Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.06.2016, Az. XI ZR 483/14

11. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10024

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Gegenstand

Abwicklung eines Grundstückserwerbs durch beauftragten und bevollmächtigten Geschäftsbesorger: Vollmachtsmissbrauch des Geschäftsbesorgers bei Aufnahme des Darlehens zur Finanzierung einer Finanzierungsvermittlungsprovision


Leitsatz

Hat der Erwerber eines Grundstücks den mit der Abwicklung beauftragten und hierzu umfassend bevollmächtigten Geschäftsbesorger auch dazu beauftragt und bevollmächtigt, einen vergütungspflichtigen Finanzierungsvermittlungsvertrag zu schließen, so ergeben sich für die finanzierende Bank aus dem Umstand, dass die die Finanzierung betreffenden Absprachen ihr gegenüber nicht vom Finanzierungsvermittler, sondern vom Geschäftsbesorger getroffen wurden, keine objektiv evidenten Verdachtsmomente für einen Vollmachtsmissbrauch des Geschäftsbesorgers bei Aufnahme des Darlehens zur Finanzierung einer Finanzierungsvermittlungsprovision.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 9. Oktober 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die klagende Bank nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines zum Erwerb einer Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehens in Anspruch.

2

Der Beklagte wurde im Jahr 1992 vom Streithelfer der Klägerin geworben, eine 21,4 m² große Eigentumswohnung in einer noch zu errichtenden aus 172 Einheiten bestehenden Studentenappartementanlage in S.    zu erwerben. In dem Verkaufsprospekt werden die vertraglichen Grundlagen wie folgt erläutert:

"Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen [X.]n mit dem Abschluss der vorgesehenen Verträge und der Wahrnehmung der im Geschäftsbesorgungsvertrag beschriebenen Aufgaben. […] Der [X.] vertritt die Erwerber bei dem Abschluss des Grundstückkauf- und [X.]es, der Finanzierung und beim Abschluss der sonstigen vorgesehenen Verträge. Weitere Aufgaben, also insbesondere auch die Prüfung des Objektes in bautechnischer Hinsicht, die Prüfung der Werthaltigkeit […] kommen dem [X.]n nicht zu. …" (S. 36 des Prospekts)

"Der [X.] erteilt im Namen des einzelnen Erwerbers dem Finanzierungsvermittler den Alleinauftrag, [X.] zu banküblichen Bedingungen zu beschaffen, soweit er vom Erwerber hierzu beauftragt wird. […] Der [X.] beauftragt den Finanzierungsvermittler weiterhin auftragsgemäß mit der Beschaffung der gemäß Konzeption vorgesehenen langfristigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von Finanzierungsangeboten für eine Vorfinanzierung des Eigenkapitals, falls der Erwerber dies wünscht.

Der Finanzierungsvermittler ist zur umfassenden Betreuung, der Beratung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unterschriftsreifer Darlehensverträge zu verpflichten." (S. 37 des Prospekts)

"Für die Abwicklung des Erwerbsvorgangs hat der [X.] ein Angebot eines [X.]n vorliegen. Der [X.] wird ausschließlich im Auftrag der zukünftigen Erwerber tätig werden. […] Die [X.] übernimmt die abwickelnde Tätigkeit für den Erwerber nach Maßgabe der in diesem Prospekt vom [X.] gemachten Vorgaben und des mit dem Erwerber zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrages im dort niedergelegten Umfang." (S. 39 des Prospekts)

3

[X.] war die C.                            (nachfolgend: [X.]). [X.] war laut Prospekt die B.                                                          (nachfolgend: [X.]). Vom kalkulierten Gesamtaufwand für den Erwerb entfielen nach den Angaben im Verkaufsprospekt 4,0% auf die Finanzierungsvermittlung, davon für die Zwischenfinanzierung 1,8%, für die Endfinanzierung 2,0% und für die Eigenkapitalvorfinanzierung 0,2%.

4

Zwecks Erwerbs der Wohnung [X.] bot der Beklagte mit notarieller Urkunde vom 10. August 1992 der [X.]n, die über eine Erlaubnis nach dem [X.] nicht verfügte, den Abschluss eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrags an und erteilte ihr eine ebensolche Vollmacht. Der Gesamtaufwand sollte 118.100 DM betragen.

5

Zur Finanzierung des Gesamtaufwands schloss die [X.] namens des Beklagten mit der Klägerin im Jahr 1992 zunächst einen [X.]. Mit notariellem Kauf- und [X.] vom 26. August 1992 erwarb die [X.] namens des Beklagten von der Bauträgerin als Verkäuferin die Wohnung [X.] zu einem Kaufpreis von 89.768 DM. Am 18./30. November 1993 nahm die [X.] zur Ablösung der Zwischenfinanzierung namens des Beklagten bei der Klägerin ein auf zwei Unterkonten geführtes Endfinanzierungsdarlehen über 118.100 DM auf, das durch eine Grundschuld am Wohnungseigentum in Darlehenshöhe und durch Abtretung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung besichert wurde. Die Klägerin zahlte die gesamte Darlehenssumme auf Abwicklungskonten aus, über die die [X.] verfügen konnte.

6

Aus dem ausgereichten Darlehen zahlte die [X.] an die [X.] eine Finanzierungsvermittlungsprovision.

7

Nachdem der Beklagte mit der Zahlung der Darlehensraten in Verzug gekommen war, kündigte die Klägerin das Endfinanzierungsdarlehen mit Schreiben vom 26. November 2001 fristlos und errechnete einen noch offenen Saldo in Höhe von insgesamt 59.317,36 € nebst 4.186,98 € rückständiger Vertragszinsen. Nach der Kündigung erbrachte der Beklagte Zahlungen von insgesamt 17.816,50 € und die Klägerin erlöste aus der Verwertung der Lebensversicherung einen Betrag von 6.330,48 €.

8

Mit der durch ein Mahnverfahren im Jahr 2004 eingeleiteten Klage begehrt die Klägerin Zahlung des Restbetrages von 39.357,36 € nebst Verzugszinsen und als Nichterfüllungsschaden errechneter entgangener Vertragszinsen. Der Beklagte hat u.a. eingewandt, dass die Darlehensverträge mangels wirksamer Bevollmächtigung der [X.]n nicht wirksam zustande gekommen seien und er die Darlehensvaluta mangels wirksamer Auszahlungsanweisung nicht empfangen habe. Die Behauptung der Klägerin, ihr habe bei Abschluss der Verträge eine notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorgelegen, hat er bestritten und sich zudem auf einen für die Klägerin offensichtlichen Missbrauch der Vollmacht durch die [X.] wegen einer Interessenkollision berufen; insbesondere habe die [X.] zu seinen Gunsten keinerlei Finanzierungsvermittlungstätigkeit entfaltet, so dass ihr keine Provision zugestanden habe und die [X.] - was die Klägerin gewusst habe - insoweit pflichtwidrig einen zu hohen Darlehensbetrag vereinbart habe. Überdies könne er der Darlehensrückzahlung Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzungen entgegenhalten, weil er - wie er behauptet - vom Vermittler, dem Streithelfer der Klägerin, unter anderem über die Höhe der vereinnahmten Provisionen, über die wahre Rolle der [X.]n und über die Werthaltigkeit der Wohnung arglistig getäuscht worden sei.

9

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe kein vertraglicher Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den [X.] zu, weil der Darlehensvertrag unwirksam sei.

Dabei werde im Hinblick auf die Nichtigkeit des [X.] und der Vollmacht wegen Verstoßes gegen das [X.] zugunsten der Klägerin unterstellt, dass ihr bei Abschluss der Verträge eine notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorgelegen habe. Die namens des [X.] von der [X.] abgeschlossenen Darlehensverträge zur Zwischen- und Endfinanzierung seien dennoch wegen eines der Klägerin bekannten Missbrauchs der Vertretungsmacht gemäß § 177 BGB analog unwirksam. Die [X.] habe ihre im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht missbraucht, indem sie mit der Klägerin die Darlehensverträge zur Finanzierung einer nicht angefallenen Finanzierungsvermittlungsprovision von 3,8% des [X.] abgeschlossen habe, wovon die Klägerin Kenntnis gehabt habe.

Mit der Finanzierung der Finanzierungsvermittlungsprovision habe die [X.] ihre Befugnisse im Innenverhältnis zum [X.] überschritten. Der Beklagte habe die Provision nicht geschuldet, weil die [X.] keine vergütungspflichtige Leistung für ihn erbracht habe. Nach der im Prospekt und dem Geschäftsbesorgungsvertrag vorgesehenen Ausgestaltung des [X.] sei - in Abgrenzung zur bloßen Nachweistätigkeit - eine Vermittlungstätigkeit im Sinne eines bewussten und zweckgerichteten Herbeiführens oder Förderns der [X.] - hier der Klägerin - geschuldet gewesen. Es lasse sich nicht feststellen, dass die [X.] zugunsten des [X.] eine solche Tätigkeit entfaltet habe.

Selbst wenn man die Behauptung der Klägerin als wahr unterstelle, die [X.] sei bereits vor Vollmachtserteilung durch den [X.] tätig geworden, ergebe sich daraus kein Vergütungsanspruch. Die Klägerin habe sich nach ihrem eigenen Vortrag in ihrem an die [X.] gerichteten Finanzierungsbestätigungsschreiben vom 2. Juli 1992 lediglich allgemein zur Finanzierung bereit erklärt, ohne sich bereits verbindlich zu irgendeiner Finanzierung zu verpflichten. Die [X.] seien ausdrücklich freibleibend gewesen, der konkrete Vertragsschluss habe noch von der Prüfung der Bonität des jeweiligen Darlehensnehmers abgehangen. Die personenunabhängige Herbeiführung der generellen [X.] bei einem ohnehin generell zum Abschluss von Darlehensverträgen bereiten Kreditinstitut stelle keine wesentliche Maklerleistung dar. Erforderlich hierfür sei ein Tätigwerden in Bezug auf den konkreten Auftraggeber und die Förderung der Bereitschaft der Bank, genau diesem ein Darlehen zu gewähren.

Auch im weiteren Verlauf habe die [X.] keine solche Vermittlungsleistung erbracht. Der [X.] des [X.], dessen Selbstauskunft und sonstige [X.] seien der Klägerin von der [X.] zugeleitet worden. Selbst wenn diese dabei als Erfüllungsgehilfin der [X.] gehandelt haben sollte, fehle es an der erforderlichen Einwirkungshandlung auf den künftigen Vertragspartner.

Die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass die [X.] ihre Vollmacht im Innenverhältnis überschritten habe; jedenfalls hätten massive Verdachtsmomente vorgelegen, so dass der Missbrauch objektiv evident gewesen sei. Die Klägerin habe den Prospekt, die abzuschließenden Verträge und die Zusammensetzung des zu finanzierenden [X.] gekannt. Ihre positive Kenntnis vom Vollmachtsmissbrauch der [X.] ergebe sich daraus, dass die im Prospekt beschriebene Vermittlungsleistung zwingend ihr gegenüber als künftiger Darlehensgeberin hätte erfolgen müssen. Sie habe gewusst, dass sich - entgegen der Beschreibung im Prospekt - die [X.] direkt um die Finanzierung gekümmert habe und ihre Bereitschaft zum Abschluss eines Darlehensvertrags mit dem [X.] nicht durch eine irgendwie geartete Tätigkeit der [X.] gefördert worden sei. Selbst wenn die Klägerin davon ausgegangen sein sollte, die [X.] schulde nur den Nachweis einer Abschlussmöglichkeit, wäre ihr die provisionsschädliche Vorkenntnis der [X.] von der Abschlussmöglichkeit zu marktüblichen Bedingungen ebenso bekannt gewesen, wie der Umstand, dass die [X.] - und nicht die [X.] - den [X.] und die [X.] übersandt habe.

Dies führe nach § 139 BGB zur Nichtigkeit des gesamten Darlehensvertrags. Hätte die Klägerin den [X.] pflichtgemäß vor Vertragsschluss auf das beabsichtigte treuwidrige und vermögensschädigende Verhalten hingewiesen, hätte der Beklagte Anlass gehabt, der [X.] insgesamt nicht mehr zu vertrauen und vom gesamten Geschäft Abstand zu nehmen.

Dem Anspruch der Klägerin auf Darlehensrückzahlung stehe auch entgegen, dass sie sich selbst [X.] eines von der notariellen Ausfertigung der Vollmachtsurkunde ausgehenden Vertrauensschutzes auf eine Bevollmächtigung der [X.] berufen könne. Gerade im Rahmen des § 242 BGB sei aber das gesamte Verhalten der Parteien in den Blick zu nehmen. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sei es der Klägerin verwehrt, dem [X.] abzuverlangen, sich trotz der Nichtigkeit der erteilten Vollmacht aus Treu und Glauben an den Darlehensvertrag halten zu müssen, weil sie auf den Bestand vertraut habe, obwohl sie selbst treuwidrig dem [X.] die Information vorenthalten habe, dass die [X.] auf seine Kosten einen nicht erforderlichen [X.] abschließen werde.

Der Beklagte müsse die an Dritte ausgezahlte Darlehensvaluta auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erstatten. Mangels ihm zurechenbarer Auszahlungsanweisung habe er diese nicht empfangen.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht einen vertraglichen Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin gegen den [X.] in Höhe von 39.357,36 € nicht verneinen dürfen.

1. Mit Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht angenommen hat, der der Klageforderung zugrunde liegende [X.] sei wegen eines von der [X.] begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht gemäß § 177 BGB analog unwirksam.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] hat grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tragen (vgl. [X.], Urteile vom 29. Juni 1999 - [X.], [X.], 1617, 1618, vom 1. Juni 2010 - [X.], [X.], 1218 Rn. 29 und vom 9. Mai 2014 - [X.], [X.], 1964 Rn. 18). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 1999 - [X.], [X.], 1617, 1618 und vom 1. Juni 2010 - [X.], [X.], 1218 Rn. 29).

Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB; vgl. nur [X.], Urteile vom 17. Mai 1988 - [X.], [X.], 1380, 1381, vom 14. Juni 2000 - [X.], [X.], 2313, 2314 und vom 28. Januar 2014 - [X.], [X.], 628 Rn. 10). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. [X.], Urteile vom 25. Oktober 1994 - [X.], [X.]Z 127, 239, 241, vom 29. Juni 1999 - [X.], [X.], 1617, 1618, vom 1. Februar 2012 - [X.], [X.], 2020 Rn. 21 und vom 9. Mai 2014 - [X.], [X.], 1964 Rn. 18, jeweils mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des [X.] bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil vom 29. Juni 1999 - [X.], aaO).

b) An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Feststellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Begriff der objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden. Ist das - wie hier - der Fall, kann das Revisionsgericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts - wie hier - ein abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. Juni 1999 - [X.], [X.], 1617, 1618 mwN).

aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin habe sich aufdrängen müssen, dass die im Prospekt genannte [X.] ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Art und Umfang der von der [X.] geschuldeten Tätigkeiten richten sich nicht nach dem Fondsprospekt (vgl. [X.], Urteil vom 8. Februar 2011 - [X.]/09, [X.]Z 188, 233 Rn. 41; Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 - [X.], juris), sondern nach dem [X.], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an einem substantiierten Vortrag des [X.].

bb) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des [X.] mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts für die Klägerin keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die [X.] mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der Vollmacht missbraucht hat.

(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht allein daraus abgeleitet, dass die [X.] für den [X.] überhaupt einen [X.] abgeschlossen hat, der die Finanzierung einer Vermittlungsprovision in Höhe von 3,8% des [X.] von 118.100 DM bzw. 4.724 DM (= 4% des [X.]) - insoweit widersprechen sich die Feststellungen des Berufungsgerichts - nach sich zog. Bei dem Abschluss des Kreditvertrags handelte es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie insbesondere die Kosten der Finanzierungsvermittlung in Höhe von 4% des [X.], ein.

Ein Vollmachtsmissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem [X.] zum Nachteil des Kapitalanlegers - hier des [X.] - abweicht (vgl. dazu [X.], Urteil vom 27. Juni 2008 - [X.], [X.], 1703 Rn. 13). Den Abschluss des [X.] und die Finanzierung des [X.] hat der Beklagte aber ausdrücklich gewünscht und damit die [X.] bevollmächtigt.

Ob der Abschluss des [X.] erforderlich oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Klägerin als finanzierende Bank nicht zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen durfte, dass der [X.] bereits abgeschlossen worden war. Davon abgesehen war ihr - auch im Fall einer vom Berufungsgericht angenommenen Kenntnis der Einzelheiten des [X.] - eine Prüfung der Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrags gar nicht möglich, weil hierfür ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände - wie etwa steuerliche Gründe - maßgeblich gewesen sein könnten.

(2) Anders als das Berufungsgericht meint lässt sich die Evidenz eines Vollmachtsmissbrauchs nicht damit begründen, der Klägerin habe sich bei Abschluss des Darlehensvertrags aufdrängen müssen, dass die [X.] ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. Unabhängig von der Frage, ob die [X.] durch die Finanzierung einer - unterstellt - nicht geschuldeten Provision in Höhe von 4% der gesamten Darlehenssumme die ihr erteilte Vollmacht überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Klägerin jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die [X.] ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte. Dies gilt auch dann, wenn man mit dem Berufungsgericht, das zum Inhalt des [X.] keine Feststellungen getroffen hat, davon ausgeht, dass sie eine Vermittlungstätigkeit erbringen musste.

(a) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziellen Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die [X.] für den beabsichtigten Hauptvertrag herbeizuführen ([X.], Urteil vom 2. Juni 1976 - [X.], [X.], 1118, 1119, Beschluss vom 17. April 1997 - [X.], NJW-RR 1997, 884 und Urteil vom 4. Juni 2009 - [X.], [X.], 1801 Rn. 8). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. [X.], Urteile vom 18. September 1985 - [X.], [X.], 1422, 1423, vom 10. Oktober 1990 - [X.], [X.], 78, vom 6. Februar 1991 - [X.], [X.], 818, 819, vom 6. März 1991 - [X.], [X.], 1129, 1131 und vom 3. Juli 2014 - [X.], [X.], 1920 Rn. 14). Um die Provision zu verdienen reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des [X.] zumindest mitursächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächliche Ursache zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die [X.] des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war ([X.], Urteile vom 21. Mai 1971 - [X.], [X.], 1098, 1100 und vom 21. September 1973 - [X.], [X.], 257, 258).

(b) Vor diesem Hintergrund musste sich der Klägerin das Fehlen einer zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der [X.] - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb aufdrängen, weil die konkret auf den [X.] bezogene Finanzierungsanfrage nicht von dieser, sondern von der [X.] gestellt worden ist und letztere auch dessen Selbstauskunft und die sonstigen [X.] übermittelt hat.

Das Berufungsgericht verkennt, dass bereits die vorab erzielte im Schreiben vom 2. Juli 1992 wiedergegebene allgemeine Finanzierungsabsprache auf eine Vermittlungsleistung zugunsten aller künftigen Erwerber - und damit auch zugunsten des [X.] - zurückzuführen ist. In diesem Schreiben bestätigt die Klägerin gegenüber der [X.] unter Bezugnahme auf eine zwischen ihnen erzielte Übereinstimmung ihre Bereitschaft, den Erwerbern der Appartement-Wohnanlage, die beste Bonität und eine näher beschriebene finanzielle Leistungsfähigkeit aufweisen, bei weiterer Vorlage im einzelnen aufgeführter Unterlagen für Endfinanzierungsdarlehen "zur Zeit" und "freibleibend" Konditionen von 7,5% Zins p.a. bei 90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren (anfänglicher effektiver Jahreszins 10,54%) anzubieten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht einer Vermittlungsleistung zugunsten des [X.] nicht entgegen, dass dieser damals noch nicht als Erwerber feststand, sondern die Vollmacht zum Abschluss des [X.] und zur Aufnahme der Darlehen erst später erteilt hat. Auch spielt es keine Rolle, dass sich die in der allgemeinen Finanzierungsabsprache konkret benannten Konditionen lediglich auf den damaligen Zeitpunkt bezogen. Letzteres entsprach der Vorgabe an die [X.], Darlehen zu jeweils marktüblichen Bedingungen zu beschaffen. Dass die im November 1993 abgeschlossene Endfinanzierung des [X.] zu einem Zinssatz von 4,5% p.a. bei 90% Auszahlungskurs und einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren dieser Vorgabe nicht entsprochen hätte, macht der Beklagte nicht geltend.

Selbst wenn diese Absprache, wie der Beklagte behauptet und das Berufungsgericht offengelassen hat, nicht von der [X.], sondern ebenfalls von der [X.] getroffen worden sein sollte, hätten sich der Klägerin keine Zweifel an der Vergütungspflicht aufdrängen müssen. Vermittlungsleistungen müssen, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, nicht höchstpersönlich erbracht werden. Nach der Konzeption des Anlagemodells sollten die Anleger - wie auch vorliegend geschehen - allein die [X.] mit dem Abschluss von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich, wenn die finanzierende Bank auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen Konditionen für die Zwischen- und Endfinanzierung verhandelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die [X.] zugeleitet werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die [X.] dabei mit Wissen und im Einverständnis der [X.] als deren Erfüllungsgehilfin agiert. Dies wird hier durch das Finanzierungsbestätigungsschreiben der Klägerin vom 2. Juli 1992 verdeutlicht, das sie, obwohl die zugrunde liegenden Verhandlungen nach der Behauptung des [X.] mit der [X.] geführt worden sein sollen, an die [X.] richtete.

cc) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder vom [X.] behaupteter Umstände kann damit ein für die Klägerin offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch durch die [X.] nicht angenommen werden.

2. Nach alledem entbehrt auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei es nach einer im Rahmen des § 242 BGB anzustellenden Gesamtbetrachtung verwehrt, sich auf einen durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde vermittelten Rechtsschein zu berufen, weil sie selbst treuwidrig dem [X.] die Information vorenthalten habe, dass die [X.] auf seine Kosten einen nicht erforderlichen [X.] geschlossen habe, einer rechtlichen Grundlage. Unabhängig davon, dass sich die Voraussetzungen der Rechtsscheinvollmacht kraft Vorlage einer Vollmachtsurkunde nicht aus § 242 BGB, sondern aus § 172 Abs. 1 BGB ergeben, traf die Klägerin keine dahingehende Informationspflicht (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 16. September 2003 - [X.], [X.], 942, 944).

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache mangels Feststellungen zur Vorlage einer notariellen Ausfertigung der Vollmachtsurkunde bzw. zu den Schadensersatzansprüchen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ellenberger                     Joeres                      Matthias

                   Menges                    Dauber

Meta

XI ZR 483/14

14.06.2016

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 9. Oktober 2014, Az: 8 U 467/12

§ 177 Abs 1 BGB, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.06.2016, Az. XI ZR 483/14 (REWIS RS 2016, 10024)

Papier­fundstellen: WM 2016, 1437 REWIS RS 2016, 10024

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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