - nach für die Forderungsberechtigung gegenüber der Bank maßgeblich ist, wer nach dem erkennbaren Willen des die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll, ist im Hinblick auf die rechtliche Ausgestaltung eines anwaltlichen [X.]s hierauf nicht übertragbar. 2. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht des Berufungsgerichts, dass auf das Treuhandkonto eingehende Gelder, wie die hier streitgegenständliche Zahlung der Klägerin, zur Insolvenzmasse im Sinne des § 35 [X.] gehören. 8 Nach § 35 [X.] erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Die während des Insolvenzverfahrens auf das [X.] der Beklagten eingegangene Zahlung hat der Schuldner nicht er-worben. 9 In der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist aner-kannt, dass Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzver-walter oder Treuhänder eingerichtetes [X.] eingehen, nicht in das [X.] fallen. Dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 10. März 2006 [X.] habe vereinnahmen wollen, wie das [X.] meint, rechtfertigt keine andere Beurteilung (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Dezember 1994 - [X.] ZR 252/93, [X.], 225; v. 20. September 2007 - [X.] ZR 91/06, [X.], 2279, 2280 Rn. 10; MünchKomm-[X.]/[X.]/ [X.], aaO; Graf-Schlicker/Kalkmann, [X.] § 149 Rn. 7; [X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 55 Rn. 48; [X.], Festschrift für [X.] S. 313, 326; [X.] Z[X.] 2006, 464, 466). Die Zahlungen fallen aber - anders als bei solchen auf ein Sonderkonto - auch nicht in die Masse (MünchKomm-[X.]/[X.]/Weis-häupl, aaO Rn. 12; Voigt-Salus/Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der 10 - 6 - Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 21 Rn. 117 ff). Die Masseunzulänglichkeit ist [X.] unerheblich. 3. Das [X.]eil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Vielmehr sind auch die Voraussetzungen eines Bereicherungsan-spruches aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Hinblick auf die unstreitig infol-ge einer Kontoverwechslung erfolgte Zahlung erfüllt. 11 II[X.] Das angefochtene [X.]eil kann damit keinen Bestand haben. Es ist [X.] (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des [X.]eils nur wegen Rechtsver-letzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis 12 - 7 - erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der [X.] eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Ganter Gehrlein [X.] Fischer Grupp Vorinstanzen: AG Berlin-[X.], Entscheidung vom 14.11.2006 - 8 C 295/06 - [X.], Entscheidung vom 12.10.2007 - 38 S 9/06 -

Meta

IX ZR 192/07

18.12.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2008, Az. IX ZR 192/07 (REWIS RS 2008, 98)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 98

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