Bundessozialgericht, Urteil vom 09.06.2017, Az. B 11 AL 13/16 R

11. Senat | REWIS RS 2017, 9723

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Gründungszuschuss - Aufnahmezeitpunkt der selbstständigen Tätigkeit - Beendigung der Arbeitslosigkeit - Ausübung einer selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreter - Vorbereitungshandlungen - zeitlicher Umfang - 15 Wochenstunden - Gewerbeanmeldung - Abschluss des Handelsvertretervertrages


Leitsatz

Ein Anspruch auf Gründungszuschuss setzt voraus, dass die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit oder von Vorbereitungshandlungen hierfür im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche beendet wird.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 29. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt die Bewilligung eines Gründungszuschusses für die [X.] vom 7.8.2014 bis 28.2.2015.

2

Der 1977 geborene Kläger ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann und ausgebildeter Bühnendarsteller. Bis Dezember 2013 war er als Teamleiter bei einem Autovermieter beschäftigt. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses meldete er sich bei der [X.] arbeitslos und beantragte [X.] ([X.]), das die Beklagte ihm ab 8.1.2014 für 360 Tage bewilligte (Bescheid vom 4.3.2014).

3

Am [X.] verlangte der Kläger die Ausgabe eines Antrags auf Gründungszuschuss. Die Beklagte gab ihm ein Antragsformular "ohne Förderzusage", das er am 23.9.2014 schriftlich und mit Anlagen zurückreichte. Er verwies auf eine nach seinen Angaben am 7.8.2014 aufgenommene selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als [X.]andelsvertreter für die Firma [X.] Der Kläger fügte die Stellungnahme der [X.]andelskammer [X.] vom 22.9.2014, die Gewerbeanmeldung vom 1[X.], den [X.]andelsvertretervertrag zwischen ihm und der Firma [X.] vom 2[X.] mit Beginn der Tätigkeit am 15.9.2014, die Teilnahmebescheinigung an einem Coaching sowie den Businessplan vom [X.] bei, aus dem hervorging, dass in [X.]orbereitung auf die Tätigkeit ab 15.9.2014 ein dreimonatiges Fachseminar zu absolvieren sei.

4

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gründungszuschuss ab (Bescheid vom 19.1.2015). Es fehle am Nachweis der Aufnahme der Tätigkeit zum 7.8.2014, da diese nach dem [X.]andelsvertretervertrag erst zum 15.9.2014 aufgenommen worden sei. Zu diesem [X.]punkt habe aber kein Restanspruch auf [X.] von mindestens 150 Tagen bestanden. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des [X.] blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28.1.2015).

5

Auf [X.]eranlassung des [X.] hob die Beklagte die Bewilligung von [X.] mit Wirkung zum 7.8.2014 auf (Bescheid vom 23.9.2014); die gewährten Leistungen und hierauf entrichtete Beiträge forderte sie (später) von ihm zurück (Bescheide vom 13.1.2015).

6

Das [X.] hat die auf Bewilligung eines Gründungszuschusses gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17.2.2016). Entscheidend sei, dass die selbstständige Tätigkeit erst mit Beginn des [X.]andelsvertretervertrags am 15.9.2014 aufgenommen worden sei und zu diesem [X.]punkt kein Restanspruch auf [X.] für 150 Tage mehr bestanden habe.

7

Das L[X.] hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Da ein Anspruch auf [X.] von mindestens 150 Tagen zuletzt am 7.8.2014 bestanden habe, hätte die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit spätestens an diesem Tag erfolgen müssen. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Zwar könnten auch [X.]orbereitungshandlungen als Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit anzusehen sein, wenn sie im Geschäftsverkehr Außenwirkung entfalteten. Als maßgebliche [X.]orbereitungshandlungen käme nur die Anmeldung des Gewerbes in Betracht, die aber nicht die erforderliche Außenwirkung entfalte. Der Kläger habe frühestens mit [X.]ertragsschluss mit der Firma [X.] am 2[X.] die selbstständige Tätigkeit aufgenommen, nach deren Beginn er erst noch einen Lehrgang habe absolvieren müssen. Unterstellt die auf den 7.8.2014 zurückwirkende Aufhebung der Bewilligung von [X.] könne dergestalt Berücksichtigung finden, dass ein Restanspruch auf [X.] für 150 Tage ab 7.8.2014 vorgelegen habe, seien die Anspruchsvoraussetzungen dennoch nicht erfüllt.

8

Der Kläger hat die vom L[X.] zugelassene Revision eingelegt. Er rügt, die Entscheidung des L[X.] verletze § 93 Abs 2 Nr 1 [X.]B III, denn die dort vorausgesetzte [X.] erfordere nicht einen noch laufenden Leistungsanspruch für eine Dauer von 150 Tagen, vielmehr genüge ein nicht ausgeschöpfter Restanspruch auf [X.] von 150 Tagen. Insofern habe das B[X.] bereits entschieden, dass eine Nahtlosigkeit zwischen dem Bezug von [X.] und dem Beginn der selbstständigen Tätigkeit nicht zu fordern sei, sondern es genüge ein enger zeitlicher Zusammenhang.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.]amburg vom 29. Juni 2016, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [X.]amburg vom 17. Februar 2016 sowie den Bescheid der [X.] vom 19. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die [X.] vom 7. August 2014 bis 28. Februar 2015 Gründungszuschuss zu zahlen,
hilfsweise,
seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Ein Gründungszuschuss sei an den Kläger nicht zu leisten, weil er zuletzt am 7.8.2014 einen Leistungsanspruch auf [X.] von 150 Tagen gehabt habe, er die selbstständige Tätigkeit aber frühestens am 15.9.2014 aufgenommen habe; möglicherweise sei sie sogar erst im Dezember 2014 aufgenommen worden. Die rückwirkend erfolgte Aufhebung der Bewilligung von [X.] zum 7.8.2014 ändere hieran nichts.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G).

1. Gegenstand der Revision ist das Urteil des [X.] vom 29.6.2016. Das [X.] hat zu Recht die Berufung des [X.] gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des [X.] zurückgewiesen. Die Revision des [X.] ist unbegründet, weil die von ihm als [X.]auptantrag verfolgte Anfechtungs- und Leistungsklage, die auf die Zahlung eines Gründungszuschusses vom 7.8.2014 bis 28.2.2015 zielt, keinen Erfolg hat.

2. Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als [X.]andelsvertreter für eine Elektrofirma keinen Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs sind nicht erfüllt.

Nach § 93 Abs 1 [X.]B [X.] in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des [X.] ([X.]) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur [X.] Sicherung in der [X.] nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Nach § 93 Abs 2 Satz 1 [X.]B [X.] "kann" ein Gründungszuschuss geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

        

1.    

bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf [X.] hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs 3 [X.]B [X.] beruht,

        

2.    

der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und

        

3.    

ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt.

Der Kläger hat weder zum 7.8.2014 iS des § 93 Abs 2 Satz 1 [X.]B [X.] die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit oder entsprechende Vorbereitungshandlungen beendet (a) noch hat er am [X.] oder am 15.9.2014 einen Anspruch auf Gründungszuschuss (b); schließlich besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung (c).

a) Im laufenden Leistungsbezug von [X.] hatte der Kläger zuletzt am 7.8.2014 einen Anspruch auf [X.] mit einer Dauer von 150 Tagen. Zur Wahrung der Voraussetzungen des § 93 Abs 1, Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]B [X.] hätte er die selbstständige Tätigkeit als [X.]andelsvertreter (§ 84 [X.]GB) zwingend an jenem Tag aufnehmen und dadurch die Arbeitslosigkeit beenden müssen. Dies war aber nicht der Fall.

Unterstellt der Kläger hätte die Gewerbeanmeldung am 7.8.2014 vorgenommen, hat er damit seine Arbeitslosigkeit nicht iS des § 93 Abs 1 [X.]B [X.] beendet. Diese Vorschrift verweist mit der Tatbestandsvoraussetzung "Beendigung der Arbeitslosigkeit" auf die Regelung des § 138 Abs 3 [X.]B [X.] (so wohl auch B[X.] vom [X.] [X.] 11/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.] Rd[X.] 26-27, wonach "[X.] beendet worden sein muss"; so ausdrücklich Sächsisches [X.] vom 20.11.2008 - L 3 [X.] 108/06; [X.] Baden-Württemberg vom [X.] - L 7 [X.] 4485/05; [X.] Berlin-Brandenburg vom 10.5.2016 - L 14 [X.] 243/12; zum Beitragsrecht B[X.] vom [X.] - B 12 [X.] 1/08 R - juris, Rd[X.]5; siehe [X.] in LPK-[X.]B [X.], 2. Aufl 2015, § 93 Rd[X.]4; [X.] in Gagel, [X.]B II/[X.]B [X.], § 93 [X.]B [X.] Rd[X.] 41; [X.] in jurisPK-[X.]B [X.], 1. Aufl 2014, § 93 Rd[X.]5; [X.] in NK-[X.]B [X.], 6. Aufl 2017, § 93 Rd[X.] 38; [X.] in Brand, [X.]B [X.], 7. Aufl 2015, § 93 Rd[X.] 8). Nach § 138 Abs 3 [X.]B [X.] wird die [X.] und damit die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beendet, wenn diese Tätigkeit 15 Stunden und mehr wöchentlich ausgeübt wird.

Der Kläger hat am 7.8.2014 durch eine Gewerbeanmeldung weder die angestrebte selbstständige Tätigkeit selbst in dem erforderlichen zeitlichen Umfang aufgenommen (aa) noch hat er nach außen wirkende Vorbereitungshandlungen vorgenommen, die bereits der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gleichzusetzen wäre (bb).

aa) Eine selbstständige Tätigkeit als [X.]andelsvertreter wird in dem [X.]punkt aufgenommen, in dem der Existenzgründer unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende [X.]andlungen mit Außenwirkung vornimmt (B[X.] vom 1.6.2006 - B 7a [X.] 34/05 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.] Rd[X.]1).

Bei der vom Kläger konkret angestrebten oder aufgenommenen Tätigkeit als selbstständiger [X.]andelsvertreter (§ 84 Abs 1 [X.]GB) handelt es sich um eine Tätigkeit iS des § 93 Abs 1 [X.]B [X.]. Zwar gelten [X.]andelsvertreter ausnahmsweise als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis nach § 92a [X.]GB gehören (§ 5 Abs 3 Satz 1 ArbGG). Dazu zählen solche [X.]andelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (§ 92a Abs 1 Satz 1 Alt 1 [X.]GB; sog Einfirmenvertreter kraft Vertrags; vgl BT-Drucks 1/3856 [X.]), und [X.]andelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (§ 92a Abs 1 Satz 1 Alt 2 [X.]GB; sog Einfirmenvertreter kraft Weisung; vgl BT-Drucks 1/3856 [X.]; vgl auch [X.] vom 18.7.2013 - [X.] - juris). Den Feststellungen des [X.] ist aber noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Kläger eine Tätigkeit als selbstständiger [X.]andelsvertreter iS des § 84 Abs 1 [X.]GB aufgenommen hat.

Bei der Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Erwerbstätigkeit "ausgeübt" wird, können die in der Rechtsprechung des B[X.] entwickelten Maßstäbe zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine erwerbstätige Person ihre Beschäftigung "ausübt", herangezogen und bezogen auf die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit weiter entwickelt werden. Eine Beschäftigung übt danach aus, wer mit seiner Tätigkeit zumindest dazu ansetzt und dessen Tätigkeit darauf gerichtet ist, entweder eine objektiv bestehende [X.]aupt- oder eine Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen. Als Beschäftigter handelt auch eine Person, die objektiv nicht geschuldete [X.]andlungen vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen der Beschäftigung zur [X.] der Verrichtung annehmen darf, sie treffe eine solche Pflicht (so zu § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII: B[X.] vom [X.] - B[X.]E 111, 37 = [X.] 4-2700 § 2 [X.], Rd[X.] 27 f; B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2700 § 2 [X.] Rd[X.]2).

Dementsprechend übt eine selbstständige Tätigkeit als [X.]andelsvertreter aus, wer eine Tätigkeit entfaltet, die dazu ansetzt, [X.]aupt- oder Nebenpflichten einer solchen Tätigkeit - hier derjenigen als [X.]andelsvertreter - zu erfüllen, oder wer eine objektiv nicht geschuldete [X.]andlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem [X.]andelsvertreterverhältnis nachzukommen, sofern er annehmen darf, ihn treffe eine solche Pflicht. Der Erfüllung der [X.]auptpflicht aus dem [X.]andelsvertretervertrag iS des § 84 Abs 1 [X.]GB dient insbesondere die Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit, wie zB die Anpreisung von Waren beim Kunden, wenn sie sich im Rahmen des Gegenstands des [X.]andelsvertretervertrags hält (vgl [X.] vom 4.5.2011 - V[X.] ZR 11/10 - NJW 2011, 2423 = juris, Rd[X.] 24; [X.] vom 17.11.2016 - VII ZR 6/16 - BB 2017, 144). Für die Anpreisung von Waren zum Zwecke des Vertriebs muss der [X.]andelsvertreter [X.] berechtigt sein, schuldrechtliche Verträge über die Produkte der vertretenen Firma abschließen zu können. Daran fehlte es beim Kläger am 7.8.2014, da noch kein [X.]andelsvertretervertrag mit der zu vertretenden Firma abgeschlossen worden war.

Die Gewerbeanmeldung beinhaltet für sich betrachtet (noch) nicht die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit als [X.]andelsvertreter. Vielmehr handelt es sich - je nach Art des ausgeübten Gewerbes - um die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Anzeige- oder Genehmigungspflicht (§§ 14, 29 f [X.]; vorliegend hat der Kläger seine Gewerbeausübung gemäß § 14 [X.] angezeigt). Die Gewerbeanmeldung ist lediglich einer von mehreren vorbereitenden Schritten, die je nach Art der Existenzgründung erfüllt sein müssen, um eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen zu können.

bb) Der Kläger hat am 7.8.2014 auch keine Vorbereitungshandlungen verrichtet, die bereits als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit anzusehen wären.

Vorbereitungshandlungen sind als Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit anzusehen, wenn sie im Geschäftsverkehr Außenwirkung entfalten und nach dem zugrunde liegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet sind (B[X.] vom [X.] [X.] 28/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.]). Allerdings ist auch insoweit zu beachten, dass § 93 Abs 1 [X.]B [X.] voraussetzt, dass "durch die Aufnahme" der Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet sein muss. Das bedeutet, dass die Vornahme von Vorbereitungshandlungen nur dann als "Aufnahme" der selbstständigen Tätigkeit anzusehen ist, wenn sie den nach § 138 Abs 3 [X.]B [X.] zu fordernden zeitlichen Umfang erreicht. Daran fehlt es hier.

Zu den Vorbereitungshandlungen, die sich bereits als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit darstellen können, kann zwar die Anmeldung des Gewerbes gehören, wenn sie entweder erhebliche [X.] in Anspruch nimmt (gewerberechtliche Konzession, Zulassung zu einem freien Beruf), oder wenn diese Tätigkeit mit weiteren Vorbereitungstätigkeiten zeitlich eng verknüpft ist oder mit diesen einhergeht. Der [X.] hat insoweit auch schon entschieden, dass andere vorbereitende [X.]andlungen, wie zB das Anmieten oder Einrichten von Geschäftsräumen, die Bestellung oder Entgegennahme von Waren oder die Einrichtung und Aufnahme der Produktionsmittel als Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit anzusehen sein können (B[X.] vom [X.] [X.] 28/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.]).

Die Beendigung der Arbeitslosigkeit tritt durch vorbereitende [X.]andlungen der Existenzgründung jedoch nur ein, wenn der Gründer für die angestrebte selbstständige Tätigkeit bereits in einem zeitlichen Umfang tätig ist, die ihn 15 Stunden oder mehr pro Woche in Anspruch nimmt (so auch [X.] Berlin-Brandenburg vom 10.5.2016 - L 14 [X.] 243/12). Eine Vorbereitungshandlung in diesem Umfang wird allerdings nicht verrichtet, wenn ein Gründer mit zeitlichem Abstand nach und nach die Voraussetzungen dafür schafft, zu einem späteren [X.]punkt eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen zu können. Vorliegend kann unterstellt werden, der Kläger habe am 7.8.2014 der zuständigen Behörde nur die Aufnahme des Gewerbes als [X.]andelsvertreter auf einem Formular von einer Seite angezeigt. Die schlichte Anzeige der Gewerbeaufnahme mehrere Wochen vor dem Beginn der eigentlichen Tätigkeit genügt aber nicht, um annehmen zu können, die Arbeitslosigkeit des [X.] sei dadurch beendet worden. Der Kläger ist nicht in einem [X.]umfang von 15 Stunden oder mehr pro Woche mit Vorbereitungshandlungen befasst gewesen.

Am 7.8.2014 fehlte es im Übrigen auch an weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung eines Gründungszuschusses. So lagen an diesem Tag weder die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle (Stellungnahme der [X.]andelskammer [X.] vom 22.9.2014) noch der Businessplan ([X.]) vor, auch ist der für die Aufnahme der konkret angestrebten Tätigkeit erforderliche [X.]andelsvertretervertrag erst am [X.] zum 15.9.2014 geschlossen worden.

b) Der Kläger hat auch für [X.]en ab [X.] oder 15.9.2014 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Gründungszuschusses.

Zwar hat Kläger - ausgehend von den im Rahmen des § 93 [X.]B [X.] maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten - zu beiden [X.]punkten im laufenden Bezug von [X.] gestanden. Die Voraussetzungen des § 93 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]B [X.] sind aber nicht erfüllt gewesen, denn zu beiden [X.]punkten fehlt es daran, dass er einen Restanspruch auf [X.] für die Dauer von 150 Tagen hatte, weil die verbliebene Dauer des Anspruchs auf [X.] kürzer war.

Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte die Bewilligung von [X.] aufgrund der Angaben des [X.] rückwirkend mit Ablauf des [X.] aufgehoben (Bescheid vom 23.9.2014) und später die Erstattung des gezahlten [X.] sowie der hierauf entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gefordert hat (Bescheide vom 13.1.2015), ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der Kläger erfüllt zwar - unter Berücksichtigung der erst später eingetretenen rechtlichen Entwicklung, nämlich der Aufhebung der Bewilligung von [X.] mit Ablauf des [X.] - die Voraussetzung, dass er bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zu beiden [X.]punkten einen (Rest-)Anspruch auf [X.] von noch 150 Tagen hatte (§ 93 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]B [X.]). Aber er erfüllt - auch nach Maßgabe der von ihm angesprochenen Entscheidung des B[X.] vom 5.5.2010 ([X.] [X.] 11/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.] Rd[X.] 26-27; ergangen zu § 57 [X.]B [X.] in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des [X.] vom [X.], [X.] 1706) - nicht die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gründungszuschuss.

Der [X.] hatte in dem genannten Urteil zu der insoweit gleichlautenden Vorgängerregelung entschieden, diese sei so zu verstehen, dass der Anspruch auf Gründungszuschuss keine Nahtlosigkeit zwischen Arbeitslosigkeit und selbstständiger Tätigkeit, sondern lediglich einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Existenzgründung und dem vorausgehenden Anspruch auf [X.] verlangt. An dieser Auslegung ist auch im Kontext des § 93 [X.]B [X.] festzuhalten, weil die Existenzgründung keinen punktuellen Vorgang darstellt (B[X.] vom [X.] [X.] 28/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.] Rd[X.]9). So können in der Praxis bei einer Existenzgründung zeitliche Lücken entstehen, die der Existenzgründer nicht zu vertreten hat, weil zB eine behördliche Genehmigung nicht schnell zu erlangen ist oder ein angebahnter Vertrag sich zerschlägt und neue Verhandlungen erforderlich werden.

Doch der nach der zitierten Entscheidung erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bezug von [X.] und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit liegt hier nicht vor. Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn ein [X.]raum von nicht mehr als einem Monat zwischen dem Bezug von [X.] einerseits und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit andererseits liegt (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 11/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.] = juris, Rd[X.] 24, dort ging es um die Überbrückung von neun Tagen; B[X.] vom [X.] [X.] 28/09 R - [X.] 4-4300 § 57 [X.] Rd[X.]6 verlangt dagegen, dass die Voraussetzungen "innerhalb eines Monats nach … Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf [X.]" vorliegen müssen).

Als "Aufnahme" der Tätigkeit als [X.]andelsvertreter ist vorliegend der 15.9.2014 anzusehen. Der Tag des Abschlusses des [X.]andelsvertretervertrags ([X.]) ist nicht maßgeblich, weil das Gesetz auf die "Aufnahme" der Tätigkeit abstellt. Damit wird an tatsächliche Umstände, hier die Entfaltung einer selbstständigen Tätigkeit, angeknüpft und nicht an die Begründung vertraglicher Bindungen, die erst viel später in eine Erwerbstätigkeit münden können. Da aber zwischen dem Ende des Anspruchs auf [X.] (Ablauf des [X.]) und der Aufnahme der Tätigkeit als [X.]andelsvertreter am 15.9.2014 eine [X.]dauer von mehr als einem Monat liegt, fehlt der "enge zeitliche Zusammenhang" zwischen dem Bezug von [X.] und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit.

c) Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags auf Gründungszuschuss zu verpflichten, hat ebenfalls keinen Erfolg. Da schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Gründungszuschuss nach § 93 [X.]B [X.] nicht erfüllt sind, hat die Beklagte keine (neue) Ermessensentscheidung über die Bewilligung eines Gründungs-zuschusses zu treffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 11 AL 13/16 R

09.06.2017

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Hamburg, 17. Februar 2016, Az: S 14 AL 101/15, Gerichtsbescheid

§ 93 Abs 1 SGB 3 vom 20.12.2011, § 138 Abs 3 SGB 3, § 84 Abs 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.06.2017, Az. B 11 AL 13/16 R (REWIS RS 2017, 9723)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9723

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 6/16

VII ZB 27/12

VIII ZR 11/10

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