Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2008, Az. I ZB 20/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 718

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[X.] vom 20. November 2008 in der Zwangsvollstreckungssache Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

ZPO §§ 765a, 807 Der Gläubiger kann Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung hinsicht-lich einer Forderung verlangen, sofern deren Pfändbarkeit nicht völlig ausge-schlossen und das Nachbesserungsverlangen damit nicht als mutwillig oder [X.] anzusehen ist. [X.], [X.]. v. 20. November 2008 [X.]/06 [X.] [X.] Reutlingen - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. November 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Prof. Dr. Bü-scher, Dr. Schaffert und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der [X.]uss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 25. Januar 2006 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückver-wiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.000 • festge-setzt. Gründe: [X.] Die Gläubigerin betreibt aus einem Vollstreckungsbescheid die Zwangs-vollstreckung gegen die Schuldnerin, die am 27. Januar 2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. In ihrem Vermögensverzeichnis hat sie unter ande-rem angegeben, sie gewähre zwei [X.] am 12. September 1990 und am [X.] 1991 geborenen [X.] Kindern Naturalunterhalt. Weiterhin hat sie angegeben, sie beziehe wöchentliches [X.] in Höhe von 201,53 • sowie Kindergeld in 1 - 3 - Höhe von monatlich 308 •. Die Frage nach Konten hat sie verneint und angege-ben, dass das [X.] auf das Konto ihres [X.] bezahlt werde. Die Gläubigerin hat geltend gemacht, dass die Schuldnerin ihr Vermögens-verzeichnis dahingehend zu ergänzen habe, dass sie das Konto ihres [X.], die Anschrift des [X.] sowie den Vertretungsberechtigten mitteilen müsse. Der [X.] hat es abgelehnt, die Schuldnerin zur Nachbesserung zu laden. 2 3 Die hiergegen erhobene Erinnerung der Gläubigerin hat das Amtsgericht zu-rückgewiesen. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde gegen den Be-schluss des Amtsgerichts zurückgewiesen. 4 Mit der [X.] vom Beschwerdegericht zugelassenen [X.] Rechtsbeschwerde ver-folgt die Gläubigerin ihren Nachbesserungsauftrag weiter. 5 I[X.] Das Beschwerdegericht hat die Schuldnerin zwar für [X.], den Namen und die Anschrift ihres [X.] anzugeben. Dieser Anspruch sei jedoch nicht durchsetzbar. Denn es stehe aufgrund früherer eidesstattlicher Versi-cherungen fest, dass die Schuldnerin kein pfändbares Vermögen habe. Eine Pfändung müsse daher nach § 765a ZPO eingestellt werden. Die Pfändung eines Girokontos, auf das nur unpfändbare Leistungen überwiesen würden, stelle eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende Härte dar. II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Zu Unrecht hat der Gerichtsvollzieher den Auftrag der Gläubigerin zur Einholung einer Nachbesserungserklärung abgelehnt. 6 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). 7 - 4 - 2. Dem Auftrag der Gläubigerin zur Einholung einer [X.] fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis des [X.] für Maßnahmen im Verfahren der eidesstattlichen Versicherung kann in Ausnahmefällen fehlen, wenn die Vermögenslosigkeit des Schuldners von [X.] feststeht ([X.], [X.]. v. 19.5.2004 [X.] IXa ZB 14/04, [X.], 2905; vgl. auch [X.] 61, 126, 134). Solche gesicherten Umstände liegen im Streitfall nicht vor. Die Pflicht des Schuldners zur Vermögensoffenbarung erfasst nach ih-rem Zweck nicht nur Forderungen, deren Pfändbarkeit von vornherein zweifelsfrei feststeht. Hiergegen spricht schon, dass nach § 807 Abs. 2 Satz 2 ZPO von der Offenbarungspflicht nur offensichtlich unpfändbare Sachen ausgenommen sind. Eine vergleichbare Regelung für unpfändbare Forderungen besteht nicht. Grund-sätzlich sind auch unpfändbare Gegenstände anzugeben; denn die Beurteilung der Unpfändbarkeit liegt nicht beim Schuldner (vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., § 807 [X.]. 28). Es reicht deshalb aus, dass die Pfändbarkeit jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen erscheint und das Nachbesserungsverlangen damit nicht als mutwillig oder schikanös anzusehen ist. 8 a) Im Streitfall ist das Nachbesserungsverlangen nicht mutwillig. Die Schuldnerin hat gegen ihren [X.], dem ihr [X.] als Treuhänder über-wiesen wird, einen Anspruch auf Auszahlung. Diese Forderung ist grundsätzlich pfändbar (vgl. [X.] in [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 829 ZPO [X.]. 15). Es greift weder der Pfändungsschutz für Sozialleistungen noch der Kontopfändungsschutz ein. 9 b) [X.] ist gemäß § 54 Abs. 4 [X.] wie Arbeitseinkommen pfändbar (vgl. [X.], [X.]. v. 12.12.2003 [X.] IXa [X.], NJW-RR 2004, 1439, 1440; Musielak/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 850i [X.]. 23). Es gelten daher die Rege-lungen zu den Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO und zum notwendigen Le-bensunterhalt nach § 850f Abs. 1 lit. a ZPO. Allerdings geht der Pfändungsschutz 10 - 5 - mit der Überweisung auf das von der Schuldnerin angegebene Konto unter. Denn damit erlischt der Anspruch der Schuldnerin auf die Sozialleistungen durch Erfül-lung (vgl. [X.], Urt. v. 22.3.2005 [X.] XI ZR 286/04, NJW 2005, 1863 zum Ar-beitseinkommen; [X.], 39, 40). c) Der Kontopfändungsschutz nach § 55 Abs. 1 und 4 [X.] greift nicht ein. Danach ist jegliche Sozialgeldleistung, die auf ein Giro- oder Sparkonto des [X.] bei einem Geldinstitut überwiesen wird, für die Dauer von sieben Tagen unpfändbar. Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Pfändung des Kontos des [X.] der Schuldnerin, sondern nur um die Pfändung des Anspruchs der Schuldnerin gegen ihren [X.] auf Auszahlung. Der Kontopfändungsschutz gilt außerdem nur für Konten des Schuldners. Wird die Leistung auf ein Drittkonto überwiesen, greift der Schutz nicht ein, selbst wenn der Berechtigte Bankvoll-macht hat (vgl. Musielak/[X.] aaO § 850i [X.]. 28; [X.]/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 850i [X.]. 49; [X.] in [X.]/Walker aaO § 850k [X.]. 3). [X.] dafür, dass das Konto des [X.] in Wahrheit als echtes Fremdkonto der Schuldnerin anzusehen ist, bestehen nicht (vgl. dazu [X.], Urt. v. 12.10.1987 [X.] II ZR 98/87, NJW 1988, 709). Auch eine entsprechende Anwendung des § 850k ZPO kommt nicht in Betracht (vgl. [X.], [X.]. v. 4.7.2007 [X.] VII ZB 15/07, NJW 2007, 2703 [X.]. 13). 11 d) Allerdings kann [X.] nach § 765a ZPO gewährt werden, wenn ein Gläubiger den dem Schuldner zustehenden Auszahlungsanspruch ge-gen einen Drittschuldner pfändet, auf dessen Konto dem Schuldner zustehende Sozialleistungen eingehen ([X.] NJW 2007, 2703 [X.]. 10). Dies wird im vorliegen-den Fall jedoch erst in Betracht zu ziehen sein, wenn ein Pfändungs- und Über-weisungsbeschluss ergeht, der den Auszahlungsanspruch der Schuldnerin gegen ihren [X.] zum Gegenstand hat. Voraussetzung ist zudem ein entsprechender Antrag der Schuldnerin (vgl. [X.] 61, 126, 137). 12 - 6 - 2. Der danach zulässige Nachbesserungsauftrag ist auch begründet. Der Gläubiger kann Nachbesserung verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich er-kennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis [X.] hat (vgl. [X.], [X.]. v. 19.5.2004 [X.] IXa [X.], [X.], 2979, 2980). Die Schuldnerin hat hier ein unvollständiges Verzeichnis vorgelegt. Sie wäre ver-pflichtet gewesen, den Namen, die Anschrift und den Vertretungsberechtigten ih-res [X.] anzugeben. 13 14 a) Der Zweck der in den §§ 807, 899 ff. ZPO getroffenen Regelung liegt darin, dem Gläubiger Kenntnis von denjenigen Vermögensstücken zu verschaffen, die möglicherweise seinem Zugriff im Wege der Zwangsvollstreckung unterliegen ([X.] 61, 126, 136; [X.] [X.], 2979, 2980). Damit wird dem öffentlichen Interesse daran Rechnung getragen, dem [X.], dem der Staat als Inhaber des Zwangsmonopols die Selbsthilfe verbietet, die Verwirklichung [X.] Anspruchs und als Voraussetzung dafür die mit der Offenlegung bezweckte Feststellung der pfändbaren Vermögensgegenstände zu ermöglichen ([X.] 61, 126, 136; [X.] [X.], 2979, 2980). b) Forderungen hat der Schuldner demgemäß so zu bezeichnen, dass dem Gläubiger deren Pfändung möglich ist. Zu nennen sind Name und Anschrift des ([X.] sowie die Höhe der Forderung ([X.], [X.]. v. 19.5.2004 [X.] IXa ZB 224/03, [X.], 2452, 2453). 15 c) Der Anspruch der Schuldnerin gegen ihren [X.] auf Auszahlung des treuhänderisch entgegengenommenen [X.]es ist zu offenbaren. Denn die Forderung ist grundsätzlich pfändbar. Die Schuldnerin hat bislang nur die Hö-he des Anspruchs angegeben, die den erhaltenen Sozialleistungen entspricht. Sie ist verpflichtet, auch die Anschrift und einen eventuellen Vertretungsberechtigten des [X.] anzugeben. 16 - 7 - d) Die Schuldnerin muss hingegen nicht das Konto benennen, auf das die Leistungen überwiesen werden. Für diese Angabe besteht kein erkennbares Voll-streckungsinteresse der Gläubigerin. Denn es geht nicht um die Pfändung des [X.] gegenüber der Bank, sondern um die Pfändung des Rückerstattungsanspruchs der Schuldnerin gegen den [X.]. 17 18 IV. Der angefochtene [X.]uss ist daher auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Be-schwerdegericht zurückzuverweisen. [X.] Pokrant Büscher Schaffert Ri[X.] [X.] ist in Urlaub und
kann daher nicht unterschreiben.
[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.08.2005 - 2 M 3166/05 - [X.], Entscheidung vom 25.01.2006 - 5 [X.]/05 -

Meta

I ZB 20/06

20.11.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2008, Az. I ZB 20/06 (REWIS RS 2008, 718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 718

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