Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.09.2021, Az. 11 W (pat) 32/19

11. Senat | REWIS RS 2021, 2889

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zur Warmumformung und Härtung eines Stahlblechs“ – Rüge der Inlandsvertretervollmacht, die „ins Blaue hinein“ und offensichtlich zur Verschleppung des Rechtsstreits erfolgt, ist missbräuchlich


Leitsatz

"Verfahren zur Warmumformung"

Das Gebot, effektiven Rechtsschutz und ein „faires Verfahren“ zu ermöglichen, verbietet es, an den Nachweis der Inlandsvertretervollmacht übermäßig strenge Anforderungen zu stellen. Es ist in aller Regel ausreichend, dass der anwaltliche Vertreter nur die Urkunde, die ihn unmittelbar gegenüber dem Bundespatentgericht legitimiert, im Original vorlegt. Dies gilt auch in solchen Fällen, in denen die Gegenseite den Mangel der Bevollmächtigung zwar rügt, dies aber nur „ins Blaue hinein“ und offensichtlich nur zu dem Zweck erfolgt, den Rechtsstreit zu verschleppen und die Entscheidung in der Sache zu behindern.

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]. Höchst sowie [X.], Dipl.-Ing. Univ. [X.] und [X.]. Dr. rer. nat. Deibele

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. Juli 2019 aufgehoben und das Patent wird in vollem Umfang widerrufen.

Gründe

I.

1

Auf die am 26. Januar 2005 beim [X.] ([X.]) eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

2

„Verfahren zur Warmumformung und Härtung eines Stahlblechs“

3

am 22. Januar 2015 veröffentlicht worden.

4

Am 22. Oktober 2015 hat die [X.] mit Sitz in [X.] gegen das Patent Einspruch erhoben.

5

Die Einsprechende hat sodann mit [X.] vom 19. Oktober 2019 angezeigt, dass sich ihre „Bezeichnung“ geändert habe und diese nunmehr [X.] laute. Hierbei sei die [X.]… A. I. E. vollständig in die [X.] aufgegangen. Es liege eine Änderung der Rechtsform mit Gesamtrechtsnachfolge vor. Als Beleg hierfür hat die Einsprechende in Kopie einen beglaubigten [X.] aus dem Handelsregister der [X.] (nebst [X.] Übersetzung) vorgelegt, in dem ausgesagt wird, dass auf der Grundlage einer notariell erstellten Urkunde am 22. Januar 2019 „la transformación de („the change from“) „[X.]… INTERES ECONOMICO en A… SOCIEDAD LIMITADA“ im Register eingetragen worden sei.

6

[X.] hat in der Anhörung vor der [X.] des [X.] vorgetragen, es sei kein Nachweis für eine Gesamtrechtsnachfolge und damit auch nicht für einen Übergang der [X.]stellung auf die [X.] erbracht worden. Es werde zudem gerügt, dass der anwaltliche Vertreter der [X.] über keine Vollmacht verfüge. Im [X.] an die Anhörung hat die [X.] beschlossen, dass (1.) die [X.]stellung auf die [X.] übergegangen ist und (2.) dass das Patent in einem geänderten Umfang mit den als Hilfsantrag 2 dem [X.] vom 3. Juli 2017 beigefügten geänderten Patentansprüchen 1 bis 10 mitsamt daran angepasster geänderter Beschreibung und ursprünglicher [X.]ur beschränkt aufrechterhalten wird.

7

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der [X.] vom 29. August 2019.

8

Die Einsprechende hat den Antrag gestellt,

9

den Beschluss der [X.] des [X.]s vom 17. Juli 2019 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Ihr Vorbringen stützt die Einsprechende u. a. auf die in der Beschwerdebegründung vom 10. Januar 2019 genannte Druckschrift [X.]:

[X.], [X.], "Eigenschaftsoptimierung durch gezielte [X.], integriert in eine [X.]", veröffentlicht in „Geschlossene Prozessketten vom Halbzeug zum Bauteil: 8. [X.] Fachtagung Umformtechnik“, 2001, Seiten 176-190, [X.]: 3-86012-158-8 (mit [X.]: Inhaltsverzeichnis des Konferenzbandes; [X.]b: Dokumentinformationen zu [X.] von [X.] Technik und Naturwissenschaften und Universitätsbibliothek; [X.]: [X.] zur Stahlsorte 20MoCrS4 aus [X.]).

[X.] hat den Antrag gestellt,

die Beschwerde zurückzuweisen sowie hilfsweise das Patent unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde mit den Unterlagen folgender [X.] beschränkt aufrechtzuerhalten:

1. Patentansprüche 1 bis 9 und Beschreibungsseiten 1 bis 5 gemäß dem früheren [X.] aus dem [X.] vom 3. Juli 2017 nebst [X.]ur 1 gemäß Patentschrift;

2. Patentansprüche 1 bis 9 gemäß dem früheren [X.], wie am 17. Juli 2019 in der Anhörung überreicht, Beschreibungsseiten 1 bis 5 zum früheren [X.] aus dem [X.] vom 14. Mai 2020 sowie [X.]ur 1 gemäß Patentschrift;

3. Patentansprüche 1 bis 9 gemäß dem früheren [X.], wie am 17. Juli 2019 in der Anhörung überreicht, Beschreibungsseiten 1 bis 5 zum früheren [X.] aus dem [X.] vom 14. Mai 2020 sowie [X.]ur 1 gemäß Patentschrift.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag (von der [X.] beschränkt aufrechterhaltene Fassung) mit hinzugefügter Gliederung hat folgenden Wortlaut:

[X.] Verfahren zur Warmumformung und Härtung eines härtbaren Stahlblechs,

M2 bei dem zunächst eine austenitisierende Erwärmung des Stahlblechs über den [X.] Punkt erfolgt,

M3 wobei das Verfahren weiterhin eine Umformung und eine Abkühlung des Stahlblechs umfasst,

[X.] wobei nach der austenitisierenden Erwärmung zunächst eine Abkühlung des Stahlblechs auf Temperaturen im Bereich von 400[X.] bis 600[X.] vorgesehen ist und

[X.] erst nach Erreichen dieses [X.] eine Umformung des Stahlblechs zum Formteil erfolgt,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] die [X.] und Umformung so erfolgt, dass weder das [X.], noch das Perlit - noch das [X.] erreicht wird,

[X.] und dass nach Abkühlung und Erreichen des [X.] 400[X.] bis 600[X.] eine Umformung erfolgt, bis sich ein Zwischenstufengefüge einstellt.

Die Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht der nach Hauptantrag, wobei Merkmal [X.] folgenden Wortlaut erhält:

[X.] „und dass nach Abkühlung und Erreichen des [X.] 400[X.] bis 600[X.] eine im Wesentlichen [X.] Umformung erfolgt, bis sich ein Zwischenstufengefüge einstellt.“

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 mit hinzugefügter Gliederung hat folgenden Wortlaut:

[X.]‘ Verfahren zur Warmumformung und Härtung eines härtbaren Stahlblechs als Feinblech für Karosserieteile,

[X.] bei dem zunächst eine austenitisierende Erwärmung des einen C-Gehalt von 0,1 % bis 0,3 % aufweisenden Stahlblechs über den [X.] Punkt erfolgt,

M3 wobei das Verfahren weiterhin eine Umformung und eine Abkühlung des Stahlblechs umfasst,

[X.] wobei nach der austenitisierenden Erwärmung zunächst eine Abkühlung des Stahlblechs auf Temperaturen im Bereich von 400[X.] bis 600[X.] vorgesehen ist und

[X.] erst nach Erreichen dieses [X.] eine Umformung des Stahlblechs zum Formteil erfolgt,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] die [X.] und Umformung so erfolgt, dass weder das [X.], noch das Perlit - noch das [X.] erreicht wird,

[X.] und dass nach Abkühlung und Erreichen des [X.] 400[X.] bis 600[X.] eine im Wesentlichen [X.] Umformung erfolgt, bis sich ein Zwischenstufengefüge einstellt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mit hinzugefügter Gliederung hat folgenden Wortlaut:

[X.] Verfahren zur Warmumformung und Härtung eines härtbaren Stahlblechs,

[X.]‘ bei dem zunächst eine austenitisierende Erwärmung des einen C-Gehalt von 0,1 % bis 0,3 % aufweisenden Stahlblechs, das ein Feinblech für Karosserieteile ist, über den [X.] Punkt erfolgt,

M3 wobei das Verfahren weiterhin eine Umformung und eine Abkühlung des Stahlblechs umfasst,

[X.] wobei nach der austenitisierenden Erwärmung zunächst eine Abkühlung des

Stahlblechs auf Temperaturen im Bereich von 400[X.] bis 600[X.] vorgesehen ist und

[X.] erst nach Erreichen dieses [X.] eine Umformung des Stahlblechs zum Formteil erfolgt,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] die [X.] und Umformung so erfolgt, dass weder das [X.], noch das Perlit - noch das [X.] erreicht wird,

[X.] und dass nach Abkühlung und Erreichen des [X.] 400[X.] bis 600[X.] eine im Wesentlichen [X.] Umformung erfolgt, bis sich ein Zwischenstufengefüge einstellt.

Der Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag lautet:

„Verwendung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8 zur thermomechanischen Niedertemperatur-Behandlung von [X.].“

Gleichlautend ist Patentanspruch 8 gemäß den [X.] 1 bis 3 mit einem Bezug auf einen der Ansprüche 1 bis 7.

Der Patentanspruch 10 gemäß Hauptantrag lautet:

„Verwendung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8 zur

thermomechanischen Niedertemperatur-Behandlung von [X.] für Karosserieteile.“

Gleichlautend ist Patentanspruch 9 gemäß den [X.] 1 bis 3 mit einem Bezug auf einen der Ansprüche 1 bis 7.

Zum Wortlaut der [X.] der jeweiligen Anträge wird auf die Akten verwiesen.

Im Übrigen hat die Patentinhaberin daran festgehalten, dass es aufseiten der [X.] nach wie vor am Nachweis einer Gesamtrechtsnachfolge mangele, und sie hat wiederholt die mangelnde Vollmacht des anwaltlichen Vertreters der [X.] gerügt. [X.] ist der Auffassung, dass die bisherige Einsprechende durch eine andere ersetzt worden sei. Eine Gesamtrechtsnachfolge, die dies grundsätzlich zuließe, sei aber nicht erfolgt, was sich unmittelbar anhand des von der [X.] vorgelegten Auszugs aus dem Handelsregister der [X.] belegen ließe. Eine Gesamtrechtsnachfolge würde im [X.] als „sucesión universal“ oder als „sucesión a título universal“ bezeichnet werden, während im [X.] lediglich der Begriff „transformación“ auftauche, der zudem in der [X.] Übersetzung in nichtssagender Weise mit „change“ übersetzt worden sei.

Der Senat hat die Beteiligten mit [X.] vom 27. Juli 2020 auf die amtliche Bekanntmachung im „[X.] [X.] DEL [X.] [X.] vom 31. Januar 2019, Seite 4833, Nr. 44099, hingewiesen, mit der die am 22. Januar 2019 im Register eingetragene „transformación“ publiziert worden war. Hiernach handele es sich bei dem von der „[X.]… [X.] ECONOMICO“ zur „A… SOCIEDAD LIMITADA“ erfolgten Wechsel um eine „denominación y forma adoptada“, also offensichtlich nur um eine Namens- und Rechtsformänderung. Die Rechtspersönlichkeit der [X.] habe sich daher im Laufe des Verfahrens nicht geändert, weshalb sich die Frage einer Gesamtrechtsnachfolge und eines Übergangs der Verfahrensbeteiligung überhaupt nicht stelle.

[X.] hat hierauf vorgetragen, in der vorgelegten, amtlichen Bekanntmachung im „[X.] [X.] DEL [X.] [X.] vom 31. Januar 2019 tauche in erster Linie der Begriff „transformatión de sociedad“ auf, der nicht ausschließe, dass mit der [X.] wesentlich „mehr“ geschehen sei, als nur eine Namens- und Rechtsformänderung.

Der anwaltliche Vertreter der [X.] hat mit Eingabe vom 22. September 2020 im Original eine neue, von der [X.] ausgestellte Inlandsvertretervollmacht vorgelegt, die am 7. September 2020 von einem Herrn „D… / Attorney - [X.]“ unterzeichnet  worden war. In der später vor dem erkennenden Senat stattgefundenen mündlichen Verhandlung hat der anwaltliche Vertreter in Kopie einen [X.] aus dem [X.] [X.] [X.] vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass dort am 17. März 2014 die Wiederwahl eines [X.] zum „Presidente“ der [X.]… A. I. E. eingetragen worden war; darüber hinaus hat der anwaltliche Vertreter in Kopie auch eine am 8. März 2016 erstellte, auf die [X.]… A. I. E. bezogene, notarielle Urkunde (nebst [X.] Übersetzung) über die Bevollmächtigung des Herrn D… durch [X.] vorgelegt, wobei aus Abschnitt III. der Urkunde zusätzlich hervorgeht, dass Herr D… auch zur Erteilung von Untervollmachten ermächtigt worden ist. In Ergänzung hierzu hat der anwaltliche Vertreter der [X.] außerdem zu Protokoll anwaltlich versichert, dass er seine Bevollmächtigung geprüft habe und über eine Inlandsvertretervollmacht verfüge.

[X.] hat an ihrer Vollmachtsrüge festgehalten und erklärt, sie bleibe dabei, dass die hier als Einsprechende auftretende [X.] weder hinsichtlich ihrer Verfahrensbeteiligung noch hinsichtlich der Bevollmächtigung des anwaltlichen Vertreters ausreichende Nachweise vorgelegt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

A.

Die Beschwerde ist zulässig.

1. Die [X.] ist beschwerdebefugt.

Die [X.] ist nach wie vor die am vorliegenden Verfahren beteiligte Einsprechende und hat somit auch die vorliegende Beschwerde mit entsprechender Befugnis erhoben. Dies ergibt sich eindeutig aus den von der [X.] vorgelegten [X.], wonach die [X.] durch einen Namens- und [X.] - also ohne Änderung der Rechtspersönlichkeit (vgl. [X.], Urteil v. 10.07.2013, [X.]. 4 Ni 8/11, GRUR 2014, 104 [Leitsatz], BeckRS 2013, 12865) - aus der [X.]… A. I. E. hervorgegangen ist. Die amtliche Bekanntmachung im „[X.] [X.] DEL [X.] [X.] vom 31. Januar 2019, Seite 4833, Nr. 44099, ist eindeutig. Danach ist am 22. Januar 2019 eine „Transformación de sociedad“ (Änderung/Umwandlung der Gesellschaft) ins Handelsregister eingetragen worden, bei der es sich konkret um eine „Denominación y forma adoptada“, also (lediglich) um einen identitätswahrenden Formwechsel mit Änderung der Rechtsformbezeichnung gehandelt hat. Die dort veröffentlichten Registerdaten decken sich vollinhaltlich sowohl mit denen, die in dem in Kopie vorgelegten, beglaubigten [X.] aus dem Handelsregister der [X.] enthalten sind, den die Einsprechende bereits erstinstanzlich mit [X.] vom 19. Juni 2019 vorgelegt hatte, als auch mit jenen Daten, die sich auf Seite 10 des [X.]s aus dem „[X.] [X.] [X.]“ befinden, die die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreicht hat. Hiernach besteht überhaupt kein Anlass, die [X.]stellung der [X.] hier in irgendeiner Weise in Zweifel zu ziehen.

Im Gegensatz zum erkennenden Senat, der nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl die ausländischen Registereintragungen als auch die sich hieraus ergebende, vorstehend genannte Rechtslage nach [X.] Recht geprüft hat (vgl. zu dieser Befugnis: [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., § 293 Rn. 20), hat sich die Patentinhaberin im Wesentlichen darauf beschränkt, Ausführungen zu machen, für die der Sachverhalt keinen Raum gibt und die auch im Übrigen neben der Sache liegen.

[X.] gerät bereits insoweit auf Abwege, als sie meint, Bekanntmachungen aus öffentlichen Registern, insbesondere die vom erkennenden Senat ins Verfahren eingeführte Bekanntmachung des „[X.] [X.] DEL [X.] [X.] vom 31. Januar 2019, seien überhaupt nicht geeignet und auch nicht dafür vorgesehen, für Verfahren, wie sie das vorliegenden Einspruchs- bzw. Einspruchsbeschwerdeverfahrens darstellten, ausreichende Daten zu liefern. Richtig ist vielmehr, dass das genannte, amtliche „[X.]“ für das vorliegende Verfahren die entscheidungsrelevanten Daten liefert und seine Funktion gerade in dieser Eignung besteht. Das weitgehende Unverständnis der Patentinhaberin über die Funktion der ins vorliegenden Verfahren eingeführten, aus dem genannten „[X.]“ vom 31. Januar 2019 stammenden Bekanntmachung zeigt sich auch insoweit, als sie dort das Fehlen eines Hinweises auf eine Gesamtrechtsnachfolge o. dgl. - wie etwa „sucesión universal“ oder „sucesión a título universal“ - bemängelt und hieraus irgendwelche Rückschlüsse ziehen möchte. Öffentliche Register sind weder geeignet noch dafür vorgesehen, die in ihnen gesammelten Daten in irgendeiner Weise zu kommentieren oder zu erläutern.

Letztlich an der Sache vorbei geht auch der Vortrag der Patentinhaberin, dass der in der genannten, amtlichen Bekanntmachung enthaltene, einleitende Hinweis, es habe bei der [X.]… A. I. E. eine „transformatión de sociedad“ stattgefunden, nicht ausschließe, dass aufseiten der [X.] „mehr“ als nur eine Namens- und Rechtsformänderung stattgefunden habe und deshalb zwingend eine Überprüfung anhand der die Umwandlung betreffenden Dokumente vorgenommen werden müsse. Der Vortrag macht keinen Sinn, weil die Patentinhaberin gleichzeitig einräumen müsste, dass im Zweifel auch jede andere, bekannte Form einer „transformatión de sociedad“ zu einem Übergang der [X.]stellung geführt hätte.

2. Inlandsvertreterbestellung

Die auswärtige Einsprechende hat im Sinne von § 25 Abs. 1 [X.] wirksam einen Inlandsvertreter bestellt und kann daher auch insoweit das vorliegende Beschwerdeverfahren betreiben.

a) Die Einsprechende hat ausreichende Nachweise dafür vorgelegt, dass der im vorliegenden Verfahren für sie auftretende anwaltliche Vertreter von ihr als Inlandsvertreter bevollmächtigt wurde.

Die vom anwaltlichen Vertreter im Original vorgelegte Inlandsvertretervollmacht vom 7. September 2020, die von einem Herrn „D… / Attorney – [X.]“ unterzeichnet worden ist, stellt in Verbindung mit dem in Kopie vorgelegten [X.] aus dem [X.] [X.] [X.] und mit der in Kopie vorgelegten, auf die [X.]… A. I. E. bezogene, notarielle Urkunde vom 8. März 2016 über die Bevollmächtigung des Herrn D… durch [X.], der zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer der [X.]… A. I. E. war, einen ausreichenden Nachweis über dessen Bevollmächtigung dar. Der erkennende Senat hat anhand der vorgelegten Belege keinerlei Zweifel, dass der anwaltliche Vertreter der [X.] über eine Inlandsvertretervollmacht verfügt. Unter diesen Umständen von der [X.] zu verlangen, die Bevollmächtigungskette, die zu ihrem anwaltlichen Vertreter führt, lückenlos mit [X.] zu belegen, würde die Einsprechende in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzen. Das Gebot, effektiven Rechtsschutz und ein „faires Verfahren“ zu ermöglichen, verbietet es einem Gericht auch, durch übermäßig strenge Anforderungen beim [X.], die Durchsetzung materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen (vgl. zuletzt: [X.] in NJW 2021, 2505). Im vorliegenden Fall kommt es zwar nicht mehr darauf an, dass der anwaltliche Vertreter der [X.] in der mündlichen Verhandlung zusätzlich anwaltlich versichert hat, dass er seine Bevollmächtigung geprüft habe und über eine Inlandsvertretervollmacht verfüge. Generell erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass durch eine solche Glaubhaftmachung etwaige an einer Bevollmächtigung noch bestehen gebliebene, geringe Zweifel ausgeräumt werden können.

b) Die vorstehend zitierten Anforderungen an den [X.] haben sich nicht dadurch erhöht, dass die Patentinhaberin den Mangel der Inlandsvertretervollmacht gerügt hat. Dies folgt aus dem Umstand, dass diese Einrede offensichtlich nur dazu gedient hat, die Entscheidung des Senats in der Sache zu verzögern. Anders ist nicht zu erklären, weshalb die Patentinhaberin über zwei Instanzen hinweg lediglich „ins Blaue hinein“ und ohne sachlichen Anlass - wie im Übrigen auch bei der Frage der Verfahrensbeteiligung der [X.] - versucht hat, die offensichtlich ordnungsgemäße Bevollmächtigung des anwaltlichen Vertreters der Gegenseite in Zweifel zu ziehen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Rüge des Mangels der Prozessvollmacht auch einem [X.] unterliegt (vgl. [X.], Urteil v. 28.08.2003, [X.]. 8 U 13/03, [X.] kompakt 2004, 30 ff.; BeckRS 2003, 30326732). In patentamtlichen und -gerichtlichen Verfahren besteht zwar die Besonderheit, dass dort die Notwendigkeit, einen Inlandsvertreter zu bestellen, durch § 25 [X.] als Verfahrensvoraussetzung ausgestaltet worden ist (vgl. Busse/Keukenschrijver, [X.], 9. Aufl., § 25 Rn. 13); dies ändert jedoch nichts daran, dass die genannte Rüge auch in patentamtlichen Verfahren missbräuchlich ist, wenn sie nur „ins Blaue hinein“ und offensichtlich nur zu dem Zweck erfolgt, den Rechtsstreit zu verschleppen und die Entscheidung in der Sache zu behindern (vgl. Musielak/Voit/[X.], ZPO, 17. Aufl., § 88 Rn. 4). Der Verstoß gegen das [X.] führt zwar nicht zur Zurückweisung der Rüge (vgl. Musielak/Voit/[X.], a. a. [X.]), allerdings gilt, dass der die [X.] keine weiteren Vorteile aus ihr ziehen und die Gegenseite wegen einer solchen Rüge insbesondere nicht mit höheren Nachweisanforderungen belastet werden darf (vgl. oben [X.], Urteil v. 28.08.2003, a. a. [X.]).

B.

In der Sache ist die Beschwerde begründet und sie führt zum vollständigen Widerruf des Patents.

1. Verständnis und Auslegung

a) [X.] betrifft ein Verfahren zur Warmumformung und Härtung eines härtbaren Stahlblechs, bei dem zunächst eine austenitisierende Erwärmung des Stahlblechs über den [X.] erfolgt, wobei das Verfahren weiterhin eine Umformung und eine Abkühlung des Stahlblechs umfasst (vgl. Abs. [0001]; Anspruch 1). Als weiterer Gegenstand des Streitpatents wird die Verwendung eines Verfahrens der vorgenannten Art zur thermomechanischen Niedertemperatur-Behandlung von [X.], insbesondere für Karosserieteile genannt (vgl. Abs. [0009]; erteilte Ansprüche 10, 11).

In der Beschreibungseinleitung ist ausgeführt, dass bei den bislang bekannten [X.] und Umformverfahren zur Herstellung hochfester Blechformteile in der Regel so vorgegangen werde, dass im [X.] an eine austenitisierende Erwärmung des Stahlblechs bei hohen Temperaturen die Umformung beginne und anschließend eine Abkühlung bis in das [X.] erfolge. Dieses bekannte Verfahren werde auch als Hochtemperatur-Thermomechanische Behandlung mit martensitischer Härtung (H[X.]) bezeichnet. Nach diesem Verfahren hergestellte Karosserieteile, insbesondere aus Feinblech, hätten vergleichsweise ungünstige [X.], würden starke Verzunderung oder Wärmeverzug aufweisen und ließen sich nur mit vergleichsweise hohem [X.] weiterverarbeiten (vgl. Abs. [0002]). Der [X.] ergebe sich bei den bekannten Verfahren dadurch, dass eine Abkühlung um ca. 600[X.] (von etwa 900[X.] auf etwa 300[X.]) bei jedem Umformvorgang erfolge und das Werkzeug daher einer großen Temperaturwechselfolge ausgesetzt sei (vgl. Abs. [0006]).

Die zu lösende Aufgabe bestehe darin (vgl. [X.] [0003]), ein Verfahren zur Warmumformung und Härtung von Stahlblechen zur Verfügung zu stellen, welches zu besseren Produkteigenschaften führe und insbesondere ein Beschneiden umgeformter Stahlbleche mit geringerem Verschleiß ermögliche.

b) Als mit der Lösung dieser Aufgabe betrauter Fachmann ist ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Maschinenbau anzusehen, der über mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der umformtechnischen Fertigung von Bauteilen aus Stahlblech verfügt; dieser kennt insbesondere die Methoden des indirekten Formhärtens und des direkten Presshärtens sowie die Vorrichtungen dafür. Zu werkstofftechnischen Fragen zieht er im Bedarfsfall einen auf diesem Gebiet sachkundigen Werkstoff- oder Metallkundler zu Rate. Von ihm können Fachwissen über die erforderliche Verfahrensführung zur Einstellung des gewünschten Stahlgefüges und Kenntnisse über die ablaufenden mechanischen und stofflichen Vorgänge während des kombinierten [X.] und Formgebungsprozess von Stahlwerkstoffen sowie die Konstruktion von entsprechenden Vorrichtungen zur Durchführung des Verfahrens erwartet werden. Insbesondere kennt er auch die ablaufenden stofflichen Umwandlungsprozesse des Stahlgefüges im Zeit-Temperatur-Verlauf.

c) Aus Sicht des vorstehend definierten Fachmanns ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß den von der Patentinhaberin verteidigten Fassungen in seinen Grundzügen demnach wie folgt zu verstehen:

c1) Hauptantrag und Hilfsantrag 1

Die Merkmale [X.] bis [X.] des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 beschreiben die typischen Verfahrensschritte eines direkten Verfahrens zum Presshärten eines Stahlblechs. Hierbei werden die umzuformenden Stahlbleche durch Erwärmung auf eine Temperatur oberhalb [X.] austenitisiert, anschließend in einem Presswerkzeug umgeformt (sog. Warmumformen) und im Werkzeug abgekühlt und gehärtet. Gemäß der Merkmale [X.] und [X.] des Oberbegriffs soll nach der austenitisierenden Erwärmung zunächst eine Abkühlung des Stahlblechs auf eine Temperatur im Bereich von 400[X.] bis 600[X.] erfolgen und erst nach Erreichen dieses [X.] eine Umformung des Stahlblechs zum Formteil vorgenommen werden.

Im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 wird die [X.] und der Verlauf der Umformung definiert. Dabei ist gefordert, dass bei durch die Verfahrensführung eintretenden, das Stahlgefüge betreffenden [X.] weder das [X.], noch das Perlit- und noch das [X.] erreicht wird (Merkmal [X.]). Damit ist festgelegt, dass kein Härten im üblichen Sinn mit einer [X.] angestrebt wird. Des Weiteren wird die Verfahrensführung dahingehend präzisiert, dass nach Abkühlung und Erreichen des [X.] 400[X.] bis 600[X.] eine Umformung erfolgt, bis sich ein Zwischenstufengefüge einstellt (Merkmal [X.]). Gemäß den [X.] erfolgt die Umwandlung im Wesentlichen isotherm. Dabei ist eine [X.] Umformung als thermodynamische Zustandsänderung aufzufassen, bei der die Temperatur unverändert bleibt. Es ist festzuhalten, dass schon die Formulierung „…im Wesentlichen [X.] Umformung…“ in Merkmal [X.] bei der Verfahrensführung durch die Unschärfe einen breiten Spielraum lässt. In weiterem Maße gilt dies entsprechend Merkmal 7H, das keinerlei Einschränkung hinsichtlich der [X.] innerhalb des [X.] fordert. Das Zwischenstufengefüge, auch als [X.] bezeichnet, bildet sich bei Temperaturen und [X.] die zwischen denen für die Perlit- und die [X.] liegen und besteht, ebenso wie Perlit, aus den Phasen Ferrit und Zementit (Fe3C), unterscheidet sich aber vom Perlit in Form, Größe und Verteilung. Temperaturführung und Abkühlgeschwindigkeiten zum Einstellen des Gefüges sind von der Stahlsorte abhängig. Die Angabe „… bis sich ein Zwischenstufengefüge einstellt.“ im Merkmal [X.] bzw. [X.] lässt offen, wann die Umformung abgeschlossen sein soll, weil sie alle Zustände zwischen Beginn und Abschluss der Gefügeumwandlung umfasst.

c2) [X.] 2 und 3

Da im vorliegenden Patentanspruch 1 gemäß der verteidigten Fassungen keine spezielle Stahlsorte definiert ist, lediglich im Patentanspruch 1 gemäß den [X.] 2 und 3 als einziger Bestandteil der Kohlenstoffgehalt im gebräuchlichen Anteilsbereich von 0,1 bis 0,3 % benannt ist (Merkmale [X.] bzw. [X.]‘), kann zur Beurteilung der vorliegenden Bereiche für die verschiedenen Gefüge, die bei einer Warmumformung von Stahlblechen abhängig vom Temperaturverlauf auftreten, lediglich ein schematisches, aus dem Stand der Technik hinlänglich bekanntes Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagramm („[X.]“ bzw. „[X.]“; vgl. auch [X.]. 1 Streitpatent) herangezogen werden:

Abbildung

In [X.]. 1 des Streitpatents sind die Gefügegebiete (12: [X.]; 14: [X.]; 18: [X.]; 19: [X.]) sowie die [X.] Umformung (Temperaturlinie 11) in das [X.] (17: [X.]gebiet) dargestellt.

Neben der Einfügung des [X.] wurde im Vergleich zum Hilfsantrag 1 im Merkmal [X.]‘ des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 bzw. im Merkmal [X.]‘ nach Hilfsantrag 3 präzisiert, dass das Stahlblech als Feinblech in Karosserieteilen einsetzbar ist.

2. Zulässigkeit und Ausführbarkeit

Die Patentansprüche der verteidigten Fassungen sind zulässig und die schutzbeanspruchten Gegenstände sind auch ausführbar.

In den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 wurden im Vergleich zur erteilten Fassung Merkmale der ursprünglichen bzw. erteilten Patentansprüche 4 und 5 aufgenommen.

In Hilfsantrag 2 wurden im Vergleich zu Hilfsantrag 1 in den Oberbegriff des Patentanspruchs 1 zusätzlich die Merkmale „… als Feinblech für Karosserieteile …“ und „… einen C-Gehalt von 0,1 % bis 0,3 % aufweisenden …“ aufgenommen. Diese Merkmale gehen zurück auf Abs. [0004] und [0009] des Streitpatents bzw. Seite 1, letzter Absatz und Seite 3, 2. Absatz der ursprünglichen Beschreibung. Im Hilfsantrag 3 sind diese zusätzlichen Präzisierungen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 zur Merkmalsgruppe „… einen C-Gehalt von 0,1 % bis 0,3 % aufweisenden Stahlblechs, das ein Feinblech für Karosserieteile ist, …“ umformuliert.

Die in den jeweils vorliegenden Fassungen der Anspruchsätze verbliebenen nebengeordneten bzw. untergeordneten Ansprüche entsprechen den betreffenden erteilten nebengeordneten bzw. untergeordneten Ansprüchen.

Im [X.] vom 22. Oktober 2015 bzw. in der Beschwerdebegründung vom 10. Januar 2020 macht die Einsprechende geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann diesen ausführen könne. Insbesondere aufgrund der Vielzahl von Parametern, welche das Stahlgefüge beeinflussten, sei es dem Fachmann aus der technischen Lehre des Streitpatents nicht möglich, die genannten Vorteile des Verfahrens zu erreichen. Dieses Vorbringen der [X.] vermag allerdings nicht zu überzeugen.

So sind dem jeweiligen Patentanspruch 1 eindeutige Verfahrensanweisungen zu entnehmen, bei welchen Temperaturen bzw. innerhalb welcher Temperaturbereiche ein härtbares Stahlblech zu erwärmen, abzukühlen und umzuformen ist. Darüber hinaus ist in Bezug auf die [X.] und Umformung definiert, welche Gefügebereiche gemieden werden müssen bzw. einzustellen sind. Des Weiteren kann der Fachmann der Beschreibung zusätzliche Details in Bezug auf den Kohlenstoffgehalt des Stahls, als auch auf die Verfahrensführung entnehmen (vgl. Abs. [0004], sowie [0012], [0013] i. V. m. mit [X.]. 1). Auch gehören hier Versuche zur Anwendung der technischen Lehre der Streitpatentschrift zum Tätigkeitsspektrum des Fachmanns. Solche Versuche stellen die Ausführbarkeit nicht in Frage (vgl. [X.], [X.], 10. Auflage, § 21 Rn. 27 i. V. m. § 34 Rn. 358, 414).

3. Patentfähigkeit

a) Die zweifellos gewerblich anwendbaren Gegenstände der Patentansprüche 1, 9 und 10 des [X.] und der Patentansprüche 1, 8 und 9 der [X.] 1 bis 3 mögen neu sein (§§ 1, 3 [X.]). Sie beruhen jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§§ 1, 4 [X.]).

a1) Entgegen den Ausführungen der Patentinhaberin in der Eingabe vom 14. Mai 2020 ist die Druckschrift [X.] als relevanter Stand der Technik heranzuziehen. So ist der Beitrag in einem gedruckten Tagungsband veröffentlicht worden (veröffentlicht in Tagungsband „Geschlossene Prozessketten vom Halbzeug zum Bauteil: 2001, Seiten 176-190, [X.]: 3-86012-158-8), der auch über Fernleihe erhältlich ist, wie von der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom 2. September 2021 demonstriert wurde. Darüber hinaus ist der Beitrag über ein Informationszentrum auffindbar und zugänglich ([X.] Technik und Naturwissenschaften und Universitätsbibliothek). Somit ist die technische Lehre aus [X.] der Öffentlichkeit seit der 8. [X.]n Fachtagung Umformtechnik am 04./05.12.2001 und damit mehr als drei Jahre vor dem Zeitrang des Streitpatents zugänglich gewesen.

a2) In Druckschrift [X.] wird ein Verfahren zur Warmumformung und Härtung von Stahlwerkstoffen beschrieben ([X.] [X.]), wobei für die durchgeführten Versuche eine Probengeometrie entwickelt wurde mit dem Ziel, einen möglichst homogenen Bereich des thermomechanischen Werkstoffs im aktiven Bereich der Probe zu gewährleisten (vgl. Seite 179; Bild 2). Im Einklang mit dem Streitpatent beinhaltet das in Druckschrift [X.] offenbarte Verfahren (vgl. insb. wiedergegebene [X.]. 4)

Abbildung

Bild 4 aus Druckschrift [X.]:

Temperatur-Zeitdiagramm des Prozessablaufes

eine austenitisierende Erwärmung der [X.] über den [X.] Punkt (Merkmal M2; vgl. Seite 180, letzter Absatz), sowie eine Umformung und eine Abkühlung der [X.] (Merkmal M3; vgl. [X.]. 1, Verfahren D). Nach der austenitisierenden Erwärmung auf eine Temperatur von 910[X.] erfolgt eine Abkühlung der [X.] auf eine Temperatur von 470[X.] und liegt somit im Bereich von 400[X.] bis 600[X.]. (Merkmal [X.]; vgl. [X.]. 1, Verfahren D). Nach Erreichen dieser Temperatur von 470[X.], findet eine Umformung statt (Merkmal [X.]; vgl. [X.]. 1, Verfahren D, Verformung bis φ=0,7; Bild 4). Dem dargestellten [X.] ist deutlich zu entnehmen, dass bei dieser Verfahrensführung weder das [X.], das Perlit- noch das [X.] erreicht wird (Merkmal [X.]; vgl. Bild 4, schwarze Linie, Gebiete F, P, und M), so dass der Behauptung der Patentinhaberin aus der Eingabe vom 14. Mai 2020, dass in [X.] keinerlei Hinweis auf diesen Umstand enthalten sei, offensichtlich neben der Sache liegt. Darüber hinaus zeigt das [X.] entgegen den Darlegungen der Patentinhaberin auch, dass sich nach der Abkühlung auf 470[X.] durch Umformung ein Zwischenstufengefüge ([X.]) einstellt. Der Fachmann erkennt aus [X.]elle 1, D „[X.]“ der Druckschrift [X.], dass zunächst eine Abkühlung auf 470[X.] erfolgt, bevor die Umformung stattfindet (Verformung bis φ = 0,7). Dies wird zusätzlich verdeutlicht durch die Auflistung der Verfahrensparameter des Verfahrens B „Warmumformung“, das sich grundsätzlich vom Verfahren D „[X.]“ unterscheidet und bei dem die Umformung (Verformung bis φ = 0,7) bei 910[X.] durchgeführt wird, bevor die Abkühlung auf 470[X.] vollzogen wird. Des Weiteren erschließt sich dem Fachmann aus [X.] die zur Präzisierung der Umformung im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 aufgenommene Formulierung „… im Wesentlichen [X.] (Umformung) …“, die eine breite Auslegung zulässt (vgl. Ausführungen unter [X.])). So entnimmt der Fachmann [X.]elle 1 i. V. m. Bild 4 (vgl. Bild 4, schwarze Linie) den Verlauf einer [X.]n Umformung, wobei zusätzlich im erläuternden Text darauf hingewiesen wird, dass das [X.] Halten dieser Temperatur auch nach der Umformung ein feinkörniges Endgefüge des [X.]s mit feinst dispergierten [X.] sichert (Merkmal [X.]; vgl. Seite 182, 1. Absatz, Zeilen 4-5; Bild 4, [X.]). Der Einwand der Patentinhaberin in der Eingabe vom 14. Mai 2020, dass [X.], welche Temperatur nach dem Umformen vorliege, trifft erkennbar nicht zu.

Demnach unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 allenfalls dadurch von dem bekannten Verfahren, das anhand einer Probe beschrieben wird, dass ein Stahlblech einer Warmumformung und Härtung unterzogen wird (Teile des Merkmals [X.]).

Entgegen der von der Patentinhaberin vertretenen Auffassung liegt es nahe, dieses Verfahren auch bei Stahlblechen heranzuziehen. Der Einwand der Patentinhaberin in ihrer Eingabe vom 14. Mai 2020, dass in Druckschrift [X.] kein Bearbeitungsverfahren für ein Stahlblech, sondern nur ein Massivumformverfahren beschrieben sei, ist falsch. So erschließt sich dem Fachmann aus der einleitenden Einführung, dass das in Druckschrift [X.] beschriebene Verfahren nicht nur zur thermomechanischen Behandlung von Langprodukten oder Massivformteilen geeignet ist, sondern er erhält den unmissverständlichen Hinweis, das Verfahren auch bei [X.], wie beispielsweise Blechen für die Automobilindustrie anzuwenden (vgl. Seite 177, Absätze 1 und 4). Aus dem Gesamtzusammenhang der technischen Lehre aus [X.] erkennt der Fachmann darüber hinaus, dass die spezielle, homogene Probengeometrie für eine Versuchsreihe konstruiert wurde, die den Einfluss verschiedener Kombinationen der thermomechanischen Behandlung ([X.]) in der Prozesskette auf die Endeigenschaften des Werkstoffs untersuchen soll (vgl. Seite 179, 3. Absatz; Seite 180). Die Anwendung des beschriebenen Verfahrens für die thermomechanische Behandlung von Stahlblechen wird dadurch nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern gerade nahegelegt.

Somit wird der Fachmann die aus Druckschrift [X.] bekannten Verfahrensschritte zur thermomechanischen Behandlung entsprechend auch bei Stahlblechen anwenden, wenn er die angestrebten Endeigenschaften erzielen will.

a3) Auch die zusätzlich in den Patentanspruch 1 nach den [X.] 2 und 3 aufgenommenen Angaben in den Merkmalen [X.]‘, [X.] und [X.]‘, die das Stahlblech als Feinblech in Autokarosserien ausweisen bzw. den Kohlenstoffgehalt des Stahlblechs definieren, vermögen das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit des [X.] nicht zu begründen. So wird der Fachmann in der Druckschrift [X.] auf die Möglichkeit des Einsatzes thermomechanisch behandelter Stahlwerkstoffe in der Automobilindustrie hingewiesen (vgl. Zusammenfassung), wobei ausdrücklich die Verwendung dieser Stahlwerkstoffe in der Blechproduktion der Automobilindustrie in der Einführung erwähnt wird (vgl. Seite 177, 4. Absatz).

Des Weiteren liegt der in den Patentanspruch 1 der [X.] 2 und 3 aufgenommene Kohlenstoff-Gehalt mit einem Bereich von 0,1 bis 0,3 % im typischen Bereich herkömmlicher Stahlwerkstoffe. Dies trifft auch auf den in der Druckschrift [X.] für die Versuchsreihe verwendeten Stahl 20MoCrS4 zu (vgl. Zusammenfassung), dessen Kohlenstoffgehalt im [X.] ([X.]) mit einem Richtwert von 0,20 % angegeben wird. Es ist daher naheliegend, einen Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt in einem Bereich um die 0,2 % entsprechend zu verwenden.

Auch der jeweilige Patentanspruch 1 nach den [X.] 4 und 5 kann daher keinen Bestand haben.

b) Neben- und untergeordnete Patentansprüche

Da über den jeweiligen Antrag nur insgesamt entschieden werden kann, teilen die auf die Verwendung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 gerichteten Patentansprüche 9 und 10 bzw. 8 und 9 sowie die [X.] 2 bis 8 bzw. 2 bis 7 das Schicksal des jeweiligen Patentanspruchs 1 (vgl. [X.], 57 ff. – „Datengenerator“). Auf sie ist kein eigener Antrag gerichtet worden und sie weisen im Übrigen auch keinen erkennbaren, eigenen erfinderischen Gehalt auf.

Meta

11 W (pat) 32/19

02.09.2021

Bundespatentgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 25 Abs 1 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.09.2021, Az. 11 W (pat) 32/19 (REWIS RS 2021, 2889)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2889

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