Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.03.2012, Az. 3 StR 64/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7716

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Gegenstand

Betäubungsmitteldelikt: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bei Überlassung von Kokain zum Einkaufspreis


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Oktober 2011 abgeändert und neu gefasst:

Der Angeklagte wird wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln, jeweils in zwei Fällen, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Woche verurteilt.

Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, trägt er die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Im Umfang des Freispruchs fallen diese Kosten sowie die dem Angeklagten jeweils entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten - unter Freispru[X.]h im Übrigen - wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen (Fälle [X.], [X.], e und f der Urteilsgründe) sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle [X.] und [X.]) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und se[X.]hs Monaten verurteilt, deren Vollstre[X.]kung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Verurteilung wendet si[X.]h der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Re[X.]hts gestützten Revision. Das Re[X.]htsmittel hat den aus der Bes[X.]hlussformel ersi[X.]htli[X.]hen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. In den Fällen [X.] und f der Urteilsgründe tragen die Feststellungen ni[X.]ht den S[X.]huldspru[X.]h wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG).

3

a) Der Angeklagte beabsi[X.]htigte, von unbekannt gebliebenen Lieferanten Kokain zu beziehen, das er teils selbst konsumieren, teils gewinnbringend an Dritte weiterveräußern wollte. Zur Erzielung eines günstigeren Einkaufspreises und zur Erhöhung seiner Gewinnspanne verabredete er am 26. und erneut am 29. November 2011 mit dem gesondert verfolgten [X.], für diesen 5 bzw. 15 Gramm Kokain mitzubestellen, die er na[X.]h Lieferung jeweils zum Einkaufspreis an [X.]abgeben sollte. Zu Bestellungen kam es ni[X.]ht.

4

b) Erklärt si[X.]h der Täter gegenüber einer anderen Person ernsthaft bereit, bei einem Dritten Betäubungsmittel zu erwerben und diese sodann an den anderen weiterzuveräußern, entfaltet er zwar eine auf den Umsatz von Betäubungsmitteln geri[X.]htete Tätigkeit. Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt indes weitergehend au[X.]h eigennützige Motive des [X.] voraus. Ni[X.]ht eigennützig ist ein Umsatzges[X.]häft, das allein auf die Überlassung von Betäubungsmitteln zum Selbstkostenpreis oder Einstandspreis geri[X.]htet ist [X.], BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 316 mwN). Davon geht au[X.]h das [X.] aus. Allerdings hält es die erforderli[X.]he Eigennützigkeit der Vereinbarungen mit [X.]deshalb für gegeben, weil es dem Angeklagten darauf ankam, dur[X.]h die so mögli[X.]he Bestellung größerer Mengen Kokains au[X.]h für si[X.]h selbst zu günstigeren Einkaufspreisen und höheren Verkaufsgewinnen zu gelangen.

5

Dies hält revisionsre[X.]htli[X.]her Überprüfung ni[X.]ht stand. Ob der Täter im Sinne eines Handeltreibens na[X.]h § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG eigennützig handelt, ist bezogen auf das konkret in Frage stehende Umsatzges[X.]häft zu beurteilen. Es muss si[X.]h gerade aus diesem Umsatzges[X.]häft ein eigener Nutzen für den Täter ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 [X.], [X.], 457); dass ihm aus den Umständen des Erwerbs der umzusetzenden Betäubungsmittel Vorteile erwa[X.]hsen, genügt für si[X.]h alleine ni[X.]ht [X.] aaO Rn. 317, 320 f.). Daher liegt kein Handeltreiben vor, wenn der Täter zur Erzielung eines günstigeren Einkaufspreises au[X.]h für andere Abnehmer einkauft und diesen die Betäubungsmittel dann zum Einkaufspreis überlässt ([X.], Bes[X.]hlüsse vom 25. September 1985 - 2 StR 521/85, NJW 1986, 794; vom 10. April 1984 - 4 [X.], [X.], 248; vom 26. März 1992 - 4 StR 98/92, [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 33).

6

So liegt der Fall hier. Aus den auf den Umsatz von Betäubungsmitteln geri[X.]hteten Ges[X.]häften selbst, den mit [X.]vereinbarten Bes[X.]haffungen von Kokain zum Selbstkostenpreis, verspra[X.]h si[X.]h der Angeklagte keine Vorteile. Vielmehr dienten ihm diese Abreden ledigli[X.]h der S[X.]haffung günstigerer Voraussetzungen für den beabsi[X.]htigten glei[X.]hzeitigen Einkauf von Kokain zu eigenen Zwe[X.]ken. Aus den Feststellungen ergeben si[X.]h im Übrigen au[X.]h keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte mit seinen Zusagen gewinnbringende Verkaufsges[X.]häfte des [X.]gefördert haben könnte (§ 27 StGB).

7

[X.]) Auf der Grundlage der umfassenden Beweiswürdigung des [X.]s s[X.]hließt der Senat aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Er spri[X.]ht den Angeklagten deshalb (au[X.]h) insoweit frei.

8

2. Die aus den verbleibenden Einzelstrafen - se[X.]hs Monate Freiheitsstrafe sowie Geldstrafen in Höhe von einmal 90 und zweimal 60 Tagessätzen - neu zu bildende Gesamtstrafe setzt der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf das si[X.]h aus §§ 54, 39 StGB hier (zu den Ausnahmen [X.], Bes[X.]hluss vom 23. Dezember 1994 - 2 Ss 202/94, [X.] 1995, 404) ergebende Mindestmaß von se[X.]hs Monaten und einer Wo[X.]he Freiheitsstrafe fest.

9

Ebenso holt der Senat hinsi[X.]htli[X.]h der vom [X.] ausgespro[X.]henen Geldstrafen die re[X.]htsfehlerhaft unterbliebene Bestimmung der [X.] na[X.]h (vgl. hierzu bereits [X.], Bes[X.]hluss vom 20. April 1988 - 3 [X.], [X.]R StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 2) und setzt diese jeweils auf den Mindestbetrag von einem Euro fest (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB).

3. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 5. Februar 1996 - 1 Ws 70/96, Rpfleger 1996, 303).

Be[X.]ker                                von [X.]                              S[X.]häfer

                     [X.][X.]

Meta

3 StR 64/12

27.03.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Düsseldorf, 14. Oktober 2011, Az: 11 KLs 14/11

§ 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.03.2012, Az. 3 StR 64/12 (REWIS RS 2012, 7716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7716

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 244/23

2 StR 374/17

2 StR 374/17

2 StR 46/17

3 StR 64/12

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