Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.04.2010, Az. 10 AZR 288/09

10. Senat | REWIS RS 2010, 7446

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Gegenstand

Karenzentschädigung - überschießendes Wettbewerbsverbot


Leitsatz

Der Anspruch auf Karenzentschädigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot insoweit einhält, als es nach § 74a Abs. 1 HGB verbindlich ist.Die Einhaltung auch in seinem unverbindlichen Teil ist nicht erforderlich.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2008 - 2 [X.]/08 - im [X.] und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2008 - 4 Ca 1725/07 - in Höhe von 51.667,68 [X.] zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2008 - 4 Ca 1725/07 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 66.954,24 [X.] brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2003 aus 6.372,20 [X.], seit dem 11. Dezember 2003 aus 3.186,10 [X.], seit dem 1. Januar 2004 aus 3.186,10 [X.], seit dem 3. Februar 2004 und dem 2. März 2004 aus jeweils 345,04 [X.], seit dem 1. April 2004, 1. Mai 2004, 1. Juni 2004, 1. Juli 2004, 3. August 2004, 1. September 2004, 1. Oktober 2004, 2. November 2004, 1. Dezember 2004, 1. Januar 2005, 1. Februar 2005, 1. März 2005, 1. April 2005, 1. Mai 2005 und 1. Juni 2005 aus jeweils 3.186,10 [X.] sowie seit dem 1. Juli 2005, 1. August 2005 und 1. September 2005 aus jeweils 1.909,42 [X.].

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Revision des [X.] zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des ersten und des zweiten Rechtszugs zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu 1/10, die Beklagte zu 9/10 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis zum 28. Februar 2005.

2

Die Beklagte stellt Fenster und Türen her. Sie vertreibt ihre Produkte an den Fachhandel. Der Kläger war bis zum 31. August 2003 für die Beklagte tätig. Zuletzt arbeitete er als Marketingleiter. Er bezog im Durchschnitt der letzten drei Jahre ein monatliches Entgelt inklusive aller Prämien, Gratifikationen und Leistungszulagen von 6.372,20 Euro brutto.

3

Die Parteien vereinbarten 1996 ein Wettbewerbsverbot. Dort heißt es:

        

„…   

        
        

1.   

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, während der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht für ein Unternehmen in [X.] tätig zu sein, das mit der Firma in Konkurrenz steht.

                 

Als Konkurrenzunternehmen gilt ein Unternehmen, das sich mit der Herstellung oder dem Vertrieb von Fenstern, Türen, Fensterläden, Isolier- und Funktionsgläsern oder spezifischen EDV-Programmen für eine dieser Branchen befasst.

                 

Er verpflichtet sich demnach vor allem:

                 

a)   

nicht ein festes Anstellungsverhältnis oder ein freies Beratungs- oder Vertretungsverhältnis bei einem solchen Unternehmen einzugehen,

                 

b)   

nicht ein solches Unternehmen selbst zu errichten oder zu erwerben,

                 

c)   

sich an einem solchen Unternehmen weder unmittelbar noch mittelbar zu beteiligen oder dergleichen zu begünstigen.

        

2.   

Die Firma zahlt dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung in Höhe der Hälfte der zuletzt von ihm bezogenen Vergütung. Soweit die Bezüge in wechselnden Leistungen bestehen, ist bei der Berechnung der Entschädigung von dem Durchschnitt der letzten drei Jahre auszugehen. Die Entschädigung wird in monatlichen Raten jeweils am Monatsende ausgezahlt.

        

...“

        

4

Der Kläger arbeitete im Streitzeitraum als selbständiger Handelsvertreter für die [X.] Dieses Unternehmen vertreibt als Fachhändler Fenster und Türen an private und gewerbliche Endkunden. Es bezieht einen Großteil der Produkte von der Beklagten. Der Kläger bezog von September 2003 bis Februar 2004 ein Überbrückungsgeld iHv. monatlich 3.259,46 Euro. Sein monatliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2004 betrug 3.404,92 Euro. Im Januar und Februar 2005 erzielte er nur geringfügige Einkünfte.

5

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2003 hat der Kläger die Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung verlangt. Er hat geltend gemacht, das Wettbewerbsverbot sei nach § 74a Abs. 1 HGB unverbindlich, soweit es ihm den Vertrieb von Fenstern und Türen auch für den Fachhandel untersage. Es benachteilige ihn unangemessen in seiner beruflichen Entwicklung, da es ihm keine Tätigkeit in der Türen- und [X.] mehr ermögliche. Soweit das Wettbewerbsverbot ihm gegenüber verbindlich sei, habe er es beachtet.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 51.667,68 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, der Kläger habe gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen. Sie habe ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran gehabt, jede Tätigkeit im Vertrieb von Fenstern und Türen auszuschließen, auch eine Verkaufstätigkeit, die sich ausschließlich an Endverbraucher richte; denn der Kläger habe bei der Beklagten bis zu 20 Gebietsverkaufsleiter betreut und sei an der Entwicklung der Produkte beteiligt gewesen.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet.

I. Der Kläger hat aus Ziff. 2 des vereinbarten [X.]verbots einen Anspruch auf Karenzentschädigung. Das [X.]verbot genügt den Anforderungen des § 74 Abs. 1 und 2 HGB.Der Kläger hat das [X.]verbot, soweit es für ihn verbindlich war, beachtet. Er war nicht gehalten, das [X.]verbot auch insoweit einzuhalten, als es für ihn unverbindlich war.

1. [X.]verbote sind gegenseitige Verträge. Im [X.] stehen die vom Arbeitnehmer geschuldete Unterlassung des [X.] und die vom Arbeitgeber geschuldete Zahlung der Karenzentschädigung([X.] 23. November 2004 - 9 [X.] [X.] 2 der Gründe, [X.]E 112, 376).

2. Das Unternehmen, für das der Kläger als Handelsvertreter gearbeitet hat, ist zwar ein Konkurrenzunternehmen iSv. Ziff. 1 Abs. 2 des [X.]verbots, da es sich mit dem Vertrieb von Fenstern und Türen befasst. Der Wortlaut der Vereinbarung ist eindeutig und wird von den Parteien auch nicht anders verstanden.

3. Der Vertrieb von Fenstern und Türen an Endkunden für dieses Unternehmen steht dem Anspruch auf Karenzentschädigung aber nicht entgegen. Das [X.]verbot war für den Kläger insoweit unverbindlich. Es diente nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses der [X.].

a) Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB ist ein [X.]verbot insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des [X.] dient. Es ist nach § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Gehilfen enthält.

aa) Ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers besteht, wenn das [X.]verbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch eines ausgeschiedenen Mitarbeiters in den Kunden- oder Lieferantenkreis unter Ausnutzung besonderer Kenntnisse oder persönlicher Kontakte verhindern soll. Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken, genügt nicht([X.] 1. August 1995 - 9 [X.] 884/93 - zu I 2 a der Gründe mwN, [X.]E 80, 303; [X.]/[X.] [X.]verbote 5. Aufl. Rn. 196; MünchKommHGB/von [X.] 2. Aufl. § 74a Rn. 3; vgl. E/B/J/Boecken HGB § 74a Rn. 6). Die Reichweite des Verbots muss sowohl sachlich als auch örtlich und zeitlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein.

bb) [X.]verbote sind dynamisch. Ihre genaue Reichweite steht regelmäßig erst im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers fest. Bis dahin können sich die tatsächlichen Verhältnisse zugunsten beider Parteien immer wieder verändern(vgl. [X.]/[X.] Rn. 190b). Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt, in dem die [X.]enthaltung des Arbeitnehmers eintreten soll und der Arbeitgeber in Anspruch genommen wird ([X.] 28. Januar 1966 - 3 [X.] 374/65 - zu [X.]II 3 c der Gründe, [X.]E 18, 104). Ob berechtigte geschäftliche Interessen das Verbot einer Tätigkeit rechtfertigen und das [X.]verbot insoweit verbindlich ist, kann abhängig von den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten erst zu diesem Zeitpunkt entschieden werden. Es muss ein Zusammenhang bestehen zwischen Inhalt und Umfang des Verbots und der bisherigen Funktion oder Tätigkeit des Arbeitnehmers (vgl. [X.] 1. August 1995 - 9 [X.] 884/93 - [X.]E 80, 303, 306 ff.; [X.] 4. November 2008 - 14 [X.] - Rn. 41; [X.]/[X.] 10. Aufl. § 74a HGB Rn. 2).

cc) Die Frage der unbilligen Fortkommenserschwerung gemäß § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu beurteilen. Maßgeblich sind das Alter des Arbeitnehmers und seine Stellung im Betrieb, die Höhe der Entschädigung, der Umfang des [X.]verbots und die Mobilität der jeweiligen Berufsgruppe([X.]/[X.] Rn. 227; MünchKommHGB/von [X.] § 74a Rn. 11). Es besteht eine Wechselwirkung mit der vereinbarten Entschädigung. Eine großzügige Entschädigung wird eine weitergehende örtliche, zeitliche und gegenständliche Einschränkung der Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers rechtfertigen können ([X.] 18. Februar 1967 - 3 [X.] 290/66 - zu IV 3 der Gründe, [X.]E 19, 267).

dd)§ 74a Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Ein [X.]verbot, das nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses dient, stellt regelmäßig auch eine unbillige Fortkommenserschwerung des Arbeitnehmers dar. In erster Linie kommt es deshalb darauf an, inwieweit das vereinbarte [X.]verbot tatsächlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt ist. Ist dies im Hinblick auf eine dem Verbot unterliegende Tätigkeit nicht der Fall, ist das [X.]verbot insoweit bereits nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB unverbindlich. Besteht ein solches Interesse, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit das [X.]verbot den Arbeitnehmer ausnahmsweise dennoch unbillig behindert.

b) Das vereinbarte [X.]verbot war nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB insoweit unverbindlich, als dem Kläger der Vertrieb von Fenstern und Türen für einen Fachhändler an private und gewerbliche Endkunden untersagt war.

aa) Eine Vertriebstätigkeit auf einer anderen Handelsstufe stellt regelmäßig keine unerlaubte Konkurrenztätigkeit dar, an deren Untersagung ein berechtigtes geschäftliches Interesse durch den vormaligen Arbeitgeber besteht(Senat 8. März 2006 - 10 [X.] 349/05 - Rn. 41, [X.]E 117, 218). Die Beklagte vertreibt ihre Produkte an den Fachhandel und unterhält keine direkten Beziehungen zum Endkunden. Sonderverkäufe an Mitarbeiter sind in diesem Zusammenhang unerheblich, da sie den Vertrieb nicht prägen. Der Kläger ist im Streitzeitraum weder für ein Fenster und Türen herstellendes und deshalb konkurrierendes Unternehmen noch auf der [X.] zwischen Produzent und Fachhändler tätig geworden, wo er seine im Betrieb der [X.] erworbenen Kenntnisse über Kunden, Preise und Vertriebsstrukturen zum Nachteil der [X.] hätte verwenden können. Er hat vielmehr auf der nächsten Handelsstufe Fenster und Türen an Endkunden vertrieben.

bb) Ein berechtigtes geschäftliches Interesse an einer Untersagung der Vertriebstätigkeit im Streitzeitraum resultiert auch nicht aus der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des [X.] für die Beklagte als Marketingleiter und den damit verbundenen Kenntnissen des Vertriebs und der Produkte. Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe befürchten müssen, dass der Kläger einzelne Mitarbeiter der [X.] in Schlüsselpositionen anspricht, um sie zu einem Wechsel zu seinem neuen Auftraggeber zu bewegen, geht das über den Schutzzweck eines [X.]verbots hinaus. Zudem handelt es sich um eine durch konkreten Sachvortrag nicht belegte Vermutung.

4. Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB büßt ein zu weit gefasstes [X.]verbot seine Wirksamkeit nicht insgesamt, sondern nur teilweise ein. Es wird aufgrund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf das erlaubte Maß zurückgeführt([X.] 13. Dezember 1968 - 3 [X.] 434/67 - zu 2 der Gründe, [X.] § 133f Nr. 21 = EzA GewO § 133f Nr. 11; [X.] 30. Januar 2008 - 10 [X.]/07 - NZA-RR 2008, 508; MünchKommHGB/von [X.] § 74a Rn. 20). Die Unwirksamkeit des [X.]verbots in seinem unverbindlichen Teil tritt kraft Gesetzes ein (zutreffend [X.]/[X.] Rn. 222); es findet eine geltungserhaltende Reduktion statt ([X.]/[X.] § 74a HGB Rn. 5). Das [X.]verbot bleibt in dem Umfang wirksam, der dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient.

Rechtsfolge eines teilweise verbindlichen [X.]verbots ist, dass der Arbeitgeber insoweit Unterlassung begehren([X.] 2. Februar 1968 - 3 [X.] 462/66 - zu [X.] der Gründe, [X.] HGB § 74 Nr. 22 = EzA HGB § 74 Nr. 5) wie auch bei Verstößen weitere Ansprüche geltend machen kann (vgl. für eine verwirkte Vertragsstrafe [X.] 13. Dezember 1966 - 3 [X.] 434/67 - [X.] § 133f Nr. 21 = EzA GewO § 133f Nr. 11). Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung, sofern er das [X.]verbot in seinem verbindlichen Teil beachtet (vgl. [X.]/[X.] Rn. 222, 222a; [X.]/[X.] HGB 2. Aufl. § 74a Rn. 20; [X.] HGB 5. Aufl. [X.] § 74a Rn. 4d; MünchKommHGB/von [X.] § 74a Rn. 22).

5.Entgegen der Auffassung des [X.] setzt der Anspruch auf Karenzentschädigung bei einem teilweise verbindlichen und teilweise unverbindlichen [X.]verbot nicht voraus, dass der Arbeitnehmer ein Wahlrecht zugunsten der Einhaltung des [X.]verbots in dem vertraglich vereinbarten Umfang ausübt und das Verbot auch insoweit beachtet, als es für ihn unverbindlich ist.

a) Besteht nach § 74 Abs. 2 HGB ein insgesamt unverbindliches [X.]verbot, hängt der Anspruch auf eine vereinbarte Entschädigung von der Ausübung eines Wahlrechts für die [X.]enthaltung ab([X.] 18. Januar 2000 - 9 [X.] 929/98 -). § 74a Abs. 1 HGB differenziert demgegenüber ausdrücklich zwischen einem verbindlichen und einem unverbindlichen Teil des [X.]verbots.

b) Nach Sinn und Zweck von § 74a Abs. 1 HGB soll das [X.]verbot nur insoweit greifen, wie es dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. [X.] sich der Arbeitnehmer insoweit an das vereinbarte Verbot und trägt er damit diesem Interesse Rechnung, so verhält er sich gesetzeskonform. Er hat dann Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung.

c) Es widerspräche dem Schutzzweck von § 74a Abs. 1 HGB und der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit, wenn der Anspruch auf Entschädigung davon abhängig wäre, dass der Arbeitnehmer sich einer Tätigkeit enthält, die einem berechtigten geschäftlichen Interesse des vormaligen Arbeitgebers nicht zuwiderläuft. Der Arbeitgeber hätte es in der Hand, durch eine weit gefasste [X.] den Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Karenzentschädigung von einer beruflichen Tätigkeit fast beliebig auszuschließen. [X.] würde er die Einhaltung des [X.]verbots auch in Bezug auf den verbindlichen Teil entschädigungslos durchsetzen können, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Bereich des unverbindlichen Teils von einem Verzicht auf die vereinbarte Entschädigung abhängig wäre.

d) Ein anderes Verständnis der Norm verstieße gegen § 75d HGB. Danach kann der Prinzipal sich auf eine Vereinbarung, die von § 74a Abs. 1 HGB abweicht, nicht berufen. Dies wäre aber der Fall, wenn die Zahlung der Entschädigung davon abhinge, dass der Arbeitnehmer sich auch an den unverbindlichen Teil eines vereinbarten [X.]verbots hält.

6. Die Tätigkeit des [X.] im Streitzeitraum verstößt nicht deshalb gegen den verbindlichen Teil des [X.]verbots, weil die [X.] in geringem Umfang selbst Haustüren hergestellt hat. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] vertreibt dieses Unternehmen Fenster und Türen, die sie zum Großteil von der [X.] bezieht. Die - ergänzende - Herstellung einiger weniger Spezialanfertigungen stellt den Charakter als Handelsunternehmen nicht in Frage.

II. Der [X.] besteht in der zuletzt beantragten Höhe. Der Kläger hat im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden monatlich 6.372,20 [X.] brutto verdient. Daraus ergibt sich ein monatlicher Anspruch auf Karenzentschädigung von 3.186,10 [X.] brutto. Im Januar und Februar 2004 ist gem. § 74c Abs. 1 HGB anderweitiger Verdienst von jeweils 2.841,06 [X.] anzurechnen, da der Kläger neben seinen monatlichen Einkünften von 3.404,92 [X.] Überbrückungsgeld iHv. 3.259,46 [X.] bezogen hat und die monatliche Entschädigung unter Hinzurechnung dieser Beträge die zuletzt vom Kläger bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als 1/10 überstiegen hat. Damit besteht im Januar und Februar 2004 ein Anspruch von je 345,04 [X.]. Im Übrigen sind im Streitzeitraum anderweitige Bezüge nach § 74c Abs. 1 HGB nicht anzurechnen.

Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 74b Abs. 1 HGB, § 193, § 187 Abs. 1 BGB. Die Karenzentschädigung war nach § 74b Abs. 1 HGB am Schluss eines jeden Monats fällig. In den Monaten, in denen der Fälligkeitstag auf einen Samstag oder Sonntag fiel, verschob sich die Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag und der Eintritt des Verzugs auf den darauffolgenden Tag(vgl. [X.] 4. Dezember 2002 - 5 [X.] 494/01 - zu IV 4 der Gründe, [X.] EntgeltFG § 3 Nr. 17 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 10; 15. Mai 2001 - 1 [X.] 672/00 - zu II der Gründe, [X.]E 98, 1; [X.] 1. Februar 2007 - III ZR 159/06 - [X.]Z 171, 33).

III. [X.] beruht auf den §§ 91, 92 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

Meta

10 AZR 288/09

21.04.2010

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Trier, 28. Mai 2008, Az: 4 Ca 1725/07, Urteil

§ 74 Abs 1 HGB, § 74 Abs 2 HGB, § 74a Abs 1 S 1 HGB, § 74a Abs 1 S 2 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.04.2010, Az. 10 AZR 288/09 (REWIS RS 2010, 7446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7446

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Referenzen
Wird zitiert von

14 SaGa 9/12

2 Ca 747/22

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